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Zusammenfassung der Entscheidung Der Antragsgegner wurde von einem italienischen Gericht zur Zahlung einer Geldsumme an die Antragstellerin und einer Registrierungsgebühr verurteilt. Vor Urteilserlass waren wegen Forderungen von Gläubigern der Antragstellerin Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse ergangen, mit denen die titulierte Forderung der Antragstellerin teilweise gepfändet wurde. Das Urteil wurde in Deutschland vollumfänglich für vollstreckbar erklärt. Auf die Beschwerde des Antragsgegners hielt das Beschwerdegericht die Zwangsvollstreckung für unzulässig, soweit die titulierte Forderung gepfändet worden war und lehnte auch die Klauselerteilung für die Registrierungsgebühr ab, da nicht erkennbar sei, ob diese vollstreckbar sei. Die Antragstellerin erhob Rechtsbeschwerde.
Der BGH (DE) entscheidet, der Einwand der teilweisen Pfändung der titulierten Forderung, könne nicht im Beschwerdeverfahren erhoben werden, wenn die Pfändung wie hier bereits vor Erlass des ausländischen Urteils erfolgt sei. Nach § 14 des deutschen Ausführungsgesetzes zum EuGVÜ (heute § 13 AVAG) könne der Schuldner nur Einwände gegen den titulierten Anspruch selbst geltend machen, soweit die zugrunde liegenden Gründe, erst nach Erlass der ausländischen Entscheidung entstanden seien. Zwar handele es sich um Einwendungen gegen den Anspruch selbst, denn das Urteil hätte – soweit die Pfändungen reichten – nur noch auf Leistung an die Pfändungsgläubiger ergehen dürfen. Diese seien aber vor Urteilserlass entstanden. Das Urteil sei also auch für vollstreckbar zu erklären, soweit es über den bereits gepfändeten Teil der Forderungen erging. Da die Berücksichtigung der Pfändungen im Beschwerdeverfahren ausgeschlossen sei, bliebe dem Antragsgegner der Weg der Hinterlegung zugunsten der Antragstellerin und der Pfändungsgläubiger nach § 372 BGB. Hinsichtlich der Registrierungsgebühr müsse ein Auskunftsersuchen zur Klärung der Frage der Vollstreckbarkeit durchgeführt werden.
JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission
I. 1. In einem in Italien geführten Prozeß der Parteien wurde mit Urteil des Landgerichts Vicenza vom 22. Mai 1980 der Antragsgegner zur Zahlung von 57 500 DM Hauptsache nebst den gesetzlichen Zinsen ab 26. Mai 1977 sowie zur Erstattung von 852 450 Lire Prozeßkosten an die Antragstellerin vorläufig vollstreckbar verurteilt. Laut Bestätigung des Landgerichts Vicenza vom 24. August 1981 ist dieses Urteil in Italien rechtskräftig, „weil keine Berufungseinlegung erscheint“. Auf der Urteilsausfertigung ist weiter die Zahlung einer Registrierungsgebühr in Höhe von 1 766 500 Lire bescheinigt. Die Hauptsacheverurteilung des Antragsgegners erfolgte nach den Entscheidungsgründen des italienischen Urteils vom 22. Mai 1980 wegen einer Restschuld aus „einer Transaktion vom 28. April 1975“, die innerhalb von zwei Jahren zahlbar war.
Der Antragsgegner hat unstreitig nach Erlaß des Urteils in Italien 30 000 DM in drei gleichen Raten am 7. und 22. Januar 1982 und am 16. Februar 1982 bezahlt. Weiter sind wegen Forderungen von Gläubigern der Antragstellerin im Betrage von 4 525,20 DM am 22. November 1976 ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluß und in Höhe von 14 673,43 DM nebst 4 % Zinsen seit 28. Mai 1975 zuzüglich 261,60 DM Kosten und am 30. Dezember 1977 ein Pfändungsbeschluß ergangen und dem Antragsgegner als Drittschuldner zugestellt worden. Im Beschluß vom 22. November 1976 ist die gepfändete, angebliche Forderung der Antragstellerin gegen den Antragsgegner bezeichnet als „aus Kaufpreisforderungen soweit fällig oder fällig werdend“, im Beschluß vom 30. Dezember 1977 als „aus Kaufpreisforderungen soweit fällig oder fällig werdend und aus Vergleich vom 28. April 1975“. In beiden Beschlüssen ist dem Antragsgegner verboten worden, an die Antragstellerin zu bezahlen und der Antragstellerin geboten worden, über die gepfändeten Forderungen nicht mehr zu verfügen.
2. Die Antragstellerin hat beantragt, das italienische Urteil wegen der in ihm genannten Beträge sowie wegen der auf dem Urteil vermerkten Registrierungsgebühr mit Nebenkosten in Höhe von 1 766 500 Lire und weiterer sich aus der Urteilsurkunde ergebender Schreib- und Kanzleigebühren in der Bundesrepublik Deutschland für vollstreckbar zu erklären.
Das Landgericht hat diesem Antrag nach dem Übereinkommen der Europäischen Gemeinschaft über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. September 1968 (BGBl 1972 II 774) stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Zwangsvollstreckung demgegenüber nur für zulässig erklärt, soweit die italienische Verurteilung den Betrag von insgesamt 49 460,23 DM nebst 4 % Zinsen aus 14 673,43 DM seit 28. Mai 1975 übersteigt und hat außerdem die Vollstreckbarerklärung wegen 1 766 500 Lire Registrierungsgebühr samt Schreib- und Kanzleigebühren aufgehoben.
Mit der innerhalb der Monatsfrist (§ 18 AG EGÜbk) eingelegten Rechtsbeschwerde strebt die Antragstellerin die Wiederherstellung der Entscheidung des Landgerichts an.
Der Antragsgegner hat die Zurückweisung des Rechtsmittels beantragt.
II. Die Rechtsbeschwerde ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 18, 19 AG EGÜbk). Sie hat in der Sache zum Teil Erfolg.
1. a) Das Beschwerdegericht hat zur Anrechnung der Zahlungen des Antragsgegners in Höhe von
30 000 DM ausgeführt, der Schuldner habe hierbei eine Bestimmung im Sinne von § 366 Abs. 1 BGB getroffen und außerdem sei die titulierte Forderung die lästigere für ihn gewesen, so daß auch § 366 Abs. 2 BGB anwendbar sei.
b) Die Rechtsbeschwerde verweist darauf, daß die Antragstellerin nach Eingang der Teilzahlungen – nämlich mit Schriftsatz vom 7. Juli 1982 – ausdrücklich die Aufrechnung mit Zinsen und Kosten erklärt habe und der Antragsgegner dem nicht entgegengetreten sei.
c) Hat der Schuldner eine Bestimmung über die Schuldtilgung zusammen mit einer Teilleistung vorgenommen (§§ 366 Abs. 1, 367 Abs. 2 BGB), was das Beschwerdegericht hier für den Antragsgegner festgestellt hat und was auch die Rechtsbeschwerde nicht in Zweifel zieht, dann ist ein erst nach Annahme der Leistung erfolgter Widerspruch des Gläubigers unerheblich. Es gilt vielmehr die Bestimmung des Schuldners. Der hier erst nach der Annahme der Teilleistung durch die Geltendmachung der Aufrechnung erklärte Widerspruch der Antragstellerin gegen die vom Beschwerdegericht festgestellte Bestimmung des Schuldners bei seiner Zahlung hat daher keine Bedeutung (Heinrichs in MünchKomm, BGB § 367 Rn. 3). § 367 Abs. 2 BGB hätte der Antragstellerin als Gläubigerin nur das Recht gegeben, die Teilleistung des Antragsgegners abzulehnen, ohne dadurch in Annahmeverzug zu geraten, nicht aber konnte die Antragstellerin die Teilleistung annehmen und dann erst eine von der Bestimmung des Antragsgegners abweichende Anrechnung vornehmen (Weber in BGB-RGRK, 12. Aufl., § 367 Rn. 3).
Auf die im Hinblick auf § 367 BGB rechtlich bedenkliche Hilfsbegründung des Beschwerdegerichts, daß auch ohne die Feststellung der Anrechnungsbestimmung durch den Antragsgegner seine Teilleistung auf die Hauptsacheforderung nach § 366 Abs. 2 als die lästigere Schuld anzurechnen gewesen wäre, kommt es nach Sachlage nicht an.
2. a) Das Beschwerdegericht hält die Zwangsvollstreckung auch für unzulässig, soweit die in dem italienischen Urteil titulierte Forderung von zwei Gläubigern der Antragstellerin in Deutschland gepfändet worden ist, weil insoweit dem Antragsgegner eine Zahlung an die Antragstellerin durch gerichtliche Entscheidungen untersagt sei.
b) Die Rechtsbeschwerde meint hierzu, gepfändet seien angebliche Kaufpreisforderungen der Antragstellerin gegen den Antragsgegner. Der hier titulierte Restbetrag gehe aber auf Provisionsforderungen zurück.
c) aa) Die Auslegung eines Pfändungsbeschlusses, eines gerichtlichen Hoheitsaktes also, obliegt dem Revisions- bzw. dem Rechtsbeschwerdegericht (Senatsurteile vom 26. Januar 1983 – VIII ZR 258/81 = WM 1983, 217; vom 26. April 1978 – VIII ZR 18/77 = WM 1978, 613; vom 28. April 1965 – VIII ZR 113/63 = WM 1965, 517). Wird eine Forderung nach §§ 829, 835 ZPO gepfändet, dann muß sie im Pfändungsbeschluß so bezeichnet werden, daß ihre Identität unzweifelhaft festgestellt werden kann (Senatsurteil vom 26. Januar 1983 aaO mwN). Übermäßige Anforderungen sind allerdings an die Bezeichnung der Forderung, die gepfändet werden soll, nicht zu stellen, weil der Gläubiger in der Regel die Verhältnisse seines Schuldners nur oberflächlich kennt (Senatsurteil vom 28. April 1965 aaO). Deshalb sind Ungenauigkeiten bei der Bezeichnung der gepfändeten Forderung unschädlich, wenn sie nicht Anlaß zu Zweifeln geben, welche Forderung des Schuldners gegen den Drittschuldner bei der Pfändung gemeint ist (BGH Urteil vom 22. November 1979 – VII ZR 322/78 = NJW 1980, 584).
In dem zur Vollstreckung zu bringenden italienischen Urteil war festgestellt, daß die der Antragstellerin zuerkannte Forderung aus einer „am 28. April 1975 geschlossenen Transaktion“ herrührte und keine Provisionsforderung betraf. Diese „Transaktion“, der Vergleich der Parteien vom 28. April 1975 nämlich, war in dem Pfändungsbeschluß vom 30. Dezember 1977 ausdrücklich genannt. Die Pfändung durch die Gerichtskasse als Gläubigerin der Antragstellerin beim Antragsgegner vom 22. November 1976 wird in dem italienischen Urteil sogar erwähnt mit dem Hinweis, daß es sich wahrscheinlich um die von der Antragstellerin in Italien eingeklagte Forderung handle. Mit dem Beschwerdegericht hält der erkennende Senat unter diesen Umständen die Forderungsbezeichnungen in den beiden Pfändungsbeschlüssen für ausreichend.
bb) Ist eine zwischen dem Schuldner und dem Drittschuldner in einem Prozeß streitige Forderung gepfändet worden, dann darf ein Urteil nur noch – soweit die Pfändung reicht – auf Leistung an den Pfändungsgläubiger ergehen (Senatsurteil vom 26. Januar 1983 aaO – insoweit zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt). Soweit noch möglich, kann der Schuldner im Wege der Vollstreckungsgegenklage (§ 767 ZPO) das Vorliegen einer Pfändung einwenden um zu verhindern, daß er außer an den Pfändungsgläubiger auch an seinen ursprünglichen Gläubiger aufgrund einer Verurteilung leisten muß.
§ 14 AG EGÜbk bestimmt, daß der Schuldner mit der Beschwerde nach Art. 36 EGÜbk Einwendungen gegen den im ausländischen Urteil zuerkannten Anspruch selbst insoweit geltend machen kann, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Erlaß der ausländischen Entscheidung entstanden sind. Damit sind – vergleichbar der Bestimmung des § 767 ZPO – alle Einwendungen gegen den Anspruch, dessen Vollstreckung hier aufgrund eines italienischen Urteils betrieben werden soll, ausgeschlossen, die vor dem Erlaß der Entscheidung in Italien entstanden waren. § 15 AG EGÜbk erweitert den Ausschluß dahin, daß Einwendungen gegen den Anspruch selbst im Wege einer Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO später auch nur dann noch geltend gemacht werden können, wenn sie erst nach Ablauf der Beschwerdefrist (Art. 36 EGÜbk, § 9 Abs. 2 AG EGÜbk) oder nach Beendigung eines durchgeführten Beschwerdeverfahrens entstanden sind. Hier waren die Pfändungen von Teilen des in Italien von der Antragstellerin eingeklagten Anspruchs bereits am 22. November 1976 und am 30. Dezember 1977 erfolgt. Die erstgenannte Pfändung wird sogar in dem italienischen Urteil erwähnt; daß die zweite Pfändung an die Antragstellerin zugestellt worden war, ist nicht bestritten. Das italienische Urteil ist dagegen erst am 22. Mai 1980 ergangen. Die Einwendungen des Antragsgegners aus den Pfändungen sind Einwendungen gegen den Anspruch selbst (Baumbach/Lauterbach, ZPO, 41. Aufl., § 767 Anm. 2 B). Diese Einwendungen sind nach § 14 AG EGÜbk demnach im Beschwerdeverfahren ausgeschlossen, weil sie schon vor der italienischen Entscheidung entstanden waren, auch wenn sie in dieser Entscheidung keine Berücksichtigung gefunden haben.
