I. Der klagende Landkreis macht als Träger des Kreiskrankenhauses gegen die in Frankreich wohnhafte Beklagte Kosten für eine stationäre Behandlung vom 9. Dezember bis 11. Dezember 1997 gemäß der Rechnung vom 22. Dezember 1997 in Höhe von 2140,42 DM nebst Zinsen geltend.
Gegen den über die Forderung ergangenen Mahnbescheid des Amtsgerichts M. vom 28. Januar 2000 hat die Beklagte Widerspruch eingelegt. Das Amtsgericht B., an welches das Streitverfahren abgegeben wurde, hat im Termin vom 19. Dezember 2001 antragsgemäß Versäumnisurteil gegen die Beklagte erlassen. Auf Antrag des Klägers hat es das Versäumnisurteil durch Beschluss vom 15. Januar 2002 hinsichtlich beantragter Zinsen berichtigt (ergänzt).
Versäumnisurteil und Berichtigungsbeschluss wurden der Beklagten auf dem Postweg gegen Empfangsbekenntnis an ihrem Wohnort zugestellt (am 4.1. bzw. 23. 1.2002):
Die Beklagte hat am 25. Januar 2002 ein in französischer Sprache und mit „Objet. Opposition au jugement“ überschriebenes Schreiben beim Amtsgericht eingereicht.
Am 15. Dezember 2004 hat die Beklagte Fortsetzung des Rechtsstreits und Wiedereinsetzung beantragt und am 17. Dezember 2004 Einspruch gegen das Versäumnisurteil eingelegt.
Mit Urteil vom 3. Februar 2005 hat das Amtsgericht den Einspruch der Beklagten gegen das Versäumnisurteil als unzulässig weil verspätet zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten.
Das Rechtsmittel wurde zunächst bei dem Landgericht in L. eingelegt. Nach Hinweisen auf Bedenken wegen der Zuständigkeit des angerufenen Gerichts wurde das Rechtsmittel, von der Beklagten nochmals an das Pfälzische Oberlandesgericht Zweibrücken gerichtet.
Die Beklagte rügt die Verletzung des rechtlichen Gehörs. Das Amtsgericht habe den Einspruch verworfen ohne über den Wiedereinsetzungsantrag zu entscheiden.
Das Amtsgericht sei auch unzuständig, da die Klage nicht am allgemeinen Gerichtsstand der Beklagten erhoben worden sei.
Der Anspruch des Klägers sei verjährt. Der Mahnbescheidsantrag des Klägers sei unzulässig gewesen und habe daher die Verjährung nicht unterbrochen.
Mit … sei vereinbart worden, dass für den stationären Aufenthalt pauschal 1700 DM zu zahlen seien, welche am Tag der Operation unmittelbar an diesen gezahlt worden seien. Eine Rechnung habe sie zu keinem Zeitpunkt erhalten. Die in den Akten befindliche Berechnung der Forderung nach einer Fallpauschalestelle keine ordnungsgemäße Abrechnung dar.
Die Beklagte beantragt, das Urteil erster Instanz aufzuheben und wie folgt abzuändern:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil und weist daraufhin, dass die beim Landgericht L. eingelegte Berufung, Az. 3 S 9/05, bislang nicht zurückgenommen worden sei: Der zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags vorgetragene Sachverhalt sei lebensfremd, der Einspruch sei erst nach dem Wiedereinsetzungsantrag nachgeholt worden.
II. Die zulässige Berufung der Beklagten führt zu einem jedenfalls vorläufigen Erfolg.
a) Gegen die Zulässigkeit des Rechtsmittels bestehen keine durchgreifenden Bedenken.
Die bereits zuvor beim Landgericht L. eingereichte Berufungsschrift steht einer zulässigen Einlegung des Rechtsmittels beim Berufungsgericht nicht entgegen (vgl. zur mehrfachen Einreichung einer Rechtsmittelschrift etwa Zöller/Gummer/Heßler, ZPO 25. Aufl., § 519 Rn. 3 mwN).
Die Berufungsfrist nach § 517 ZPO ist von der Beklagten mit der beim Pfälzischen Oberlandesgericht eingegangenen Berufungsschrift gewahrt worden. Die Zuständigkeit als Berufungsgericht ergibt sich vorliegend aus § 119 Abs. 1 Nr. 1 b GVG. Die Beklagte wohnt und wohnte bei Eintritt der Rechtshängigkeit in Frankreich und damit außerhalb des Geltungsbereiches des Gerichtsverfassungsgesetzes.
b) Die deutschen Gerichte sind nach Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ internationalrechtlich für den vorliegenden Rechtsstreit zuständig.
Auf den vor dem Inkrafttreten der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 (EuGVVO) am 1. März 2002 (vgl. Art. 66 Abs. 1 EuGVVO) anhängig gewordenen Prozess findet in zeitlicher Hinsicht das EuGVÜ Anwendung. Die beiden Parteien sind Mitglieder der Vertragsstaaten Deutschland und Frankreich.
