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Zusammenfassung der Entscheidung Der deutsche Kläger fordert von dem niederländischen Beklagten Honorarzahlung. Der Kläger fertigte für den Beklagten Baupläne an. Er war nur mit der Fertigung der Pläne beauftragt, nicht mit sämtlichen Architektenleistungen. Der Beklagte benutzte gegenüber dem Kläger Briefpapier, auf dem ein Postfach sowie eine Bankverbindung des Beklagten in R. (DE) angegeben war. Der Beklagte rügte die internationale Unzuständigkeit der deutschen Gerichte.
Das Landgericht Kaiserslautern (DE) verneint die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte. Zuständig seien sowohl aufgrund von Art. 2 Abs. 1 EuGVÜ als auch aufgrund von Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ die niederländischen Gerichte. Für die Bestimmung des Erfüllungsorts im Sinne des Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ sei diejenige Verpflichtung maßgeblich, die konkret den Gegenstand der Klage bilde, hier also die Honorarforderung. Der Erfüllungsort im Sinne des Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ richte sich nach demjenigen Recht, das nach den anzuwendenden Kollisionsnormen des befassten Gerichts maßgeblich sei, somit hier nach deutschem Recht. Nach §§ 269, 270 deutsches BGB liege der Erfüllungsort für die Honorarzahlung am niederländischen Wohnsitz des Schuldners. Es könne zwar bei einem Architektenvertrag ein einheitlicher Erfüllungsort am Ort des Bauwerks anzunehmen sein; dies gelte aber nur, wenn der Architekt sämtliche Architektenleistungen schulde und nicht nur die Fertigung der Baupläne. Der Kläger habe auch nicht dargetan, dass die Verbindlichkeit in einer deutschen gewerblichen Niederlassung des Beklagten (im Sinne von Art. 5 Nr. 5 EuGVÜ) entstanden sei; außerdem sprächen die Angaben auf den verwendeten Briefbögen eher gegen eine gewerbliche Niederlassung im Bezirk des angerufenen deutschen Gerichts. Eine Verweisung an ein niederländisches Gericht komme nicht Betracht, da § 281 Abs. 1 deutsche Zivilprozessordnung hierfür nicht gelte und das EuGVÜ keine Regelung enthalte, die eine Verweisung an eine ausländisches Gericht erlaube.
JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission
Die verfahrensrechtlich nicht zu beanstandende Berufung führt in der Sache nicht zum Erfolg. Zu Recht hat das Amtsgericht die Klage als unzulässig abgewiesen.
Für die vorliegende Klage, mit der der Kläger den in den Niederlanden wohnenden Beklagten auf Zahlung von Architektenhonorar für die Erstellung von Bauplänen in Anspruch nimmt, ist nämlich die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nach Artikel 5 Nr. 1 des Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (im folgenden: EuG-ÜbK) nicht gegeben, sondern diejenige der Gerichte der Niederlande nach Artikel 2 EuG-ÜbK wegen des dort liegenden Wohnsitzes des Schuldners und auch nach Artikel 5 Nr. 1 EuG-ÜbK wegen des auch in den Niederlanden liegenden Erfüllungsortes der eingeklagten Verpflichtung.
Für die Bestimmung des Erfüllungsortes iSd Art. 5 Nr. 1 EuG-ÜbK ist nämlich im Falle eines Rechtsstreits über die Honorarklage eines mit der Bauplanung befaßten Architekten diejenige vertragliche Verpflichtung maßgeblich, die konkret den Gegenstand der Klage bildet, hier also die Honorarforderung des Architekten. Dies hat der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in seinem Urteil vom 15. Januar 1987 – in dieser Sache von der Kammer um Vorabentscheidung ersucht – klargestellt und damit in der deutschen (Kommentar-)Literatur aufgekommene Zweifel (vgl. dazu Zöller-Geimer, ZPO, 15. Aufl., Anhang II Art. 5 GVÜ Rn. 4) beseitigt.
Der konkrete Erfüllungsort iSd Art. 5 Nr. 1 EuG-ÜbK seinerseits richtet sich nach demjenigen Recht, das nach den Kollisionsnormen des mit dem Rechtstreit befaßten Gerichts für die streitige Verpflichtung maßgeblich ist (vgl. Zöller-Geimer, Rn. 1), im vorliegenden Fall somit nach deutschem Recht.
