Die Parteien streiten um die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus einer notariellen Urkunde.
Die Klägerin, ein in Hamburg niedergelassenes Unternehmen, das zu 98,4 % der auf der Kanalinsel Jersey inkorporierten Gesellschaft Baltic Partners Ltd., zu 1,5 % ihren Geschäftsführer T K und zu 0,1 % einem weiteren Geschäftsführer gehört, wehrt sich gegen die Zwangsvollstreckung, die die Beklagte, eine schwedische Bank mit Hauptsitz in Stockholm aus der vollstreckbaren Urkunde betreibt, die der Hamburger Notar Dr. B am 31. Juli 1990 (K 4) errichtet hat. In der Urkunde hatte die Rechtsvorgängerin der Klägerin, aus der diese durch Umwandlung am 1. April 1994 entstanden ist, der Beklagten eine drittrangige Grundschuld an Grundstücken in Hamburg, dem sogenannten Sprinkenhof, in Höhe von 110 Mio DM einschließlich 14 % Jahreszins bestellt und zugleich die persönliche Haftung in Höhe des Grundschuldbetrages und der Zinsen übernommen sowie sich der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen. Diese Sicherheiten sollten einen entsprechenden Kredit über 110 Mio DM zur Entwicklung des Sprinkenhofs und des Chilehauses absichern, den die Beklagte der Klägerin als der Eigentümerin dieser Grundstücks- und Gebäudekomplexe mit Schreiben vom 23. Mai 1990 (K 12) angeboten hatte. Nach § 18 der dem Angebot beigefügten AGB sollte „dieser Vertrag ... in Form und Wirkung dem schwedischen Recht unterliegen“. Auf dem Schreiben vom 23. Mai 1990 ist für die Klägerin die Annahme des Angebots erklärt. Als Laufzeit des Darlehens ist „1 Jahr mit Verlängerung“ vorgesehen.
Nach Errichtung der notariellen Urkunde vom 31. Juli 1990 zahlte die Beklagte der Klägerin in der Zeit vom August 1990 bis zum September 1991 in fünf Einzeltranchen, jede mit einer Laufzeit von 5 Jahren, insgesamt 55 Mio CHF (= 63 Mio DM) aus. Am 16. Oktober 1990 gab die Klägerin der Beklagten gegenüber eine Sicherungszweckerklärung (B 4 a) ab, nach der die bestellte Grundschuld sowie die Übernahme der persönlichen Haftung der Sicherung aller bestehenden und künftigen Ansprüche der Beklagten gegen die Klägerin dienen sollten.
Im Herbst 1991 und zuletzt im Januar 1992 übersandte die Beklagte der Klägerin Entwürfe eines Rahmenvertrages über das Gesamtdarlehen („Loan Facility Agreement“, K 14) über 110 Mio DM mit der Bitte um Unterzeichnung. In dem Loan Facility Agreement vom Januar 1992 waren in Ziffer 12 als Sicherheiten für das Darlehen vorgesehen:
– eine drittrangige Grundschuld über 110 Mio DM am Sprinkenhof,
– eine Verpflichtungserklärung von T K für Kapitaldefizite der Klägerin aufzukommen,
– eine Garantie von T K über 5,0 Mio DM als Sicherheit für den Kredit an die Klägerin sowie für einen Kredit der Beklagten über 24 Mio DM an Baltic Partners Ltd.,
– die Zusage, gegebenenfalls mit dem Kredit gemachte Investitionen selbständig zu verpfänden.
Dagegen war die persönliche Haftung der Klägerin in dem Loan Facility Agreement nicht mehr vorgesehen. Ob dem Entwurf vom Januar auch Erklärungen über die Verpflichtungen von T K beilagen, die dieser erneut unterzeichnen sollte, ist zwischen den Parteien streitig. Unstreitig lag der Beklagten aber eine bereits früher unterschriebene Verpflichtungs- und Garantieerklärung K vor, als sie den Entwurf vom Januar 1992 übersandte, und unstreitig hat Herr K die im Loan Facility Agreement genannten Erklärungen nicht nochmals unterzeichnet.
Für die Klägerin schickte die Chilehaus AB das Loan Facility Agreement mit Schreiben vom 18. Mai 1992 (K 15) an die Beklagte zurück, stimmte dem Agreement zu und bat die Beklagte ihrerseits eine unterschriebene Ausfertigung zurückzusenden. Die Beklagte lehnte das wegen inzwischen veränderter Umstände mit Schreiben vom 3. Juni 1992 (K 16) ab. Ob eine Einigung über das Loan Facility Agreement stattgefunden hat, ist zwischen den Parteien streitig. Unstreitig hat die Klägerin in der Folge keine weiteren Auszahlungen von der Beklagten verlangt und erhalten. Am 12. April 1995 wurde die Grundschuld über 110 Mio DM in Höhe von 37 Mio DM im Grundbuch gelöscht. Mit Schreiben vom 8. September 1995 verlangte die Beklagte von der Klägerin Rückzahlung sämtlicher der Klägerin gewährter Kredite und Zinsen in Höhe von 57.630.076,20 CHF. Soweit die Rückzahlung noch nicht fällig war, stellte die Beklagte sie unter Berufung auf § 8 ihrer AGB im gleichen Schreiben fällig. Da die Klägerin nicht zahlte, versuchte die Beklagte die Vollstreckung aus der notariellen Urkunde vom 31. Juli 1990 in das persönliche Vermögen der Klägerin, blieb damit aber erfolglos, da bei der Klägerin kein pfändbares Vermögen vorgefunden wurde.
