Die Beklagte zu 1. ist eine in London ansässige Gesellschaft, die Brokergeschäfte im Bereich des Warentermin- und Optionshandels tätigt und früher unter der Bezeichnung F. F. B. Limited firmierte. Die Beklagte zu 2. vermittelt gewerbsmäßig u.a. die von der Beklagten zu 1. angebotenen Geschäfte.
Der Kläger, von Beruf Arzt, erhielt im Frühjahr 1992 eine Broschüre der F. F. B. Limited/Aktienoptionen, Stand: Oktober 1991 (Bl. 8 f. GA) sowie eine beigefügte vorgedruckte Kundenvereinbarung, bestehend aus einer „Handelsvereinbarung“ zwischen den Kunden und der F. F. B. Limited, „Bekanntmachungen“, Angaben zu „Kundengelder“, einer „Vollmacht für den Kauf und Verkauf im Termin- und Optionshandel“, die der Beklagten zu 2. als Handlungsbevollmächtigter der Beklagten zu 1. zu erteilen war, und einen „Hinweis auf Risiken“. In der Handelsvereinbarung heißt es u.a.:
„12. Anwendbares Recht...
Diese Vereinbarung unterliegt englischem Recht und ist nach englischem Recht auszulegen...
17. Schiedsgerichtsbarkeit...
17.2 Die Gesellschaft und der Kunde vereinbaren, daß ein Streit, der aus oder in Verbindung mit dieser Vereinbarung entsteht, einschließlich eines Streits über ihr Zustandekommen, ihre Existenz, Wirkung oder Beendigung, bindend und endgültig durch ein non domestic Schiedsgericht nach den Regeln des Schiedsgerichts des London Court of International Arbitration entschieden wird, dessen Verfahrens- und sonstige Vorschriften durch Bezugnahme in dieser Klausel in den Vertrag aufgenommen werden...
17.3.1 Das Schiedsgericht besteht aus einem einzelnen Schiedsrichter, der durch den London Court of International Arbitration zu bestellen ist.
17.3.2 Der Ort des Schiedsgerichtsverfahrens ist London, England...“
Der Kläger unterzeichnete am 29.06.1992 die Kundenvereinbarung an den angekreuzten Stellen und übersandte sie der Beklagten zu 2. In der Zeit von Ende Juni 1992 bis Ende August 1992 zahlte der Kläger an die Beklagte zu 2. zur Weiterleitung auf sein Brokerkonto bei der Beklagten zu 1. nach eigenen unbestrittenen Angaben in mehreren Teilbeträgen insgesamt jedenfalls 140.000,‑ DM (Bl. 24 f. GA). Die Beklagte zu 1. führte in der Zeit von Juli 1992 bis April 1993 für den Kläger zahlreiche Aktienoptionsgeschäfte durch, wobei dem Kläger ausweislich des Kontoauszugs vom 30.04.1993 (Bl. 210 GA) ein Restguthaben von 10.154,99 DM verblieb.
In Höhe der Differenz zwischen dem eingezahlten Betrag von 140.000,‑ DM und dem Restguthaben von 10.154,99 DM (= 129.845,01) macht der Kläger mit der vorliegenden Klage gegen beide Beklagte Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung sowie Schadensersatzansprüche geltend.
