I. Die Klägerin, Transportversicherer der Firma H. GmbH & Co. KG, macht Ansprüche aus abgetretenem Recht der Firma H. I. geltend für eine Partie von 63 Ballen Trevira- Kabeln, die auf dem Transport von B., Landkreis A., nach Castlecomer, Irland beschädigt wurden. Die H. T. hatte die Ware der Firma C. International Ltd. C. gemäß Rechnung vom 5.1.1995 verkauft (vgl. Anlage K 1). Sie beauftragte die Beklagte am 5.1.1995 mit der Versendung (Anlage K 2) zum festen Preis gemäß Rechnung vom 9.1.1995 (Anlage K 4) und entsprechend dem Angebot der Beklagten (Anlage K 3). Die Beklagte erstellte den Frachtbrief (Anlage K 5) und übernahm die Ware am 6.1.1995 in B. Die Ware wurde im geschlossenen Container auf der Straße nach Rotterdam und von dort mit dem Schiff nach Dublin transportiert. Bei einer Zwischenlagerung im Hafen von Dublin wurde die Ware beschädigt, als sich ein Kran löste, auf einen anderen prallte und durch herabfallende Teile der Container auf der Oberseite auf ca. 1/3 seiner Länge eingedrückt wurde; dabei wurden auch Seitenwände nach außen gedrückt; durch die Beschädigungen drang Regen ein. Art und Umfang der Beschädigungen sind den Berichten vom 19.2.1995 und 28.4.1995 (Anlagen K 7 und K 8) zu entnehmen.
Die Klägerin macht Ansprüche nach CMR (Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im Internationalen Straßengüterverkehr) geltend, wobei sie darauf verweist, daß Grundlage des Auftrags ihr Speditionsauftrag „Straße“ entsprechend der Anlage K 2 war, womit vereinbart gewesen sei, daß mit Straßenfahrzeugen transportiert werden solle.
Die Klägerin hat folgenden Antrag gestellt:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 69.881,83 DM nebst 5 % Zinsen seit dem 24.1.1995 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt Klageabweisung.
Sie rügt die fehlende Zuständigkeit des angerufenen Gerichts, da die CMR nicht anwendbar sei.
Die CMR sei deshalb nicht anwendbar, da die Beschädigung anläßlich einer Zwischenlagerung im Hafen geschehen sei. Der Vermerk „Straße“ im Speditionsauftrag (Anlage K 2) bedeute keineswegs eine Unterstellung unter CMR und schon gar nicht, daß ein Huckepack-Transport durchgeführt werden solle, wogegen schon spreche, daß die Ware in einen Container verladen worden sei. Im übrigen sei ein Konnossement vorgesehen, in dem von Huckepack-Transport nicht die Rede gewesen sei. Vielmehr sei es der Beklagten freigestellt gewesen, die Art des Beförderungsmittels zu wählen.
Doch selbst die grundsätzliche Anwendbarkeit der CMR unterstellt, sei für die Haftung nicht CMR maßgeblich, da die Beschädigung anläßlich von Nebenleistungen seefrachtrechtlicher Art geschehen sei. Der Anspruch sei im übrigen verjährt.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf die vorgelegten Anlagen Bezug genommen.
Mit Endurteil vom 29.7.1999 (Bl. 38/42 der Akten), auf dessen Tatbestand wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im ersten Rechtszug verwiesen wird, hat das Landgericht Augsburg die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe dieses Urteils wird Bezug genommen.
II. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung und bringt dazu im wesentlichen vor:
Die Tatsache, daß die Ware mittels Container befördert worden sei, besage im Hinblick auf die Frage, ob ein Huckepack-Transport vereinbart worden sei, nichts. Durch die Bezeichnung „Speditionsauftrag Straße“ sei eindeutig klargestellt worden, daß der zwischen den Parteien geschlossene Beförderungsvertrag jedenfalls durchgängig mit Straßenfahrzeugen durchgeführt werden sollte. Die Beklagte habe auch zu keinem Zeitpunkt klargestellt, den Transport nicht mittels Straßenfahrzeugen durchführen zu wollen. Nichts anderes ergebe sich aus dem Konnossement (Anlage K 5). Die Beklagte hätte einen Huckepack-Transport durchführen müssen. Da die vereinbarte Art der Beförderung maßgeblich sei, gelte die CMR, so daß die Beklagte nach Art. 17 Abs. 1, 3 CMR hafte. Die Ansprüche seien nicht verjährt; die Verjährung sei durch Hemmung unterbrochen.
Die Klägerin beantragt:
I. Das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 29.7.1999 wird aufgehoben.
II. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 69.881,83 DM nebst 5 % Zinsen hieraus seit dem 24.1.1995 zu bezahlen.
III. Die Beklagte und Berufungsbeklagte hat die Kosten beider Rechtszüge zu tragen.
Die Beklagte beantragt die kostenpflichtige Zurückweisung der Berufung.
Sie trägt im wesentlichen vor:
Die CMR, aufgrund deren Art. 31 die Klägerin versuche, die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte zu begründen, sei nicht anwendbar. Es habe kein Huckepack-Transport stattgefunden; ein solcher sei auch zwischen den Parteien nicht vereinbart gewesen.
