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Zusammenfassung der Entscheidung Der deutsche Kläger hat mit dem deutschen Beklagten einen Mietvertrag über eine in Italien belegene Ferienwohnung abgeschlossen. Die Parteien haben vereinbart, dass sämtliche Nebenkosten nach Verbrauch abgerechnet werden sollten. Der Kläger verbrachte zur selben Zeit wie der Beklagte seinen Urlaub in derselben Ferienvilla in Italien. Der Beklagte hat die Wohnung nicht vertragsgemäß benutzt. Dies hat zu Auseinandersetzungen zwischen den Parteien geführt. Außerdem wurden nach Auszug des Beklagten an der Wohnung Schäden festgestellt. Der Kläger klagt nunmehr gegen den Beklagten vor einem deutschen Gericht auf Zahlung von Nebenkosten sowie Schadensersatz aus positiver Vertragsverletzung. Er verlangt ferner Schadensersatz für entgangene Urlaubsfreude sowie unnütz aufgewendete Fahrtkosten.
Der Bundesgerichtshof (DE) findet, dass für die Ansprüche auf Zahlung von Nebenkosten sowie Schadensersatz wegen positiver Vertragsverletzung die italienischen Gerichte am Belegenheitsort der Ferienwohnung gemäß Art. 16 Nr. 1 EuGVÜ ausschließlich international zuständig seien. Diese Vorschrift gelte für alle Verträge über die Miete oder Pacht von unbeweglichen Sachen. Sie umfasse somit auch kurzfristige Verträge und solche, die sich nur auf die Gebrauchsüberlassung einer Ferienwohnung bezögen. Außerdem erfasse Art. 16 Nr. 1 EuGVÜ alle Rechtsstreitigkeiten, welche die Verpflichtungen des Vermieters und des Mieters aus dem Mietvertrag beträfen. Darunter fielen auch die Pflichten des Mieters, den Mietzins und auferlegte Nebenkosten zu zahlen sowie verursachte Schäden zu ersetzen. Für die ebenfalls geltend gemachten Ansprüche auf Schadensersatz für entgangene Urlaubsfreude sowie unnütz aufgewendete Reisekosten sei die Zuständigkeit der deutschen Gerichte gemäß §§ 12, 13 ZPO begründet. Diese Ansprüche bezögen sich nämlich nur mittelbar auf die Nutzung der Mietsache, so dass sie nicht von der ausschließlichen Zuständigkeitsregelung des Art. 16 Nr. 1 EuGVÜ erfasst würden.
JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission
Der Kläger vermietete dem Beklagten durch schriftlichen Vertrag vom 19. Januar 1980 für die Zeit vom 12. Juli bis 2. August 1980 seine in der Ferienvilla „R“ in C./I. belegene Ferienwohnung. Als Mietzins für vier Personen wurden 2.625,‑ DM vereinbart. Die Übernachtung von Besuchern war nach dem Vertrag nicht gestattet. Die Nebenkosten für Strom, Wasser und Gas sollten nach Verbrauch abgerechnet werden. Die Endreinigung war ebenfalls zusätzlich zu vergüten.
Der Kläger verbrachte zu derselben Zeit wie der Beklagte seinen Urlaub in der Ferienvilla. Mit der Klage nimmt er den Beklagten auf Schadensersatz und auf Zahlung restlicher Nebenkosten in Anspruch. Er behauptet, seine und seiner Familie Erholung sei durch Verschulden des Beklagten erheblich beeinträchtigt worden. Der Beklagte habe nämlich während der ganzen Urlaubszeit mehr als vier Personen in der Ferienwohnung beherbergt. Durch die Überbelegung sei die Klärgrube ständig übergelaufen. Dies habe zu einer unzumutbaren Geruchsbelästigung geführt. Die Überbelegung, u.a. mit einem Kleinkind, habe auch eine erhebliche Belästigung durch Lärm bewirkt. Wegen des Verhaltens des Beklagten sei es am Ferienort zu wiederholten Auseinandersetzungen zwischen den Parteien gekommen. Wegen der entgangenen Urlaubsfreude habe der Beklagte auf der Grundlage positiver Verletzung des Mietvertrages Schadensersatz in Höhe von 2.100,‑ DM zu leisten. Auch habe er die vergeblich aufgewendeten Fahrtkosten von 1.100,‑ DM, zu ersetzen. Ferner habe der Beklagte aufgrund des Mietvertrages Nebenkosten in Höhe von noch 54,80 DM zu entrichten für Wasser, Strom und Gas. Außerdem müsse der Beklagte 302,‑ DM als Schadensersatz aus folgenden Gründen zahlen: Entgegen der im Mietvertrag übernommenen Verpflichtung zur Reinigung habe der Beklagte die Küche und das Geschirr verschmutzt zurückgelassen. Zur Reinigung hätten vier Arbeitsstunden aufgewendet werden müssen. Auch habe der Beklagte die Wohnung nicht pünktlich um 10.00 Uhr am Abreisetag verlassen, so daß zwei Putzfrauen je eine halbe Stunde hätten warten müssen. Insgesamt ergebe sich daraus ein Schadensbetrag von 50,‑ DM. Im Kinderzimmer sei eine neuwertige Matratze mit Kot beschmiert worden. Da der Fleck sich nicht entfernen lasse, sei ein Schaden von 165,‑ DM entstanden. Eine neuwertige Tischdecke sei mit rotem Wachs beschmiert worden. Für die Neuanschaffung müßten mindestens 40,‑ DM aufgewendet werden. Im Kinderzimmer sei ein größerer blauer Fleck hinterlassen worden, dessen Beseitigung mindestens 15,‑ DM koste. Nach dem Auszug des Beklagten hätten Besteck- und Geschirrteile im Werte von insgesamt 32,‑ DM gefehlt.
