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unalex. Rechtsprechung Entscheidung DE-597
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unalex. Rechtsprechung

Entscheidung DE-597  



OLG Hamburg (DE) 14.04.2004 - 13 U 76/03
Art. 15, 23 Brüssel I-VO – unalexZuständigkeit für Verbrauchersachen –unalexBegriff des Verbrauchers –unalexNicht der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zuzurechnende Geschäfte –unalexGerichtsstandsvereinbarungen –unalexAllgemeines –unalexVerhältnis des Art. 25 Brüssel Ia-VO zu anderen Regelungen betreffend Gerichtsstandsvereinbarungen –unalexVorrang vor dem nationalen Recht –unalexWirkungen einer ausschließlichen Gerichtsstandsvereinbarung –unalexAusschließlichkeit der Vereinbarung –unalexVermutung der Ausschließlichkeit

OLG Hamburg (DE) 14.04.2004 - 13 U 76/03, unalex DE-597


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de - Kommentar zur VO(EG) 44/2001 und zum Übereinkommen von Lugano (5 cit.) erweiternde - Kommentar zur VO(EG) 44/2001 und zum Übereinkommen von Lugano (5 cit.)



Haben die Parteien in einem Handelsvertretervertrag eine Rechtswahlklausel zugunsten des Rechts eines bestimmten Mitgliedstaats sowie eine Gerichtsstandsvereinbarung zugunsten der Gerichte eines anderen Mitgliedstaats getroffen, so lässt die Rechtswahlklausel nicht die Vermutung der Ausschließlichkeit der Gerichtsstandsvereinbarung gemäß Art. 23 Abs. 2 S. 2 Brüssel I-VO entfallen.

Ist eine Person als „Ein-Person-Handelsvertreter“ für ein Unternehmen berufs- und gewerbebezogen tätig, so ist sie kein Verbraucher im Sinne von Art. 15 Abs. 1 Brüssel I-VO. Eine etwaige Schutzbedürftigkeit der Person gegenüber dem Unternehmen, für das sie Geschäfte vermittelt, begründet nicht ihre Verbrauchereigenschaft.

Die Brüssel I-VO stellt eine in sich geschlossene Regelung des Rechts der Zuständigkeitsvereinbarung dar, die einer Ergänzung durch das nationale Recht nicht zugänglich ist. Prorogations- oder Derogationsverbote des nationalen Rechts sind nicht zu beachten.


-  Zusammenfassung der Entscheidung 

Der Kläger, mit Sitz in Deutschland, war aufgrund eines Handelsvertretervertrags für die Beklagte als Handelsvertreter in einem vertraglich bestimmten deutschen Gebiet tätig. Der Vertrag enthielt eine Rechtswahlklausel zugunsten deutschen Rechts. Ziffer 11 des Vertrags lautet: Die Parteien vereinbaren ausdrücklich, dass für alle Streitigkeiten über die Durchführung oder Auslegung dieses Vertrags, wenn keine gütliche Einigung zustande kommt, der Gerichtsstand der Ort des Firmensitzes der Beklagten sein soll, d.h. das Handelsgericht von Lons le Saunier (FR). Nachdem die Beklagte den Vertrag kündigte, machte der Kläger Ansprüche aus dem Vertrag vor einem deutschen Gericht geltend. Die Beklagte rügte die internationale Zuständigkeit.

Das Oberlandesgericht Hamburg (DE) verneint die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte. Die in Ziffer 11 getroffene Vereinbarung der Parteien sei eine ausschließliche Gerichtsstandsklausel. Weder der Umstand, dass die Rechtsschutzversicherung des Klägers eine Prozessführung im Ausland nicht abdecke, noch die Rechtswahlklausel zugunsten deutschen Rechts lasse die Vermutung der Ausschließlichkeit der Gerichtsstandsvereinbarung nach Art. 23 Abs. 1 S. 2 EuGVO entfallen, vielmehr spreche die Formulierung der Vereinbarung für eine Ausschließlichkeit. Die Vereinbarung sei auch gemäß Art. 23 Abs. 5 EuGVO wirksam, sie liefe weder Art. 17 noch Art. 21 EuGVO zuwider. Der Kläger sei weder Arbeitnehmer im Sinne von Art. 18 EuGVO noch Verbraucher im Sinne von Art. 15 EuGVO. Eine analoge Anwendung von Art. 19, 21 EuGVO auf Handelsvertreter scheitere am Fehlen einer Regelungslücke, die analoge Anwendung von Art. 15, 17 EuGVO an der fehlenden Vergleichbarkeit der Situation eines Handelsvertreters mit der eines Verbrauchers. Nationale Prorogations- und Derogationsverbote seien nicht zu beachten, da Art. 23 EuGVO das nationale Recht vollkommen verdränge.

 JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission

-  Entscheidungstext 

I. Die Parteien streiten über das Bestehen von Ansprüchen des Klägers gegen die Beklagte auf Buchauszug, Provisionsausgleich und Handelsvertreterausgleich aus einem Handelsvertretervertrag.