Gegenstand des Rechtsstreits ist ein Zahlungsanspruch des Klägers aus einem Krankenhausaufnahmevertrag. Dieser Anspruch ist im vorliegenden Fall am Ort der Behandlung in B. zu erfüllen, so dass die Klage zulässigerweise dort erhoben werden konnte.
Wo Erfüllungsort iS von Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ ist, muss nach dem jeweils anwendbaren materiellen Recht beurteilt werden. Dies ist vorliegend nach Art. 28 Abs. 1 und 2 EGBGB das deutsche Recht, denn die für das Vertragsverhältnis charakteristische Leistung einer stationären Krankenhausbehandlung war im Krankenhaus des Klägers zu erbringen. Nach § 269 Abs. 1 BGB ist, wenn ein Ort für die Leistung weder bestimmt wurde noch aus den Umständen zu entnehmen ist, die Leistung an dem Ort zu erbringen, an welchem der Schuldner zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz hatte. Der Bundesgerichtshof ist der Tendenz in der Rechtsprechung, einen gemeinsamen Erfüllungsort für sämtliche Verpflichtungen aus einem Vertragsverhältnis an dem für die vertragscharakteristische Leistung maßgebenden anzunehmen, für die Honorarforderung eines Rechtsanwalts entgegengetreten (BGHZ 157,20 = NJW 2004,54). Für die stationäre Krankenhausbehandlung werden weiterhin unterschiedliche Ansichten in dieser Frage vertreten (gegen gemeinsamen Erfüllungsort etwa Landgericht Mainz, NJW 2003,1612; Landgericht Osnabrück NJW- RR 2003, 789; dafür: BayObLG, Beschl. vom 23.Dezember 2004, Az. 1Z AR 384/04, zitiert nach Juris; Landgericht München NJW- RR 2003,488; Palandt/Heinrichs, BGB 64. Aufl., § 269 Rn. 14). Der Senat kann die Entscheidung dieser Rechtsfrage dahingestellt sein lassen. Aus dem Vortrag der Beklagten selbst ergibt sich eine Vereinbarung der Parteien über den Erfüllungsort am Sitz des Krankenhauses. Demnach war verabredet; dass die gesamten, Behandlungskosten von ihr vor der Operation in bar zu entrichten waren. Eine Vereinbarung über den Erfüllungsort kann nach § 269 BGB formlos getroffen werden (Palandt/Heinrichs aaO Rn. 8). Über die Anwendung von Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ führt eine solche Abrede zwar dazu, dass die beklagte Partei nach Wahl des Klägers auch außerhalb ihres allgemeinen Gerichtsstand vor den Gerichten eines anderen Vertragsstaates verklagt werden kann. Gleichwohl steht dies vorbehaltlich einer absichtlichen Umgehung einer Gerichtsstandsvereinbarung, die nach Art. 17 EuGVÜ nur schriftlich getroffen werden kann, nicht gleich. Die Vereinbarung über den Erfüllungsort kann daher ohne Einhaltung der Formvorschrift des Art. 17 EuGVÜ getroffen werden (EuGH IPrax 1981,89; BGH IPrax 1981,93; Münchner Kommentar/Gottwald, ZPO 2. Aufl. Art. 5 EuGVÜ Rn. 22; Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 2. Aufl., Teil A.1 Rn. 125 zu Art. 23 EuGVVO).
c) Das Urteil des Amtsgerichts ist aufzuheben, da der Einspruch der Beklagten gegen das Versäumnisurteil vom 19. Dezember 2001 zulässig, insbesondere rechtzeitig eingelegt wurde. Es erscheint sachdienlich, die Sache gem. § 538 Abs. 2 Nr. 2 ZPO auf Antrag der Beklagten an die erste Instanz zurück zu verweisen, da der Rechtsstreit nicht entscheidungsreif ist.
Die Einspruchsfrist war nach § 339 Abs. 2 ZPO hier durch besonderen Beschluss zu bestimmen, weil die Zustellung des Versäumnisurteils im Ausland erfolgte. Die Zustellung durch Einschreiben mit Rückschein nach § 183 Abs. 1 Nr. 1 ZPO, wie sie vom Amtsgericht vorgenommen wurde, ist eine Auslandszustellung in diesem Sinn (Zöller/Herget, aaO, § 339 Rn. 5). Die Festsetzung einer Einspruchsfrist wurde weder im Versäumnisurteil vorgenommen noch später nachgeholt. Das Versäumnisurteil wurde daher nicht rechtskräftig, der Einspruch ist rechtzeitig eingelegt und das Urteil des Familiengerichts daher ohne weiteres aufzuheben.
d) Die Entscheidung des Rechtsstreits ist von einer Aufklärung der vertraglichen Grundlage der Klageforderung und einer eventuellen Beweisaufnahme zum Erfüllungseinwand der Beklagten abhängig. Insbesondere wurde zur vertraglichen Ausgestaltung des Krankenhausaufnahmevertrages mit der Beklagten bislang nichts vorgetragen. Der vorgelegten Rechnung kann nicht entnommen werden, ob lediglich nichtärztliche Leistungen geltend gemacht werden oder der allgemeine Pflegesatz einschließlich der ärztlichen Leistungen zugrunde liegt.
e) Unabhängig davon greift die erhobene Verjährungseinrede nicht durch.