Zur Begründung hat er vorgetragen:
Als erfolgreicher Arzt gehöre er zur Hauptzielgruppe, die die Beklagten durch Telefonverkäufer ansprächen und zu Warentermingeschäften überredeten. Nicht er habe den Kontakt zu den Beklagten gesucht, vielmehr habe der Telefonverkäufer der Beklagten zu 2., Herr J., den Kontakt hergestellt. Er sei von Herrn J. mehrfach in seiner Praxis angerufen worden, bevor es zu einem ersten finanziellen Einsatz gekommen sei. Auf Empfehlung von Herrn J. habe er wenige Monate vor seinem Engagement bei den Beklagten erstmals Warentermin- und Aktienoptionsgeschäfte in einem Gesamtvolumen von 60.000,‑ DM (Bl. 231/232 GA) durch Vermittlung der WBB International getätigt. Zahlungen aus diesen Geschäften habe er zwischen April und Oktober 1992 erhalten. Daß aus diesen Geschäften ein erheblicher Verlust entstanden war, sei ihm erst im Herbst 1992 klargeworden, nachdem er sich bereits bei den Beklagten engagiert gehabt habe. Zu dem Vertragsschluß mit den Beklagten habe ihn der Telefonverkäufer J. überredet, nachdem dieser im Frühjahr 1992 von der WBB zur Beklagten übergewechselt war. Nach seiner ersten Zahlung von 10.000,‑ DM an die Beklagte zu 2. sei er von deren Mitarbeitern mehrfach in seiner Praxis angerufen und um weitere Zahlungen ersucht worden. Hinsichtlich des Stands der laufenden Geschäfte sei ihm dabei versichert worden, daß sich alles bestens entwickele. Er selbst habe aus den ihm unverständlichen Kontoauszügen/Abrechnungen nicht nachvollziehen können, ob diese Auskunft zutreffend war. Im September 1992 habe ihm schließlich ein Mitarbeiter der Beklagten zu 2., Herr S., telefonisch mitgeteilt, daß ein Gewinn von 100.000,‑ DM entstanden sei. Es sei vereinbart worden, daß dieser Gewinn bis 21.09.1992 an ihn überwiesen werde. Erst als die versprochene Überweisung ausblieb, habe er Verdacht geschöpft und seinen letzten Scheck über 60.000 DM sofort sperren lassen. In der Folgezeit habe er die Beklagte zu 2. mehrfach vergeblich aufgefordert, den aufgelaufenen Gewinn auszuzahlen (u. a. mit Anwaltsschreiben vom 02.12.1992, Bl. 89 GA) und die Tätigkeit für ihn einzustellen. Gegen seinen Willen hätten die Beklagten dann noch bis April 1993 weitere Geschäfte getätigt.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten:
Das Landgericht Krefeld sei international zuständig, die Vertragsklauseln betreffend die Anwendung englischen Rechts und die Schiedsgerichtsbarkeit seien unwirksam, seine Zahlungen seien ohne Rechtsgrund erfolgt, da die getätigten Termingeschäfte für ihn gemäß den §§ 52, 53 Börsengesetz, 764 BGB unverbindlich seien. Darüber hinaus hafteten beide Beklagte wegen unzureichender Aufklärung über die Höhe der Optionsprämien sowie deren Bedeutung und die wirtschaftlichen Zusammenhänge auf Schadensersatz.
Der Kläger hat beantragt, die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an ihn einen Betrag von 129.845,01 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 30.09.1993 zu zahlen.
Die Beklagte zu 1. hat beantragt, die Klage abzuweisen, hilfsweise für den Fall, daß das Landgericht die Schiedsvereinbarung zwischen den Parteien deshalb für unwirksam erachten sollte, weil sie eine ausländische Schiedsgerichtsbarkeit bewirken würde, und weil sie nur nach englischem Recht wirksam vereinbart wäre, den Vorgang dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen.
Die Beklagte zu 2. hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte zu 1. hatte die örtliche und internationale Zuständigkeit des Landgerichts Krefeld gerügt, die Einrede des Schiedsvertrages erhoben und auf ihren beim London Court of International Arbitration eingereichten Antrag vom 28.05.1994 (Bl. 240 f. GA, Übersetzung: Bl. 286 f. GA) verwiesen.
Beide Beklagte haben geltend gemacht, der Kläger sei durch die Broschüre der Beklagten zu 1. ausreichend über die Risiken von Optionsgeschäften aufgeklärt worden, außerdem habe der Kläger bereits vor Beginn seiner Geschäftsbeziehungen zu den Beklagten zahlreiche Börsengeschäfte getätigt und sei schon aufgrund seiner Erfahrungen ausreichend über die Risiken informiert gewesen; dies habe er selbst anläßlich einer telefonischen Befragung vom 01.07.1992, deren Ergebnis der Mitarbeiterin der Beklagten zu 2., Frau M. in einem Privatkundenfragebogen (Bl. 175 GA) festgehalten habe, mitgeteilt.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Es hat seine internationale Zuständigkeit aus Art. 5 Nr. 5 EuGVÜ hergeleitet. Die Vereinbarungen über die Anwendung englischen Rechts und die Schiedsgerichtsbarkeit gemäß Art. 29 EGBGB in Verbindung mit §§ 3, 9 AGBG und § 61 Börsengesetz als unwirksam behandelt und den Anspruch des Klägers gegen beide Beklagten auf den Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsschluß gestützt.
Beide Beklagte haben Berufung eingelegt.