Die Parteien schlossen am 12.05.1998 einen Handelsvertretervertrag (Anlage K 1, im Folgenden: Vertrag). Mit einer Schwestergesellschaft der Beklagten, der Firma … , hatte der Kläger am selben Tage einen inhaltsgleichen Vertrag geschlossen. Daneben war und ist der Kläger für ein weiteres deutsches Unternehmen als Handelsvertreter tätig (seit 1992).

Gemäß Ziffer 1 des Vertrages war der Kläger Bezirks- und Alleinvertreter für die Bezirke Berlin, Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein für sämtliche Produkte der Beklagten. Nach Ziffer 5 des Vertrages war eine gestaffelte Provision von 18 % bzw. 20 % des Umsatzes vereinbart worden. Die Kündigungsfrist betrug nach Ziffer 9 des Vertrages sechs Monate zum Ende eines Kalendervierteljahres. In Ziffer 10 des Vertrages vereinbarten die Parteien die Anwendung deutschen Rechts auf den Vertrag. Ziffer 11 lautet:

„Die beiden unterzeichnenden Vertragsparteien, Fa ... und der Handelsvertreter, vereinbaren ausdrücklich, dass für alle Streitigkeiten über die Durchführung oder Auslegung dieses Vertrages, wenn keine gütliche Einigung zustande kommt, der Gerichtsstand der Ort des Firmensitzes von … (der Beklagten) sein soll, d.h. das Handelsgericht von Lons le Saunier (Frankreich).“

Wegen des weiteren Inhaltes des Vertrages wird auf die Anlage K 1 Bezug genommen.

Mit Einwurfeinschreiben vom 25.11.2002 (Anlage K 2) erklärte die Beklagte ohne vorherige Abmahnung des Klägers die fristlose Kündigung des Vertrages wegen mangelnden Absatzes der Kollektion der Beklagten durch den Kläger; aus demselben Grund wurde auch der Handelsvertretervertrag zwischen dem Kläger und der Firma … gekündigt. Der Kläger widersprach der Kündigung mit Schreiben vom 03.12.2002 (Anlage zur Klageerwiderung vom 30.06.2003). Die Beklagte antwortete hierauf mit Schreiben vom 09.12.2002 (Anlage K 3).

Der Kläger unterzeichnete am 02.01.2003 einen von der Beklagten auf Wunsch des Klägers (Schreiben vom 22.12.2002, Anlage zur Klageerwiderung vom 30.06.2003) vorformulierten Aufhebungsvertrag, durch den das Vertragsverhältnis zum 15.12.2002 gegen Zahlung von EUR 7.500 seitens der Beklagten und unter Verzicht auf Ausgleichsansprüche des Klägers gegen die Beklagte aufgehoben wurde (Anlage K 4); desgleichen wurde auch der Handelsvertretervertrag des Klägers mit der Firma … aufgehoben. Die von der Beklagten unterzeichnete Ausfertigung des Aufhebungsvertrages ging dem Kläger am 22.01.2003 zu.

In der Klageschrift vom 13.02.2003 erklärte der Kläger die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung und Irrtums.

Der Aufforderung der Beklagten zur Rückgabe ihrer Kollektion kam der Kläger nicht nach (Anlage K 6).

Der Kläger hat gemeint, dass das Landgericht Hamburg ungeachtet der Gerichtsstandsklausel im Vertrag international zuständig sei.

Er hat behauptet, dass die Beklagte ihm auf seinen Widerspruch zur Kündigung des Vertrages die Erwiderung mit ihrem Erwiderungsschreiben vom 09.12.2002 (Anlage K 3) eine für ihn ungünstige objektive Rechtslage vorgespiegelt habe, welche ihn zur Unterzeichnung des Aufhebungsvertrages (Anlage K 4) bewegt hätte. Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass dieser Vertrag in Ermangelung einer rechtzeitigen Annahmeerklärung seitens der Beklagten nicht zustande gekommen sei.

Hinsichtlich der Kündigung des Vertrages seitens der Beklagten wegen mangelnden Absatzes der Kollektion der Beklagten durch den Kläger, hat der Kläger auf seine Verkaufszahlen im Vergleich zu denen der anderen bundesweit tätigen Handelsvertreter verwiesen (Anlage K 5).

Der Kläger hat beantragt,

I. auf erster Stufe

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger EUR 33.341,64 nebst Zinsen in Höhe von 8 % über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an den Kläger zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger einen Buchauszug über alle Geschäfte zu erteilen, die zwischen der Beklagten und Kunden im Bezirk des Klägers (Hamburg, Berlin, Schleswig-Holstein) zustande gekommen sind, und zwar für alle im Zeitraum zwischen dem 12.05.1998 und dem 15.12.2002 zustande gekommenen Geschäfte sowie für nach diesem Datum zustande gekommene Geschäfte, auf die der Kläger gemäß § 87 Abs. 3 HGB Anspruch auf nachvertragliche Provision hat, weil er das Geschäft vermittelt hat oder es eingeleitet und so vorbereitet hat, dass der Abschluss überwiegend auf seine Tätigkeit zurückzuführen ist und das Geschäft innerhalb einer angemessenen Frist nach Beendigung des Vertragsverhältnisses abgeschlossen worden ist, oder vor Beendigung des Vertragsverhältnisses das Angebot des Kunden zum Abschluss des Geschäfts, für das der Kläger nach dem vorstehenden Anspruch auf Provision hat, dem Kläger oder der Beklagten zugegangen ist. Dabei müssen – soweit bekannt – folgende Angaben gemacht werden:

