Die Klägerin, die eine Weinkellerei betreibt, nimmt die Beklagten, eine in Italien ansässige Weinhandelsgesellschaft und deren Geschäftsführer, auf Schadensersatz in Anspruch.
Die Klägerin bestellte bei der Beklagten zu 2 durch Vermittlung der Firma W. GmbH in E./Tirol vier Autotanks = ca. 1.000 hl Tafelweißwein mit 9,1 % Alkohol und 34 g Restzucker. Laut Bestätigungsschreiben der Firma W. an den Beklagten zu 1 war der Wein zum vereinbarten Preis „franco partenza Torino“ (= frei Abfahrt Turin) zu liefern und dort durch eine von der Firma W. beauftragte Transportagentur zu verladen und abzutransportieren, was am 22. November 1983 geschah. In den von den Beklagten ausgestellten Begleitdokumenten war ein Alkoholwert von 9,1 Vol- % angegeben. Nach der Anlieferung am 24. November 1983 untersuchte die Klägerin den Wein, ermittelte einen Alkoholgehalt von nur 8,88 % und sandte den Wein daraufhin nach Italien zurück. Zu dem Ergebnis eines Alkoholgehaltes von 8,88 % gelangte auch das Sachverständigengutachten, das im Rahmen eines von der Klägerin beim Amtsgericht Cochem eingeleiteten Beweissicherungsverfahrens erstattet wurde.
Mit Mahnbescheiden des Amtsgerichts Cochem vom 13. Januar 1984, deren wirksame Auslandszustellung die Beklagten bestritten haben, hat die Klägerin diesen gegenüber Ersatzansprüche wegen der Kosten für Hin- und Rückfracht in Höhe von 20.339,40 DM zuzüglich der Kosten für das Beweissicherungsverfahren in Höhe von 629,50 DM geltend gemacht. Die Mahnbescheide enthielten unter Bezugnahme auf § 174 Abs. 2 ZPO iVm § 36 Abs. 3 AusfG zum EuG-Übk vom 27. September 1968 den Hinweis, daß die Beklagten einen im Amtsgerichtsbezirk Cochem wohnenden Zustellungsbevollmächtigten zu benennen hätten, widrigenfalls alle späteren Zustellungen durch Aufgabe zur Post mittels „Einschreiben“ erfolgen könnten. Dementsprechend wurden die am 2. August 1984 erlassenen Vollstreckungsbescheide den Beklagten durch Aufgabe zur Post zugestellt, gelangten am 11. August 1984 zum Postamt in Turin und am 24. August 1984 in den Besitz der Beklagten. Mit Telegramm vom 24. August 1984 sowie mit Schriftsatz vom gleichen Tage, der am 27. August 1984 bei Gericht einging, haben die Beklagten Einspruch gegen die Vollstreckungsbescheide eingelegt.
Die Klägerin ist der Ansicht, die Einsprüche seien verspätet, weil die Zustellung der beiden Vollstreckungsbescheide durch Aufgabe zur Post nach der in der Revisionsinstanz vorgelegten Bestätigung des beauftragten Gerichtsvollziehers bereits am 7. August 1984 wirksam erfolgt sei. Die internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts für die Entscheidung über die geltend gemachten Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung und aus positiver Vertragsverletzung sei gegeben. Neben ihren vertraglichen Pflichten hätten die Beklagten weinrechtliche Vorschriften über den Mindestalkoholgehalt, über die Angabe des Alkoholgehalts in den Begleitdokumenten sowie über unzulässige Zuckerung zumindest fahrlässig verletzt.
Die Beklagten vertreten demgegenüber die Auffassung, ihre Einsprüche seien rechtzeitig erfolgt. Die für die Vollstreckungsbescheide gewählte Zustellungsart sei unzulässig und die Zustellung daher unwirksam gewesen. Weiter haben sie die internationale Zuständigkeit des angerufenen deutschen Gerichts bestritten, weil für die vertraglichen Ansprüche Turin als Erfüllungsort vereinbart worden sei und die von der Klägerin behauptete unerlaubte Handlung allenfalls in Italien begangen sein könne. Hilfsweise haben sie unter Vorlage entsprechender Prüfberichte vorgetragen, der Wein habe sowohl vor seinem Abtransport als auch nach dem Rücktransport einen Alkoholgehalt von mindestens 9,04 % aufgewiesen und damit den einschlägigen EWG-Bestimmungen entsprochen. Deren Schutzbereich erfasse zudem nicht den von der Klägerin geltend gemachten Vermögensschaden.
Das Landgericht hat unter Aufhebung der Vollstreckungsbescheide die Klage hinsichtlich der geltend gemachten vertraglichen Ansprüche als unzulässig und hinsichtlich der Ansprüche aus unerlaubter Handlung als unbegründet abgewiesen. Mit ihrer Sprungrevision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Begehren weiter, die Einsprüche der Beklagten gegen die Vollstreckungsbescheide als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise die Vollstreckungsbescheide aufrechtzuerhalten.
Entscheidungsgründe
I. Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt vorrangig davon ab, ob die Einsprüche der Beklagten vom 24. August 1984 gegen die Vollstreckungsbescheide vom 2. August 1984 rechtzeitig eingelegt wurden. Fehlte es an dieser, auch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfenden Prozeßfortsetzungsbedingung (vgl. BGH-Urteil vom 5. Dezember 1980 – I ZR 51/80 = NJW 1981, 1673, 1674), so müßten die Einsprüche ohne weiteres als unzulässig verworfen werden (§§ 700 Abs. 1, 341 Abs. 1 ZPO). Es verbliebe dann bei den Vollstreckungsbescheiden, die rechtskräftig geworden wären. In Betracht kommt eine Verspätung der Einsprüche aber nur dann, wenn die Zustellung der Vollstreckungsbescheide wirksam war und daher die Einspruchsfrist der §§ 700 Abs. 1, 339 Abs. 1 ZPO überhaupt in Lauf gesetzt wurde.
1. Das Landgericht hat dazu ausgeführt, die Einsprüche der Beklagten seien in jedem Falle (d.h. unabhängig vom Zeitpunkt der Aufgabe der Vollstreckungsbescheide zur Post) rechtzeitig eingelegt worden. Denn die Zustellung durch Aufgabe zur Post sei trotz des entsprechenden Hinweises in den vorangegangenen – gemäß § 181 Abs. 2 ZPO wirksam an die Hausmeisterin der Beklagten zugestellten – Mahnbescheiden unwirksam. Dies folge daraus, daß die hier gewählte Zustellung gemäß § 175 ZPO eine Inlandszustellung darstelle, während eine Auslandszustellung nach § 199 ZPO zu bewirken gewesen sei. Sonach habe wegen unwirksamer Zustellung der Vollstreckungsbescheide die Einspruchsfrist nicht zu laufen begonnen.
2. Dem ist im Ergebnis beizupflichten.
a) Zwar kann dem Landgericht darin nicht gefolgt werden, daß die Zustellung an eine im Ausland wohnende Partei, wie hier die Beklagten, ausschließlich im Verfahren gemäß § 199 ZPO, nicht aber auch durch Aufgabe zur Post gemäß § 175 Abs. 1 Satz 2, 3 ZPO bewirkt werden könne. Das Gegenteil ergibt sich schon aus dem Zusammenhang des § 175 ZPO mit § 174 ZPO, dessen Abs. 2 gerade die im Ausland wohnende Partei betrifft (vgl. auch BGH, Beschluß vom 28. September 1978 – IV ZB 104/78 = NJW 1979, 218; Stein/Jonas/Schumann, ZPO, 20. Aufl., § 175 Rn. 8). Eine Zustellung nach § 175 ZPO stellt lediglich insofern ausnahmslos eine Zustellung im Inland dar, als sie mit der Aufgabe der zuzustellenden Schriftstücke zu einem inländischen Postamt als bewirkt gilt, und zwar auch dann, wenn der Zustellungsadressat im Ausland wohnt (vgl. § 174 Abs. 2 sowie OLG München, Rechtspfleger 1983, 75; Thomas/Putzo, ZPO, 14. Aufl., § 175 Anm. 2). Die Zustellung auch an eine im Ausland wohnende Partei in dieser vereinfachten, fiktiven Form zu ermöglichen, ist gerade der Sinn der §§ 174 Abs. 2, 175 Abs. 1 ZPO. Anders als bei der Auslandszustellung gemäß § 199 ZPO braucht hier auch keine besondere Einspruchsfrist (§ 700 Abs. 1 in Verbindung mit § 339 Abs. 2 ZPO) bestimmt zu werden (vgl. RGZ 98, 139). Es gilt vielmehr die Zweiwochenfrist des § 339 Abs. 1 ZPO, die mit der Aufgabe zur Post zu laufen beginnt.
b) Da die Vollstreckungsbescheide nach der von der Klägerin in der Revisionsinstanz vorgelegten und hier im Rahmen der Amtsprüfung beachtlichen (vgl. BGH-Urteil vom 14. Dezember 1959 = V ZR 197/58 = BGHZ 31, 279, 282) Bestätigung des beauftragten Gerichtsvollziehers am 7. August 1984 zur Post gegeben wurden, wäre bei Ordnungsmäßigkeit dieser Zustellung die zweiwöchige Einspruchsfrist gemäß §§ 700 Abs. 1, 339 Abs. 1 ZPO am 21. August 1984 abgelaufen (§§ 222 ZPO, 187, 188 BGB), so daß die Einsprüche vom 24. August 1984 verspätet wären. Die Wirksamkeit der Zustellung scheitert jedoch am Fehlen der Voraussetzungen des § 175 Abs. 1 ZPO.
Gemäß § 175 Abs. 1 Satz 1, 2 ZPO ist eine Zustellung durch Aufgabe zur Post erst dann zulässig, wenn die Partei entgegen ihrer Verpflichtung aus § 174 ZPO einen Zustellungsbevollmächtigten nicht bei der nächsten gerichtlichen Verhandlung oder in einem vorher dem Gegner zugestellten Schriftsatz benannt hat (vgl. BGH, Beschluß vom 28. September 1978 aaO; Stein/Jonas/Schumann aaO Rn. 7). Hier hat, da es sich um ein Mahnverfahren handelt, vor der Zustellung der Vollstreckungsbescheide eine mündliche Verhandlung nicht stattgefunden, und die Beklagten haben auch keinen Schriftsatz eingereicht oder zustellen lassen, so daß es an den Voraussetzungen des § 175 Abs. 1 Satz 2 ZPO fehlt und die Zustellung deshalb nicht gemäß § 175 Abs. 1 Satz 3 ZPO mit Aufgabe zur Post als bewirkt anzusehen ist. Im gleichen Sinne hat der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs für den entsprechenden Fall der Zustellung eines ohne mündliche Verhandlung ergangenen Versäumnisurteils an einen im Ausland wohnenden Beklagten entschieden (BGH, Beschluß vom 28. September 1978 – IV ZB 104/78 = NJW 1979, 218).
Entgegen der Ansicht der Revision kann für das vorliegende Mahnverfahren auch im Hinblick auf § 36 Abs. 3 Satz 2 des Ausführungsgesetzes zum Übereinkommen der Europäischen Gemeinschaft über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuG-Übk) vom 29. Juli 1972 (BGBl I 1328) nichts anderes gelten (so zutreffend LG Frankfurt NJW 1976, 1597; zustimmend Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 44. Aufl., § 175 Anm. 1 A; Zöller/Stephan, ZPO, 14. Aufl., § 175 Rn. 2; anders ohne nähere Begründung Poser Rechtspfleger 1973, 353, 354). Nach § 36 Abs. 3 Satz 2 aaO ist „in dem Mahnbescheid .... der Antragsgegner darauf hinzuweisen, daß er einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen hat (§ 174 der Zivilprozeßordnung)“. Diese Bestimmung statuiert lediglich eine – in § 174 Abs. 2 ZPO nicht enthaltene – Hinweispflicht. Im übrigen enthält § 36 des Ausführungsgesetzes weder eine Fristenregelung für die Benennung noch eine Rechtsfolgenregelung für den Fall der Nichtbenennung des Zustellungsbevollmächtigten. Auch aus der amtlichen Begründung zu § 36 des Ausführungsgesetzes (BT-Drucks. VI/3426 S. 25, 26) ist nichts ersichtlich, was für die Auffassung der Revision sprechen könnte. Abs. 3 Satz 2 der Vorschrift wird darin nicht einmal erwähnt. Hätte der Gesetzgeber für das Mahnverfahren eine von §§ 174, 175 ZPO abweichende Regelung treffen wollen, so hätte dies deutlich zum Ausdruck gebracht werden müssen. Daran fehlt es indessen. Es ist daher davon auszugehen, daß die zivilprozessualen Voraussetzungen einer Zustellung durch Aufgabe zur Post uneingeschränkt auch im Anwendungsbereich des § 36 AusfG EuG-Übk gelten und dessen Sinn lediglich darin liegt, die ausländische Partei über ihre Verpflichtung gemäß § 174 Abs. 2 ZPO und die nach § 175 ZPO gegebenenfalls eintretenden Rechtsfolgen zu belehren.
Der Revision mag zugegeben werden, daß diese Regelung das Mahnverfahren gegenüber ausländischen Schuldnern wegen der Notwendigkeit einer zweimaligen Auslandszustellung (des Mahn- und des Vollstreckungsbescheids) gemäß § 199 ZPO erschwert. Dies rechtfertigt es aber nicht, im Wege einer – vom Wortlaut nicht gedeckten – Auslegung des § 36 Abs. 3 Satz 2 des Ausführungsgesetzes die für eine Zustellung nach § 175 ZPO aufgestellten Voraussetzungen zugunsten des inländischen Gläubigers und zu Lasten des ausländischen Schuldners zu verkürzen. Das Interesse des Gläubigers, möglichst rasch zu einem Vollstreckungstitel zu kommen, muß auch in anderen Fällen, so z.B. in dem oben erwähnten, vom IV. Zivilsenat entschiedenen Fall der Zustellung eines nach § 331 Abs. 3 ZPO ohne mündliche Verhandlung gegen einen ausländischen Beklagten ergangenen Versäumnisurteils, hintanstehen.
Mangels wirksamer Zustellung der Vollstreckungsbescheide war somit die Einspruchsfrist noch nicht abgelaufen, als die Einsprüche der Beklagten am 24. August 1984 eingelegt wurden.
II. 1. Neben dem Einwand der internationalen Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts (dazu unten III.) machen die Beklagten geltend, schon die Mahnbescheide seien nicht ordnungsgemäß zugestellt und ihnen nie zugegangen, weshalb das Verfahren gemäß Art. 15 des Haager Zustellungsübereinkommens vom 15. November 1965 hätte ausgesetzt werden müssen.