Selbst die grundsätzliche Anwendbarkeit der CMR unterstellt, wäre nach einer Entscheidung des OLG Dresden (Transport Recht 1999, S. 62 ff.) die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte zu verneinen. Auf die dortigen Ausführungen werde verwiesen. Die Beklagte habe bereits in ihrer Klageerwiderung die fehlende Zuständigkeit deutscher Gerichte gerügt und sich nur hilfsweise zur Sache eingelassen. Da eine Zuständigkeit aufgrund des EuGVÜ nicht gegeben sei, wäre die Klage selbst bei grundsätzlicher Zuständigkeit nach der CMR abzuweisen. Im übrigen könne der Anspruch der Klägerin nicht mehr geltend gemacht werden, da er in jedem Fall verjährt und eine Hemmung der Verjährung nicht eingetreten sei.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Berufungsrechtszug wird, auch zur Ergänzung des Tatbestands, auf die in der Berufungsinstanz gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin war mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß die Klage als unzulässig abzuweisen war. Die internationale Zuständigkeit des Landgerichts Augsburg ist nicht gegeben.
Nachdem sich aus den Entscheidungsgründen des Ersturteils nicht eindeutig ergibt, ob ein Prozeßurteil oder ein Sachurteil ergangen ist, ist folgendes vorauszuschicken:
Der Erlaß eines Sachurteils setzt voraus, daß die Klage zulässig ist. Das Gericht darf nicht die Zulässigkeit offen lassen und in der Sache entscheiden, es darf auch nicht, wenn es die Klage für unzulässig hält, sie auch als unbegründet abweisen, weil Gegenstand und Umfang der Rechtskraft im Ungewissen blieben. Die Zulässigkeit ist deshalb stets zuerst zu prüfen (vgl. dazu Thomas-Putzo, ZPO, 21. Aufl., Rn. 8 zu Vorbemerkung § 253).
Eine allgemeine Prozeßvoraussetzung, die für jedes Streitverfahren vorliegen muß und die von Amts wegen in jeder Lage des Verfahrens, auch in höherer Instanz zu prüfen ist, ist die internationale Zuständigkeit. Sie bezieht sich darauf, inwieweit die Gerichte eines Staates dessen Gerichtsbarkeit ausüben und wie dies im Verhältnis zu den Gerichten anderer Staaten begrenzt wird (Thomas-Putzo, aaO, Rn. 5 zu § 1 Vorbemerkungen).
Im vorliegenden Fall könnte sich die internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts aus Art. 31 Abs. 1 CMR ergeben. Voraussetzung dafür wäre, daß es sich um eine Streitigkeit aus einer diesem Übereinkommen unterliegenden Beförderung handelt, wobei dann das Gericht zuständig wäre, wo der Ort der Übernahme des Gutes liegt. Damit stellt sich die Frage, ob das CMR für die streitgegenständliche Beförderung von Deutschland nach Irland Anwendung findet.
Wird das mit dem Gut beladene Fahrzeug auf einem Teil der Strecke zur See – wie im vorliegenden Fall zwischen Rotterdam nach Dublin - befördert und wird das Gut nicht umgeladen, so gilt das CMR trotzdem für die gesamte Beförderung (Art. 2 Abs. 1 Satz 1 CMR). Wird das Gut mit dem Kraftfahrzeug transportiert, dann vertragsgemäß abgeladen und z. B. in einem Container auf ein Schiff verbracht und im Empfangshafen wieder auf einen Lkw verladen, greift Art. 2 CMR nicht ein, da kein Huckepack-Verkehr vorliegt. Entscheidend ist deshalb, ob die Parteien mit dem Vermerk „Speditionsauftrag Straße“ (vgl. Anlage K 2) einen Huckepack-Verkehr vereinbart haben. Dies ist nach Auffassung des Senats zu verneinen. Denn die Bezeichnung „Speditionsauftrag Straße“ kann ebenso für die Unterscheidung zum „Speditionsauftrag Bahn“ gelten. Daß der gesamte Transport im Huckepack-Verfahren durchgeführt werden sollte, ist der Bezeichnung „Straße“ nicht ohne weiteres zu entnehmen. Der Vermerk „Speditionsauftrag Straße“ kann sich nämlich bereits dadurch erklären, daß ein wesentlicher Bestandteil des Transports, nämlich von B nach Rotterdam, auf der Straße stattfinden soll. Über die Weiterbeförderung nach Irland ist damit noch nichts gesagt.
Selbst wenn man die Anwendbarkeit der CMR als gegeben ansieht, wäre die internationale Zuständigkeit des Landgerichts Augsburg gleichwohl nicht gegeben.
