Die Parteien, die beide die türkische Staatsangehörigkeit haben, sind seit 20.06.1980 verheiratet. Aus ihrer Ehe ist die am 27.09.1985 geborene Tochter Leyla hervorgegangen. Am 08.11.1985 ist die Verfügungsklägerin zusammen mit der Tochter aus der Ehewohnung ausgezogen. Seither leben die Parteien getrennt. Zwischen ihnen ist in der Türkei vor dem Gericht in S. ein vom Verfügungsbeklagten eingeleitetes Scheidungsverfahren anhängig.
Die Verfügungsklägerin hat bis zur Geburt der Tochter bei der Firma BBC gearbeitet. Bis Mitte März 1986 hat sie Mutterschaftsgeld von monatlich 650 DM erhalten. Nach Beendigung des Mutterschaftsurlaubs hat sie ihre Arbeitstätigkeit nicht mehr aufgenommen.
Der Verfügungsbeklagte betreibt eine Änderungsschneiderei, die sich seit 23.05.1984 in Mannheim befindet. Er arbeitet u. a. mit Boutiquen zusammen und unterhält außerdem eine Reinigungsannahmestelle. Nach Mitteilung seines Steuerberaters hat er 1985 einen Gewinn von 17.741 DM erzielt. Hierbei sind Abschreibungen von 6.100 DM berücksichtigt. Unterhalt für die Verfügungsklägerin und die Tochter der Parteien zahlt er nicht.
Im vorliegenden Verfahren begehrt die Verfügungsklägerin befristeten Unterhalt für sich und die Tochter der Parteien. Diese hat im Verfahren vor dem Familiengericht ihre Ansprüche im eigenen Namen geltend gemacht. Die beiden Verfügungsklägerinnen des Verfahrens vor dem Familiengericht haben zunächst rückständigen Unterhalt für Dezember 1985 beansprucht sowie für die Zeit vom 01.01.1986 – 30.06.1986 laufenden Ehegattenunterhalt von monatlich 2.766,42 DM sowie Kindesunterhalt von monatlich 545 DM.
Mit einstweiliger Verfügung vom 14.01.1986 hat das Familiengericht unter Abweisung des Antrags im übrigen für die Zeit vom 01.01.1986 – 30.06.1986 der früheren Verfügungsklägerin zu 1 Ehegattenunterhalt von monatlich 1.000 DM zuerkannt und der früheren Verfügungsklägerin zu 2 Kindesunterhalt von monatlich 228 DM.
Der Verfügungsbeklagte hat Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung eingelegt. Danach haben die Verfügungsklägerinnen des Verfahrens erster Instanz ihre Ansprüche auf die mit Beschluß des Familiengerichts zuerkannten Beträge beschränkt. Zur Begründung haben sie vorgetragen, der Verfügungsbeklagte erziele zumindest ein monatliches Nettoeinkommen von 7.000 DM. Allein aus ihnen zugänglichen Belegen für September 1985 gingen Einnahmen von 15.536 DM hervor. Der Verfügungsbeklagte, der drei Angestellte beschäftige, habe aus der Zusammenarbeit mit den Boutiquen zumindest monatliche Einnahmen von 4.000 DM. Aus dem Betrieb der Reinigungsannahmestelle erhalte er weitere 1.000 DM monatlich. Mit dem türkischen Prozeßbevollmächtigten der Verfügungsklägerin sei abgesprochen worden, daß in der Türkei kein Unterhalt geltend gemacht werde. Tatsächlich sei in der Türkei auch lediglich das Scheidungsverfahren anhängig.
Die Verfügungsklägerinnen des Verfahrens erster Instanz haben beantragt,
die einstweilige Verfügung vom 14.01.1986 aufrecht zu erhalten.
Der Verfügungsbeklagte hat beantragt,
die einstweilige Verfügung aufzuheben.
