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Zusammenfassung der Entscheidung Der deutsche Kläger klagt gegen die spanische Beklagte vor einem deutschen Gericht auf die Rückzahlung eines Kaufpreisanteils in Höhe von 10.440 DM. Der Kläger erwarb während eines Urlaubsaufenthaltes in Spanien im Oktober 1995 zusammen mit einem Bekannten ein Teilzeitnutzungsrecht an einem Appartement der Beklagten zu einem Gesamtkaufpreis von 20.880 DM. Der Kläger und sein Bekannter hatten eine Veranstaltung, die in der Clubanlage der Beklagten stattgefunden hat, besucht, um an einem Gewinnspiel teilzunehmen. Dort hat der Kläger den „Clubmitgliedschaftsantrag“ unterzeichnet. Er leistete zunächst eine Anzahlung in Höhe von 6.264 DM und zahlte den Rest später von Deutschland aus. Im August 1996 wiederrief der Kläger seine Erklärungen gegenüber der Beklagten und verlangte unter Berufung auf das Haustürwiderrufsgesetz die Rückzahlung seines Kaufpreisanteils von 10.440 DM.
Das Oberlandesgericht Koblenz (DE) ist der Meinung, dass das deutsche Gericht erster Instanz zu Recht seine internationale Zuständigkeit verneint habe. Die spanischen Gerichte seien vielmehr nach Art. 16 Nr. 1 lit. a) Alt. 2 EuGVÜ ausschließlich zuständig. Das erstinstanzliche Gericht sei gemäß Art. 19 EuGVÜ verpflichtet gewesen, sich von Amts wegen für unzuständig zu erklären. Selbst wenn Art. 16 EuGVÜ keine Anwendung finden sollte, lasse sich die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte auch aus anderen Vorschriften des EuGVÜ nicht herleiten. Eine internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte gemäß Art. 14 EuGVÜ komme nicht in Betracht, weil es sich hier nicht um eine Verbrauchersache i.S.v Art. 13 EuGVÜ handele, denn der Kläger habe die zum Vertragsschluss erforderlichen Rechtshandlungen nicht in seinem Wohnsitzstaat vorgenommen. Auch eine Zuständigkeitsbegründung zugunsten der deutschen Gerichte nach Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ sei ausgeschlossen. Der Erfüllungsort für die Zahlungspflicht des Klägers liege in Spanien.
JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission
I. Der Kläger erwarb anlässlich eines Urlaubsaufenthaltes auf Gran Canaria im Oktober 1995 das Nutzungsrecht an einem Appartement in der Ferienanlage der Beklagten für jeweils die 42. Woche eines jeden Jahres, erstmals ab dem 21. Oktober 1996 zusammen mit einem Bekannten zum Gesamtkaufpreis vom 20.880 DM. Der Kläger und sein Bekannter waren auf öffentlicher Straße angesprochen und in die Clubanlage eingeladen worden, um dort an einem Gewinnspiel teilzunehmen. Bei dieser Gelegenheit wurde der „Clubmitgliedschaftsantrag“ (Blatt 7 ff. GA) unterzeichnet. Der Kläger leistete am 18. Oktober 1995 eine Anzahlung von 6.264 DM und zahlte den Rest später von zu Hause aus.
Mit Schreiben vom 21. August 1996 widerrief er gegenüber der Beklagten seine Erklärungen und begehrt nunmehr unter Berufung auf das Haustürgeschäftewiderrufsgesetz die Rückzahlung seines Kaufpreisanteils von 10.440 DM.
Durch das angefochtene Urteil wies das Landgericht die Klage als unzulässig ab mit der Begründung, es fehle an der internationalen Zuständigkeit des Landgerichts Mainz. Ausschließlich zuständig sei nach Art. 16 Nr. 1 a, 2. Alternative EUGVÜ das örtliche spanische Gericht. Unabhängig davon sei aber auch aus sonstigen Gründen eine Zuständigkeit des Landgerichts Mainz nicht gegeben.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung, mit der geltend macht, Art. 16 GVÜ sei nicht anwendbar. Die internationale Zuständigkeit des Landgerichts Mainz ergebe sich aus § 7 des Haustürgeschäftewiderrufsgesetzes, im übrigen auch aus den Vorschriften der §§ 27 ff. EGBGB und 34 EGBGB.
II. Die in förmlicher Hinsicht nicht zu beanstandende Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht geht das Landgericht davon aus, seine internationale Zuständigkeit sei nicht gegeben.