In zweiter Instanz hat die Beklagte zu 1. die Entscheidung des London Court of International Arbitration vom 21.02.1995 (Nr. 94/X 10, Bl. 459 f. GA, Übersetzung Bl. 439 f. GA), vorgelegt, wonach auf ihren Antrag festgestellt worden ist, daß sie nicht in Bezug auf die Beträge haftet, die vom Kläger vor deutschen Gerichten gefordert werden.
Beide Beklagten wiederholen und ergänzen ihr erstinstanzliches Vorbringen.
Die Beklagte zu 1. beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils des Landgerichts Krefeld vom 26.07.1994 die Klage gegen die Beklagte zu 1. abzuweisen, für den Fall, daß der Berufungssenat die Schiedsgerichtsvereinbarung zwischen den Parteien deshalb für unwirksam erachten sollte, weil sie eine ausländische Schiedsgerichtsbarkeit bewirken würde und weil sie nur nach englischem Recht wirksam vereinbart wäre, den Vorgang dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen mit dem Ersuchen um Vorabentscheidung über die Auslegung des Art. 7 EWG-Vertrag und sonstiger Bestimmungen des EWG-Vertrages in Verbindung mit der Rechtsfrage, ob eine Versagung der Wirksamkeit der Rechtswahl englischen Rechtes in Verbindung mit der Vereinbarung eines in England anzurufenden Schiedsgerichts gegen den EWG-Vertrag als Diskriminierung der Rechtsordnung eines Partnerstaates angesehen werden muß und deshalb rechtsirrig ist.
Die Beklagte zu 2. beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage gegen die Beklagte zu 2. abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
Auch der Kläger wiederholt und ergänzt sein erstinstanzliches Vorbringen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufungen der Beklagten sind zulässig, haben jedoch in der Sache keinen Erfolg.
I. Die Klage ist zulässig, und zwar auch, soweit sie sich gegen die in London ansässige Beklagte zu 1. richtet.
1. Zu Recht hat das Landgericht Krefeld seine örtliche und damit auch seine internationale Zuständigkeit für die gegen die Beklagte zu 1. gerichtete Klage gemäß Art. 5 Nr. 5 des Übereinkommens der europäischen Gemeinschaft über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (abgekürzt: EuGVÜ) bejaht.
Die Anwendung von Art. 5 Nr. 5 EuGVÜ ist im Interesse der Rechtssicherheit für alle Fälle erforderlich, in denen nicht nur unselbständige Niederlassungen oder Agenturen, sondern auch rechtlich selbständige Gesellschaften, die – wie die Beklagte zu 2. – alle Merkmale einer Außenstelle aufweisen, mit Dritten Geschäftsverhandlungen führen können. Dementsprechend hat der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 09.12.1987 (NJW 1988, 625) Art. 5 Nr. 5 EuGVÜ in einem Fall angewendet, in dem eine in einem Vertragsstaat ansässige juristische Person in einem anderen Vertragsstaat zwar keine unselbständige Niederlassung oder Agentur unterhielt, aber doch ihre Tätigkeit mit Hilfe einer gleichnamigen selbständigen Gesellschaft mit identischer Geschäftsführung entfaltete, die in ihrem Namen verhandelte und Geschäfte abschloß, und deren sie sich wie einer Außenstelle bediente. Der Senat hat keine Bedenken, Art. 5 Nr. 5 EuGVÜ über den vom Europäischen Gerichtshof entschiedenen Fall hinaus auch dann anzuwenden, wenn es an einer identischen Geschäftsführung fehlt, die selbständige Außenstelle aber – wie hier die Beklagte zu 2. – sämtliche Geschäfte für die in dem anderen Vertragsstaat ansässige juristische Person abwickelt.
Der Senat hat davon abgesehen, die Frage zur Anwendbarkeit des Art. 5 Nr. 5 EuGVÜ auf den vorliegenden Fall dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen, da gegen das Urteil des Senats Revision eingelegt werden kann. Nach Art. 177 Abs. 1, 3 des EG-Vertrages muß ein innerstaatliches Gericht eine Frage dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung über die Auslegung des Vertrages nur dann vorlegen, wenn sich eine derartige Frage in einem schwebenden Verfahren stellt und die Entscheidung des Gerichts selbst nicht mehr mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden kann.