Zur Begründung hat er vorgetragen, das angerufene Gericht sei unzuständig. Das türkische Gericht werde auch über den Ehegatten- und den Kindesunterhalt entscheiden, denn nach türkischem Recht sei zwingend auch der Unterhalt zu regeln, wobei die Anhängigkeit des Verfahrens vor einem türkischen Gericht die gleichzeitige Geltendmachung vor einem nicht türkischen Gericht ausschließe. Die Türkei sei nicht Mitglied des Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen. Eine Zuständigkeit für die deutschen Gericht ergebe sich danach aus diesem Abkommen nicht. Im Rahmen des Scheidungsverfahrens begehre er die Feststellung, daß die Verfügungsklägerin das Scheitern der Ehe verschuldet habe. Wenn dem entsprochen werde, stehe ihr kein Unterhaltsanspruch zu. Seit der Trennung habe er für mehr als 200 DM Babynahrung gekauft und der Verfügungsklägerin übergeben, ferner 200 DM in bar. In der Vergangenheit habe er ein monatliches Nettoeinkommen von etwa 2.000 DM erzielt. Die von der Verfügungsklägerin vorgelegten Belege könnten nicht allein den September 1985 betreffen. Abgesehen davon seien die Zahlen nicht von ihm geschrieben worden. Er arbeite lediglich mit zwei Boutiquen zusammen, wobei der monatliche Umsatz zwischen 300 DM und 600 DM schwanke. Die Einnahmen aus der Reinigungsannahmestelle beliefen sich auf ca. 60 DM bis 80 DM im Monat. Durch weitere Investitionen (Anschaffung eines Geschäftswagens) und die hierdurch entstandenen Finanzierungskosten habe sich sein Nettoeinkommen auf derzeit 1.500 DM gemindert. Im übrigen könne die Verfügungsklägerin, wenn sie nicht mehr arbeite, Sozialhilfe in Anspruch nehmen.
Das Familiengericht hat die einstweilige Verfügung aufrecht erhalten, soweit es den Kindesunterhalt sowie Ehegattenunterhalt von monatlich 350 DM für die Zeit vom 01.01.1986 – 15.03.1986 und von monatlich 760 DM für die Zeit vom 16.03.1986 – 30.06.1986 betrifft. Im übrigen hat es die einstweilige Verfügung aufgehoben und den Antrag abgewiesen. Auf das Urteil wird Bezug genommen.
Gegen die Aufrechterhaltung der einstweiligen Verfügung wendet sich der Verfügungsbeklagte mit seiner Berufung. Im Berufungsverfahren macht nunmehr die Verfügungsklägerin die Ansprüche der Tochter Leyla im eigenen Namen geltend.
Der Verfügungsbeklagte hält im Berufungsverfahren daran fest, daß die Zuständigkeit der deutschen Gerichte nicht gegeben sei, weil das türkische Familiengericht auch über den Ehegatten- und den Kindesunterhalt entscheiden werde. Die Türkei habe sich eine eigene ausschließliche Zuständigkeit vorbehalten, wenn dort bereits ein Scheidungsverfahren rechtshängig sei. Abgesehen davon sei eine Zuständigkeit der deutschen Gerichte schon im Hinblick auf die Bestimmung des § 621 Abs. 2 ZPO zu verneinen. Unabhängig davon habe die Klägerin zu 1 vor dem Gericht in S. für sich und ihr Kind Unterhalt geltend gemacht. Selbst wenn man von einer Zuständigkeit der deutschen Gerichte ausgehe, bestehe ein Unterhaltsanspruch der Verfügungsklägerin nicht, nachdem er beantragt habe, die Scheidung aus ihrem alleinigen Verschulden auszusprechen. Diese Rechtslage könne nicht durch die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen vor einem deutschen Gericht unterlaufen werden. Bei der Feststellung, daß Unterhaltsansprüche in der Türkei bisher nicht rechtshängig seien, habe das Familiengericht die Bestimmung des § 137 des türkischen Zivilgesetzbuchs übersehen. Danach habe der Richter des Scheidungsverfahrens vorübergehend die erforderlichen Maßnahmen, insbesondere wegen des Unterhalts, zu treffen. Hierzu gehöre auch der Notunterhalt, den der Prozeßbevollmächtigte der Verfügungsklägerin im Rahmen des Scheidungsverfahrens für sie auch tatsächlich geltend mache. Unabhängig von der Frage der Zuständigkeit der deutschen Gerichte sei er unter moralischen Gesichtspunkten bereit, für die Tochter Leyla den geforderten Betrag von monatlich 228 DM zu zahlen.
Das Familiengericht habe sein Einkommen zu hoch angesetzt. Es habe in unzutreffender Weise zwischen Nettoeinkommen und Gewinn unterschieden. Beides sei jedoch identisch. Auszugehen sei danach von den zu versteuernden Gewinn von 17.741 DM, was einem Nettoeinkommen von 1.478 DM entspreche. Er selbst habe lediglich sein Nettoeinkommen in der Vergangenheit mit 2.000 DM angegeben. Infolge gestiegener Kosten und aufgrund von Investitionen habe es sich jedoch zu seinen Ungunsten entwickelt.