Es kann dahingestellt bleiben, ob die Mahnbescheide – als verfahrenseinleitende Schriftstücke (vgl. EuGH Urteil vom 16. Juni 1981 – 166/80 = EuGH E 1981, 1593) – hier „ordnungsgemäß nach dem Recht des um die Zustellung ersuchten Staates zugestellt“ worden sind (vgl. Art. 20 Abs. 3 EuG-Übk vom 27. September 1968, BGBl 1972 II S. 774, iVm Art. 15 Abs. 1 des Haager Übereinkommens über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen vom 15. November 1965, BGBl 1977 II S. 1453). Denn jedenfalls kommt nach Art. 15 Abs. 1 Haager Zust.-Übk eine Aussetzung des Verfahrens zur Feststellung ordnungsmäßiger Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks nur in Betracht, wenn und solange sich der Beklagte auf das Verfahren nicht eingelassen hat. Die Beklagten haben sich indessen auf das Verfahren eingelassen, indem sie sich nach Einlegung ihres Einspruchs nicht auf die Rüge mangelhafter Zustellung der Mahnbescheide beschränkt, sondern primär die internationale Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts geltend gemacht und hilfsweise auch zur Sache Stellung genommen haben (vgl. Bülow/Böckstiegel/Müller, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen B I 1 e Anm. IV 4, S. 166; vgl. auch zu § 328 Abs. 1 Nr. 2 ZPO BGH Urteil vom 7. März 1979 – IV ZR 30/78 = BGHZ 73, 378, 381 unter 2. und zu §§ 333, 345 ZPO BGH Urteil vom 27. Mai 1986 – IX ZR 152/85 = WM 1986, 1127, 1129). Damit wurde den Beklagten rechtliches Gehör, das Art. 15 Abs. 1 Haager Zust.-Übk sicherstellen will, in vollem Umfang gewährt. Für eine Aussetzung des Verfahrens nach Art. 15 Abs. 1 Haager Zust.-Übk ist daher kein Raum mehr.
2. Trotz – möglicherweise – fehlerhafter Zustellung der Mahnbescheide und damit zunächst nicht eingetretener Rechtshängigkeit (vgl. § 700 Abs. 2 ZPO) ist die Sache inzwischen spätestens dadurch rechtshängig geworden, daß dem Prozeßbevollmächtigten der Beklagten die Anspruchsbegründung der Klägerin vom 20. November 1984 zugestellt wurde. Daß nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 24. Februar 1972 (II ZR 7/71 = BGHZ 58, 177) die fehlerhafte Auslandszustellung einer Klage auch nicht über § 187 Satz 1 ZPO Rechtshängigkeit begründen kann, steht einem anderweitigen oder späteren Eintritt der Rechtshängigkeit nicht entgegen.
III. Nachdem die Beklagten in der Vorinstanz in erster Linie die internationale Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts geltend gemacht haben und daher ihre vorsorgliche Sacheinlassung keine zuständigkeitsbegründende Einlassung auf das Verfahren gemäß Art. 18 EuG-Übk darstellt (EuGHE 1981, 1671; EuGH NJW 1984, 2760/61), kann eine Sachentscheidung über die eingeklagten Ansprüche nur ergehen, wenn und soweit dafür deutsche Gerichte international zuständig sind, was in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen ist (vgl. BGH Beschluß vom 14. Juni 1965 – GSZ 1/65 = BGHZ 44, 46, 52; BGH Urteil vom 5. Mai 1982 – IVb ZR 697/80 = BGHZ 84, 17, 18).
1. a) Das Landgericht hat seine internationale Zuständigkeit zur Entscheidung über die geltend gemachten vertraglichen Schadensersatzansprüche verneint. Es hat ausgeführt, die Lieferungsvereinbarung „franco partenza Torino“ sei dahin auszulegen, daß als Erfüllungsort für die Weinlieferung Turin vereinbart sei. Dem stehe nicht entgegen, daß der Wein am Sitz der Klägerin zu verzollen und zu untersuchen gewesen sei. Einen gegenteiligen internationalen Handelsbrauch hinsichtlich des Erfüllungsorts bei Weinimporten habe die Klägerin nicht behauptet. Da Turin Erfüllungsort sei, sei gemäß Art. 5 Nr. 1 EuG-Übk die internationale Zuständigkeit des erkennenden Gerichts zur Entscheidung über die geltend gemachten vertraglichen Schadensersatzansprüche nicht gegeben, die Klage daher insoweit als unzulässig abzuweisen.