Die Klägerin hat behauptet, daß die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde unzulässig sei, da die zugrundeliegende Darlehensforderung erloschen sei. Die Parteien hätten sich wirksam auf das Loan Facility Agreement geeinigt, das eine persönliche Haftung der Klägerin nicht vorsehe. Eine solche Einigung sei zwischen dem Geschäftsführer der Klägerin, T K und Frau I der zuständigen Mitarbeiterin der Beklagten, erzielt worden.
Ferner sei die zu sichernde Forderung jedenfalls durch Aufrechnung erloschen, die die Klägerin in einem Verfahren vor dem Amtsgericht Göteborg erklärt habe, das sie dort am 22. Mai 1995 gegen die Beklagte eingeleitet habe. Ihre Aufrechnungsforderungen leitet die Klägerin daraus her, daß die Beklagte ihr durch die Verweigerung der weiteren Darlehensauszahlung Schaden zugefügt habe. Ferner macht die Klägerin die Beklagte dafür verantwortlich, daß die Firma G, die ihrerseits mit 22 % an der Baltic Partners Ltd. beteiligt ist, Finanzierungszusagen nicht eingehalten habe, nachdem sie von einem Bankenkonsortium unter Führung der Beklagten übernommen worden sei.
Die Klägerin hat beantragt,
1. die Zwangsvollstreckung aus der vollstreckbaren Urkunde des Hamburgischen Notars Dr. B vom 31. Juli 1990 (Urkundenrolle Nr. 1980/1990) für unzulässig zu erklären,
2. die Entscheidung über den Rechtsstreit bis zur Erledigung des bei dem Landgericht Göteborg/Schweden (Göteborg tingsrätt) unter dem Geschäftszeichen T 1817-95 anhängigen Rechtsstreits zwischen den Parteien gemäß Art. 22 Abs. 1 bzw. 21 Abs. 1 des Lugano-Übereinkommens auszusetzen, hilfsweise, für den Fall, daß das Gericht der Auffassung sei, es liege ein Fall des Art. 21 Abs. 2 Lugano-Übereinkommen vor, diese Rechtsfrage dem Europäischen Gerichtshof vorab zur Entscheidung vorzulegen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen und den Aussetzungsantrag zurückzuweisen.
Sie hat sich darauf gestützt, daß die Vollstreckung aus der notariellen Urkunde nach dem maßgebenden schwedischen Recht auch ohne wirksame Sicherungsabrede zulässig sei; im übrigen habe eine wirksame Sicherungsabrede bestanden. Diese sei weder durch eine Einigung zwischen Herrn K und Frau I geändert worden noch sei sonst eine Einigung über die Aufgabe der Sicherheit aus der notariellen Urkunde zustandegekommen. Aufrechenbare Gegenansprüche der Klägerin bestünden nicht und dürften mangels internationaler Zuständigkeit der Hamburger Gerichte auch nicht beachtet werden.
Das Landgericht Hamburg hat die Klage mit Urteil vom 6. Juni 1996 (Az. 305 O 18/96) abgewiesen. Es hat eine nach deutschem Recht zu beurteilende wirksame Sicherungsabrede angenommen. Die Parteien hätten die Abrede auch nicht aufgehoben, da dafür nach den Ziffern 20 und 21 des Loan Facility Agreement Schriftform erforderlich gewesen wäre, die hier gefehlt habe, da die Beklagte das Loan Facility Agreement nicht unterschrieben habe.
Auch die Aufrechnung hat das Landgericht nicht durchgreifen lassen, da sie wegen des früher anhängigen schwedischen Verfahrens nicht berücksichtigt werden könne.
Die Klägerin hat gegen das Urteil des Landgerichts, das ihr am 14. Juni 1996 zugestellt wurde, mit Schriftsatz vom 12. Juli 1996, der am gleichen Tag bei Gericht einging, Berufung eingelegt. Die Berufungsbegründung ist in der bis 10. Januar 1997 verlängerten Frist bei Gericht eingegangen.
Die Klägerin trägt vor, daß die Vollstreckung aus der notariellen Urkunde eine wirksame Sicherungsabrede voraussetze, an der es jedoch fehle. Der Hinweis im Darlehensvertrag vom 23. Mai 1990 auf die „Sicherheit: Pfandbrief des Grundstückes Sprinkenhof. DM 110 Mio/220 Mio“ sei zu unbestimmt, um als Sicherungsabrede zu dienen. Die Sicherungszweckvereinbarung vom 16. Oktober 1990 sei durch die Einigung über das Loan Facility Agreement ersetzt worden, das eine persönliche Haftung der Klägerin nicht mehr vorsehe. Diese Einigung sei in Telefongesprächen zwischen Herrn K und Frau I bereits vor dem 18. Mai 1992 erzielt worden. Zum Beweis dafür bezieht sich die Klägerin auf den Zeugen N und die Parteivernehmung von Herrn K.
Die Berücksichtigung der in Schweden erklärten Aufrechnung hält die Klägerin für zulässig. Einen Rechtssatz, daß das angerufene Gericht eine Aufrechnungsforderung nur berücksichtigen dürfe, wenn es für die Entscheidung über diese Forderung international zuständig sei, gebe es nicht. Die Gefahr divergierender Entscheidungen – hier des schwedischen und des deutschen Gerichts – sei nicht gegeben, da im Vollstreckungsabwehrverfahren nicht materiell über die zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen entschieden, sondern nur die Durchsetzung des Titels blockiert werde. Werde das ausländische Verfahren nicht berücksichtigt, dann sei der Vollstreckungsschuldner trotz liquider Einwendungen praktisch schutzlos gestellt. Mindestens sei die Aussetzung des Verfahrens geboten, bis das schwedische Verfahren entschieden sei und allermindestens müsse eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs darüber eingeholt werden, wie die hier einschlägigen Artikel 21 und 22 Lugano-Übereinkommen auszulegen seien und ob ihre Auslegung, wenn das Lugano-Übereinkommen zwischen zwei EU-Staaten anzuwenden sei, dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt werden könne.
Hilfsweise verlangt die Klägerin eine Zurückverweisung an das Landgericht nach § 539 ZPO, da das Landgericht zu Unrecht angenommen habe, daß die Klägerin die Aufrechnung gegenüber den in der notariellen Urkunde titulierten Forderungen erklärt habe, während sie allein gegenüber dem Anspruch der Beklagten auf Darlehensrückzahlung aufgerechnet habe. Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landgerichts Hamburg, Zivilkammer 5, Geschäfts-Nr. 305 O 18/96, abzuändern und die Zwangsvollstreckung aus der vollstreckbaren Urkunde des Hamburgischen Notars Dr. J B vom 31. Juli 1990 (Urkunden-Rolle Nr. : 1980/1990) für unzulässig zu erklären, hilfsweise,
das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit an das Landgericht Hamburg zurückzuverweisen, ferner für den Fall, daß das Gericht den Rechtsstreit nicht nach § 539 ZPO an das Landgericht Hamburg zurückverweist, die Entscheidung über den Rechtsstreit bis zur Erledigung des bei dem Landgericht Göteborg/Schweden (Göteborg tingsrätt) unter dem Geschäftszeichen T 1817-95 anhängig gemachten Rechtsstreites zwischen den Parteien nach § 148 ZPO auszusetzen, hilfsweise, die Entscheidung über den Rechtsstreit bis zur Erledigung des beim Landgericht Göteborg/Schweden (Göteborg tingsrätt) unter dem Geschäftszeichen T 1817-95 anhängig gemachten Rechtsstreites zwischen den Parteien nach Art. 22 Abs. 1 des Lugano-Übereinkommens auszusetzen, weiter hilfsweise,
die Rechtsfragen zur Auslegung der mit den Vorschriften des EuGVÜ inhaltlich identischen Vorschriften des Lugano-Abkommens, von denen die Entscheidung dieses Rechtsstreites abhängt, zusammen mit der Rechtsfrage, ob ein deutsches Gericht in einem Fall wie diesem berechtigt ist, das Vorabentscheidungsverfahren nach dem Auslegungsprotokoll zum EuGVÜ vom 3. Juni 1971 in Gang zu setzen, dem Europäischen Gerichtshof zur Entscheidung vorzulegen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Beklagte steht auf dem Standpunkt, daß die Vollstreckung aus der notariellen Urkunde an sich keine Sicherungsabrede voraussetze. Doch habe jedenfalls eine wirksame Abrede mit der Sicherungszweckerklärung vom 16. Oktober 1990 vorgelegen. Sie sei auch nicht – weder telefonisch noch sonst wirksam – aufgehoben worden.
Der Senat hat im Termin vom 21. November 1997 die Zeugen L N und E I vernommen. Hinsichtlich der Zeugenvernehmung wird auf das Sitzungsprotokoll, wegen des Parteivorbringens im einzelnen auf die vorbereitenden Schriftsätze und die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
Nach dem Schluß der mündlichen Verhandlung hat das Amtsgericht Hamburg mit Beschluß vom 30. Dezember 1997 (Gz.: 65 bN 481/96) das Konkursverfahren über das Vermögen der Klägerin eröffnet.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
I. 1. Die internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts folgt aus Art. 16 Ziff. 5 des EuGVÜ, das in Deutschland seit dem 1. Dezember 1994 in der Fassung des dritten Beitrittsübereinkommens vom 26. Mai 1989 (BGBl. 1994 II 3707) in Kraft ist. Art. 16 Ziff. 5 EuGVÜ begründet eine ausschließliche Zuständigkeit deutscher Gerichte für Verfahren, die eine in Deutschland durchgeführte oder durchzuführende Zwangsvollstreckung zum Gegenstand haben. Nach ganz überwiegender und zutreffender Auffassung setzt Art. 16 EuGVÜ keinen weiteren Bezug zu einem anderen Vertragsstaat voraus (Kropholler, EuZPR, 5. Aufl. 1996, Art. 16 Rn. 7; Piltz NJW 1979, 1072; Zöller/Geimer, ZPO, 20. Aufl. 1997 Anhang I Art. 2 Rn. 15; anderer Ansicht Bülow/Böckstiegel/Müller, der Internationale Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, 3. Aufl. 1985 ff., Art. 16 EuGVÜ Anm. II). Weder der Wortlaut noch der Sinn und Zweck der Vorschrift verlangen einen zusätzlichen Berührungspunkt zu einem weiteren Vertragsstaat.
Das EuGVÜ wird hier auch nicht vom LugÜ verdrängt, das in Deutschland ebenfalls – seit 1. März 1995 (BGBl 1995 II 221) – in Kraft ist. Denn gemäß Art. 54 b Abs. 1 LugÜ läßt dieses Übereinkommen das EuGVÜ unberührt, soweit dieses reicht.
Unter Art. 16 Ziff. 5 EuGVÜ fallen auch Vollstreckungsabwehrklagen, wie vorliegend nach § 767 ZPO erhoben (EuGH 04.07.1985 – AS-Autoteile -, Sammlung 1985, 2267 = NJW 1985, 2893 (L); Kropholler Art. 16 Rn. 59). Ebenso erfaßt die Vorschrift den Fall, daß Verfahrensgegenstand die Vollstreckung aus einer Urkunde ist (vgl. den Bericht zum EuGVÜ v. Jenard Art. 16 Nr. 5; Kropholler aaO).
2. Da das Konkursverfahren über das Vermögen der Klägerin nach Schluß der mündlichen Verhandlung eröffnet wurde, ist der Senat nicht an der aufgrund der Verhandlung zu erlassenden Entscheidung gehindert (§§ 240, 249 Abs. 3 ZPO).
II. Die Klage ist unbegründet. Das Landgericht hat die Vollstreckung aus der notariellen Urkunde vom 31. Juli 1990 zu Recht nicht für unzulässig erklärt.
1. Ob die Beklagte aus der notariellen Urkunde auch ohne eine Vereinbarung der Parteien über den Sicherungszweck der in der Urkunde eingeräumten Rechte vorgehen könnte, bedarf keiner Entscheidung. Denn mit der Sicherungszweckerklärung vom 16. Oktober 1990 liegt eine solche Vereinbarung vor, deren Gültigkeit die Klägerin nicht mehr substantiiert angegriffen hat. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist diese Vereinbarung, die sich ausdrücklich auch auf die persönliche Haftung der Klägerin bezieht, später weder wirksam aufgehoben noch abgeändert worden.
a) Ob die Parteien die behauptete Abänderung der Sicherungszweckabrede wirksam vereinbart haben, ist nach schwedischem Recht zu beurteilen. Dabei kann dahinstehen, ob die Sicherungszweckabrede selbst ebenfalls nach schwedischem Recht oder aber nach deutschem Recht zu beurteilen ist. Zwar folgt die Aufhebung oder Änderung eines Vertrages in der Regel dem Statut des zu ändernden Vertrages, soweit sie sich auf eine bloße Korrektur oder einen actus contrarius beschränkt. Das kann aber weder gelten, wenn ein bisheriger Vertrag durch ein neues Vertragswerk von eigenständigem Inhalt und Gewicht ersetzt werden soll noch wenn die Parteien im neuen Vertrag eine abweichende Rechtswahl treffen. Dann ist das Statut des neuen Vertrages grundsätzlich selbständig zu bestimmen. Da die Parteien hier mit dem Loan Facility Agreement ihre Kreditbeziehung und die Sicherheitengestellung auf eine einheitliche Grundlage stellen und umfassend regeln wollten und zudem eine Rechtswahl beabsichtigten (Ziff. 18 des Loan Facility Agreement), ist das Statut, das für den Abschluß dieses Vertrages gilt, ohne Rückgriff auf das Statut der Sicherungszweckerklärung zu ermitteln.
Mangels vorgehender Übereinkommen entscheidet gemäß Art. 27 Abs. 4, 31 EGBGB damit über den wirksamen Abschluß des Loan Facility Agreement sowie der mit ihm vorgesehenen Rechtswahl das schwedische Recht, das die Parteien als maßgebliches Recht jedenfalls in Aussicht genommen hatten.
b) Eine Einigung über den Abschluß des Loan Facility Agreement, die auch nach schwedischem Vertragsrecht erforderlich ist, ist zwischen den Parteien nicht zustandegekommen.
Es kann auf sich beruhen, ob die Übersendung des Loan Facility Agreement im Januar 1992 als Angebot oder als bloße invitatio ad offerendum zu betrachten ist, die auch das schwedische Vertragsrecht voneinander unterscheidet (vgl. § 1 und § 9 des schwedischen Avtalslagen v. 1915 (Vertragsgesetz)). Denn jedenfalls hat die Klägerin ein Angebot der Beklagten nicht rechtzeitig angenommen, als sie das Loan Facility Agreement mit Schreiben vom 18. Mai 1992 – also mehr als vier Monate später – unterzeichnet zurückschickte. Eine Annahme muß aber gemäß § 3 des schwedischen Vertragsgesetzes binnen angemessener Frist erklärt werden. Dabei kommt es für die Angemessenheit auf die Umstände des jeweiligen Falles an (vgl. Adlercreutz, Avtalsrätt I, 10. Aufl., 1995, S 54 ff; ders., Sweden S. 44 ff, in: Herbots (Hrsg), Cintracts Bd. IV, 1995 in: Blainpain (Hrsg) International Encyclopedia of Laws; Hellner, Contracts and Sales in: Strömholm (Hrsg), An Introduction to Swedish Law, 1988, S. 233 ff; Fischler/Vogel, Schwedisches Handels- und Wirtschaftsrecht mit Verfahrensrecht, 3. Aufl. 1978, S. 86 f). Eine Frist von vier Monaten ist im hier betroffenen Bankenbereich nicht mehr angemessen, zumal die Parteien das Loan Facility Agreement im Januar 1992, wie unstreitig ist, bereits ganz weitgehend ausverhandelt hatten. Die Zeugin I hat in ihrer Vernehmung eine Frist von 14 Tagen bis 1 Monat für angemessen gehalten. Der Senat folgt dem in der Beurteilung darin, daß eine Frist von vier Monaten jedenfalls unter den gegebenen Umständen nicht mehr angemessen war. Der Einholung des von der Klägerin beantragten Sachverständigengutachtens zum schwedischen Recht bedarf es hierfür nicht.
Es liegt hier aber auch nicht der Fall vor, daß eine verspätete Annahme als neues Angebot von der Beklagten durch Schweigen angenommen worden wäre. Grundsätzlich stellt eine verspätete Annahme nach schwedischem Recht ein neues Angebot dar (§ 4 Abs. 1 schwedisches VertragsG). Eine Ausnahme macht § 4 Abs. 2 schwedisches Vertragsgesetz, wenn der Annehmende davon ausgehen durfte, daß die Annahmeerklärung rechtzeitig eingegangen sei, und wenn der Anbietende diesen Umstand erkennen mußte. Erforderlich ist dabei, daß diese subjektiven Vorstellungen der Parteien bestanden (Adlercreutz, Hellner, jeweils aaO). Dann muß der Anbietende ohne unangemessene Verzögerung („att uttan oskäligt uppehall“) eine Ablehnung mitteilen. Anderenfalls kommt der Vertrag gleichwohl zustande. Die Vorschrift entspricht damit etwa § 149 BGB. Die Voraussetzungen der Vorschrift liegen jedoch nicht vor. Zum einen konnte die Klägerin nicht davon ausgehen, daß ihre im Mai übersandte Erklärung noch rechtzeitig sei. Zum anderen hat die Beklagte, wie zwischen den Parteien unstreitig ist, nach Erhalt des unterschriebenen Loan Facility Agreement zunächst telefonisch und dann mit Schreiben vom 3. Juni 1992 auch schriftlich den Abschluß des Loan Facility Agreement abgelehnt. Eine wirksame Einigung über das Loan Facility Agreement ist damit nicht zustandegekommen. Der Einholung eines Sachverständigengutachtens zur weiteren Aufklärung bedarf es auch hier nicht.