Ehegattenunterhalt könne die Verfügungsklägerin auch im Hinblick auf die Bestimmung des § 1579 Abs. 1 Nr. 6 BGB nicht verlangen. Sie habe ihn im Sommer 1981 beim Polizeirevier M.-R. angezeigt, weil er sie angeblich zur Prostitution gezwungen habe. Im März 1984 habe sie ihn wegen angeblichen illegalen Waffenhandels angezeigt und ebenfalls Anfang 1984 wegen körperlicher Mißhandlung. Alle diese Verfahren seien eingestellt worden. Anfang März 1986 habe sie gegen ihn erneut Strafanzeige wegen angeblicher Bedrohung erstattet, wobei als Tatörtlichkeit die ehegemeinschaftliche Wohnung angegeben worden sei. Tatsächlich sei sie jedoch zu diesem Zeitpunkt bereits ausgezogen gewesen. Diese Verhaltensweisen der Klägerin stellten erhebliche Eheverfehlungen dar. Er werde von ihr als Schläger hingestellt und schwerwiegender Vergehen bezichtigt. Da er türkischer Staatsangehöriger sei, habe auch die Gefahr bestanden, daß die Ausländerbehörde gegen ihn einschreiten werde. Die Verfügungsklägerin habe auch nichts Besseres zu tun gehabt, als die Ausländerbehörde davon in Kenntnis zu setzen, daß die eheliche Lebensgemeinschaft nicht mehr bestehe, worauf diese ihm mitgeteilt habe, dass beabsichtigt sei, seine Aufenthaltserlaubnis nachträglich zu befristen. Wer seinem Ehegatten derartige Schwierigkeiten bereite, könne nicht damit rechnen, auch noch Unterhalt beziehen zu können. Im übrigen könne die Klägerin durchaus ganztags arbeiten. Ihre Mutter versorge das Kind.
Es habe deshalb für sie keine Veranlassung bestanden, ihrem Arbeitgeber mitzuteilen, daß sie lediglich noch halbtags arbeiten könne. Hierdurch habe sie die Kündigung provoziert. Ursprünglich sei zwischen den Parteien vereinbart gewesen, daß sie wieder ganztags arbeiten werde. Sie habe nur deshalb ihren Arbeitsplatz gekündigt, um ihn auf Unterhalt in Anspruch nehmen zu können. Da sie zuvor über Arbeitseinkommen verfügt habe, erhalte sie jetzt auch Arbeitslosengeld, mit dem ihr Unterhaltsbedarf gedeckt sei.
Der Verfügungsbeklagte beantragt,
das Urteil des Familiengerichts Mannheim dahin zu ändern, daß die einstweilige Verfügung aufgehoben und der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung abgewiesen wird.
Die Verfügungsklägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung trägt sie vor, sie sei sehr wohl unterhaltsbedürftig. Da sie dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehe, erhalte sie kein Arbeitslosengeld. Auf eine Berufstätigkeit müsse sie sich nicht verweisen lassen. Sie habe zwar ursprünglich die Absicht gehabt, nach der Geburt der Tochter weiterzuarbeiten. Inzwischen sei sie jedoch zur Auffassung gekommen, daß es besser sei, wenn sie die Tochter selbst betreue. Da es im vorliegenden Verfahren um den aktuellen Unterhaltsbedarf gehe, sei nicht das Gericht des Scheidungsverfahrens in einem anderen Land, sondern das Wohnsitzgericht der Parteien zuständig. Sie habe vor dem türkischen Gericht auch weder für sich noch für die Tochter Unterhalt begehrt. Wenn dies der Fall sei, müsse der Verfügungsbeklagte in der Lage sein, hierüber ein Schriftstück vorzulegen. Abwegig sei auch seine Annahme, sie könne allein aufgrund seines Antrags, die Ehe aus ihrem alleinigen Verschulden zu scheiden, nicht einmal Notunterhalt verlangen. Sie habe ihre Unterhaltsansprüche auch nicht verwirkt, denn sie habe keine unberechtigten Strafanzeigen erstattet. So habe sie den Verfügungsbeklagten nicht angezeigt, weil er sie gezwungen hätte, der Prostitution nachzugehen. Die übrigen Anzeigen seien berechtigt gewesen.
Die Anzeige Anfang März 1986 habe sie deshalb erstattet, weil der Verfügungsbeklagte ständig in der Wohnung ihrer Eltern angerufen und damit gedroht habe, daß er sie und die gesamte Familie A. umbringen werde, wenn seine Frau ihn nicht in Ruhe lasse.
Wegen des Parteivorbringens im einzelnen wird auf den vorgetragenen Inhalt der bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsätze sowie deren Anlagen Bezug genommen.
Zu einer Beweisaufnahme hatte der Senat im Verfahren der einstweiligen Verfügung keinen Anlass.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung des Beklagten ist zulässig, sie ist jedoch nicht begründet.
Die deutschen Gerichte sind für die Regelung des Rechtsstreits international zuständig. Diese Zuständigkeit ergibt sich sowohl hinsichtlich des Anspruchs der Verfügungsklägerin auf Trennungsunterhalt als auch hinsichtlich des Kindesunterhalts aus Artikel 2 und 5 Nr. 2 des Übereinkommens der Europäischen Gemeinschaft über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27.09.1968, BGBl 1972, II 774 (EuGVÜ). Das genannte Abkommen regelt die internationale Zuständigkeit der Vertragsstaaten für alle Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet des Vertragsstaats haben unabhängig von deren Staatsangehörigkeit (Artikel 2 Abs. 1 EuGVÜ). Danach ist ohne Belang, daß die Türkei nicht Mitglied des Abkommens ist. § 621 Abs. 2 ZPO beeinflußt die danach gegebene Zuständigkeit der deutschen Gerichte nicht. Zwar begründet die genannte Bestimmung nach herrschender Meinung für das deutsche Gericht die internationale Zuständigkeit für Folgesachen (BGH, FamRZ 1982, 795; OLG Düsseldorf, FamRZ 1981, 1005; Stein/Jonas/Schlosser, ZPO, 20. Aufl., Anm. III 3 zu § 621; Baumbach/Albers, ZPO, 44. Aufl., Anm. 4 zu § 621). Zweifelhaft ist jedoch, ob § 621 Abs. 2 ZPO zugleich auch eine Regelung der internationalen Zuständigkeit enthält, soweit die Zuständigkeit eines ausländischen Gerichts in Rede steht (bejahend Stein/Jonas/Schlosser aaO; verneinend OLG München, FamRZ 1979, 153, OLG Frankfurt, FamRZ 1982, 528; Baumbach/Albers aaO; Zöller/Philippi, ZPO, 14. Aufl., Rn. 76 ff zu § 621). Für die zuletzt genannte Auffassung wird vor allem angeführt, daß ein deutsches Gesetz nicht die Zuständigkeit ausländischer Gerichte begründen könne (OLG München aaO; Zöller/Philippi aaO). Hierauf kommt es jedoch nicht entscheidend an, denn auf zwischenstaatlichen Abkommen beruhende Regelungen haben im Zweifel Vorrang vor den Vorschriften des autonomen nationalen Rechts, auch wenn dieses später gesetzt worden ist (BGH, NJW 1984, 1304; Stein/ Jonas/Schlosser aaO). Auch nach der zuletzt genannten Ansicht, die davon ausgeht, daß § 621 Abs. 2 ZPO die internationale Zuständigkeit ausländischer Gerichte begründet, hat Artikel 5 Nr. 2 EuGVÜ Vorrang vor § 621 Abs. 2 ZPO und garantiert die Zuständigkeit der deutschen Gerichte, wenn der Unterhaltsberechtigte in Deutschland seinen Wohnsitz hat. Demgegenüber verweist Artikel 2 Nr. 2 EuGVÜ nach dieser Ansicht lediglich auf die für Inländer maßgebenden Zuständigkeitsvorschriften und damit wiederum auf § 621 Abs. 2 ZPO, so daß sich aus dieser Bestimmung ein Vorrang der deutschen Gerichte nicht ergeben würde. Da jedoch im vorliegenden Fall nicht nur der Verfügungsbeklagte, sondern auch die Verfügungsklägerin und die aus der Ehe hervorgegangene Tochter ihren Wohnsitz in Deutschland haben, ergibt sich der Vorrang jedenfalls aus Artikel 5 Nr. 2 EuGVÜ.
Ohne Belang für die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ist, ob das türkische Recht für das vorliegende Verfahren eine ausschließliche Zuständigkeit annimmt oder nicht. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte beurteilt sich nämlich nicht nach türkischem Recht, sondern allein nach den in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Bestimmungen.
