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Zusammenfassung der Entscheidung Die Antragstellerin erwirkte gegen den Antragsgegner in Frankreich eine aufgrund mündlicher Verhandlung ergangene einstweilige Verfügung, die für vorläufig vollstreckbar erklärt wurde. Die Antragstellerin beantragte in Deutschland beim zuständigen Landgericht die Zulassung der Zwangsvollstreckung und die Erteilung der Vollstreckungsklausel. Dieser Antrag wurde zurückgewiesen mit der Begründung, die Antragstellerin habe nicht dargetan, dass es sich bei dem Antragsgegner in dem Verfahren auf Zulassung der Zwangsvollstreckung um dieselbe Person handele, die in der Entscheidung als Schuldner benannt sei. Dagegen legte die Antragstellerin Beschwerde ein.
Das Oberlandesgericht (DE) stellt fest, dass Gegner des Antrags auf Zulassung der Zwangsvollstreckung nach Art. 31 EuGVÜ der in der Entscheidung des Urteilsstaates bezeichnete Schuldner sei. Daher habe das für den Antrag zuständige Gericht auch zu prüfen, ob derjenige, gegen den die Zwangsvollstreckung zugelassen werden solle, mit der in der ausländischen Entscheidung als Schuldner bezeichneten Person identisch sei. Dies sei hier jedoch nach dem einleuchtenden Vortag der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren, dem der Antragsgegner auch nicht entgegengetreten sei, der Fall.
JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission
Das Landgericht Metz hat durch die auf Grund mündlicher Verhandlung vom 23.2.1988 ergangene einstweilige Verfügung vom 1.3.1988 ... verurteilt, an die Antragstellerin 175.618 FF. nebst Zinsen in gesetzlicher Höhe ab 8.9.1987 zuzüglich 800 FF an Kosten zu zahlen. Eine vollstreckbare Ausfertigung der ohne Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar erklärten einstweiligen Verfügung ist dem Verfügungsbeklagten durch einen französischen Gerichtsvollzieher am 11.5.1988 im Wege der Ersatzzustellung in … zu Händen seiner Tochter zugestellt worden, die sich zur Entgegennahme des Schriftstückes bereit erklärt hatte.
Die Antragstellerin hat, gestützt auf das Übereinkommen der Europäischen Gemeinschaft über die gerichtliche Zuständigkeit und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27.9.1968, mit Schriftsatz vom 9.2.1989 bei dem Landgericht Wiesbaden die Zulassung der Zwangsvollstreckung aus der einstweiligen Verfügung vom 1.3.1988 in der Bundesrepublik Deutschland und die Erteilung der Vollstreckungsklausel für diese Entscheidung beantragt. Als Gegner ihres Antrags hat sie bezeichnet … Ihrem Antrag hat sie die ihr erteilte, mit der Vollstreckungsklausel versehene Ausfertigung der einstweiligen Verfügung vom 1.3.1988, die von dem Gerichtsvollzieher … in … erstellte Urkunde über die am 11.5.1988 bewirkte Zustellung der einstweiligen Verfügung sowie eine beglaubigte Übersetzung dieser Schriftstücke beigefügt. Der Vorsitzende der 9. Zivilkammer des Landgerichts Wiesbaden hat durch Beschluß vom 14.2.1989 den Antrag vom 9.2.1989 zurückgewiesen mit der Begründung, die Antragstellerin habe nicht dargetan, geschweige denn bewiesen, daß der Antragsgegner des vorliegenden Verfahrens auf Zulassung der Zwangsvollstreckung aus der einstweiligen Verfügung vom 1.3.1988 und der in jener Entscheidung bezeichnete Schuldner ein und dieselbe Person seien. Gegen diesen Beschluß hat die Antragstellerin Beschwerde eingelegt mit dem Antrag, unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses, ihrem im ersten Rechtszug gestellten Antrag zu entsprechen. Dazu hat sie vorgetragen, die vom Landgericht gehegten Zweifel an der Personengleichheit seien nicht gerechtfertigt. Der Gerichtsvollzieher ... habe ihren französischen Rechtsanwälten mit Schreiben vom 13.6. und 5.9.1988 mitgeteilt, Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Schuldner in Frankreich seien ergebnislos verlaufen. Mit weiterem Schreiben vom 17.10.1988 habe er ihren französischen Rechtsanwälten mitgeteilt, der Antragsgegner habe sich seinen zahlreichen Gläubigern durch die Flucht aus Frankreich entzogen und habe sich wahrscheinlich in die Gegend von Trier abgesetzt, wo er ein Wohnhaus besitze. Ihre weiteren Ermittlungen und insbesondere eine Anfrage an das Einwohnermeldeamt der Stadt Wiesbaden hätten ergeben, daß der Antragsgegner unter der in der Antragsschrift vom 9.2.1989 angegebenen Anschrift polizeilich gemeldet sei. Die Straßenbezeichnung ... in der Antragsschrift beruhe darauf, daß einer ihrer Verfahrensbevollmächtigten die Auskunft des Einwohnermeldeamts der Stadt Wiesbaden vom 27.12.1988 nicht richtig gelesen habe. Die Straßenbezeichnung laute selbstverständlich ...