1. Das Landgericht Mainz hat die Klage als unzulässig abgewiesen, weil es seine internationale Zuständigkeit verneint hat. Die spanischen Gerichte seien nach Art. 16 Nr. 1 a, 2. Alt GVÜ ausschließlich zuständig. Das entspricht der Regelung des Art. 19 GVÜ, wonach sich das Gericht eines Vertragsstaates von Amtswegen für unzuständig zu erklären hat, wenn ein Gericht eines anderen Vertragsstaates auf Grund des Art. 16 ausschließlich zuständig ist. Ein Verweisung an ein ausländisches Gericht kommt dann und auch generell im Falle internationaler Unzuständigkeit -- abgesehen davon, das es auch an einem entsprechenden Antrag fehlt --, nicht in Betracht (Zöller/Geimer, ZPO, 21. Aufl., Rdnr 4 zu § 20 GVÜ).
2. Das Landgericht hat auch zu Recht angenommen, die Regelungen des GVÜ seien vorrangig. Es geht um einen Vertrag, der am 18.10 1995 abgeschlossen wurde. Das GVÜ gilt in der Bundesrepublik Deutschland im Verhältnis zu Spanien seit 1.12.1994 (vgl. hierzu auch BGH NJW 1998, 1321).
3. Sofern Art. 16 GVÜ Anwendung findet, kommt eine andere Zuständigkeitsbegründung für das LG Mainz nicht in Betracht, denn es handelt sich um eine ausschließliche Zuständigkeit. Das LG hat Nr. 1a, 2 Alt. angewandt (Miete oder Pacht). Die Annahme, hier werde eine mietrechtliche Nutzungsberechtigung eingeräumt, ist auch für den Senat naheliegend. Zwar wird – formal – auf die „Clubmitgliedschaft“ abgestellt, die aber in erster Linie aus dem Nutzungsrecht besteht „einschließlich weiterer Vorteile“. Diese „Vorteile“ sind der Anschluss an die Time-Share Austauschorganisation RCI (Ziffer 6 des Vertrages), wobei nach den Vertragsgrundlagen (Bl. 12 GA) der Mitgliedbeitrag hierfür nur für 2 Jahre im Kaufpreis enthalten ist. Schon das macht deutlich, dass die Mitgliedschaft in der Austauschorganisation nur von untergeordneter Bedeutung ist (vgl. BGH NJW 1998, 1697, 1698). Auch die im Vertrag enthaltene „Wartungsverpflichtung“ ist nur übliche – gesondert zu bezahlende(!) – Nebenleistung (BGH, aaO). Das Schwergewicht der Vereinbarung liegt damit auf der dem Kläger eingeräumten Nutzungsberechtigung. Allerdings ist dem Kläger zuzugeben, dass die Anwendung von Art. 16 GVÜ auf derartige Vertragsverhältnisse durchaus streitig ist (vgl. etwa Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 1997, Rn. 112 zu Art. 16 GVÜ, mwN). Der BGH lässt in der zitierten Entscheidung ausdrücklich dahinstehen, ob das dort streitige Wohnrecht „Miete“ im Sinne des Art. 16 GVÜ ist, weil es -- mangels Anwendbarkeit des GVÜ -- hierauf nicht ankam. Bejaht wird eine solche Auslegung für den Regelfall u.a. von Martinek, (Das neue Teilzeitwohnrechtsgesetz ... , NJW 1997, 1393, 1398). Letztlich kann die Frage der Anwendbarkeit von § 16 GVÜ jedoch offen bleiben, weil auch aus anderen Vorschriften sich die internationale Zuständigkeit des Landgerichts Mainz nicht herleiten lässt, wie das LG ebenfalls zu Recht ausgeführt hat.
4. Im Einzelnen gilt folgendes:
a. Eine Zuständigkeit nach Art. 14 GVÜ kommt nicht in Betracht, weil es sich bei dem hier streitigen Fall nicht um eine „Verbrauchersache“ handelt. Was das ist, ist in Art. 13 definiert ist. In Betracht kommt nur Ziffer 3, deren Voraussetzungen aber nicht vorliegen, weil der „Dienstleistungsanteil“ im Vertrag nur von untergeordneter Bedeutung ist, wie oben dargelegt, überdies der Vertrag in Gran Canaria abgeschlossen wurde; die Abschlusszahlung des Klägers war für den Vertragsschluss keine konstitutive Handlung. Die Beklagte hat schließlich keine Zweigniederlassung oder Agentur in Deutschland (Satz 2). Lediglich die R, die sich mit den Austauschmöglichkeiten befasst, hat einen Sitz in S. Wie oben dargelegt, ist dieser Punkt aber im gesamten Vertragsgefüge nur von untergeordneter Bedeutung, im übrigen ist die R eine eigene Rechtspersönlichkeit.