2. Der Gerichtsstand nach Art. 5 Nr. 5 EuGVÜ ist entgegen der Auffassung der Beklagten zu 1. nicht durch Nr. 12 und Nr. 17 der von ihr vorformulierten und vom Kläger unterzeichneten Handelsvereinbarung wirksam abbedungen worden.
Die genannten Vertragsklauseln enthalten in Nr. 12 die Bestimmung über die Anwendung englischen Rechts auf den Vertrag zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1. und in Nr. 17 eine Schiedsvereinbarung. Die Schiedsabrede in Verbindung mit der Rechtswahlklausel ist, da sie im vorliegenden Fall Börsentermingeschäfte eines nicht termingeschäftsfähigen Inländers betrifft, in Deutschland nicht anzuerkennen, weil sie dazu führen würde, daß die gegenüber dem englischen Recht strengeren Bestimmungen des deutschen Recht zum Schutz des Anlegers in Börsentermingeschäften – Differenz- und Termineinwand nach den §§ 53, 58, 61 Börsengesetz, Haftung aus Verschulden bei Vertragsschluß wegen unzureichender Aufklärung über die Risiken von Börsentermingeschäften – nicht beachtet werden.
a) Daß eine Schiedsabrede in Verbindung mit einer Rechtswahlklausel, die Börsentermingeschäfte von nicht termingeschäftsfähigen Inländern betrifft, in Deutschland nicht anzuerkennen ist, entspricht der ständigen Rechtsprechung des BGH (NJW 1987, 3193, 3194; WM 1995, 100/101). Anerkannt hat der BGH die Wirksamkeit von Schiedsvereinbarungen über Ansprüche aus Börsentermingeschäften (einschließlich der sogenannten Kompetenz-Kompetenzklausel) nur dann, wenn nach der Schiedsvereinbarung ein deutsches Schiedsgericht nach deutschem Recht entscheiden soll (BGH WuB VII B 3. § 1025 ZPO 1.91 mit Anmerkung Schütze), und wenn deutsche Vertragspartner seinen Wohnsitz bei Vertragsschluß in Italien hatte und deshalb als sogenannter Börsenausländer börsentermingeschäftsfähig war (BGH WuB I G 5 2.94 mit Anmerkung Thode). Der von der Beklagten zu 1. zitierte Fall, den der BGH in seiner Entscheidung vom 26.10.1993 (DB 94, 669) zu beurteilen hatte, und dem ein Vertrag über den Erwerb ausländischer Investmentanteile unter Einschaltung eines Treuhandkommanditisten zugrunde lag, in dem die Parteien die Anwendung österreichischen Rechts vereinbart hatten, ist mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar.
b) Nach Auffassung des Senats ist die Nichtanerkennung der Schiedsabrede in Verbindung mit einer Rechtswahlklausel nicht auf die vom BGH entschiedenen Fälle zu beschränken, in denen die Anwendung der §§ 61, 50 bis 60 Börsengesetz und der §§ 764, 762 BGB geboten ist, um Ansprüche gegen die durch den Termineinwand und den Differenzeinwand Geschützten abzuwehren und diesen die Möglichkeit zur Durchsetzung ihrer Ansprüche auf Rückzahlung der ohne Rechtsgrund geleisteten Geldbeträge gemäß § 812 BGB zu ermöglichen. Auch dann, wenn es um die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen wegen unzureichender Aufklärung über die Risiken der Börsentermingeschäfte geht, ist die Schiedsabrede, die in Verbindung mit einer Rechtswahlklausel dazu führen würde, daß die nach deutschem Recht bestehenden Ansprüche aus Verschulden bei Vertragsschluß entfallen, unwirksam.
Zur Rechtswahlklausel der Vorgängerin der Beklagten zu 1. hat der Senat eine entsprechende Entscheidung bereits durch sein Urteil vom 14.01.1994 (WM 94, 376 = WuB I. G 5-4.94 mit Anm. von Rauscher) getroffen. An dieser Entscheidung hält der Senat fest. Die in dieser Entscheidung aufgeführten Bedenken gegen die Rechtswahlklausel erfassen auch die Schiedsklausel gemäß Nr. 17 der Handelsvereinbarung, die der Kläger mit der Beklagten zu 1. getroffen hat.
