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Zusammenfassung der Entscheidung Die Parteien haben mehrere Leasing-Verträge abgeschlossen. Die von der deutschen Klägerin vorformulierten und gedruckten Vertragsformulare enthalten unter anderem folgende Klausel: „Erfüllungsort und Gerichtsstand für alle Verpflichtungen aus diesem Vertrag ist der Sitz des Vermieters.“ Die Klägerin kündigte die Verträge und machte gegen die in Luxemburg ansässige Beklagte Erfüllungs- und Schadensersatzansprüche vor dem Landgericht Trier (DE) geltend. Sie hält die Gerichtsstandsklausel auch für die Beklagte für bindend, da sie im Vertragstext enthalten sei. Das angerufene Gericht wies die Klage mangels internationaler Zuständigkeit ab, da eine Gerichtsstandsklausel eine in Luxemburg ansässige Person nur binde, wenn sie in einer äußerlich von den übrigen Vereinbarungen getrennten Urkunde enthalten sei.
Das Oberlandesgericht Koblenz (DE) legt dem EuGH diese Frage zur Entscheidung vor. Sicherlich genüge es nicht, wenn in einer Vertragsurkunde, die auch von einer luxemburgischen Person unterzeichnet sei, auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der anderen Partei, die eine Gerichtsstandsklausel enthielten, Bezug genommen werde. Der Senat habe aber Zweifel, ob ein Formularvertrag, der nicht nur auf AGB verweise, sondern sie selbst enthalte, anders zu beurteilen sei. Wegen der besonderen Wirtschaftsbeziehungen Luxemburgs, auf die das Protokoll zum EuGVÜ vom 27.09.1968 Rücksicht nehmen wolle, müsse vermieden werden, dass der in Luxemburg ansässigen Partei eine Gerichtsstandsvereinbarung untergeschoben werde. Der Senat neige deshalb dazu, die dem EuGH vorgelegte Frage zu verneinen. Dies gelte zumindest dann, wenn die Gerichtsstandsvereinbarung in dem Formularvertrag nicht besonders hervorgehoben sei.
JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission
Gemäß Art. I, Art. II Nr. 2 des Protokolls vom 3. Juni 1971 betreffend die Auslegung des Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen durch den Gerichtshof wird dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zur Vorabentscheidung die Frage vorgelegt:
Genügt die in einem mit einer in Luxembourg ansässigen Person abgeschlossenen und auch von ihr unterzeichneten Formularvertrag enthaltene, nicht besonders hervorgehobene Gerichtsstandsvereinbarung den Wirksamkeitserfordernissen des Art. I Abs. 2 des Protokolls zum Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. September 1968?
Die Parteien des Rechtsstreits haben im Jahre 1977 eine Reihe von „Leasing-Verträgen“ geschlossen, aus denen die Klägerin nach der von ihr ausgesprochenen Kündigung im vorliegenden Rechtsstreit Erfüllungs- und Schadensersatzansprüche geltend macht.
Die von der Klägerin vorformulierten, gedruckten Vertragsformulare sehen unter anderem folgende Klausel vor (vgl. BI. 151 der Gerichtsakten):
§ 12 Allgemeines:
(5) Erfüllungsort und Gerichtsstand für alle Verpflichtungen aus diesem Vertrag ist der Sitz des Vermieters.
Die Klägerin hat Klage gegen die in Luxembourg ansässige Beklagte beim Landgericht Trier erhoben.
Die Beklagte macht die Unzuständigkeit des Gerichts geltend und hält die Gerichtsstandsvereinbarung gemäß Art. I Abs. 2 des Protokolls vom 27. September 1968 für unwirksam, da sie von ihr nicht ausdrücklich und besonders angenommen worden sei („expressément et spécialement acceptée“). Sie meint, die Gerichtsstandsvereinbarung sei für sie nur wirksam, wenn sie in einer gesonderten, vom zugrunde liegenden Vertrag getrennten Urkunde niedergelegt sei; jedenfalls genüge nicht die Aufnahme in einem Formularvertrag.
Die Klägerin hält die Gerichtsstandvereinbarung auch für die in Luxembourg ansässige Beklagte bindend, da sie im Vertragstext enthalten sei.
Das Landgericht Trier hat die Klage mangels Zuständigkeit abgewiesen und ausgeführt, eine Gerichtsstandsvereinbarung binde eine in Luxembourg ansässige Person nur, wenn sie in einer äußerlich, von weiteren vertraglichen Vereinbarungen getrennten Urkunde enthalten sei.
Eine Klärung dieser Streitfrage ist – soweit für den Senat ersichtlich – durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften bisher nicht erfolgt. Auch die dem Senat erreichbare Literatur bietet keinen Aufschluß. Sicherlich genügt es nicht, wenn in einer, auch von der in Luxembourg ansässigen Partei unterzeichneten Vertragsurkunde auf die allgemeinen Geschäftsbedingungen des anderen Vertragspartners Bezug genommen wird, die eine Gerichtsstandsklausel enthalten. Der Senat hat Zweifel, ob ein Formularvertrag, der auf die allgemeinen Geschäftsbedingungen des anderen Vertragspartners nicht nur verweist, sondern sie auch enthält, anders zu behandeln sei. Wegen der besonderen Wirtschaftsbeziehungen Luxembourgs, auf die das Protokoll vom 27. September 1968 Rücksicht nehmen will, muß vermieden werden, daß der in Luxembourg ansässigen Partei eine Gerichtsstandsvereinbarung unterschoben werden kann.
Der Senat neigt deshalb dazu, die dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften vorgelegte Frage zu verneinen. Zumindest sollte das im vorliegenden Falle deshalb gelten, weil die Gerichtsstandsvereinbarung in dem Formularvertrag nicht besonders hervorgehoben ist.