Der Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung ist auch nicht wegen anderweitiger Rechtshängigkeit unzulässig. Zwar ist grundsätzlich auch die anderweitige Rechtshängigkeit vor einem ausländischen Gericht zu beachten, soweit dort in einem geordneten und funktionierenden Verfahren tatsächlich zur Sache entschieden werden kann (BGH LM § 263 aF Nr. 7). Aus dem Vortrag des Verfügungsbeklagten geht indessen schon nicht mit hinreichender Klarheit hervor, ob in der Türkei ein Unterhaltshauptverfahren oder lediglich ein einstweiliges Anordnungsverfahren im Rahmen des Scheidungsverfahrens anhängig sein soll. Nur das zuletzt genannte vorläufige Verfahren beträfe denselben Gegenstand wie das vorliegende Verfahren auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung, während ein anhängiges Hauptverfahren die Möglichkeit des Erlasses einer einstweiligen Verfügung nicht berührt. Selbst aber wenn man den Vortrag des Verfügungsbeklagten zu seinen Gunsten dahin auslegt, daß ein vorläufiges Verfahren anhängig sein soll, hat er diese Behauptung jedenfalls nicht glaubhaft gemacht. Die von ihm angebotenen Beweismittel, die Einholung von Auskünften beim zuständigen Gericht in S. sowie bei verschiedenen Rechtsanwälten – letztere wären ohnehin kein den gesetzlichen Bestimmungen entsprechendes Beweismittel –, sind im einstweiligen Verfügungsverfahren kein geeignetes Beweismittel und daher nicht zuzulassen (§§ 936, 920 Abs. 2, 294 Abs. 2 ZPO). Danach steht lediglich fest, daß zwischen den Parteien ein Scheidungsverfahren in der Türkei anhängig ist. Dieses Scheidungsverfahren betrifft nicht denselben Streitgegenstand wie das vorliegende Verfahren. Die bloße Möglichkeit, in diesem Verfahren Unterhaltsansprüche geltend zu machen, begründet eine anderweitige Rechtshängigkeit nicht.
Für den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung besteht auch ein Rechtsschutzbedürfnis trotz der Möglichkeit, im Rahmen des anhängigen Scheidungsverfahrens gemäß Artikel 137 des türkischen Zivilgesetzbuchs (ZGB) eine vorläufige Maßnahme hinsichtlich des Unterhalts zu treffen.
Zwar läßt die Möglichkeit des Erlasses einstweiliger Anordnungen im Rahmen eines Scheidungsverfahrens grundsätzlich das Rechtsschutzbedürfnis für eine Regelung im Wege der einstweiligen Verfügung entfallen. Dies kann jedoch dann nicht gelten, wenn die Regelung anläßlich des Scheidungsverfahrens tatsächlich nicht zu einer raschen Befriedigung des geltend gemachten Anspruchs führt. So ist es jedoch vorliegend. Aus einer von einem türkischen Gericht getroffenen einstweiligen Anordnung kann die Verfügungsklägerin in der Bundesrepublik nicht unmittelbar vollstrecken. Damit besteht weiterhin ein Regelungsbedürfnis im Wege der einstweiligen Verfügung.
Der Anspruch auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung ist auch in der vom Familiengericht festgesetzten Höhe begründet. Dabei findet hinsichtlich des Kindesunterhalts gemäß Artikel 1 Abs. 1 des Haager Übereinkommens über das auf die Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern anzuwendende Recht vom 24.10.1956, BGBl 1961, II 1012, deutsches Recht Anwendung, wobei dieses Abkommen seit 28.04.1972 auch in der Türkei gilt. Gemäß § 1629 Abs. 3 BGB macht dabei die Verfügungsklägerin den Anspruch auf Kindesunterhalt zu Recht im eigenen Namen geltend. Die Bestimmungen des deutschen Rechts gelten nämlich gemäß Artikel 1 Abs. 3 des genannten Abkommens auch für die Frage, wer die Unterhaltsklage erheben kann (BGH, FamRZ 1986, 345).