Die Verjährungsfrist beginnt, wenn lediglich die allgemeinen Leistungen des Krankenhauses ohne ärztliche Leistungen der Forderung zugrunde liegen, nach den §§ 611,614 BGB, für welche die kurze Verjährungsfrist des § 196 Nr. 11 BGB alter Fassung gilt, mit Ablauf des Jahres 1997 (§ 198, 201 BGB alter Fassung). Mit Ablauf des Jahres 1999 wäre die Verjährungsfrist demnach erreicht.
Für die Fälligkeit des Vergütungsanspruchs für ärztliche Leistungen ist hingegen nach §§ 1,12 Abs. 1 GOÄ die Erteilung einer der Verordnung entsprechenden Rechnung erforderlich. Unabhängig davon, ob der Beklagten im vorliegenden Fall die Rechnung vom 22. Dezember 1997 zugegangen ist, was diese bestreitet, genügt der Rechnungsinhalt diesen Anforderungen nicht. Ärztliche Leistungen und Pflegesatz sind noch nicht einmal getrennt aufgeführt. Unter dieser Voraussetzung fehlt es nach wie vor an der Fälligkeit.
Geht man von einer fälligen Forderung aus (§ 12 GOÄ gilt nur für wahlärztliche Leistungen des Krankenhauses; OLG Stuttgart MedR 1995, 320), wurde die Verjährungsfrist durch Zustellung des Mahnbescheids am 18. Februar 2000 gemäß § 209 Abs. 2 Nr. 1 BGB alter Fassung unterbrochen. Im Zeitpunkt der Zustellung war die zweijährige Verjährungsfrist zwar bereits abgelaufen. Die Zustellung des Mahnbescheids wirkt jedoch auf den Zeitpunkt des Eingangs des Antrags auf Erlass eines Mahnbescheids am 31. Dezember 1999 zurück. Auch bei Zeitverzögerungen in der Größenordnung von zwei Monaten hier sind es knapp sieben Wochen, die nicht in den Verantwortungsbereich einer Partei fallen, wird die Rückwirkung nach § 167 ZPO (entspricht § 270 Abs. 3 ZPO alter Fassung) bejaht (BGH NJW 2005,1194). Hier ist die verzögerte Zustellung durch die Zustellung im Ausland und die davor erforderliche Übersetzung verursacht und geht somit nicht zu Lasten des Klägers.
Im Übrigen war das Amtsgerichts M. für das Mahnverfahren auch international zuständig. § 703d Abs. 2 ZPO erklärt zwar für Mahnverfahren gegen Antragsgegner ohne allgemeinen Gerichtsstand im Inland dasjenige Amtsgericht für zuständig, das für das Streitverfahren zuständig sein würde. Bei einer Konzentration der Zuständigkeit für das Mahnverfahren (§ 689 Abs. 3 ZPO) ohne eine Einschränkung wie in der Landesverordnung Rheinland Pfalz (GVBI 1988,151; in der Fassung der Verordnung vom 6.3.1992, GVBl S. 67) werden indes auch Verfahren gegen Antragsgegner mit allgemeinem Gerichtstand im Ausland erfasst (in Einzelheiten sonst streitig; vgl. BGH NJW 1993,2752; Musielak/Voit ZPO 4. Aufl. § 689 Rn. 3, § 703d Rn. 2).
Bei Inkrafttreten des neuen Verjährungsrechts gemäß Art. 229 § 6 EGBGB am 1. Januar 2002 dauerte die Unterbrechung der Verjährung nach § 209 Abs. 1 BGB alter Fassung fort. An die Stelle der Unterbrechung trat nun die Hemmung der Verjährung nach § 204 BGB (Art. 229 § 6 Abs. 2 EGBGB). Nach Zustellung des Versäumnisurteils und des Berichtigungsbeschlusses sowie der Erteilung einer zweiten Ausfertigung des Versäumnisurteils wurde das Verfahren ab Mitte des Jahres 2002 nicht mehr weiter betrieben, so dass nach Ablauf von sechs Monaten die Hemmungswirkung endete (§ 204 Abs. 2 Satz 2 BGB). Da die anwendbare regelmäßige Verjährungsfrist nach neuem Recht länger ist, bleibt es bei der kürzeren Verjährungsfrist nach dem alten Recht (Art. 229 § 6 Abs. 3 EGBGB). Das Verfahren wurde durch den Einspruch vom Dezember 2004 fortgesetzt, so dass Verjährung bisher nicht eingetreten ist (Beginn der Verjährung nach Beendigung der Hemmungswirkung im Januar 2003).
f) Dem Amtsgericht ist auch die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens zu übertragen.
Das Urteil ist gemäß den §§ 708 Nr. 10,713 ZPO für vorläufig vollstreckbar zu erklären.
Die entscheidungserheblichen Rechtsfragen sind höchstrichterlich geklärt, so dass Gründe für die Zulassung der Revision nach § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.