Der Kläger hat vom Beklagten außerdem noch die Zahlung von 100,‑ DM verlangt mit der Begründung, er habe für ihn Dolmetscherdienste geleistet.
Das Landgericht hat die Klage als unbegründet abgewiesen, soweit der Kläger die Vergütung von Dolmetscherdiensten gefordert hat. Im übrigen hat es die Klage als unzulässig abgewiesen mit der Begründung, nach Art. 16 Nr. 1 des Übereinkommens der Europäischen Gemeinschaft über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. September 1968, BGBl II 1972, 773 (EuGÜbk) seien zur Entscheidung über die geltend gemachten Ansprüche die Gerichte des Vertragsstaates Italien ausschließlich zuständig. Seine gegen dieses Urteil eingelegte Berufung hat der Kläger in der Berufungsverhandlung zurückgenommen, soweit die Klage wegen des Anspruchs auf Zahlung von 100,‑ DM für Dolmetscherdienste abgewiesen worden war. Das Kammergericht hat das Urteil des Landgerichts aufgehoben, soweit es die Klage als unzulässig abgewiesen hatte. Im Umfang der Aufhebung hat es die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Berufungsrechtszuges – an das Landgericht zurückverwiesen.
Mit der zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, erstrebt der Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:
1. Nach Art. 16 Nr. 1 EuGÜbk sind für Klagen, welche die Miete von unbeweglichen Sachen zum Gegenstand haben, die Gerichte des Vertragsstaates, in welchem die unbewegliche Sache belegen ist, ausschließlich zuständig. Auf Vorlage des erkennenden Senats vom 5. Oktober 1983 hat der Europäische Gerichtshof durch Urteil vom 15. Januar 1985 – Rs 241/83 (NJW 1985, 905) entschieden:
a) Art. 16 Nr. 1 des Übereinkommens gilt für alle Verträge über die Miete oder Pacht von unbeweglichen Sachen, und zwar auch für kurzfristige Verträge und für solche, die sich nur auf die Gebrauchsüberlassung einer Ferienwohnung beziehen.
b) Alle Rechtsstreitigkeiten, die die Verpflichtungen des Vermieters und des Mieters aus dem Mietvertrag betreffen, insbesondere solche, die sich auf das Bestehen oder die Auslegung von Mietverträgen, deren Dauer, die Wiedereinräumung des Besitzes der Mietsache an den Vermieter, den Ersatz für vom Mieter verursachte Schäden oder die Einziehung des Mietzinses und der vom Mieter zu zahlenden Nebenkosten wie der Kosten für Wasser-, Gas- und Stromverbrauch beziehen, fallen in die in Art. 16 Nr. 1 des Übereinkommens vorgesehene ausschließliche Zuständigkeit der Gerichte des Staates, in dem die unbewegliche Sache belegen ist. Dagegen fallen Rechtsstreitigkeiten, die sich nur mittelbar auf die Nutzung der Mietsache beziehen, wie beispielsweise solche, die entgangene Urlaubsfreude und Reisekosten betreffen, nicht in die ausschließliche Zuständigkeit nach diesem Artikel.
2. Daraus folgt, daß die Zuständigkeit eines deutschen Gerichts zur Entscheidung über die mit der Klage verfolgten Schadensersatzansprüche von zusammen 302,‑ DM und die Forderung von rückständigen Nebenkosten in Höhe von 54,80 DM nicht besteht. Insoweit hat daher das Landgericht die Klage mit Recht als unzulässig abgewiesen und ist die Berufung des Klägers unbegründet, die Revision des Beklagten dagegen begründet. Da nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes Art. 16 Nr. 1 EuGÜbk für die Ansprüche auf Zahlung von Schadensersatz für entgangene Urlaubsfreude in Höhe von 2.100,‑ DM und für unnütz aufgewendete Fahrtkosten von 1.100,‑ DM nicht gilt, sind insoweit für die Zuständigkeit die Vorschriften der ZPO maßgebend und ist nach §§ 12, 13 ZPO das Landgericht B. örtlich zuständig. Hinsichtlich dieser Forderungen ist daher die vom Berufungsgericht ausgesprochene Zurückverweisung an das Landgericht gerechtfertigt und die Revision des Beklagten unbegründet.
3. Daher war das Berufungsurteil auf die Revision des Beklagten unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels zu ändern. Auf die Berufung des Klägers war das landgerichtliche Urteil im Kostenausspruch und insoweit aufzuheben, als das Landgericht den Kläger mit den Ansprüchen auf Zahlung von 2.100,‑ DM Schadensersatz wegen entgangener Urlaubsfreude und von 1.100,‑ DM Schadensersatz wegen unnütz aufgewendeter Reisekosten abgewiesen hat. Soweit das Landgericht den Kläger mit den Schadensersatzforderungen in Höhe von zusammen 302,‑ DM und dem Anspruch auf Zahlung von 54,80 DM Mietnebenkosten abgewiesen hat, war die Berufung zurückzuweisen.
Im Umfang der Aufhebung war die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückzuverweisen.