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Zusammenfassung der Entscheidung Die Klägerin, eine Gesellschaft dänischen Rechts, begehrt von dem Beklagten, wohnhaft in Deutschland, Schadensersatz aus einem Ferienhausvertrag. Der Beklagte buchte bei der Klägerin ein Ferienhaus in Dänemark aus deren Katalog 1995 für insgesamt 14 Personen. Der Beklagte nutzte das Ferienhaus mit dreizehn Freunden in der gebuchten Zeit. Die Klägerin trägt vor dem angerufenen deutschen Gericht vor, durch diese Nutzung sei das Ferienhaus erheblich beschädigt worden.
Das Amtsgericht Braunschweig (DE) bejaht seine örtliche und internationale Zuständigkeit. Die ausschließliche Gerichtsstandsregelung des Art. 16 Nr. 1 EuGVÜ finde keine Anwendung. Die Parteien hätten keinen Mietvertrag, sondern einen Reisevertrag über das Ferienhaus in Dänemark geschlossen. Ein Mietvertrag komme nur dann zustande, wenn das Ferienhaus direkt beim Eigentümer gemietet werde. Werde das Ferienhaus dagegen bei einem Reiseveranstalter, wie hier der Klägerin, gebucht, komme aufgrund entsprechender Anwendung des § 651 a des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuches ein Reisevertrag zustande.
JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission
Die Klägerin begehrt von dem Beklagten Schadensersatz aus einem Ferienhausvertrag. Die Klägerin ist eine Aktiengesellschaft dänischen Rechts. Der Beklagte buchte bei ihr ein Ferienhaus in Dänemark, Nr. A-4/744 aus dem Katalog 1995 für die Zeit vom 20. bis 27. Mai 1995 für insgesamt vierzehn Personen. Vertragsbestandteil wurden die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin auf deren Auszug, Bl. 25 der Akten verwiesen wird.
Der Beklagte nutzte das Ferienhaus in der gebuchten Zeit zusammen mit dreizehn Freunden. Nach Beendigung des Aufenthaltes dieser Personen ließ die Klägerin das Ferienhaus reinigen und den Müll entsorgen. Weiterhin beauftragte sie eine Firma mit der Entfernung und Erneuerung des Teppichbodens in Küche und Wohnzimmer. Die Kosten für diese Arbeiten in Höhe von 6.450,‑ dänische Kronen (DKK) (8.450 DKK abzüglich 2.000 DKK Kaution), dies sind 1.653,58 DM, stellte die Klägerin dem Beklagten mit Schreiben vom 22. Juni 1995 (Bl. 16 ff.der Akten) in Rechnung und forderte zur Zahlung bis zum 7. Juli 1995 auf.
Die Klägerin behauptet, der Beklagte habe zusammen mit seinen Freunden die Flecken auf dem seit Januar 1995 liegenden Teppichboden in Küche und Wohnzimmer verursacht. Eine Beseitigung der Flecken nach der Abreise des Beklagten sei nicht möglich gewesen, so daß die Klägerin den Teppichboden habe austauschen müssen. Der Beklagte habe das Ferienhaus vor der Abreise nicht ordnungsgemäß gereinigt. Den Müll habe er nicht in der Mülltonne entsorgt, obwohl die vorhandene 450 Liter Mülltonne bei der Ankunft leer gewesen sei.
Antragsgemäß hat das Amtsgericht Braunschweig am 23. Okt. 1996 ein Versäumnisurteil erlassen, durch das die Klage abgewiesen wurde. Gegen dieses Versäumnisurteil, Az. 121 C 2461/96, das dem Prozeßbevollmächtigten der Klägerin am 31. Okt. 1996 zugestellt worden ist, hat diese mit einem am 29. Okt. 1996 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz Einspruch eingelegt.
Die Klägerin beantragt nunmehr, das Versäumnisurteil vom 26. Okt. 1996 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 1.653,85 DM nebst 16 % Zinsen seit dem 21. Okt. 1996 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt, das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.
Der Beklagte behauptet, die Flecken auf dem Teppichboden habe er bereits bei Ankunft gegenüber einem Service-Mitarbeiter der Klägerin gerügt. Ebenfalls gerügt habe er auch die bei Ankunft bereits gefüllte Mülltonne.
Der Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung.
Die Klägerin hat beim Amtsgericht Schöneberg einen Mahnbescheid beantragt. Der Antrag ist dort am 30. Nov. 1995 eingegangen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Aufgrund des Einspruches der Klägerin gegen das Versäumnisurteil vom 23. Okt. 1996 ist der Prozeß in die Lage vor dessen Säumnis zurückversetzt worden (§ 342 ZPO). Der Einspruch ist zulässig, er ist statthaft sowie form- und fristgerecht im Sinne der §§ 338 ff. ZPO eingelegt worden.
Die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts ergibt sich aus § 12 ZPO. Die ausschließliche Gerichtsstandsregelung des Art. 16 Nr. 1 EuGVÜ (Bundsgesetzblatt (BGBL) II, 1972, 774, 784), wonach die Zuständigkeit des Gerichtes des Staates begründet ist, in dem die unbewegliche Sache bei Mietstreitigkeiten belegen ist, findet keine Anwendung. Die Parteien haben keinen Mietvertrag, sondern einen Reisevertrag über das Ferienhaus in Dänemark geschlossen. Zu dieser Auffassung verlangt das Gericht unter Heranziehung der ständigen Rechtssprechung des Bundesgerichtshofes (NJW 1985, 906 f.; NJW 1922, 3158, 3160; NJW 1995, 2629 f.). Ein Mietvertrag kommt danach nur dann zustande, wenn das Ferienhaus direkt beim Eigentümer gemietet wird. Wird das Ferienhaus dagegen bei einem Reiseveranstalter, wie der Klägerin, gebucht, kommt aufgrund entsprechender Anwendung des § 651 a BGB ein Reisevertrag zustande.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Schadensersatzleistungen des Beklagten in Höhe von 1.653,85 DM aus Ziffer 3.3. ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen.
