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unalex. Rechtsprechung Entscheidung DE-540
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unalex. Rechtsprechung

Entscheidung DE-540  



Kiel (DE) 20.10.1982 - 4a Ca 1606/82
Art. EuGVÜ – unalexGerichtsstandsvereinbarung in Arbeitssachen, Art. 17 Abs. 5 EuGVÜ / LugÜ1988 –unalexWirksamkeitsvoraussetzungen

Kiel (DE) 20.10.1982 - 4a Ca 1606/82, unalex DE-540



Eine Gerichtsstandsvereinbarung in einem Arbeitsvertrag i.S.v. Art. 17 Abs. 1 EuGVÜ ist nicht deshalb unwirksam, weil der Arbeitgeber mehrere Arbeitnehmer nach identischen Arbeitsverträgen beschäftigt. Eine gewisse Schematisierung von Arbeitsverträgen ist unschädlich, denn sie dient der Rechtssicherheit.


-  Zusammenfassung der Entscheidung 

Die Beklagte, eine belgische Gesellschaft mit Sitz in Brüssel (BE), stellte den Kläger, wohnhaft in Deutschland, aufgrund eines in deutscher Sprache gefassten Arbeitsvertrages ein. In dem Vertrag wurde bestimmt, dass für Klagen gegen den Mitarbeiter der Gerichtsstand in Frankfurt a. M. (DE) ist; für Klagen gegen die Beklagte ist, soweit zulässig, der Gerichtsstand in Brüssel. Der Vertrag unterstand deutschem Recht. Als die Beklagte das Arbeitsverhältnis kündigte, erhob der Kläger vor deutschen Gerichten Kündigungsschutzklage. Er meint, dass die Gerichtsstandsvereinbarung keine Gültigkeit habe.

Das Arbeitsgericht Kiel (DE) verneint seine internationale Zuständigkeit. Die von den Parteien in dem Arbeitsvertrag getroffene Gerichtsstandsvereinbarung sei wirksam. Für die Klage sei somit das Gericht in Brüssel gemäß Art. 17 Abs. 1 EuGVÜ ausschließlich zuständig. Für arbeitsgerichtliche Streitigkeiten enthalte das EuGVÜ keine den Art. 12 und 15 EuGVÜ entsprechende Regelung. Die Gerichtsstandsvereinbarung sei auch nicht deshalb unwirksam, weil die Beklagte mehrere deutsche Arbeitnehmer nach identischen Arbeitsverträgen beschäftige. Eine gewisse Schematisierung von Arbeitsverträgen sei unschädlich, denn sie diene der Rechtssicherheit. Besondere Umstände, die den Schutz des Arbeitnehmers erheblich minderten, lägen nicht vor. Die Beklagte handle nicht rechtsmissbräuchlich, wenn sie sich auf die Gerichtsstandsvereinbarung berufe, da vorliegend ein belgisches Gericht deutsches Recht anzuwenden hätte. Es könne davon ausgegangen werden, dass dieses staatliche Gericht in der Lage sei, ausländisches Recht anzuwenden. Der Ausschluss der Zuständigkeit der deutschen Gerichte durch Vereinbarung eines ausländischen Gerichts sei nach deutschem Verständnis nur dann unwirksam, wenn er eine Rechtsverweigerung zur Folge habe, weil die Rechtsverfolgung vor dem vereinbarten ausländischen Gericht nicht möglich sei. Davon könne im vorliegenden Fall nicht die Rede sein.

 JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission

-  Entscheidungstext 

Die Beklagte, eine belgische Tochtergesellschaft eines amerikanischen Unternehmens mit Sitz in ..., stellte den Kläger, gemäß dem in deutscher Sprache abgefaßten Anstellungsvertrag vom 6.2.1980, wegen dessen Inhalt im einzelnen auf Bl. 4 – 7 der Akten Bezug genommen wird, mit Wirkung vom 11.2.1980 als Management Trainee ein. Gemäß § 4 Abs. 1 des Vertrages kann das Arbeitsverhältnis – nach Ablauf der sechsmonatigen Probezeit – mit einer Frist von mindestens 6 Wochen zum Schluß eines Kalendervierteljahres gekündigt werden. § 6 Abs. 1 Satz 2 und 3 des Vertrages bestimmen:

Soweit zulässig, insbesondere wenn der Mitarbeiter seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort ins Gebiet außerhalb der Bundesrepublik oder W.-Berlin verlegt, ist Gerichtsstand für Klagen gegen den Mitarbeiter Frankfurt am Main. Für Klagen gegen die Gesellschaft ist es, soweit zulässig Brüssel.

In § 6 Abs. 2 ist vereinbart:

Der Vertrag untersteht deutschem Recht.

Der Kläger bezieht derzeit ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von DM 3.375,‑.

Mit Schreiben vom 23.6.1982, dem Kläger zugegangen am 25.6.1982, wegen dessen Inhalt auf Bl. 8 der Akten verwiesen wird, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 30.9.1982 auf.

Mit seiner am 7.7.1982 bei Gericht eingegangenen Klage wendet sich der Kläger gegen diese Kündigung.

Er hält sie für sozial ungerechtfertigt und meint, daß die in § 6 Abs. 1 Satz 3 des Arbeitsvertrages getroffene Gerichtsstandvereinbarung keine Gültigkeit habe. Er stützt seine Auffassung mit Rechtsgründen und trägt im übrigen vor, daß er während der gesamten Dauer seiner Beschäftigungszeit fast ausschließlich Aufträge in Deutschland ausgeführt habe. Er sei praktisch nie in Belgien oder im europäischen Ausland eingesetzt gewesen. Die Beklagte habe ihn jeweils vor einem Auftrag in … angerufen – manchmal auch sonntags – und ihm den jeweiligen Auftragsort und die zu erledigende Arbeit mitgeteilt. Am Sonntagabend sei er dann zu seinem Auftragsort geflogen. Die Aufträge seien mit anderen Mitarbeitern der Beklagten gemeinsam ausgeführt worden. Am Freitagnachmittag sei er wieder zu Hause in … gewesen. Er habe sich kaum in Belgien aufgehalten. Auch die Kündigung sei ihm nicht in ... übergeben worden, sondern nach …, an seinen Wohnsitz, geschickt worden.

Der Kläger beantragt, festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung vom 23. Juni 1982 – zugegangen am 25. Juni 1982 – nicht aufgelöst worden ist.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte meint demgegenüber, daß die getroffene Gerichtsstandsvereinbarung Gültigkeit habe. Sie stützt ihre Auffassung mit Rechtsgründen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im einzelnen wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist nicht zulässig.

Das angerufene Gericht ist international nicht zuständig. International zuständig ist das Tribunal du Travail in ....

Da beide Parteien ihren Wohnsitz in den Vertragsstaaten Bundesrepublik Deutschland und Belgien haben und durch die schriftliche Vereinbarung im Arbeitsvertrag vom 6.2.1980 bestimmt haben, daß für – künftige – Klagen gegen die Beklagte Gerichtsstand ... sein soll, ist das ... Gericht gemäß Art. 17 Abs. 1 des Übereinkommens ausschließlich zuständig. Die Art. 12, 15 und 16 des Übereinkommens sind vorliegend nicht einschlägig. Die streitige Gerichtsstandsvereinbarung ist auch nicht nur zugunsten des Klägers getroffen worden, da für den Kläger die Anrufung eines ausländischen Gerichts schon wegen der räumlichen Entfernung nicht nur günstig ist.

Für arbeitsrechtliche Streitigkeiten enthält das Übereinkommen keine den Art. 12 (Versicherungssachen) und 18 (Abzahlungsgeschäfte) entsprechende Regelung. Im Vorentwurf war zwar vorgesehen, im Arbeitsrecht jegliche Prorogation auszuschließen, doch wurde diese Regelung deswegen wieder gestrichen, weil das internationale Arbeitsrecht in der EWG einheitlich geregelt werden soll, wobei die Prorogationsfrage einbezogen werden soll (s. Grunsky, JZ 1973, S. 648, mwN).