Schließlich steht zur Überzeugung des Senats fest, daß auch keine frühere telefonische Einigung über das Loan Facility Agreement zwischen den Parteien stattgefunden hat. Weder der Zeuge N noch die Zeugin I, auf deren Zeugnis sich die Klägerin im Termin vom 21. November 1997 berufen hat, haben eine solche Einigung bestätigt. Der Zeuge N hat über den Inhalt der Gespräche, die nach der Behauptung der Klägerin ihr Geschäftsführer K mit der Zeugin I geführt hat, naturgemäß nicht aus eigenem Mithören berichten können. In seiner Vernehmung hat er aber jede Kenntnis über derartige Gespräche verneint. Da der Zeuge nach seiner Aussage seinerzeit der administrative Chef der Klägerin und mit dem fraglichen Loan Facility Agreement auch befaßt war und in der fraglichen Zeit mehrfach mit der Zeugin I selbst telefoniert hat, geht der Senat davon aus, daß der Zeuge bindende telefonische Absprachen über das Loan Facility Agreement zwischen Herrn K und der Zeugin I mit sehr großer Wahrscheinlichkeit erfahren hätte. Dagegen hat der Zeuge N geschildert, daß die übersandten Entwürfe des Loan Facility Agreement noch jeweils von Juristen für die Klägerin geprüft wurden und daß aufgrund dieser Prüfung an einem früheren Entwurf eine dort mitaufgeführte Sicherheit über 25 Mio DM beanstandet worden war. Nach der Aussage des Zeugen sollte der Vertrag erst unterschrieben werden, nachdem diese Sicherheit „herausgenommen“ worden sei, was dann in der Fassung des Loan Facility Agreement vom Januar 1992 der Fall gewesen sei. Das geschilderte Verfahren zeigt jedoch, daß die Klägerin – wie bei einem Geschäft dieser Größenordnung nur sinnvoll – ihre endgültige Zustimmung zum Loan Facility Agreement nicht ohne genaue Prüfung des Vertragstextes geben wollte. Dafür spricht auch das Telefonat zwischen den Zeugen N und I im Januar 1992, an das sich der Zeuge in seiner Vernehmung erinnerte und aus dem er den Satz der Zeugin I: „Jetzt müssen Sie den Vertrag unterschreiben und bitte keine Änderungen mehr,“ zitieren konnte. Auch hierin kommt zum Ausdruck, daß die Beklagte den Abschluß des Loan Facility Agreement in der übersandten Form wünschte, aber gerade nicht von einer schon unveränderlichen Bindung ausging.
Hierzu steht nicht im Widerspruch, daß der Zeuge von einer an sich schon seit Mitte Mai 1990 bestehenden Vertragsbindung der Parteien ausging, wie er in seiner Vernehmung bekundete. Vielmehr bestand die Kreditbeziehung zwischen den Parteien bereits tatsächlich seit 1990 und sollte durch das Loan Facility Agreement nach der Absicht beider Parteien nur in Teilen verändert werden. Zusammengenommen ergibt die Aussage des Zeugen N daß nichts für eine endgültige und beiderseits bindende telefonische Einigung zwischen Herrn K und der Zeugin I schon vor dem 18. Mai 1992 spricht.
Die Aussage der Zeugin I führt zu keinem anderen Ergebnis. Sie hat bekundet, daß der Inhalt des Vertragsentwurfs vom Januar 1992 nicht im einzelnen mit Herrn K abgesprochen worden sei. Sie hat ferner bekundet, daß nach dem 18. Mai 1992 ein Treffen zwischen ihr und den Herren K und N stattgefunden habe. Zwar sei das Loan Facility Agreement bei diesem Treffen nicht angesprochen worden, doch sei über Bereitstellungszinsen für den noch nicht in Anspruch genommenen Darlehensteil verhandelt worden. Im Loan Facility Agreement seien solche Bereitstellungszinsen nicht vorgesehen gewesen. Mittelbar folgt aus dieser Aussage, daß bei Gültigkeit des Loan Facility Agreement über diesen Punkt nicht zu verhandeln gewesen wäre. Auch das spricht deutlich gegen eine frühere bindende Einigung der Parteien über das Loan Facility Agreement. Hinzukommt, daß die wirtschaftliche Bedeutung des Loan Facility Agreement, die zu regelnden Kredit- und Sicherheitenvolumina sowie die rechtliche Kompliziertheit eine endgültige verbindliche Einigung am Telefon auch als sehr ungewöhnlich erscheinen lassen.
Nach allem ist der Senat davon überzeugt, daß sich die Parteien nicht vor dem 18. Mai 1992 telefonisch über das Loan Facility Agreement rechtlich bindend geeinigt haben. Für die von der Klägerin beantragte Parteivernehmung des Geschäftsführers der Klägerin K nach § 448 ZPO fehlen damit die Voraussetzungen. Entgegen der Auffassung der Klägerin werden durch die Ablehnung der Parteivernehmung auch nicht ihre prozessualen Grundrechte verletzt. Denn mit dem Zeugen N hat der Senat den seinerzeitigen administrativen Chef der Klägerin vernommen, der von einem derartig erheblichen Umstand wie einer telefonischen Einigung über das Loan Facility Agreement hätte unterrichtet sein müssen. Zudem stand es dem Geschäftsführer K frei, den Senatstermin wahrzunehmen.