Die Nichtanerkennung von mißbräuchlichen Rechtswahl- und Schiedsklauseln ist in Börsentermingeschäften zum Schutz des Verbrauchers geboten. Inzwischen ist den Mitgliedsstaaten der Europäischen Gemeinschaft durch Richtlinie ihres Rates vom 05.04.1993 (WM 1993, 1111 f.) sogar ausdrücklich aufgegeben worden, dafür Sorge zu tragen, daß die mit den Verbrauchern abgeschlossenen Verträge keine mißbräuchlichen Klauseln enthalten.
Bei dem Vertrag zwischen dem Kläger und der Beklagten zu 1. handelt es sich um einen sogenannten Verbrauchervertrag im Sinne des Art. 29 EGBGB, bei dem die Rechtswahl der Parteien nicht dazu führen darf, daß dem Verbraucher der durch die zwingenden Bestimmungen des Rechtes des Staates, in dem er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, gewährte Schutz entzogen wird. Die Voraussetzungen des Art. 29 Abs. 1, 2 EGBGB, wonach auf die Rechtsbeziehungen des Klägers und der Beklagten zu 1. deutsches Recht anzuwenden ist, sind vorliegend erfüllt.
Der zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1. zustande gekommene Vertrag bezieht sich auf die Erbringung von Dienstleistungen, da der Vertrag nicht erfolgs-, sondern tätigkeitsbezogen ist. Hiervon geht auch die Beklagte zu 1. aus, da die von ihr entworfene „Handelsvereinbarung“ mit der Einleitung beginnt: „Die Gesellschaft wird folgende Dienstleistungen erbringen“.
Die Dienstleistungen sollten einem Zweck dienen, der nicht der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit des Klägers zugerechnet werden kann. Dem Vertragsschluß ist ein ausdrückliches Angebot und eine Werbung im Inland vorangegangen. Im Inland hat der Kläger auch seine Vertragserklärung abgegeben. Diese Erklärung ist von der Beklagten zu 2. als Vertreterin der Beklagten zu 1. im Inland entgegengenommen worden. Die Dienstleistungen sollten schließlich nicht nur im Ausland erbracht werden im Sinne des Art. 29 Abs. 4 EGBGB, denn die Beklagte zu 2. wurde als Agentur der Beklagten zu 1. im Inland tätig, nahm hier die Schecks bzw. Überweisungen des Klägers entgegen und gab aufgrund einer von dem Kläger erteilten Vollmacht Weisungen an die Beklagte zu 1.
Zu den nach Art. 29 EGBGB somit anwendbaren zwingenden Schutzbestimmungen des deutschen Rechts gehören auch die Regeln des AGB-Gesetzes. Damit ist auch § 3 AGBG anwendbar, demzufolge Bestimmungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen so ungewöhnlich sind, daß der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, nicht Vertragsbestandteil werden. Diese Voraussetzungen sind hinsichtlich der Rechtswahlklausel gemäß Nr. 12 der Handelsvereinbarung und der Schiedsklausel gemäß Nr. 17 der Handelsvereinbarung erfüllt. Beide Klauseln waren von der Beklagten zu 1. nur deshalb vorgesehen, um sich der Verantwortung für eine nicht nach deutschen Maßstäben angelegte Anlageberatung zu entziehen und die zur Unwirksamkeit der Börsentermingeschäfte führenden deutschen Börsengesetze nicht zur Anwendung kommen zu lassen. Mit solchen seinen Interessen zuwider handelnden Klauseln braucht jedenfalls derjenige nicht zu rechnen, der, wie der Kläger, von Telefonverkäufern von einer deutschen Vermittlungsgesellschaft in Deutschland zum Abschluß von Börsentermingeschäften geworben wird. Zwar erfährt der Interessent durch die ihm übersandte Kundenvereinbarung, daß hinter der deutschen Gesellschaft eine englische, hier die Beklagte zu 1., steht. Dennoch handelt es sich nach den Gesamtumständen um ein Geschäft, welches bei unbefangener Betrachtungsweise nach deutschen Maßstäben abzuwickeln ist. Selbst wenn die Rechtswahl- und Schiedsgerichtsklausel entgegen § 3 AGBG Vertragsinhalt geworden wäre, wären sie doch jedenfalls gemäß § 9 AGBG aus der ausgeführten Gründen wegen treuwidriger unangemessene Benachteiligung des Kunden unwirksam.
c) Die Entscheidung des Senats zur Unwirksamkeit der Schieds- und Rechtswahlklausel verstößt nicht gegen das Diskriminierungsverbot gemäß Art. 6 Abs. 1 des EG-Vertrages, da sie nicht mit einer Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit verbunden ist. Investoren, die nicht börsengeschäftsfähig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben, werden nämlich unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit geschützt, wenn sie mit ausländischen Brokerfirmen Verträge schließen, die Börsentermingeschäfte an ausländischen Börsen zum Gegenstand haben.