– genauer Name und präzise Anschrift des Kunden

– Kundennummer (sofern vorhanden)

– wesentliche Vertragsinhalte der vermittelten Geschäfte, insbesondere die nachstehenden Informationen

– Datum der Auftragserteilung / des Vertragsschlusses

– Umfang des erteilten Auftrages

– Datum der Auftragsbestätigung

– Datum der Lieferungen bzw. Teillieferungen

– Art und Menge der Lieferungen bzw. Teillieferungen

– Nachbestellungen

– Datum und Nummer der Rechnung bzw. der Rechnungen bei Teillieferungen

– Rechnungsbetrag (Netto / Brutto)

– gewährte Nachlässe, Skonti, Rabatte und Preisnachlässe

– Datum der Zahlungen bzw. der Einzelzahlungen

– Nichtleistung des Kunden § 87a II HGB), da die Feststellung, dass der Kunde nicht leistet, nicht allein vom Unternehmer vorgenommen werden kann

– Höhe der gezahlten Beträge / Einzelbeträge

– Datum der vollständigen Abwicklung

– Auslieferungs-Fehlbetrag

– Grund für den Fehlbetrag

– Wert des Fehlbetrages

– jeweils in Ansatz gebrachter Provisionssatz und gezahlte Provision

– Nichtausführung von Geschäften sowie Angabe der Gründe für die Nichtausführung vermittelter Verträge

– Stornierungen der vermittelten Verträge / Retouren unter Beifügung der Dokumente, Kundenschreiben oder sonstigen Belege und Angabe der Gründe

– Korrekturen, nachträgliche Gutschriften unter Bezeichnung des zuzuordnenden Geschäfts und Angabe der Gründe

– Angaben über vertragswidrig geschlossene Verträge, etwa verbotswidrig geschlossene Direktgeschäfte oder schwebende Geschäfte, insbesondere auch solche Geschäfte, für welche nach § 87a HGB erst ein bedingter Anspruch entstanden ist, Angaben über Geschäfte, für die dem Vertreter nachvertragliche Provision gemäß § 87 III HGB zusteht,

3. über die sich aus dem Buchauszug ergebenden und bislang nicht abgerechneten Provisionen eine Provisionsabrechnung zu erteilen,

4. festzustellen, dass der Kläger nicht verpflichtet ist, die ihm von der Beklagten überlassenen und im Schreiben der Beklagten vom 25.02.2003 genannten Kollektionen

a) im Zeitraum vor Beendigung des Vertriebsvertrages vor vollständiger Erfüllung der in der Klage erster Stufe genannten Forderungen an die Beklagte herauszugeben bzw.

b) nach Beendigung des Vertriebsvertrages vor vollständiger Erfüllung der Provisionsforderungen des Klägers an die Beklagte zurückzugeben,

II. auf zweiter Stufe

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger den sich aus der Provisionsabrechnung ergebenden Provisionsbetrag nebst 5 % Zinsen seit Fälligkeit und 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger den noch nicht im Klageantrag zu I. 1. enthaltenen, weiteren angemessenen Ausgleich gemäß § 89b HGB nebst 5 % Fälligkeitszinsen seit dem 15.12.2002 und Zinsen von 8 % über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, dessen endgültige Höhe erst nach Erteilung des Buchauszuges feststellen lässt.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat unter Hinweis auf die Gerichtsstandsklausel im Vertrag die internationale Zuständigkeit des Landgerichts Hamburg gerügt.

Sie hat behauptet, in ihrem Schreiben vom 09.12.2002 lediglich ihre Rechtsauffassung dargestellt zu haben, ohne dem Kläger den Eindruck einer objektiven Rechtslage vermittelt zu haben. Der Kläger hätte aufgrund mangelnder Absatzförderung nur einen geringen Anteil des möglichen Umsatzes erzielt. Es wäre möglich gewesen, mit dem vorhandenen Kundenpotential mindestens den vierfachen des tatsächlichen Umsatzes zu erzielen. Sie hat daher gemeint, dass ein hinreichender Kündigungsgrund vorgelegen und sie im übrigen den Aufhebungsvertrag rechtzeitig angenommen hätte; dem Kläger wären die langen Laufzeiten in Frankreich bekannt gewesen, wie die Beklagte behauptet hat.

Das Landgericht Hamburg hat durch Urteil vom 24.10.2003, das den Parteien jeweils am 11.11.2003 zugestellt worden ist und auf das hiermit zur näheren Sachverhaltsdarstellung Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen. Das Landgericht verneint seine internationale Zuständigkeit. Es geht davon aus, die Parteien hätten in Ziffer 11 des Vertrages eine wirksame Gerichtsstandsklausel vereinbart. Diese Vereinbarung sei nach Art. 23 Abs. 1 Satz 1 EuGVVO abschließend. Durch die Klausel sei weder gegen Vorschriften des deutschen Rechts, insbesondere § 38 ZPO und § 307 BGB, noch gegen die Art. 17, 23 EuGVVO verstoßen worden.