Das Beschwerdegericht hat die Ausschlußwirkung des § 14 AG EGÜbk für Einwendungen gegen den Anspruch, die vor dem Erlaß der ausländischen Entscheidung entstanden waren, nicht beachtet. Insoweit war seine Entscheidung abzuändern; denn wegen der gepfändeten Beträge von 4 525,20 DM und 14 673,43 DM nebst 4 % Zinsen seit 28. Mai 1975 zuzüglich 261,60 DM Kosten durfte die Zwangsvollstreckung des italienischen Urteils nicht für unzulässig erklärt werden.
Der Antragsgegner als Drittschuldner der Pfändung kann nun allerdings nicht einfach an die Antragstellerin und Pfändungsschuldnerin aufgrund des italienischen Urteils leisten, weil die Pfändungsgläubiger eine solche Leistung nicht gegen sich gelten lassen müßten (§ 407 Abs. 1 BGB). Ihm bleibt indessen der Weg der Hinterlegung zugunsten der Antragstellerin und der Pfändungsgläubiger (§ 372 BGB), nachdem eine Berücksichtigung der Pfändungen im Beschwerdeverfahren durch § 14 AG EGÜbk ausgeschlossen ist (vgl. Senatsurteil vom 26. Januar 1983 aaO; Roth in MünchKomm, BGB, § 407 Rn. 22 f; Weber in BGB-RGRK, 12. Aufl., § 407 Rn. 21).
3. a) Das Beschwerdegericht hat den Betrag von 1 766 500 Lire aus der Vollstreckbarkeitserklärung herausgenommen, weil es insofern die Anforderungen des Europäischen Vollstreckungsübereinkommens nicht als erfüllt ansah. Es meint, der unübersichtlichen italienischen Urkunde könne nicht entnommen werden, ob es sich bei diesem Betrag um eine in Italien vollstreckbare Entscheidung im Sinne von Art. 31, 47 Nr. 1 EGÜbk handle.
b) Die Rechtsbeschwerde verweist darauf, daß es sich bei dem Betrag von 1 766 500 Lire um die auf der Ausfertigung des italienischen Urteils von der Gerichtskanzlei quittierte Registrierungsgebühr samt Nebenkosten hierzu handle, die in Italien mit der Urteilssumme beigetrieben werden könne. Das Beschwerdegericht hätte seine Zweifel nach dem Europäischen Übereinkommen vom 7. Juni 1968 betreffend Auskünfte über ausländisches Recht – BGBl 1974 II 937 (in Kraft getreten zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Italien am 19. März 1975 – BGBl II 300) und nach § 1 des Ausführungsgesetzes vom 5. Juli 1974 – BGBl I 1433 beheben oder zumindest der Antragstellerin einen entsprechenden Hinweis geben müssen.
c) Auch dieser Angriff der Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Wenn das Beschwerdegericht sich im unklaren darüber war, ob die auf der Urteilsausfertigung der Antragstellerin quittierte Gebühr von 1 766 500 Lire zusammen mit den in der Entscheidung der Antragstellerin zugesprochenen Beträgen in Italien hätte beigetrieben werden können, dann war es geboten, dies auf dem in dem Europäischen Übereinkommen vom 7. Juni 1968 in Verbindung mit dem deutschen Ausführungsgesetz vom 5. Juli 1974 vorgesehenen Weg aufzuklären. Dies wird das Beschwerdegericht nachzuholen haben. Die angefochtene Entscheidung war deshalb insoweit und im Kostenpunkt aufzuheben und die Sache an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu übertragen war, weil sie vom endgültigen Ausgang des Beschwerdeverfahrens abhängt. III. Um Unklarheiten durch die mehrmalige Abänderung der Vollstreckungsklausel zu vermeiden und weil außerdem bisher die Vollstreckungsklausel nicht an die Ausfertigung des italienischen Urteils, sondern an die italienische Klageschrift mit Ladungsnachweisen angeheftet ist, hat der Senat die Vollstreckungsklausel neu gefaßt.