b) Dagegen hat das Landgericht seine internationale Zuständigkeit hinsichtlich der aus demselben Sachverhalt abgeleiteten Ansprüche aus unerlaubter Handlung gemäß Art. 5 Nr. 3 EuG-Übk bejaht. Ob und inwieweit sich bei Anspruchskonkurrenz die Entscheidungszuständigkeit eines Gerichts auf alle oder nur einzelne Anspruchsgründe erstrecke, sei nach dem jeweiligen Recht des Gerichtsstaats zu beurteilen. Nach dem insoweit maßgebenden deutschen Recht sei aber die Entscheidungszuständigkeit hinsichtlich konkurrierender Ansprüche aus Vertrag und unerlaubter Handlung jeweils gesondert zu prüfen. Art. 5 Nr. 3 EuG-Übk eröffne für Deliktsansprüche eine Gerichtszuständigkeit am Handlungsort und am Ort des Schadenseintritts. Da ein etwaiger Schaden aufgrund unerlaubter Handlung der Beklagten am Sitz der Klägerin eingetreten sei, sei das angerufene Gericht gemäß Art. 5 Nr. 3 EuG-Übk zur Entscheidung über die geltend gemachten Ansprüche aus unerlaubter Handlung international zuständig.
c) Der geltend gemachte Anspruch aus unerlaubter Handlung sei jedoch unbegründet. Eine unerlaubte Handlung der Beklagten zu 2 scheide schon begriffsnotwendig aus, weil sie als juristische Person keine Strafgesetze verletzen könne. Ebenso sei eine strafbare Handlung des Beklagten zu 1 in der Form des Betruges oder der Untreue mangels irgendwelcher Anhaltspunkte für einen dahingehenden Vorsatz zu verneinen. Auf einen etwaigen Verstoß des Beklagten zu 1 gegen die §§ 67 ff des Weingesetzes iVm EWG- Bestimmungen über die Begleitdokumente komme es nicht an, weil der vom Kläger geltend gemachte Schaden nicht in den Schutzbereich dieser Bestimmungen falle. Mit diesen seien nur formelle Einfuhrvoraussetzungen geschaffen, nicht aber der Schutz der allgemeinen Vermögensinteressen des Importeurs – hier Vermeidung unnötiger Transportkosten – bezweckt.
2. Die Ansicht des Landgerichts, daß die Parteien Turin als Erfüllungsort vereinbart hätten und deshalb die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte jedenfalls nicht über Art. 5 Nr. 1 EuG-Übk begründet werden kann, wird von der Revision nicht angegriffen. Sie ist auch aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Die Klausel „frei“ oder „franco“ bezeichnet im Zweifel den Lieferort (vgl. Dölle/Huber, Kommentar zum einheitlichen Kaufrecht, Art. 23 Rn. 19). Überdies war hier Abholung durch einen seitens der Klägerin beauftragten Spediteur vereinbart. Daß der Erfüllungs- und der Untersuchungsort für die Ware auseinanderfallen können, ergibt sich schon aus Art. 19 Abs. 1, 2, 38 des hier gemäß Art. 1 anwendbaren und nicht gemäß Art. 3 ausgeschlossenen Einheitlichen Kaufgesetzes. Da es für die internationale Entscheidungszuständigkeit hinsichtlich vertraglicher Schadensersatzansprüche auf den Ort ankommt, an dem die verletzte Verpflichtung – hier Übergabe vertragsgemäßer Ware – zu erfüllen war (vgl. EuGH-Urteil vom 6. Oktober 1976 Rs 14/76 = NJW 1977, 490) und dieser Ort überdies auch Erfüllungsort für einen nach dem einheitlichen Kaufgesetz geschuldeten Schadensersatz ist (vgl. Senatsurteil vom 22. Oktober 1980 – VIII ZR 264/79 – BGHZ 78, 257, 260), ist die Zuständigkeit deutscher Gerichte gemäß Art. 5 Nr. 1 EuG-Übk nicht gegeben.