Mit der am 08.12.2003 eingelegten und nach rechtzeitig beantragten und bis zum 12.02.2004 bewilligten Fristverlängerung mittels eines am 13.01.2004 eingegangenen Schriftsatzes begründeten Berufung verfolgt der Kläger seine Klageanträge uneingeschränkt weiter.

Der Kläger wiederholt und vertieft sein erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend trägt er wie folgt vor:

Bei der Gerichtsstandsklausel handele es sich nicht um eine ausschließliche Vereinbarung. Die Parteien hätten lediglich einen zusätzlichen französischen Gerichtsstand neben dem ohnehin bestehenden dispositiven deutschen Gerichtsstand vereinbaren wollen. Diese Intention der Parteien habe die Beklagte im Verfahren des ersten Rechtszuges auch nicht bestritten. Für eine bloß ergänzende Gerichtsstandsklausel sprächen zudem sowohl die Rechtswahlklausel in Ziffer 10 des Vertrages zugunsten deutschen Rechts als auch der Umstand, dass der Kläger nur für Prozesse in Deutschland rechtsschutzversichert sei (Anlage K 9).

Abgesehen davon sei die Gerichtsstandsklausel analog Art. 19, 21 EuGVVO sowie analog Art. 17 EuGVVO unwirksam. Zum einen sei der Kläger als „Ein-Person-Handelsvertreter“ einem Arbeitnehmer iSd Art. 19 EuGVVO wirtschaftlich gleichzustellen. Zum anderen lägen die Voraussetzungen des Art. 17 EuGVVO nicht vor. Ein Handelsvertreter befinde sich in einer ähnlichen Situation wie ein Verbraucher, weil er vergleichbar wirtschaftlich schutzbedürftig sei. Schließlich verstoße die Gerichtsstandsvereinbarung auch gegen § 307 BGB, da der Kläger durch sie unangemessen benachteiligt werde.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Landgerichts Hamburg vom 24.10.2003 zur Geschäfts-Nr. 327 0 78/03 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen,

I. auf erster Stufe

1. an den Kläger EUR 40.623,56 nebst Zinsen in Höhe von 8 % über dem Basiszinssatz seit

Rechtshängigkeit zu zahlen,

2. dem Kläger einen Buchauszug über alle Geschäfte zu erteilen, die zwischen der Beklagten und Kunden im Bezirk des Klägers (Hamburg, Berlin, Schleswig-Holstein) zustande gekommen sind, und zwar für alle im Zeitraum zwischen dem 12.05.1998 und dem 15.12.2002 zustande gekommenen Geschäfte sowie für nach diesem Datum zustande gekommene Geschäfte, auf die der Kläger gemäß § 87 Abs. 3 HGB Anspruch auf nachvertragliche Provision hat, weil er das Geschäft vermittelt hat oder es eingeleitet und so vorbereitet hat, dass der Abschluss überwiegend auf seine Tätigkeit zurückzuführen ist und das Geschäft innerhalb einer angemessenen Frist nach Beendigung des Vertragsverhältnisses abgeschlossen worden ist, oder vor Beendigung des Vertragsverhältnisses das Angebot des Kunden zum Abschluss des Geschäfts, für das der Kläger nach dem vorstehenden Anspruch auf Provision hat, dem Kläger oder der Beklagten zugegangen ist. Dabei müssen – soweit bekannt – folgende Angaben gemacht werden:

– genauer Name und präzise Anschrift des Kunden

– Kundennummer (sofern vorhanden)

– wesentliche Vertragsinhalte der vermittelten Geschäfte, insbesondere die nachstehenden Informationen:

– Datum der Auftragserteilung / des Vertragsschlusses

– Umfang des erteilten Auftrages

– Datum der Auftragsbestätigung

– Datum der Lieferungen bzw. Teillieferungen

– Art und Menge der Lieferungen bzw. Teillieferungen

– Nachbestellungen

– Datum und Nummer der Rechnung bzw. der Rechnungen bei Teillieferungen

– Rechnungsbetrag (Netto / Brutto)

– gewährte Nachlässe, Skonti, Rabatte und Preisnachlässe

– Datum der Zahlungen bzw. der Einzelzahlungen

– Nichtleistung des Kunden § 87a II HGB), da die Feststellung, dass der Kunde nicht leistet, nicht allein vom Unternehmer vorgenommen werden kann

– Höhe der gezahlten Beträge / Einzelbeträge

– Datum der vollständigen Abwicklung

– Auslieferungsfehlbetrag

– Grund für den Fehlbetrag

– Wert des Fehlbetrages

– jeweils in Ansatz gebrachter Provisionssatz und gezahlte Provision

– Nichtausführung von Geschäften sowie Angabe der Gründe für die Nichtausführung vermittelter Verträge

– Stornierungen der vermittelten Verträge / Retouren unter Beifügung der Dokumente, Kundenschreiben oder sonstigen Belege und Angabe der Gründe