Der Senat ist, da gegen dieses Urteil ein Rechtsmittel eingelegt werden kann, nicht gehalten, entsprechend dem Antrag der Beklagten zu 1. die Frage des Verstoßes gegen das Diskriminierungsverbot dem EuGH vorzulegen.
d) Infolge der Unwirksamkeit der Schiedsabrede ist die Entscheidung des London Court of International Arbitration vom 21.02.1995 in dem von der Beklagten zu 1. eingeleiteten Schiedsverfahren Nr. 94 IX 10) in Deutschland nicht anzuerkennen.
II. Die Klage ist begründet.
Nach deutschem Recht haften beide Beklagte wegen Verschuldens bei Vertragsschluß auf Schadensersatz.
1. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats, die der des BGH entspricht, sind gewerbliche Vermittler von Terminoptionen verpflichtet, vor Vertragsschluß ungefragt über die wesentlichen Grundlagen, die wirtschaftlichen Zusammenhänge und die Risiken von Optionsgeschäften schriftlich aufzuklären. Dem Kaufinteressenten müssen die Kenntnisse vermittelt werden, die ihn in die Lage versetzen, den Umfang des ihm aufgebürdeten Verlustrisikos und die durch die Höhe der Vermittlungsprämie eingetretene Verringerung seiner Gewinnchancen zutreffend einzuschätzen. Dazu bedarf es insbesondere eines Hinweises darauf, daß jeder Aufschlag auf die Börsenoptionsprämie die Gewinnerwartung verschlechtert, weil ein höherer Kursaufschlag als der vom Börsenhandel als realistisch angesehene notwendig ist, um in die Gewinnzone zu kommen, ein Aufschlag also nicht nur zu einem höheren Preis für dasselbe Objekt führt, sondern das Verhältnis von Chancen und Risiken aus dem Gleichgewicht bringt (vgl. Senatsurteil vom 08.07.1994, WM 1994, 1796; BGH NJW 1991, 1106; NJW 1992, 1879 f.; NJW 1994, 512 f.; NJW 1994, 997 f.). Die vom BGH zur Aufklärungspflicht des Vermittlers von Warenterminoptionen entwickelten Grundsätze finden auch dann Anwendung, wenn es, wie hier, um Geschäfte in Aktien-Optionen geht (BGH NJW 1991, 1106). Die Aufklärungspflicht betrifft den Vermittler in gleichem Maße wie den Anbieter von Börsentermingeschäften (Senatsurteil vom 14.01.1994 (WM 1994 376 f.).
2. Diesen strengen Anforderungen an die Aufklärung des Klägers genügen, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, weder die dem Kläger zur Verfügung gestellte Broschüre „F. F. B. Limited, Aktienoptionen“, noch die Vertragsunterlagen mit den Risikohinweisen. Die hier zu überprüfende Broschüre einschließlich der Vertragsunterlagen aus dem Jahre 1991 unterscheidet sich nicht wesentlich von der Broschüre einschließlich der Vertragsunterlagen der Beklagten zu 1. aus dem Jahre 1993, die Gegenstand des Verfahrens 17 U 204/94 war und die nach Auffassung des Senats im Urteil vom 05.05.1995 ebenfalls noch keine ausreichende Aufklärung enthält.
a) Die auszugsweise Wiedergabe einschlägiger Urteile des BGH auf Seite 8 der Broschüre unter der Überschrift „Risikohinweise“ reicht zur Erfüllung der Aufklärungspflicht nicht aus.