Zutreffend ist zwar, daß für Streitigkeiten aus einer Beförderung im internationalen Straßenverkehr, um die es vorliegend geht (Art. 1 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 CMR), Art. 31 Abs. 1 Satz 1 b CMR die internationale Zuständigkeit u. a. für Gerichte des Staates begründet, auf dessen Gebiet der für die Übernahme des Gutes vorgesehene Ort liegt. Obgleich dieser Ort B in Deutschland liegt, kann im Streitfall für die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte auf die CMR nicht zurückgegriffen werden. Das folgt aus Art. 57 EuGVÜ (auf das Rechtsverhältnis zwischen den Parteien ist das EuGVÜ anwendbar).
Der Senat schließt sich im folgenden den Ausführungen des OLG Dresden in Transport Recht 99, 62 ff. an und legt seiner Entscheidung die dortigen Ausführungen zugrunde.
Im Interesse einer einheitlichen Auslegung schreibt Art. 57 Abs. 2 a Satz 2 EuGVÜ vor, daß in jedem Fall Art. 20 anzuwenden ist. Damit ist die Anwendung des Art. 20 sichergestellt. Läßt sich die Beklagte auf das gerichtliche Verfahren nicht ein, ist mithin die Klage trotz der Zuständigkeitsregelungen in einem besonderen Abkommen durch Prozeßurteil abzuweisen, falls die nach Art. 20 Abs. 1 EuGVÜ von Amts wegen anzustellende Prüfung der Zuständigkeit zu dem Ergebnis führt, daß das EuGVÜ die internationale Zuständigkeit nicht begründet.
Einer Anwendung von Art. 20 Abs. 1 EuGVÜ könnte nun entgegenstehen, daß sich die Beklagte auf das Verfahren eingelassen hat. Wie aus Art. 18 EuGVÜ folgt, läßt sich ein Beklagter im Sinne des EuGVÜ auf das Verfahren auch dann ein, wenn er sich – so wie die Beklagte hier – darauf beschränkt, die Unzuständigkeitsrüge zu erheben (auf ein Hilfsvorbringen zur Hauptsache kommt es insoweit nicht an). Nach Auffassung des Senats wird aber die Zuständigkeitsregelung des Art. 31 CMR durch das EuGVÜ nicht nur dann verdrängt, wenn sich der Beklagte im Rechtsstreit überhaupt nicht einläßt (Art. 20 Abs. 1), sondern auch dann, wenn er sich nur einläßt, um den Mangel der Zuständigkeit geltend zu machen. Denn für die Frage, ob eine Zuständigkeitsregelung wie die der CMR ausgeschlossen sein soll, macht es keinen Sinn, danach zu unterscheiden, ob der Beklagte, weil die Zuständigkeit des Gerichts nicht gegeben ist, sich überhaupt auf das Verfahren einläßt oder ob er das Gericht auf diesen Umstand (lediglich) hinweist. Entscheidend kann insoweit nur sein, ob sich der Beklagte zur Hauptsache einläßt, weil allein eine solche Einlassung als zuständigkeitsbegründend für die sachlich-rechtliche Beurteilung in Betracht gezogen werden kann. Die Klage muß daher auch dann wegen Unständigkeit abgewiesen werden, wenn sich der Beklagte zwar eingelassen hat, aber nur, um den Mangel der Zuständigkeit wie in den Fällen des Art. 18 Satz 2 EuGVÜ geltend zu machen (OLG Dresden aaO). Das folgt auch aus dem engen sachlichen Zusammenhang der Art. 18 und 20 EuGVÜ. Es ist kein stichhaltiger Grund für die Annahme gegeben, daß Art. 57 EuGVÜ wegen seiner Bezugnahme allein auf Art. 20 und nicht auch auf Art. 18 Satz 2 diesen Regelungszusammenhang dahin durchbrechen will, daß die Rüge der Unzuständigkeit im Gegensatz zu Art. 18 Satz 2 zur Bejahung der gerichtlichen Zuständigkeit führt (OLG Dresden aaO).
Für den vorliegenden Fall gilt danach, daß die Beklagte bereits in ihrer Klageerwiderung sowie in der Berufungserwiderung die fehlende Zuständigkeit des angerufenen Gerichts gerügt hat. Zur Sache hat sich die Beklagte nur hilfsweise eingelassen, um überhaupt die Unzuständigkeit des Gerichts darlegen zu können. Die Ausführungen zur Verjährung erfolgten eindeutig nur hilfsweise. Damit hat sich die Beklagte nicht auf das Verfahren eingelassen. Die Einrede der Unzuständigkeit hat sie nämlich nicht deshalb verloren, daß sie sich gleichzeitig hilfsweise zur Sache eingelassen hat. Entscheidend ist, daß die Beklagte nach wie vor den Mangel der Zuständigkeit geltend gemacht hat. Die Beklagte rügt nämlich auch zweitinstanzlich die fehlende internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts und verweist insoweit auf die Entscheidung des OLG Dresden.
Damit kommt der Senat zu dem Ergebnis, daß für den vorliegenden Rechtsstreit die internationale Zuständigkeit des Landgerichts Augsburg nicht gegeben ist und die Klage somit als unzulässig abzuweisen war, ohne daß es auf die weitere Erörterung der Parteien zur Sache – wie zur Frage der Verjährung – ankommt.