b. Eine Zuständigkeit nach Art. 5 GVÜ kommt ebenfalls nicht in Betracht. Art.5 Nr. 1 stellt auf den Erfüllungsort ab, und das ist für das gesamte Vertragsverhältnis, zumindest aber für die Verpflichtungen der Beklagten – auf die es ankommt – Gran Canaria. Eine Zuständigkeitsbegründung nach Nr. 5 liegt nicht vor; die Beklagte hat in Deutschland keine Zweigniederlassung; es gilt das oben Gesagte.
c. Eine Rechtswahl nach Art. 27 EGBGB, (die über § 7 Haustürgeschäftewiderrufsgesetz zur Zuständigkeit des deutschen Gerichts führen könnte, wurde nicht getroffen. Allein, dass die Verhandlungen in deutscher Sprache geführt wurden und der Vertrag auf Deutsch abgefasst ist, nicht ausreichend. Art. 27 stellt zwar klar, dass die Rechtswahl nicht notwendigerweise ausdrücklich erfolgen muss, sondern sich auch aus dem Umständen ergeben kann. Das heißt, aus den Umständen muss sich ein entsprechender Wille der Vertragspartner entnehmen lassen. Nach der Schilderung der Gegebenheiten bei Vertragsschluss in der Klageschrift ergibt sich bereits kein Anhalt für einen entsprechenden Willen des Klägers, erst recht keinen solchen der Beklagten. Auch die von der Beklagten vorgegebenen Vertragsformulare und ihr jetziges Verhalten im Prozess (vgl. zur Bedeutung des prozessualen Verhaltens der Parteien: Heldrich in Palandt, BGB, Rdnr 7 zu Art. 27 EGBGB, mit zahlreichen Nachweisen) geben keinen Anhalt für einen etwaigen Willen, das Vertragsverhältnis deutschem Recht zu unterwerfen.
d. Art. 28 EGBGB ist ebenfalls keine geeignete Grundlage, um eine Zuständigkeit des deutschen Gerichts anzunehmen. Der Vertragsschwerpunkt liegt eindeutig in Spanien.
e. Art. 29 Abs. 2 kommt, weil es am Inlandsbezug im Sinne des Abs. 1 fehlt und es im übrigen nicht um die Lieferung beweglicher Sachen und die Erbringung von Dienstleitungen (hierzu BGH NJW 1997, 1697) geht, nicht in Betracht. Deshalb kommt auch eine entsprechende Anwendung nicht in Frage (BGH, aaO)
f. Das Haustürgeschäftewiderrufsgesetz soll nach Meinung des Klägers über Art. 34 EGBGB zur Anwendung kommen (und könnte dann auch die internationale Zuständigkeit begründen; Martinek, aaO). Nach der Rechtsprechung des BGH (aaO), der sich der Senat anschließt, setzt dies jedoch das Vorliegen des nach Art. 29 notwendigen Inlandsbezuges voraus. Ansonsten -- so der BGH -- komme es zu einem Wertungswiderspruch. Während auf die in Art.29 genannten Verträge (Lieferung beweglicher Sachen oder Erbringung von Dienstleistungen) die verbraucherschützenden Vorschriften des Gesetzes nur Anwendung finden, wenn – alternativ – eine der in Abs. 1 Ziffer 1 – 3 genannten Voraussetzungen vorliegt, würde bei unmittelbarer Anwendung des Haustürgeschäftewiderrufsgesetzes über Art. 34 auf sonstige Verträge ein weitergehender Verbraucherschutz erreicht als bei den in Art. 29 genannten Verbraucherverträgen. Und dafür gibt es keinen Grund.
5. Richtig ist, dass der BGH es ausdrücklich hat dahinstehen lassen, ob das HTWG eine zwingende Regelung im Sinne des Art.34 ist (dafür wohl Martinek, aaO, Celle, OLGR 1996, 121). Gleichwohl sieht der Senat keine Veranlassung, die Revision zuzulassen, denn auf die grundsätzliche Frage kommt es nicht an, nachdem jedenfalls hier die Voraussetzungen für eine Anwendung nicht vorliegen. Ebenso wenig kommt es auf die Frage an, ob Art.16 Nr. 1a GVÜ auf die vorliegende Vertragsgestaltung Anwendung findet, weil auch ansonsten keine internationale Zuständigkeit des LG Mainz gegeben ist.