Die von der Rechtsprechung verwendeten Formulierungen dienen nämlich nicht dem Zweck, den Text festzulegen, mit dem unerfahrene Optionsinteressenten ausreichend aufgeklärt werden könnten. Die Formulierung des Aufklärungstextes ist Sache der Optionsvermittler. Diese haben sich dabei an den Durchschnittserwartungen und Erkenntnismöglichkeiten des Publikums zu orientieren, das sie unaufgefordert anzurufen pflegen und für Optionsgeschäfte zu interessieren suchen. Sachkenntnisse oder gar Erfahrungen in Optionsgeschäften an ausländischen Börsen sind bei diesen Personen in aller Regel nicht vorhanden. Sie wissen deshalb insbesondere nicht, daß Aufschläge auf die Börsenoptionsprämie nicht nur zu einem höheren Preis für dasselbe Objekt führen, sondern das Verhältnis von Chancen und Risiken aus dem Gleichgewicht bringen. Erst recht ist ihnen unbekannt, daß höhere Aufträge vor allem Kunden, die mehrere verschiedene Optionen erwerben, aller Wahrscheinlichkeit im Ergebnis praktisch chancenlos machen. Diese Wirkung solcher Aufschläge widerspricht den berechtigten Durchschnittserwartungen des angesprochenen Personenkreises, der mit Hilfe von Optionsgeschäften steuerfreie Gewinne erzielen möchte in extremer Weise. Auf die weitgehende Ausgrenzung der Gewinnchancen haben Optionsvermittler und Optionsanbieter, die solche Aufschläge verlangen, deshalb unmißverständlich hinzuweisen. Die Aussagekraft des Hinweises, der schriftlich und in auch für flüchtige Leser auffälliger Form zu erfolgen hat, darf weder durch Beschönigungen noch durch Werbeaussagen, noch auf andere Weise beeinträchtigt werden (BGH NJW 1994, 512).
b) Die Broschüre „F. F. B. Ltd.“ und die Vertragsunterlagen der Beklagten zu 1. enthalten keine derartigen unmißverständlichen aussagekräftigen Hinweise.
aa) Die tatsächlich für den Kunden anfallenden Gebühren (Round-Turn-Provisionen, Agio von 10 % aller Einzahlungen des Kunden, Erfolgshonorar von 15 % des Nettozuwachses des Kontowertes nach Anpassung aufgrund von Bargeldeinzahlungen und -auszahlungen) werden lediglich in der kleingedruckten Kundenvereinbarung (Bl. 19 GA) genannt. Diese Darstellung ist weder auffällig noch im Zusammenhang mit sich daraus ergebenden Auswirkungen dargestellt.
bb) Die Gewinn- und Verlustbeispiele auf Seite 9 der Broschüre vermitteln einen falschen Eindruck von der Verlustträchtigkeit der Optionsgeschäfte. Zum einen sind das auf die Optionsprämie entfallende Agio (10 %) und die auf den Gewinn entfallende Erfolgsgebühr (15 %) außer Acht gelassen worden, so daß in den Beispielen der Verlust zu niedrig und der Gewinn zu hoch angesetzt ist. Zum anderen ist der Fall, daß Optionen häufig gewechselt werden, überhaupt nicht anhand eines Beispiels dargestellt worden, obwohl die Brokerfirmen erfahrungsgemäß im eigenen Provisionsinteresse dazu neigen, Optionen vor Ablauf der Optionszeit zu veräußern und mit dem Verkaufserlös andere Optionen zu erwerben, wobei der möglicherweise bei der Veräußerung realisierte Gewinn durch die für das Neugeschäft anfallende Provision des Brokers vermindert oder gar aufgezehrt werden und bei wiederholten Optionsgeschäften der Kunde mit aller Wahrscheinlichkeit praktisch chancenlos wird. Auf diesen entscheidenden Gesichtspunkt wird auch an keiner anderen Stelle der Broschüre oder der Kundenvereinbarung mit hinreichender Deutlichkeit hingewiesen.