Der Anspruch auf den geforderten Kindesunterhalt ist gemäß §§ 1601, 1610 Abs. 3 BGB begründet. Die Verfügungsklägerin macht für die Tochter lediglich Unterhalt in Höhe des Regelunterhalts geltend. Dies entspricht dem notwendigen Lebensbedarf des Kindes, der im Wege der einstweiligen Verfügung gesichert werden kann. Demgegenüber hat der Verfügungsbeklagte seine Leistungsunfähigkeit nicht dargetan. Soweit er sein Einkommen überhaupt dargelegt hat, ergibt sich zumindest ein monatliches Nettoeinkommen von knapp 2.000 DM. Zu versteuerndes und unterhaltsrechtlich maßgebendes Einkommen sind nicht identisch (BGH, FamRZ 1980, 770). Insbesondere bei steuerlich anzuerkennenden Abschreibungen ist in jedem Einzelfall zu prüfen, wie weit sie unterhaltsrechtlich beachtlich sind (BGH, aaO). Zur Darlegung des Einkommens gehört dabei, daß hinsichtlich der Abschreibungen im einzelnen dargetan wird, welche Gegenstände sie betreffen, damit ihre unterhaltsrechtliche Relevanz beurteilt werden kann. Hierzu enthält das Schreiben des Steuerberaters des Verfügungsbeklagten nichts, abgesehen davon, daß auch die übrigen in der Aufstellung mitgeteilten Beträge nicht überprüft werden können, da eine Einnahmen-Überschußrechnung nicht vorgelegt wurde. Danach ist zu Lasten des Verfügungsbeklagten davon auszugehen, daß die Abschreibungen mit 6.100 DM voll seinem Gewinn hinzuzurechnen sind. Es errechnet sich somit ein Jahreseinkommen von 23.841 DM, monatlich somit 1.986,75 DM. Ein Einkommen in dieser Höhe hat der Verfügungsbeklagte nach seinen Angaben im übrigen auch in der Vergangenheit erzielt. Die von ihm behauptete Verringerung seines Einkommens beruht nach seinem Vortrag in erster Linie auf der Anschaffung eines Geschäftsfahrzeugs. Daß diese Investition für den Geschäftsbetrieb notwendig war, so daß die Aufwendungen auch unterhaltsrechtlich anzuerkennen wären, hat er nicht dargetan. Auch aus diesem Grund ist danach von einem Einkommen in der Größenordnung von monatlich 2.000 DM auszugehen. Bei einem Einkommen in dieser Höhe steht die Leistungsfähigkeit des Verfügungsbeklagten zur Zahlung des geforderten Kindesunterhalts außer Zweifel.
Auch der vom Familiengericht im Wege der einstweiligen Verfügung zugesprochene Ehegattenunterhalt ist in vollem Umfang gerechtfertigt unabhängig davon ob die Unterhaltsansprüche der Verfügungsklägerin nach deutschem oder türkischem Recht beurteilt werden. In Rechtsprechung und Literatur ist streitig, welches Recht in Eilverfahren anzuwenden ist, insbesondere ob es einer materiellen Rechtsgrundlage bedarf (vgl. zum Meinungsstand Kreuzer, NJW 1983, 1943). Geht man mit der wohl herrschenden Meinung davon aus, daß das nach deutschem IPR berufene Sachrecht anzurechnen ist (so OLG Düsseldorf, FamRZ 1978, 908; OLG München, FamRZ 1980, 449), findet im vorliegenden Verfahren türkisches Recht Anwendung. Beide Parteien sind türkische Staatsangehörige. Gemäß Artikel 14 EGBGB gilt danach das gemeinsame Heimatrecht (BGH, FamRZ 1981, 18). Das türkische Recht seinerseits enthält keine Rückverweisung auf deutsches Recht für das vorliegende Verfahren. Zwar nimmt Artikel 13 Abs. 1 und 3 des Gesetzes Nr. 2675 über das internationale Privat- und Zivilverfahrensrecht (abgedruckt in IPRax 1982, 252), der für Unterhaltsansprüche grundsätzlich das gemeinsame Heimatrecht der Ehegatten für anwendbar erklärt, vorläufige Maßnahmen hiervon ausdrücklich aus, bestimmt jedoch nicht, welches Recht in diesem Fall Anwendung finden soll. Eine versteckte Rückverweisung auf das Ortsrecht ist danach allenfalls Artikel 137 ZGB zu entnehmen, wonach der Richter während des Scheidungsverfahrens die notwendigen vorläufigen Maßnahmen treffen kann. Die Scheidung ist jedoch nicht vor den deutschen Gerichten anhängig. Eine Rückverweisung hinsichtlich sonstiger vorläufiger Maßnahmen ist nicht feststellbar. Danach bliebe es in diesem Fall bei der Anwendung des türkischen materiellen Rechts.
Folgt man demgegenüber der Auffassung, daß bei vorläufigen Maßnahmen unabhängig vom Heimatrecht der Ehegatten in jedem Fall deutsches Recht anzuwenden ist (OLG Köln, MDR 1973,674; OLG Karlsruhe, Justiz 1975, 435), käme vorliegend deutsches Recht zur Anwendung. In beiden Fällen ist der Unterhaltsanspruch der Verfügungsklägerin begründet, so daß die Frage des anwendbaren Rechts offenbleiben kann.