– Angaben über vertragswidrig geschlossene Verträge, etwa verbotswidrig geschlossene Direktgeschäfte oder schwebende Geschäfte, insbesondere auch solche Geschäfte, für welche nach § 87a HGB erst ein bedingter Anspruch entstanden ist,

– Angaben über Geschäfte, für die dem Vertreter nachvertragliche Provision gemäß § 87 III HGB zusteht,

3. über die sich aus dem Buchauszug ergebenden und bislang nicht abgerechneten Provisionen eine Provisionsabrechnung zu erteilen,

II. auf zweiter Stufe:

1. an den Kläger den sich aus der Provisionsabrechnung ergebenden Provisionsbetrag nebst 5 % Zinsen seit Fälligkeit und 8 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

2. an den Kläger den noch nicht im Klageantrag zu I. 1. enthaltenen, weiteren angemessenen Ausgleich gemäß § 89b HGB nebst 5 % Fälligkeitszinsen seit dem 15.12.2002 und Zinsen von 8 % über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, dessen endgültige Höhe erst nach Erteilung des Buchauszuges feststellen lässt.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil im Hinblick auf die dortigen Ausführungen zur internationalen Unzuständigkeit des Landgerichts. Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend trägt sie wie folgt vor:

Unabhängig von der Frage der internationalen Zuständigkeit sei das Landgericht Hamburg aufgrund der als ausschließlich gefassten Gerichtsstandsvereinbarung in Ziffer 11 des Vertrages auch nicht national zuständig. Zudem fehle es dem Kläger auch an einem Rechtsschutzbedürfnis, da seine Klage keine Aussicht auf Erfolg habe.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die vorbereitenden Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

II. Die Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere ist sie statthaft sowie form- und fristgemäß eingelegt und begründet worden. In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg. Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht als unzulässig abgewiesen. Der Senat stimmt der rechtlichen Würdigung des Landgerichts in dem angefochtenen Urteil im Ergebnis uneingeschränkt zu und nimmt auf dessen Ausführungen Bezug. Das Vorbringen der Parteien im Verfahren des zweiten Rechtszuges rechtfertigt keine davon abweichende Entscheidung.

Das im Verfahren des ersten Rechtszuges angerufene Landgericht Hamburg ist aufgrund der in Ziffer 11 des Vertrages (Anlage K 1) getroffenen Gerichtsstandsvereinbarung der Parteien nicht international zuständig.

1. Entgegen der Auffassung des Klägers handelt es sich bei dieser Vereinbarung um eine ausschließliche Gerichtsstandsklausel.

Diese schriftlich fixierte Gerichtsstandsvereinbarung genügt den Erfordernissen des Art. 23 Abs. 1 EuGVVO; dies ist zwischen den Parteien im Übrigen unstreitig.

Zwar enthält die Vertragsklausel nicht das Wort „ausschließlich“, doch ergibt sich bei der Gesamtbetrachtung der Ziffer 11, dass die Parteien tatsächlich eine ausschließliche Zuständigkeit des Handelsgerichts von Lons le Saunier (Frankreich) vereinbaren wollten. Da die Klausel eben auch keinen ausdrücklichen Hinweis auf einen komplementären bzw. konkurrierenden Gerichtsstand in Deutschland enthält, obliegt es dem Kläger, die Vermutung einer ausschließlichen Geltung der Zuständigkeitsvereinbarung nach Art. 23 Abs. 1 Satz 2 EuGVVO zu entkräften. Diese Darlegungslast verkennt der Kläger, wenn er meint, dass seiner Ansicht nach bestehende Zweifel darüber, ob eine von der Auslegungsregel des Art. 23 Abs. 1 Satz 2 EuGVVO abweichende Vereinbarung vorliegt, zu Lasten der Beklagten gingen. Für die vom Kläger behauptete, von der gesetzlichen Vermutung abweichende Vereinbarung ist allein er darlegungspflichtig. Der Kläger hat indes keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass die Parteien eine nicht ausschließliche Zuständigkeitsvereinbarung vereinbart hätten.

Dass die Rechtsschutzversicherung des Klägers eine Prozessführung im Ausland nicht abdeckt (Anlage K 9), begründet zwar ein Interesse des Klägers an einer lediglich komplementären Gerichtsstandsvereinbarung. Dass er dies bei Vertragsschluss indes bedacht und der Beklagten im Rahmen der Vertragsverhandlungen im Hinblick auf die Gerichtsstandsvereinbarung mitgeteilt hätte, so dass dieser von der Beklagten bestrittene Umstand bei der Gerichtsstandsvereinbarung (zumindest konkludent) Berücksichtigung gefunden hätte, hat der Kläger nicht vorgetragen.