3. Entgegen der Ansicht des Landgerichts ist aber auch die Zuständigkeit deutscher Gerichte zur Entscheidung über die geltend gemachten Ansprüche aus unerlaubter Handlung gemäß Art. 5 Nr. 3 EuG-Übk zu verneinen. Da die internationale Zuständigkeit auch noch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu überprüfen ist (vgl. die Nachweise unter III. am Anfang), kommt es nicht darauf an, daß das Landgericht insoweit seine Zuständigkeit bejaht und nur die Klägerin Revision eingelegt hat (vgl. auch BGH Urteil vom 30. Januar 1969 – X ZR 19/66 = LM Nr. 8 zu § 38 ZPO; kritisch dazu Zöller/Geimer, ZPO, 14. Aufl., IZPR Rn. 624). Dies gilt jedenfalls für den hier gegebenen Fall, daß der Beklagte und Revisionsbeklagte die Rüge der internationalen Unzuständigkeit auch noch in der Revisionsinstanz aufrechterhält. Fehlt die internationale Zuständigkeit als eine Prozeßvoraussetzung, so muß die Klage insgesamt als unzulässig abgewiesen werden. Wegen fehlender materieller Rechtskraftwirkung einer Prozeßabweisung wird die Klägerin dadurch nicht unzulässig schlechter gestellt (vgl. Zöller/Schneider, ZPO, § 559 Rn. 3).
a) Nach Art. 5 Nr. 3 EuG-Übk ist für die Entscheidung über Ansprüche aus einer unerlaubten Handlung das Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist, zuständig. Erforderlich ist zumindest ein schlüssiger Vortrag der die Zuständigkeit begründenden Tatsachen (vgl. Bülow/Böckstiegel/Linke, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen, B I 1 e Nr. 606, S. 68 = Art. 5 Anm. III 2 c; Kropholler, Handbuch des internationalen Zivilverfahrensrechts, Bd. 1, Kap. III Rn. 692, S. 462; weitergehend Geimer, Internationale Urteilsanerkennung, Bd. I, 1. Halbband, S. 634 f.).
aa) Die Klägerin macht Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB iVm weinrechtlichen Bestimmungen geltend und hat dazu vorgetragen, der von den Beklagten als „Tafelwein“ gelieferte Wein habe mit 8,88 Vol- % Alkohol den Vorschriften über den Mindestalkoholgehalt für Tafelwein der Weinbauzone C II (9 Vol- %) gem. Anhang II Nr. 11 der EWG-VO 337/79 (EWG-Abl Nr. L 54/5/32; abgedruckt bei Zipfel, Lebensmittelrecht, Bd. I unter 402 a) nicht entsprochen. Die Beklagten hätten daher gegen §§ 67 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 iVm § 46 Abs. 1, 2 WeinG und der erwähnten EWG-VO verstoßen. Weiter hat die Klägerin ausgeführt, die Angaben der Beklagten in den Begleitdokumenten über den Alkoholgehalt des Weins (9,1 Vol- %) hätten sich nicht innerhalb der Toleranzgrenze von 0,2 Vol- % gehalten (§ 68 Abs. 2 Nr. 4, 69 Abs. 1, 5 Nr. 3 WeinG iVm Anlage 2 Abschn. 2 und Art. 8 Abs. 1, 6 der EWG-VO Nr. 1153/75; Text bei Zipfel aaO Bd. I A 401 b). Schließlich hat sie behauptet, dem Wein sei Rohrzucker zugesetzt worden, was gegen § 67 Abs. 1, 3 WeinG iVm Anlage 1 Abschn. I („Süßung“) sowie Art. 35 EWG-VO Nr. 337/79 (Text bei Zipfel aaO Bd. I A 402 a) verstoße.