Nach deutschem Recht ergibt sich der Unterhaltsanspruch der Verfügungsklägerin aus § 1361 BGB. Da die Tochter der Parteien noch nicht einmal ein Jahr alt ist, ist die Verfügungsklägerin nicht verpflichtet, ihren Unterhalt durch Arbeit selbst zu verdienen. Dies gilt unabhängig davon, ob die Parteien vor der Geburt des Kindes zunächst abgesprochen hatten, daß die Verfügungsklägerin weiterarbeiten sollte. Es kann ihr nicht verwehrt werden, aus Gründen des Kindeswohls ihren Entschluß zu ändern und die Betreuung der Tochter selbst zu übernehmen. Da sie wegen des Kindes nicht bereit ist zu arbeiten, hat sie keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld, da sie der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung steht. Sie verfügt danach – abgesehen von dem Mutterschaftsgeld – über kein eigenes Einkommen, mit dem sie ihren Unterhalt decken kann, so daß der Beklagte ihr gegenüber zum Unterhalt verpflichtet ist. Bei dem zugrunde zu legenden Einkommen von etwa 2.000 DM erscheinen die vom Familiengericht im Wege der einstweiligen Verfügung festgesetzten Unterhaltsbeträge von monatlich 350 DM, solange die Verfügungsklägerin Mutterschaftsgeld bezog, und später von 760 DM angemessen. Die ehelichen Lebensverhältnisse wurden bis zur Geburt der Tochter durch das Einkommen beider Ehegatten bestimmt, so daß sich der Unterhalt nach der Differenzmethode berechnet. Der Betrag von 350 DM liegt deutlich unter der 3/7 Quote. Der Verfügungsklägerin stehen einschließlich ihres Mutterschaftsgeldes insgesamt 1.000 DM zur Verfügung. Diesen Betrag benötigt sie angesichts ihres früheren eigenen Einkommens zumindest zur Deckung ihres Unterhaltsbedarfs, so daß hinsichtlich der 350 DM das Regelungsbedürfnis im Wege der einstweiligen Verfügung zu bejahen ist. Dies gilt erst recht für den ab 16.03.1986 zugesprochenen Betrag von 760 DM, der zur Deckung des notwendigen Mindestbedarfs eines nicht berufstätigen Erwachsenen nicht ausreichend ist. Er entspricht 3/7 des anrechenbaren Einkommens des Beklagten nach Abzug des Kindesunterhalts und beläßt ihm selbst etwa 1.010 DM. Mit diesem Betrag ist sein notwendiger Lebensbedarf gedeckt. Ohne Einfluß auf den Unterhaltsbedarf der Verfügungsklägerin ist, daß sie bei ihren Eltern lebt. Freiwillige Leistungen Dritter befreien den Verfügungsbeklagten nämlich nicht von seiner Unterhaltspflicht.
Die Zuerkennung des Unterhalts ist auch nicht grob unbillig gemäß §§ 1361 Abs. 3, 1579 Nr. 2 und Nr. 6 BGB. Soweit der Verfügungsbeklagte geltend macht, die Verfügungsklägerin habe ihn angezeigt, weil er sie angeblich gezwungen habe, der Prostitution nachzugehen, hat er diese bestrittene Behauptung nicht glaubhaft gemacht. Danach ist lediglich davon auszugehen, daß die Verfügungsklägerin ihn in drei Fällen angezeigt hat, zweimal wegen Mißhandlung oder Bedrohung, einmal wegen illegalen Waffenhandels. Schon von der Zahl der Verstöße her kann dieses Verhalten nicht ausreichen, die Voraussetzungen des § 1579 Nr. 2 BGB zu erfüllen. Die Anwendung dieser Vorschrift kommt nur bei wiederholten, schwerwiegenden Beleidigungen und Verleumdungen mit nachteiligen Auswirkungen auf die persönliche und berufliche Entfaltung des Unterhaltspflichtigen in Betracht (BGH, FamRZ 1982, 100). Dieselben Verhaltenweisen können danach auch nicht für die Anwendung des § 1579 Nr. 6 BGB ausreichend sein. Hinzu kommt, daß der Verfügungsbeklagte, was etwa die Anzeige wegen körperlicher Mißhandlung angeht, sich nicht dazu erklärt, welcher Vorfall dieser Anzeige zugrunde lag. Er trägt nichts dazu vor, daß die Vorwürfe haltlos gewesen seien. Allein aus der Tatsache der Einstellung des Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft kann dies nicht geschlossen werden, da es um Tätlichkeiten zwischen Ehegatten ging.