Ebenso wenig lässt die Rechtswahlklausel in Ziffer 10 des Vertrages zugunsten deutschen Rechts die Vermutung der Ausschließlichkeit der Gerichtsstandsvereinbarung nach Art. 23 Abs. 1 Satz 2 EuGVVO entfallen. Rechtswahl und Gerichtsstandswahl sind jedoch zwei isoliert zu betrachtende Vereinbarungen, die nicht zwingend in die gleiche Richtung gehen müssen; tatsächlich kommt es nicht selten vor, dass Vertragsparteien die Geltung eines bestimmten Rechts vereinbaren, dessen Anwendung sie einem Gericht in einem von ihnen gewählten Gerichtsstand eines anderen Rechtskreises überlassen. Es ist zwar im konkreten Einzelfall möglich, die von Vertragsparteien nicht geregelte Frage des Gerichtsstandes einer ausdrücklichen Rechtswahlvereinbarung folgen zu lassen, dies scheidet aber jedenfalls dann aus, wenn – wie hier – eine Gerichtsstandsvereinbarung ausdrücklich getroffen wurde.

Die Formulierung der Ziffer 11 des Vertrages spricht vorliegend für eine ausschließliche Zuständigkeitsvereinbarung. Die Parteien haben in dieser Vertragsbestimmung diesen Gerichtsstand „ausdrücklich ... für alle Streitigkeiten über die Durchführung oder Auslegung dieses Vertrages“ vereinbart. Dass es sich um einen ausschließlichen und nicht um einen komplementären bzw. konkurrierenden Gerichtsstand handeln soll, folgt auch daraus, dass die Parteien die Zuständigkeit des französischen Gerichts explizit für alle Streitigkeiten bestimmt haben, bei denen eine gütliche Einigung gescheitert ist. Insofern haben die Parteien die Möglichkeit einer Auseinandersetzung außerhalb des Gerichtsstandes gesehen und geregelt. Aus der Nicht-Regelung eines anderen Gerichtsstandes, nämlich des Gerichtsstandes am Wohn- und Geschäftssitz des Klägers wird im Umkehrschluss der Wille der Parteien deutlich, dass es nur die Alternativen einer örtlich nicht bestimmten gütlichen Einigung oder eines Rechtsstreits vor dem französischen Handelsgericht von Lons le Saunier geben sollte.

Entgegen der Auffassung des Klägers hat die Beklagte den klägerischen Vortrag über einen anderweitigen Parteiwillen auch nicht unstreitig gestellt. Soweit der Kläger sich in seiner Berufungsbegründung auf seinen Vortrag im Schriftsatz vom 30.07.2003, Seite 14, stützt, kann zum einen aus der dortigen Formulierung „Im vorliegenden Fall zeigt insbesondere das Fehlen des absolut üblichen Wortes „ausschließlich“ vor Zuständigkeit, dass eben keine ausschließliche Zuständigkeit gewollt war“ lediglich eine Schlussfolgerung des Klägers, nicht jedoch eine Behauptung über eine Tatsache abgeleitet werden. Zum anderen hat die Beklagte diese Schlussfolgerung und einen etwaigen diesbezüglichen Vortrag des Klägers letztlich dadurch streitig gestellt, dass sie im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 30.09.2003 ihre Rüge der örtlichen und internationalen Zuständigkeit des Landgerichts Hamburg ausdrücklich zu Protokoll erklärt hat.

2. Die Gerichtsstandsklausel ist wirksam. Sie läuft entgegen der Ansicht des Klägers insbesondere weder Art. 17 noch Art. 21 EuGVVO zuwider (Art. 23 Abs. 5 EuGVVO).

a) Eine analoge Anwendung der Art. 19, 21 EuGVVO auf Handelsvertreter, wie sie der Kläger für sich in Anspruch nimmt, scheitert bereits an einer fehlenden Regelungslücke. Art. 19 EuGVVO begründet für Arbeitnehmer zwei Gerichtsstände: den Gerichtsstand am Wohnsitz des Arbeitsgebers (Art. 19 Nr. 1 EuGVVO) und den Gerichtsstand am Tätigkeits- bzw. Einstellungsort des Arbeitnehmers (Art. 19 Nr. 2 EuGVVO).

Der Arbeitnehmerbegriff des Art. 18 EuGVVO entspricht dem des Art. 39 EG. Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) handelt es sich beim Begriff Arbeitnehmer iSd Art. 39 EG um einen Begriff des Gemeinschaftsrechts, der nicht eng auszulegen ist (vgl. in diesem Sinne u. a. Rs 66/85 – Lawrie-Blum -, Sig. 1986,2121, Rn. 16; Rs 197/86- Brown -, Sig. 1988,3205, Rn. 21; Rs C¬3/90 – Bernini -, Sig. 1992, 1-1071, Rn. 14; Rs C-337/97 – Meeusen -, Sig. 1999, 1-3289, Rn. 13; Rs. C-413/01 – Ninni-Orasche -, Rn. 23). Dieser Begriff ist anhand objektiver Kriterien zu definieren, die das Arbeitsverhältnis im Hinblick auf die Rechte und Pflichten der betroffenen Personen kennzeichnen. Die Arbeitnehmereigenschaft setzt voraus, dass der betreffenden Person eine eigene unternehmerische Entscheidungsfreiheit und eigenes unternehmerisches Risiko fehlen, sie Dienstleistungen gegen Vergütung erbringt, in die Organisation des Dienstnehmers eingebunden ist und dessen Weisungsrecht unterliegt (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann-Albers, ZPO, 62. Aufl. (2004), Anh. V C 4, Art. 18 EuGVVO, Rn. 2).