2. Die Aufrechnung, die die Klägerin im Verfahren vor dem Amtsgericht und Landgericht Göteborg erklärt hat, hat das Landgericht Hamburg zu Recht nicht berücksichtigt. Die Klägerin steht zwar auf dem Standpunkt, daß sie nicht die Aufrechnung, sondern das Erlöschen der Darlehensforderung der Beklagten geltend mache. Indessen ist im schwedischen Verfahren das Erlöschen der Darlehensforderung bislang nicht festgestellt. Es geht damit im vorliegenden Rechtsstreit um die Frage, welche Wirkung die in Schweden erklärte Aufrechnung im deutschen Verfahren entfaltet. Grundsätzlich kommt eine Aufrechnung gegenüber einer titulierten Forderung als Einwendung im Sinne des § 767 ZPO in Betracht (Zöller/Herget § 767 Rn. 12). Jedoch kann im Rahmen einer Vollstreckungsabwehrklage gegen den zu vollstreckenden Anspruch nicht mit einer Forderung aufgerechnet werden, über die zu entscheiden die Gerichte im Vollstreckungsstaat international nicht zuständig wären (EuGH 04.07.1985 – AS-Autoteile Service/Malhe – Sammlung 1985, 2267 = NJW 1985, 2293 (L); Kropholler Art. 16 Rn. 59).
Im vorliegenden Fall sind die deutschen Gerichte für die Entscheidung über die zur Aufrechnung gestellten Forderungen international nicht (mehr) zuständig. Denn über diese Forderungen entscheidet bereits das schwedische Gericht, bei dem die Klägerin das Verfahren im Jahre 1995 anhängig gemacht hat. Nach Art. 21 Abs. 2 LugÜ hat sich das später angerufene Gericht dann für unzuständig zu erklären; seine sonst gegebene internationale Zuständigkeit ist gesperrt. Art. 21 LugÜ ist im vorliegenden Verfahren jedenfalls analog anzuwenden.
a) Für die Frage der Wirkung eines rechtshängigen ausländischen Verfahrens ist hier das LugÜ maßgebend. Das EuGVÜ gilt im vorliegenden Zusammenhang dagegen nicht. Die wortgleichen Art. 21 Abs. 1 EuGVÜ und Art. 21 Abs. 1 LugÜ setzen voraus, daß identische Klagen „in verschiedenen Vertragsstaaten“ anhängig gemacht werden. Da zwar Deutschland, nicht jedoch Schweden Vertragsstaat des EuGVÜ ist, scheidet die Anwendung des EuGVÜ aus. Daran ändert auch der Umstand nichts, daß sich die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte aufgrund der Ausnahmevorschrift des Art. 16 Nr. 5 EuGVÜ iVm Art. 54 b Abs. 1 LugÜ im vorliegenden Fall nach dem EuGVÜ bestimmt. Die einzelnen Vorschriften des EuGVÜ – neben Art. 16 insbesondere Art. 5 und Art. 17 sehen unterschiedliche räumliche Bezugspunkte vor, die für die Anwendbarkeit der jeweiligen Vorschrift gegeben sein müssen. Art. 21 EuGVÜ fordert insoweit die Rechtshängigkeit in zwei Vertragsstaaten. Diese Anwendungsvoraussetzung fehlt.
Sie liegt aber für das LugÜ vor. Dieses Übereinkommen gilt in Deutschland seit dem 1. März 1995 und in Schweden seit dem 1. Januar 1993 (BGBl 1995 II 221). Es erfaßt die seither erhobenen Klagen (Art. 54 Abs. 1 LugÜ), so daß es sowohl für das am 22. Mai 1995 begonnene schwedische wie das 1996 rechtshängig gewordene deutsche Verfahren gilt.
b) Art. 21 LugÜ setzt weiter voraus, daß Klagen wegen desselben Anspruchs zwischen denselben Parteien anhängig sind. Nach der Rechtsprechung des EuGH zum gleichlautenden Art. 21 EuGVÜ ist nur erforderlich, daß es sich bei dem Rechtsstreit in beiden Ländern im Kernpunkt um dieselbe Sache handelt (vgl. insbesondere EuGH 06.12.1994 – Tatry/Maciej Ratay – Sammlung 1994 I 5439 = NJW 1995, 1883 (LS); ebenso BGH NJW 1995, 1758; Kropholler Art. 21 Rn. 7; Zöller/Geimer Art. 21 Rn. 13; Isenburg-Epple. Die Berücksichtigung ausländischer Rechtshängigkeit nach dem Europäischen Gerichtsstands- und Vollstreckungsübereinkommen v. 27.09.1968 (1992) 140 ff.). Vollständige Identität der Klagen wird nicht ausgesetzt (vgl. auch BGH aaO).