Schließlich ist zu berücksichtigen, daß die genannten Anzeigen bis auf einen Fall mindestens zwei Jahre zurückliegen. Erst 1 1/2 Jahre später wurde die Tochter der Parteien geboren, deren Versorgung ursächlich für die Unterhaltsbedürftigkeit der Verfügungsklägerin ist. Derart weit zurückliegendes Verhalten der Verfügungsklägerin kann für einen Ausschluß des ihr zustehenden Unterhalts nicht ausreichend sein. Für die Anwendung des § 1579 BGB kämen danach allenfalls die Anzeige im März 1986 bzw. die Mitteilung gegenüber dem Ausländeramt in Betracht. Hierin kann jedoch kein derart gravierendes Fehlverhalten gesehen werden, das einen Ausschluß des Unterhaltsanspruchs nach sich ziehen könnte. Dies gilt insbesondere unter Berücksichtigung der Belange der Tochter der Parteien, deren Betreuung durch die Mutter durch die Zahlung des Unterhalts sichergestellt wird.
Auch nach türkischem Recht ist der Unterhaltsanspruch der Verfügungsklägerin begründet. Gemäß Artikel 152 Abs. 2 Zivilgesetzbuch (ZGB) ist der Verfügungsbeklagte verpflichtet, in angemessener Weise für den Unterhalt von Frau und Kindern zu sorgen. Gegenstand dieser Sorgepflicht ist der standesgemäße Unterhalt von Frau und Kindern, wobei Maßstab für den Umfang der zu erbringenden Leistung der soziale Status und die Leistungsfähigkeit des Ehemannes sind (Rumpf, IPRax 1983, 114). Auf die Existenz einer tatsächlichen Lebensgemeinschaft kommt es dabei nicht an. Bereits aus dieser Bestimmung ergibt sich, daß die Verfügungsklägerin nicht verpflichtet ist, ihren Unterhalt durch Arbeit selbst zu verdienen. Unabhängig davon ist sie hierzu auch angesichts der Betreuung der Tochter nicht in der Lage. Die Bestimmung des Artikel 162 ZGB steht dem Unterhaltsanspruch der Verfügungsklägerin nicht entgegen. Zwischen den Parteien ist ein Scheidungsverfahren anhängig, so daß die Verfügungsklägerin vom Verfügungsbeklagten berechtigt getrennt lebt. Zwar ist sie vor Anhängigkeit des Scheidungsverfahrens aus der Ehewohnung ausgezogen. Der Verfügungsbeklagte hat jedoch von der Möglichkeit, gemäß Artikel 132 Abs. 2 ZGB ihre Rückkehr zu verlangen, keinen Gebrauch gemacht. Wie sich aus dem Zeitablauf ergibt, hat er die Scheidung auch nicht auf den Auszug der Verfügungsklägerin gestützt. In diesem Fall hätte er gemäß Artikel 132 ZGB eine dreimonatige Frist abwarten müssen. Er hat jedoch sofort auf Scheidung aus anderen Gründen geklagt. Im Hinblick auf diese Scheidungsklage lebt die Verfügungsklägerin nunmehr von ihm berechtigt getrennt, so daß der ihr zustehende Unterhaltsanspruch gemäß Artikel 162 Abs. 3 ZGB geregelt werden kann.
Die Tatsache allein, daß der Verfügungsbeklagte beantragt hat, die Ehe aus dem Verschulden der Verfügungsklägerin zu scheiden, steht deren Unterhaltsanspruch nicht entgegen. Zwar billigt das türkische Recht nach Scheidung der Ehe nur dem nichtschuldigen Ehegatten Unterhaltsansprüche zu. Hierzu bedarf es jedoch der Feststellungen des Gerichts. Die bloße Behauptung, der andere habe die Zerrüttung verschuldet, reicht hierzu nicht aus. Abgesehen davon hat der Verfügungsbeklagte nicht dargelegt, auf welche Gründe er seine Klage stützt, so daß nicht überprüft werden kann, ob sich hieraus überhaupt ein Verschulden der Verfügungsklägerin ergibt. Eines besonderen Hinweises des Senats bedurfte es insoweit nicht, da offensichtlich ist, daß allein die Tatsache, daß die Scheidung aus dem Verschulden der anderen Partei beantragt worden ist, zum Ausschluß von deren Unterhaltsanspruch nicht ausreichen kann. Was die Höhe des Unterhalts nach türkischem Recht betrifft, hat das Familiengericht zutreffend auf die allgemeinen Richtlinien der Unterhaltsbemessung des deutschen Rechts Bezug genommen. Auf das hierzu bereits ausgeführte wird verwiesen.