In der deutschen Rechtsprechung und Literatur wird zwar die Frage der Arbeitnehmerproblematik/Scheinselbständigkeit von Handelsvertretern diskutiert (vgl. z. B.: Behrend, NJW 2003, 1563; sowie Nachweise bei: Emde, VersR 1999, 1464, 1464 ff.; ders., VersR 2001, 148, 148 ff., jeweils mwN). Entscheidend für die Abgrenzung zwischen Selbständigen- und Arbeitnehmereigenschaft ist indes der Grad der persönlichen Abhängigkeit des Handelsvertreters vom Unternehmer (§ 84 Abs. 1 HGB). Nach § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB ist selbständig, wer „im wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann.“ Entscheidend ist die persönliche Freiheit, und zwar die rechtliche im Gegensatz zur „wirtschaftlichen“ (std. Rspr.: BGH VersR 64, 331, BAG ZIP 97, 1715; Baumbach/Hopt, HGB, 31. Aufl. 2003, § 84, Rn. 35).

Ausschlaggebend ist damit die freie Gestaltung seiner Tätigkeit sowie der Arbeitszeit oder des Arbeitspensums (Baumbach/Hopt, HGB, § 84, Rn. 35). Dazu hat die Rechtsprechung eine Reihe einzelner Abgrenzungskriterien entwickelt, vor allem zu Ort, Zeit und Art und Weise der Tätigkeit, Unternehmerrisiko, Art und Weise der Vergütung. Keines davon ist aber bei der wertenden Gesamtbetrachtung unverzichtbar. Auf die von den Parteien gewählte Bezeichnung kommt es dabei nicht an. Entscheidend ist vielmehr der wirklich gewollte Geschäftsinhalt, der sich aus den Vereinbarungen und der praktischen Durchführung der Verträge ergibt (vgl.: BGHZ 59, 91; BAG BB 1990, 1065; BAG DB 1994, 2502).

Diese Abgrenzungskriterien gelten im Ergebnis auch für den autonomen, gemeinschaftsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist dieser Begriff nach objektiven Kriterien zu definieren, die das Arbeitsverhältnis in Ansehung der Rechte und Pflichten der betreffenden Personen charakterisieren. Das wesentliche Merkmal des Arbeitsverhältnisses besteht darin, dass jemand während einer bestimmten Zeit für einen anderen nach dessen Weisung Leistungen erbringt, für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhält (Rs 66/85 – Lawrie-Blum -, Sig. 1986, 2121, Rn. 17; Rs 344/87 – Bettray -, Sig. 1989, 1621, Rn. 12; Rs C-337/97 – Meeusen -, Sig. 1999,1-3289, Rn. 13; Rs. C-413/01 – Ninni-Orasche -, Rn. 24).

Bei Anwendung dieser Kriterien scheidet eine Qualifikation der Handelsvertretertätigkeit des Klägers als Arbeitnehmer- bzw. arbeitnehmergleiche Tätigkeit aus.

Zum einen war der Kläger nicht allein für die Beklagte als Handelsvertreter tätig, sondern vermittelte zeitgleich auch für zwei weitere Unternehmen Geschäfte, nämlich sowohl für die mit der Beklagten verbundene Firma … als auch für ein weiteres deutsches Unternehmen. Insofern bestand schon keine persönliche Abhängigkeit zu einem Unternehmen. Soweit die tatsächlichen Gegebenheiten eine Form der wirtschaftlichen Abhängigkeit des Klägers begründeten, bestand diese ebenfalls nicht zu einem einzigen Unternehmen, sondern – bei einer Betrachtung der Beklagten und der mit ihr verbundenen Firma … als Verbund – zumindest zu zwei rechtlich wie wirtschaftlich getrennten Unternehmen.

Zum anderen ergibt sich aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Handelsvertretervertrag (Anlage K 1) sowie aus der von den Parteien vorgetragenen tatsächlichen Handhabung des Vermittlungsgeschäfts, dass der Kläger unter den beiden Aspekten des § 84 Abs. 1 Satz 2 HGB in einem für den Selbständigenstatus erforderlichen Maße frei von Weisungen ist.

Gegen eine Selbständigkeit des Klägers sprechen zwar die Vorgabe des Vertriebsgebietes (Ziffer 1 des Vertrages: Niedersachsen [bis südlich von Lüneburg], Berlin Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein), die Bindung an Preise sowie Lieferungs- und Zahlungsbedingungen der Beklagten (Ziffer 2 des Vertrages), die Vorgabe von Mindestquoten und -zielen (Ziffer 7 des Vertrages) sowie die Regelung einer Probezeit (Ziffer 9 des Vertrages).

Diese Einschränkungen der persönlichen Freiheit des Klägers waren indes auf das Notwendige einer Vermittlungstätigkeit begrenzt und wurden durch die ansonsten ungeregelte und damit dem Kläger überlassene Gestaltungsfreiheit aufgewogen. Die Zuweisung eines bestimmten Kundenkreises oder eines bestimmten Bezirks steht dem Status als selbständiger Handelsvertreter nicht entgegen (BAG BB 2000, 1469, 1470). Im Übrigen war der Kläger frei von Weisungen der Beklagten, trug sein eigenes Unternehmerrisiko, und besaß die Freiheit zur eigenen Bestimmung von Arbeitsumfang und Arbeitsgestaltung.