Die Antragstellerin hat im Beschwerdeverfahren je eine Ablichtung der Schreiben des Gerichtsvollziehers ... an ihre französischen Rechtsanwälte vom 13.6., 5.9. und 17.10.1988, eines an ihre Verfahrensbevollmächtigten gerichteten Schreibens ihrer französischen Rechtsanwälte vom 22.10.1988, der Anfrage ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 20.12.1988 an das Einwohnermeldeamt Wiesbaden und der Auskunft des Einwohnermeldeamts Wiesbaden vom 27.12.1988 vorgelegt. Auf den Inhalt dieser Schriftstücke wird Bezug genommen.
Der Senat hat dem Antragsgegner Abschriften der von der Antragstellerin im ersten Rechtszug eingereichten Schriftstücke, des Beschlusses des Landgerichts vom 14.2.1989 und der Beschwerdeschrift vom 28.2.1989 übermittelt mit dem Zusatz, der Antragsgegner habe bis zum 21.4.1989 Gelegenheit, zu der Beschwerde Stellung zu nehmen. Eine Stellungnahme ist bis heute nicht eingegangen, obwohl die zuzustellenden Schriftstücke dem Antragsgegner am 5.4.1989 im Wege der Ersatzzustellung nach § 181 Abs. 1 ZPO zu Händen der zu seiner Familie gehörenden ... zugestellt worden sind.
Die Beschwerde der Antragstellerin ist statthaft, auch sonst zulässig, und in der Sache begründet. Diese Entscheidung kann der Senat ohne mündliche Verhandlung treffen (§ 16 Abs. 1 i.V.m. § 14 Abs. 1 S. 2 AVAG).
Der angefochtene Beschluß kann, wie sich jedenfalls im Beschwerdeverfahren ergeben hat, keinen Bestand haben. Gegner des Antrags auf Zulassung der Zwangsvollstreckung nach Art. 31 EGÜbk ist – von dem hier nicht in Betracht kommenden Fall der Rechtsnachfolge abgesehen – der in der Entscheidung des Urteilsstaates bezeichnete Schuldner (vgl. Müller in Bülow /Böckstiegel, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, 2. Aufl., B I 1 e, Art. 31 EGÜbk Anm. III 1 = S. 606.231). Das bedeutet, daß das Gericht, das über den Antrag auf Zulassung der Zwangsvollstreckung aus der Entscheidung eines ausländischen Gerichts zu befinden hat, auch prüfen muß, ob derjenige, gegen den die Zwangsvollstreckung in der Bundesrepublik zugelassen werden soll, mit der Person identisch ist, die in der ausländischen Entscheidung als Schuldner bezeichnet ist. Nach dem einleuchtenden, durch Überreichung von Schriftstücken untermauerten Vortrag der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren, dem der Antragsgegner nicht entgegengetreten ist, obwohl ihm hierfür vom Senat ausreichend Gelegenheit gegeben worden ist (vgl. Art. 40 Abs. 2, 20 Abs. 2 EGÜbk), hat der Senat keinen vernünftigen Zweifel daran, daß es sich bei dem Antragsgegner und dem in der einstweiligen Verfügung vom 1.3.1988 bezeichneten Schuldner um ein und dieselbe Person handelt. Das bedarf angesichts des unbestritten gebliebenen Sachvortrags der Antragstellerin keiner weiteren Begründung (§ 138 Abs. 3 ZPO).
Die Antragstellerin hat die für die Zulassung der Zwangsvollstreckung nach Art. 46 Nr. 1, 47 Nr. 1 EGÜbk beizubringenden Urkunden sowie eine beglaubigte Übersetzung dieser Urkunden in die deutsche Sprache vorgelegt. Ein Grund dafür, die einstweilige Verfügung vom 1.3.1988 in der Bundesrepublik Deutschland nicht anzuerkennen und deshalb die Zulassung der Zwangsvollstreckung aus ihr abzulehnen (Art. 27, 28, 34 Abs. 2 EGÜbk), ist vom Antragsgegner nicht dargetan worden; Anhaltspunkte dafür sind auch nicht ersichtlich. Der Umstand, daß es sich bei der Entscheidung, aus der die Zwangsvollstreckung zugelassen werden soll, um eine einstweilige Verfügung handelt, steht der Zulassung der Zwangsvollstreckung nicht entgegen, weil diese Entscheidung nicht ohne Anhörung des Antragsgegners, sondern auf Grund mündlicher Verhandlung erlassen worden ist, in der der Antragsgegner anwaltlich vertreten gewesen ist (vgl. dazu Zöller/ Geimer, ZPO, 15. Aufl., Anhang II, Art. 25 EGÜbk, Rn. 2; Baumbach/Lauterbach/ Albers/Hartmann, ZPO, 47. Aufl., Schlußanhang V C 1, Bem. zu Art. 25 EGÜbk).
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen dem Antragsgegner zur Last, weil er unterlegen ist (§ 91 Abs. 1 ZPO). Eine Anwendung des § 97 Abs. 2 ZPO kommt nicht in Betracht, weil die Antragstellerin auf einen nach Meinung des Senats zumindest möglich gewesenen, wenn nicht sogar geboten gewesenen richterlichen Hinweis (§ 139 ZPO) im ersten Rechtszug (vgl. auch § 5 Abs. 1 S. 2 AVAG) aller Wahrscheinlichkeit nach schon in jener Instanz die Tatsachen vorgebracht hätte, auf Grund deren sie im Beschwerdeverfahren obsiegt hat.