Im vorliegenden Zusammenhang geht es darum, daß im deutschen Verfahren eine Forderung berücksichtigt werden soll, über deren Bestand im schwedischen Verfahren gestritten wird. Nach Auffassung des Senats ist Art. 21 LugÜ auch auf diesen Fall anzuwenden. Zwar macht die Aufrechnung eine Forderung nach dem insoweit maßgebenden deutschen Prozeßrecht (Kropholler Art. 21 Rn. 12; Zöller/Geimer Art. 21 Rn. 9) noch nicht rechtshängig (BGHZ 57, 242). In dem in Deutschland geführten Verfahren macht die Klägerin aber im Kern dasselbe Vorbringen geltend, auf das sie sich im schwedischen Verfahren stützt. Würde die Klägerin die in Schweden streitige Forderung nunmehr in Deutschland selbständig einklagen oder ihren Bestand hier feststellen lassen wollen, so läge volle Identität des Streitgegenstandes und der Parteien vor. Das deutsche Gericht hätte sich gemäß Art. 21 Abs. 2 für unzuständig zu erklären. Derselbe Gedanke muß gelten, wenn die Klägerin ihre behauptete Gegenforderung im Wege der Aufrechnung oder mit dem Argument in das vorliegende Verfahren einführen will, daß die Darlehensforderung der Beklagten durch die in Schweden erklärte Aufrechnung erloschen sei. Auch hier besteht die Gefahr divergierender Entscheidungen, wenn etwa im schwedischen Verfahren die behauptete Forderung der Klägerin bejaht, im vorliegenden Verfahren dagegen verneint würde und vice versa. Diese Gefahr will Art. 21 LugÜ gerade vermeiden (vgl. Bericht zum EuGVÜ v. Jenard zu Art. 22; Kropholler vor Art. 21 a Z 1; vgl. auch Art. 22 Abs. 3 LugÜ).
Für die analoge Anwendung des Art. 21 auf den vorliegenden Fall spricht ferner die Überlegung, daß sich sonst ein Schuldner, der sich wegen unstreitiger Forderung gegenüber einem ausländischen Gläubiger der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hat, der Vollstreckung dadurch entziehen könnte, daß er im Land des Gläubigers eine – sei es auch grundlos behauptete – Gegenforderung einklagt und sich dann im Zwangsvollstreckungsverfahren auf das ausländische Verfahren beruft.
3. Eine Aussetzung des Verfahrens kommt nicht in Betracht. Die von der Klägerin hilfsweise beantragte Aussetzung kann nach dem klaren Wortlaut des Art. 22 Abs. 1 LugÜ in der zweiten Instanz nicht mehr ausgesprochen werden (ebenso OLG Hamm IPrax 1986, 233 mit Aufsatz Geimer IPrax 1986, 216). Ob die sonstigen Voraussetzungen des Art. 22 LugÜ gegeben sind, braucht deshalb nicht entschieden zu werden. Auf § 148 ZPO kann neben Art. 22 LugÜ nicht zurückgegriffen werden. Entgegen der Auffassung der Klägerin enthält das LugÜ eine abschließende Regelung der Aussetzungsmöglichkeiten. Die detaillierte Regelung des Art. 22 LugÜ wäre überflüssig, wenn neben ihr ohne weiteres die nationalen Aussetzungsregeln anwendbar blieben. Lediglich das Verfahren, nicht jedoch die Voraussetzungen der Aussetzung richten sich nach dem einzelstaatlichen Prozeßrecht (Kropholler Art. 22 Rn. 7 und Art. 21 Rn. 22).
4. Auch die von der Klägerin beantragte Zurückverweisung scheidet aus. Die Voraussetzungen des § 539 ZPO liegen nicht vor. Es stellt keinen wesentlichen Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens dar, daß das Landgericht das deutsche Verfahren nicht bis zur Entscheidung des in Schweden geführten Rechtsstreits ausgesetzt hat. Eine Aussetzung wäre hier nur unter den Voraussetzungen des Art. 22 Abs. 1 LugÜ in Betracht gekommen, die freilich auch in diesem Zusammenhang nicht näher nachgeprüft werden müssen. Denn Art. 22 Abs. 1 LugÜ räumt dem Gericht ein Ermessen ein („kann S M aussetzen“). Das Landgericht hat sein Ermessen jedoch ordnungsgemäß ausgeübt, indem es die Aussetzung für unvereinbar mit dem schleunigen Charakter des Zwangsvollstreckungsverfahrens angesehen hat (ganz ähnlich auch die Erwägungen im Urteil des OLG München RIW 1997, 872 (873), auf das sich die Klägerin bezogen hat).
5. Die Auslegung der Art. 21 und 22 LugÜ oder die Frage, ob die Auslegung des LugÜ eine vorlagefähige Frage darstellt, dem Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung vorzulegen, wie die Klägerin weiter hilfsweise beantragt hat, scheidet aus. Die Auslegung des LugÜ untersteht – anders als jene des EuGVÜ – nicht der Kompetenz des EuGH, wie das Landgericht mit zutreffender Begründung näher ausgeführt hat.