Es kann dahinstehen, ob die Klägerin dem Grunde und der Höhe nach einen Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten hat. Jedenfalls steht dem eventuellen Schadensersatzanspruch die vom Beklagten erhobene Einrede der Verjährung entgegen.
Der Anspruch aus Ziffer 3.3. der Allgemeinen Vertragsbedingungen unterliegt einer sechsmonatigen Verjährungsfrist. Diese Verjährungsfrist ergibt sich aufgrund fehlender vertraglicher Regelungen in den Allgemeinen Vertragsbedingungen aus § 558 Abs. l BGB analog, diese Vorschrift umfaßt auch Schadensersatzansprüche aus positiver Forderungsverletzung. Die Vorschrift des § 651 g Abs. 2 BGB findet hingegen keine Anwendung. Diese Vorschrift regelt nur die Verjährung der Gewährleistungsrechte des Reisenden, während es hier um Ansprüche des Reiseveranstalters geht. Darauf ist § 651 g Abs. 2 BGB auch nicht entsprechend anwendbar.
Dies ergibt sich u.a. daraus, daß die §§ 651 a ff. BGB spezielle Ausgestaltungen der werkvertraglichen Gewährleistungsvorschriften sind und im Werkvertragsrecht die Verjährungsnormen des § 638 BGB ebenfalls nur auf die Gewährleistungsansprüche des Bestellers gegen den Unternehmer anzuwenden ist.
Trotz dieser im Reiserecht vorhandenen Regelungslücke ist es wertungsmäßig nicht angezeigt, die von der Klägerin vorgetragene regelmäßige Verjährungsfrist von dreißig Jahren anzuwenden.
Ein Vergleich der Interessenlage des gewerblichen Reiseveranstalters für Ferienhausvermietungen mit der Interessenlage des Eigentümers, der sein Ferienhaus privat vermietet – für letzteren gelten unbestritten die allgemeinen mietvertraglichen Regelungen (vgl. Tonner in Münchener Kommentar, § 651 a BGB, Rn. 88 mit weiteren Nachweisen) – führt zur entsprechender Anwendung der Vorschrift des § 558 Abs. 1 BGB.
Wenn der Eigentümer sein Ferienhaus vermietet und ihm der Mieter einen Schaden verursacht, hat der Eigentümer gemäß § 558 BGB sechs Monate Zeit, seine Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Der gewerblich tätige Reiseveranstalter würde mit seinen Ansprüchen gegen den Reisenden aufgrund einer Regelungslücke dagegen einer dreißigjährigen Verjährungsfrist unterliegen, obwohl er aufgrund seiner Erfahrung und Organisationsstruktur die besseren und schnelleren Möglichkeiten zur Einhaltung der Frist bzw. zu deren Unterbrechung (§ 209 BGB) hat. Für eine solche Bevorzugung des Reiseveranstalters besteht weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht ein Grund.
Die Verjährung ist vor Beantragung des Mahnbescheides am 30. Nov. 1995 eingetreten.
Nach § 558 Abs. 2 BGB beginnt die Verjährungsfrist mit dem Zeitpunkt, in dem der Vermieter die Sache zurück erhält. Die Klägerin hat das Ferienhaus am 27. Mai 1995 mit Abreise des Beklagten und seiner Freunde unstreitig zurückerhalten. Dementsprechend begann die Verjährungsfrist gemäß §§ 558 Abs. 2, 187 Abs. 1 BGB am 28. Mai 1995 zu laufen. Sie endete gemäß § 188 Abs. 2 BGB am Montag, dem 27. Nov. 1995.
Weitere Anspruchsgrundlagen mit einer längeren Verjährungsfrist stehen der Klägerin nicht zur Verfügung. Ein mit dem vertraglichen Schadensersatzanspruch konkurrierender Schadensersatzanspruch aus unerlaubter Handlung wäre unabhängig vom Vorliegen der anspruchsbegründenden Voraussetzungen ebenfalls bei Beantragung des Mahnbescheides durch die Klägerin gemäß § 558 Abs. 1 BGB analog verjährt gewesen.
Nach ständiger Rechtssprechung (vgl. Palandt/Thomas, § 852 Rn. 1 mit weiteren Nachweisen) gilt § 558 Abs. 1 BGB auch bei einem Schadensersatzanspruch des Vermieters gegen den Mieter aus fahrlässig begangener unerlaubter Handlung wegen Veränderung oder Verschlechterung der Mietsache. Dementsprechend würde der Eigentümer, der sein Ferienhaus privat vermietet, auch bei einer unerlaubten Handlung des Mieters der sechsmonatigen Verjährungsfrist des § 558 Abs. 1 BGB unterliegen. Gleiches muß aber unter Berücksichtigung derselben Wertungskriterien wie beim vertraglichen Anspruch auch für den auf diesem Gebiet gewerblich tätigen Reiseveranstalter gelten. Für eine Bevorzugung des Reiseveranstalters ist auch bei einem Anspruch aus unerlaubter Handlung kein Raum.