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Zusammenfassung der Entscheidung Die Klägerin mit Sitz in den Niederlanden fordert von der in Deutschland ansässigen Beklagten Kaufpreiszahlung. Der Kaufvertrag unterliegt dem einheitlichen UN-Kaufrecht (CISG). Mit ihrer Klage vor deutschen Gerichten verlangt sie auch die Erstattung von außergerichtlichen Kosten der Rechtsverfolgung, die durch die Inanspruchnahme eines Inkassobüros entstanden sind.
Das Amtsgericht Tiergarten (DE) hält sich für international zuständig und gibt der Klage teilweise statt. Ein Anspruch der Klägerin nach Art. 74 CISG auf Erstattung der Inkassokosten bestehe nicht, da die Klägerin ihrer Schadensminderungspflicht nach Art. 77 CISG nicht genügt habe. Die Klägerin hätte nämlich den kostengünstigeren Weg gehen könne und die Beklagte sogleich ohne Einschaltung eines niederländischen Inkassobüros beziehungsweise eines deutschen Anwalts vor dem für sie zuständigen niederländischen Gericht verklagen können. Denn nach dem Wahlgerichtsstand des Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ könne bei Ansprüchen aus Vertrag der Erfüllungsort zum Gerichtsort bestimmt werden. Erfüllungsort sei nach Art. 57 CISG bei Geldschulden der Sitz der Verkäuferin (= Klägerin). Dies gelte dann auch für Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ. Im übrigen wäre nach Art. 26 EuGVÜ das dann ergangene niederländische Urteil auch in Deutschland anerkannt worden, ohne dass weitere Auslagen für die Klägern entstanden wären.
JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission
Dem Klageantrag war gemäß § 331 II 1. Hs. ZPO in dem aus dem Urteilstenor zu 1. ersichtlichen Umfang gemäß der Säumnis der Beklagten stattzugeben.
Im übrigen war die Klage mangels Begründetheit gemäß § 331 11 2. Hs. ZPO abzuweisen.
1. Die Klägerin hat Anspruch auf Ersatz der Zinsen in Höhe von 252,64 DM nach den Art. 61 b iVm 78 des einheitlichen UN-Kaufrechts (CISG).
2. Die sonstigen außergerichtlichen Kosten der Rechtsverfolgung kann die Klägerin jedoch nur zum Teil ersetzt verlangen. Zwar wird von Art. 78 CISG das Recht auf weitergehenden Schadensersatz aus Art. 74 CISG nicht berührt.
Ein Anspruch auf Ersatz der Inkassokosten besteht aber nach Art. 74 CISG nicht. Dabei kann der Auffassung des LG Essen, MDR 1981, S. 148 (148) und des LG Konstanz, Art. 83 Nr. 26 nicht gefolgt werden (a.A. auch LG Konstanz, Art. 38 EKG Nr. 10 und Rechtbank Arnhem (NL), Art. 83 Nr. 29 bei Schlechtriem/Magnus, Internationale Rechtsprechung).
Nach dieser Ansicht sei der Schaden im Sinne von Art. 74 CISG insoweit voraussehbar gewesen. Die Klägerin hätte trotz des den Einziehungsbemühungen des Inkassobüros nachfolgenden Prozesses seiner Schadensminderungspflicht aus Art. 77 CISG genügt.
Zwar ist richtig, daß die Grundsätze des deutschen Rechts über die Erstattungsfähigkeit von Inkassoaufwendungen auf Fälle mit Auslandsberührung nicht unmittelbar Anwendung finden können. Ebenso zutreffend ist auch, daß ein ausländischer Gläubiger nicht unbedingt dazu verpflichtet werden kann, den möglicherweise billigeren Weg über einen deutschen Anwalt zu gehen. Etwas anderes ergäbe sich auch nicht, wenn die Klägerin zunächst einen niederländischen Anwalt und dann nach dessen erfolglosen Bemühungen einen deutschen Anwalt beauftragt hätte.
Die Klägerin hätte nämlich den kostengünstigsten Weg gehen können und die Beklagte sogleich ohne Einschaltung eines niederländischen Inkassobüros bzw. eines deutschen Anwalts vor dem für die Klägerin zuständigen niederländischen Gericht verklagen können. Denn nach dem Wahlgerichtsstand des Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ kann bei Ansprüchen aus Vertrag der Erfüllungsort zum Gerichtsort bestimmt werden. Erfüllungsort ist nach Art. 57 CISG bei Geldschulden (in Abweichung zum nationalen deutschen Recht) der Sitz der Verkäuferin. Dies gilt nach der Rechtsprechung des EuGH dann auch für Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ (vgl. EuGH, NJW 1995, S. 183 (183)). Im übrigen wäre nach Art. 26 EuGVÜ das dann ergangene niederländische Urteil auch in Deutschland anerkannt worden, ohne daß weitere Auslagen für die Klägerin entstanden wären.
Ein Anspruch auf Ersatz der Gerichts- und Anwaltskosten ergibt sich ebenfalls aus Art. 74 CISG (vgl. Herber/Czerwenka, aaO, Art. 74 Rn. 7). Deshalb kann die Klägerin die Aufwendungen für vorgerichtliche Mahnkosten in Höhe von 10,‑ DM, die Rechtsanwaltsgebühr (7,5/10) nach § 118 I 1 BRAGO in Höhe von 551,30 DM, 40,‑ DM Auslagenpauschale gemäß § 26 BRAGO sowie die Kosten für die Einholung eines Handelsregisterauszuges in Höhe von 20,‑ DM geltend machen. Allerdings ist die Rechtsanwaltsgebühr gemäß § 118 11 BRAGO mit den Gebühren für das Betreiben dieses Prozesses zu verrechnen.
Antragsgemäß ist dieser Betrag nach Art. 78 CISG in Verbindung mit Art. 28 11 EGBGB in Verbindung mit dem niederländischen Recht mit 4 % zu verzinsen.