Dabei kann offen bleiben, ob hier (schon) die Neuregelung des internationalen Privatrechts oder noch der frühere (zur Zeit der Klageerhebung geltende) Rechtszustand Anwendung findet; denn sowohl nach dem Kriterium der neuerdings maßgeblichen „charakteristischen Leistung“ iSv Art. 28 EGBGB wie nach den früher geltenden Grundsätzen des internationalen Privatrechts unter dem Gesichtspunkt der „Niederlassung des Unternehmers“ (vgl. Palandt-Heldrich, BGB, 44. Aufl., EGBGB 11 (IPR), IPR: Schuldrecht, Anm. 6 e „Werkvertrag“ bzw. Palandt-Heldrich, BGB, 45. Aufl., Vorbemerkung vor EGBGB 12 (IPR) Anm. 2 a cc, 2 b, 6 e „Werkvertrag“) ist hier deutsches Recht anzuwenden.
Danach aber ist entscheidend der Wohnsitz des (in den Niederlanden lebenden) Beklagten; denn „Leistungsort“ iSv §§ 269, 270 BGB ist bei einer Geldschuld im Regelfall der Wohnsitz des Schuldners. Dies gilt auch bei gegenseitigen Verträgen.
Zwar tendiert die Rechtsprechung vorsichtig dahin, bei einem gegenseitigen Vertrag „in geeigneten Fällen den Ort, an dem die vertragscharakteristische Leistung zu erbringen ist, als Schwerpunkt des Vertrages und Erfüllungsort für die beiderseitigen Verpflichtungen anzusehen“ (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, 46. Aufl., § 269 Anm. 3 b). Auch für einen Architektenvertrag wird in Rechtsprechung und Literatur verschiedentlich ein einheitlicher Leistungs- bzw. Erfüllungsort angenommen (vgl. die Nachweise bei Zöller-Vollkommer, aaO, 5 29 Rn. 25, Stichwort „Architektenvertrag“). Dies gilt jedenfalls dort, wo dem Architekten sämtliche Architektenleistungen übertragen sind. Dann erscheint es in der Tat auch sinnvoll, einen einheitlichen (am Ort des Bauwerks befindlichen) Leistungsort anzunehmen; denn die Herstellung eines mangelfreien Bauwerks auf einem bestimmtem Grundstück steht dabei im Mittelpunkt.
Ist der Architekt jedoch – wie im vorliegenden Fail – lediglich mit der Fertigung der Baupläne beauftragt, so ist nach der vorherrschenden Meinung Erfüllungsort für die Honorarklage des Architekten der Wohnsitz des Schuldners (so Zöller-Vollkommer, aaO; Palandt-Heinrichs, aaO, § 269 Anm. 3 b mwN; vgl. weitere Nachweise bei: WernerPastor, Der Bauprozeß, 5. Aufl. 1986, Rn. 339). Dem schließt sich die Kammer nach erneuter Überprüfung der Rechts- und Interessenlage an; denn in Fällen dieser Art besteht kein Anlaß, den vom Gesetzgeber gewollten Schuldnerschutz, der darin besteht, daß der Schuldner grundsätzlich an seinem Wohnsitz zu verklagen ist, zu durchbrechen.
Da vorliegend auch nicht dargetan ist, daß die Verbindlichkeit „im Gewerbebetriebe“ des Beklagten entstanden ist und dieser seine gewerbliche Niederlassung im Bezirk des angerufenen deutschen Gerichtes hätte – der Umstand, daß der Beklagte ausweislich des von ihm verwendeten Briefbogens in Rockenhausen ein Postfach und bei der Kreissparkasse eine Bankverbindung besaß, spricht eher dagegen -, hat es bei dem oben genannten Grundsatz sein Bewenden.
Da auch die Voraussetzungen des § 39 ZPO bzw. des Art. 18 EuG-ÜbK nicht gegeben sind – der Beklagte hat bereits in erster Instanz die (internationale) Unzuständigkeit des angegangenen Gerichts gerügt, hat das Amtsgericht zu Recht die Klage wegen fehlender internationaler Zuständigkeit abgewiesen.
Dem Hilfsantrag des Klägers auf Verweisung des Rechtsstreits an das zuständige Gericht in den Niederlanden war nicht zu entsprechen, da § 281 Abs. 1 ZPO nur innerhalb des Staatsgebietes der Bundesrepublik Deutschland einschließlich Berlins gilt und eine Verweisung an ein ausländisches Gericht nach dieser Vorschrift nicht erfolgt (vgl. Baumbach-Lauterbach-Albers-Hartmann, ZP0, 45. Aufl., § 281 Anm. 1 C; Thomas-Putzo, ZPO, 14. Aufl., § 281 Anm. 1 a). Das EuG-ÜbK selbst enthält zudem keine Verweisungsregelung, die Verweisung an ein ausländisches Gericht zulassen würde (vgl. Baumbach-Lauterbach-Albers-Hartmann, aaO, Schlußanhang VC 1).