Der Kläger war somit auch unter Anwendung der in Rechtsprechung und Literatur anerkannten Abgrenzungsmaßstäbe eindeutig als selbständiger Handelsvertreter für die Beklagte tätig, so dass kein Anlass besteht, ihn (allein) hinsichtlich der Gerichtsstandswahl wie einen Arbeitnehmer zu behandeln. Soweit der Kläger auf die wirtschaftliche Abhängigkeit eines Handelsvertreters abstellt, bedeutete dies, dass dann der Arbeitnehmerbegriff im Ergebnis konturenlos wäre, da eine wirtschaftliche Abhängigkeit bei jeder Art von Vertragsverhältnissen und auch bei selbständigen Kaufleuten und Unternehmern vielfach vorliegt.

b) Ebenso scheitert die vom Kläger geltend gemachte Unwirksamkeit der Gerichtsstandsklausel analog Art. 15, 17 EuGVVO. Insofern fehlt es an einer Vergleichbarkeit der Situation eines Handelsvertreters mit der eines Verbrauchers.

Der Verbraucherbegriff ist autonom, von der nationalen Rechtsordnung losgelöst gemeinschaftsrechtlich zu definieren und auszulegen (std. Rspr. des EuGH, z.B. Urt. v. 27.04.1999, Rs. C-99/96 – Mietz./. Intership Yachtring Sneek -, Rn. 26, mwN). Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften hat zu Art. 13 Abs. 1 EuGVÜ entschieden, dass sich die Vorschriften über die Zuständigkeit für Verbrauchersachen nur auf nicht berufs -oder gewerbebezogen handelnde private Endverbraucher beziehen (EuGH Urt. v. 11.07.2002, Rs. C-96/00 – Gabriel-, Rn. 39; vgl. auch Zöller-Geimer, ZPO, 24. Aufl. (2004), Anh. I, Art. 15 EuGVVO, Rn. 4; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann-Albers, ZPO, Anh. V C 4, Art. 15 EuGVVO, Rn. 2). Art. 15 Abs. 1 EuGVVO ist Art. 13 Abs. 1 EuGVÜ nachgebildet. Demgegenüber handelte der Kläger als Handelsvertreter für (zumindest) zwei rechtlich und wirtschaftlich getrennte Unternehmen (die Beklagte und die Firma … einerseits sowie ein weiteres deutsches Unternehmen andererseits) berufs- und gewerbsbezogen. Allein eine etwaige Schutzbedürftigkeit des Klägers gegenüber den Unternehmen, für die er Geschäfte vermittelt, begründet nicht seine Verbrauchereigenschaft, dies weder direkt noch analog.

c) Schließlich verstößt die Gerichtsstandsklausel nicht gegen § 307 BGB.

Zum einen verdrängt Art. 23 EuGVVO das nationale Recht vollkommen. Die Gemeinschaftsverordnung stellt eine in sich geschlossene Regelung des Rechts der Zuständigkeitsvereinbarung dar, die einer Ergänzung durch das nationale Zuständigkeitsrecht nicht zugänglich ist (BayObLG NJW-RR 2002, 359, 359 2001, 699, 700 Zöller-Geimer, ZPO, Anh. I, Art. 23 EuGVVO, Rn. 32). Deshalb sind Prorogations- oder Derogationsverbote des nationalen Rechts, wie sie beispielsweise in den §§ 29c, 38 Abs. 2 und 3 ZPO und §§ 305 ff. BGB enthalten sind, nicht zu beachten (OLG Hamm RIW 2000, 382; Zöller-Geimer, ZPO, Anh. I, Art. 23 EuGVVO, Rn. 33, mwN). Derartige Verbote lassen sich auch nicht indirekt über einen (ungeschriebenen) Missbrauchsvorbehalt durchsetzen; eine solche Missbrauchskontrolle findet nicht statt (Zöller-Geimer, ZPO, Anh. I, Art. 15 EuGVVO, Rn. 35).

Zum anderen stimmt der Senat mit dem Landgericht Hamburg überein, dass eine unangemessene Benachteiligung des Klägers durch die Gerichtsstandsklausel nicht erfolgt. Die Anwendung deutschen Rechts durch ein französisches Gericht erscheint nicht als nachteilig für den Kläger. Die Anwendung ausländischen Rechts durch ein Gericht bei grenzüberschreitenden Rechtsstreitigkeiten ist nicht so ungewöhnlich, dass dies als eine Benachteiligung des Klägers angesehen werden könnte. Die Parteien haben in den Ziffern 10 und 11 des Vertrages vielmehr eine die Interessen beider Parteien berücksichtigende Lösung gefunden: zugunsten der Beklagten die Wahl des Gerichtsstandes an deren Sitz und zugunsten des Klägers die Wahl des für seinen Sitz geltenden Rechts.





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