Die streitige Gerichtsstandsvereinbarung ist auch nicht etwa deswegen unwirksam, weil die Beklagte nach dem Vortrag des Klägers 20 – 30 deutsche Arbeitnehmer beschäftigen soll, mit denen identische Arbeitsverträge abgeschlossen worden sein sollen. Eine gewisse Schematisierung von Arbeitsverträgen kann nicht schädlich sein, sondern eher der Rechtssicherheit dienen. Es müßten besondere Kriterien hinzukommen, die den Schutz des Arbeitnehmers nicht unerheblich mindern. Dafür ist vorliegend jedoch nichts ersichtlich.

Die Beklagte handelt auch nicht rechtsmißbräuchlich, wenn sie sich auf die vereinbarte Gerichtsstandsvereinbarung beruft, weil vorliegend ein belgisches Gericht deutsches Recht anzuwenden hätte. Sicherlich ist es „wünschenswert“, wenn Gerichte nur ihr eigenes Recht anzuwenden haben; es ist jedoch nicht zwingend und kann nicht zu dem berechtigten Einwand des Rechtsmißbrauchs führen, wenn das nicht der Fall ist, da davon auszugehen ist, daß staatliche Gerichte jedenfalls zumindest im EG-Bereich – ausländisches Recht anzuwenden in der Lage sind. So haben diese „Überlegungen“ auch keinen Niederschlag in dem genannten EG-Übereinkommen gefunden. Auch der vom Kläger zitierte Verordnungsentwurf ist Entwurf geblieben. Das Bundesarbeitsgericht hat in der vom Kläger zitierten Entscheidung vorn 20.7.1970 (BAGE 22, 410 ff, 417) lediglich ausgeführt: „Wenn jedoch, wie hier, der vereinbarte internationale Gerichtsstand dem nach dem Vertrag anzuwendenden materiellen Recht folgt, ist es nicht rechtsmißbräuchlich, wenn der Beklagte an diesem Gerichtsstand festhält. Es dient der Rechtssicherheit und damit den Interessen beider Parteien, wenn diese ihr Recht bei den Gerichten desjenigen Staates finden, dessen Recht für sie maßgeblich ist“. Das Bundesarbeitsgericht hat somit nicht entschieden, daß das Berufen auf eine Gerichtsstandsvereinbarung dann rechtsmißbräuchlich ist, wenn das vereinbarte Gericht nicht sein eigenes Recht anzuwenden hat.

Nach deutschem Rechtsverständnis ist der Ausschluß der Zuständigkeit der deutschen Gerichte durch Vereinbarung eines ausländischen Gerichtsstands dann unwirksam, wenn er eine Rechtsverweigerung zur Folge hätte, weil die Rechtsverfolgung vor dem vereinbarten ausländischen Gericht nicht möglich ist (BAG, Urteil 29.6.1978, a. a. O.).

Von einer Rechtsverweigerung kann vorliegend keine Rede sein. Die Rechtsverfolgung ist für den Kläger vor dem Tribunal du Travail in ... durchaus möglich, auch wenn vor den belgischen Tribuneaux du Travail Anwaltszwang herrschen sollte, was jedoch dahingestellt bleiben kann. Auch bei zwingender Einschaltung eines ausländischen Anwalts kann von Rechtsverweigerung nicht gesprochen werden. Auf die Drei-Wochen-Frist des § 4 Kündigungsschutzgesetz hätte der Kläger seinen belgischen Anwalt hinweisen können und bezüglich etwaiger Kosten ist auf die in Bezug auf Armenrecht bzw. Prozeßkostenhilfe verbürgte Gegenseitigkeit zwischen Belgien und der Bundesrepublik Deutschland hinzuweisen, wobei zwischen beiden Staaten zudem unmittelbarer Geschäftsverkehr besteht.





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