cc) Die warnende Wirkung der auf Seite 6 bis 8 der Broschüre enthaltenen Risikobelehrungen werden durch zusätzliche Aussagen in der Broschüre abgeschwächt und unzulässig verharmlost. Die vor den Risikohinweisen erfolgte Selbstdarstellung der Brokerfirma bewirkt, daß der Kunde, auch wenn er sich ihres werbenden Charakters bewußt ist, den nachfolgenden Broschüreninhalt mit dem Auge desjenigen liest, der annimmt, es mit einem vertrauenswürdigen Partner zu tun zu haben, dessen Dienste auch unter Berücksichtigung der verlangten Vergütung so wertvoll sind, daß sie die Erziehlung von Spekulationsgewinnen begünstigt. Unter Nr. 3 der Broschüre werden der geringe Einsatz des Optionskäufers und dessen enorme Gewinnmöglichkeit derart in den Vordergrund gestellt, daß der Kunde dem gleichzeitigen Hinweis auf die Möglichkeit des hundertprozentigen Verlustes des Einsatzes des Optionskäufers nicht mehr die notwendige Bedeutung beimißt. Schließlich werden die sehr geringen Gewinnchancen und die hohen Verlustrisiken vor allem auch durch die Formulierungen in der Einleitung zum Thema „Gewinn und Verlust“ (Nr. 6 der Broschüre) verschleiert. Die Sätze „Die kontinuierliche Verarbeitung vieler Informationen aus Politik und Wirtschaft ist von großer Bedeutung. Nur vor dem Hintergrund einer umfangreichen Marktberichterstattung ist ein sinnvolles Handeln mit Aktienoptionen möglich. F. F. ist ständig online mit den wichtigsten Nachrichtendiensten ... verbunden.“ erwecken beim unbefangenen Leser den Eindruck, als bestehe bei entsprechenden nachrichtendienstlichen Verbindungen und einer kontinuierlichen Verarbeitung vieler Informationen aus Politik und Wirtschaft eine realistische Gewinnchance, was jedoch, wie oben bereits aufgezeigt ist, nicht der Fall ist.
2. Zu Recht hat das Landgericht unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BGH (u. a. NJW 1994, 512/513) die Kausalität zwischen der fehlenden Aufklärung des Klägers und dem Verlust von 129.845,01 DM bejaht und die Darstellung der Beklagten dazu, daß der Kläger die Geschäfte auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung durchgeführt hätte, als unzureichend behandelt. Der Kläger ist als Arzt kein Fachmann in Börsentermingeschäften. Der Umstand, daß er bereits im Frühjahr 1992 über den Telefonverkäufer J. durch Vermittlung der WBB Börsengeschäfte im Wert von insgesamt unstreitig 60.000 DM getätigt hat, läßt nicht darauf schließen, daß er Ende Juni 1992 bei Abschluß der Handelsvereinbarung der Beklagten zu 1. über ausreichende Erfahrungen in Börsentermingeschäften verfügte. Selbst wenn sich bei Abschluß des Vertrages mit der Beklagten zu 1. bereits abgezeichnet haben sollte, daß die vorher bei der WBB abgeschlossenen Geschäfte verlustreich waren, liegt es aufgrund der fehlerhaften Aufklärung des Klägers nahe, daß dieser nach dem Wechsel des Telefonverkäufers J. zur Beklagten zu 1. auf dessen Werbung hin weitere Einsätze leistete, um einen Gewinn zu erzielen und seine vorangegangenen Verluste auszugleichen. Die Beklagte hat nicht substantiiert dargelegt, daß der Kläger durch Broschüren anderer Brokerfirmen bereits ordnungsgemäß aufgeklärt war, oder daß er außer den unstreitigen im Frühjahr 1992 getätigten Börsentermingeschäften bereits weitere umfangreiche Termingeschäfte in den Vorjahren getätigt und von daher bereits erhebliche Erfahrungen in Börsentermingeschäften gesammelt hatte. Über den konkreten Inhalt der Aufklärungsbroschüren und schriftlichen Unterlagen, die der Kläger sich angeblich bereits seit 1990 besorgt haben soll, und über angebliche Börsentermingeschäfte des Klägers vor den unstreitigen Geschäften bei der WBB machen die Beklagten keine näheren Angaben. Die auf Seite 10 des erstinstanzlichen Schriftsatzes der Beklagten zu 1. vom 25.03.1994 (Bl. 145 GA) angebotenen Beweise, auf die die Berufungsbegründungen beider Beklagten Bezug nehmen (Bl. 395/402) sind auf unzulässige Ausforschung gerichtet. Schließlich ist auch die vorgelegte Kopie des Privatkundenfragebogens (Bl. 175 GA) nicht geeignet, ausreichende Kenntnisse des Klägers in Börsentermingeschäften zu beweisen, und zwar auch dann nicht, wenn man unterstellt, daß der Kläger die von Frau M. auf dem Fragebogen notierten Antworten anläßlich einer telefonischen Befragung vom 01.07.1992 gegeben hat. Die Beklagten können sich ihrer Pflicht zur schriftlichen Aufklärung nicht durch oberflächlich telefonische Befragung der Kunden über deren Kenntnisstand zu Börsentermingeschäften entledigen.
3. Schließlich hat das Landgericht zutreffenderweise auch das Verschulden der Beklagten analog §§ 282, 285 BGB vermutet.