bb) Ob hiernach eine unerlaubte Handlung schlüssig vorgetragen und das schädigende Ereignis im Inland eingetreten ist und demgemäß nach Art. 5 Nr. 3 EuG-Übk die Zuständigkeit des hier angerufenen inländischen Gerichts zu bejahen wäre, ist nach deutschem Deliktsrecht zu beurteilen. Aus dem Prozeßverhalten der Parteien ergibt sich nämlich, daß sie stillschweigend die Anwendung deutschen Deliktsrechts vereinbart haben. Sie haben die Haftung der Beklagten aus unerlaubter Handlung übereinstimmend ausschließlich unter dem Gesichtspunkt des § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit den oben erwähnten weinrechtlichen Bestimmungen erörtert und damit zu erkennen gegeben, daß sie eine Entscheidung auf der Grundlage des deutschen Deliktsrechts erstreben. Eine solche Rechtswahl ist zulässig und macht die Ermittlungen des sonst nach dem Tatort anzuwendenden Deliktstatuts entbehrlich (vgl. BGH Urteile vom 17. März 1981 – VI ZR 268/78 = NJW 1981, 1606 unter II 2 b; vom 6. November 1973 – VI ZR 199/71 = NJW 1974, 410; vom 26. November 1964 – II ZR 55/63 = BGHZ 42, 385, 389).
cc) Bei Anwendung deutschen Deliktsrechts mag zwar eine unerlaubte Handlung im Sinne des Art. 5 Nr. 3 EuG-Übk schlüssig dargetan sein. Es fehlt jedoch an der weiteren – zuständigkeitsbegründenden – Voraussetzung dieser Vorschrift, daß das schädigende Ereignis im Inland eingetreten ist. Der bloße Umstand, daß die Klägerin an ihrem Sitz in Cochem die Kosten für den Transport des Weins gezahlt hat, besagt für den Ort des schädigenden Ereignisses noch nichts. Dafür kann der mehr oder weniger zufällige Zahlungsort nicht ausschlaggebend sein. Zwar hat der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 30. November 1976 (Rs 21/76 = EuGHE 1976, 1735 = NJW 1977, 493) ausgeführt, daß als „Ort an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist“, sowohl der Ort des für den Schaden ursächlichen Geschehens als auch der Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs anzusehen sei. In dem der Entscheidung zugrundeliegenden Falle waren die Pflanzungen eines holländischen Gärtnereibetriebes durch eine grenzüberschreitende Gewässerverschmutzung geschädigt worden. Als Ort des schädigenden Ereignisses konnte daher neben dem Handlungsort auch die in Holland erfolgte Eigentumsverletzung an den Pflanzungen angesehen werden. Weder daraus noch aus der gesetzlichen Formulierung läßt sich aber entnehmen, daß als Ort des schädigenden Ereignisses jeder Ort infrage kommt, an dem sich irgendeine (bloße) Schadensfolge verwirklicht hat. Aus der gesetzlichen Formulierung ergibt sich vielmehr, daß als Ort des schädigenden Ereignisses neben dem Handlungsort allenfalls noch der Ort der tatbestandsmäßigen Deliktsvollendung in Betracht kommt (vgl. Geimer/Schütze, Internationale Urteilsanerkennung, Bd. I, 1. Halbband, S. 633; Bülow/Böckstiegel/Linke, aaO, B I 1 e, Nr. 606, S. 71).
Hier liegt im Inland weder der Ort, an dem die – gegen die erwähnten weinrechtlichen Vorschriften verstoßenden – Ausführungshandlungen begangen wurden, noch der Ort, an dem der Erfolg dieser Ausführungshandlungen, der durch die weinrechtlichen Bestimmungen verhindert werden soll, eingetreten ist. Die von der Klägerin vorgetragenen unerlaubten Handlungen sind vielmehr bis zu ihrer tatbestandsmäßigen Vollendung ausschließlich in Italien begangen worden. Dort wurde der Wein der Klägerin bzw. dem ihrerseits beauftragten Frachtführer übergeben und damit in Verkehr gebracht (vgl. § 45 Abs. 8, § 67 Abs. 1 Nr. 1, 2, § 69 Abs. 4 WeinG). Ebenso wurden die – angeblich unrichtigen – Begleitdokumente in Italien ausgestellt und übergeben. Die Einfuhr der Ware ins Inland wurde nicht von den Beklagten, sondern von der Klägerin besorgt. Auch die von der Beklagten behauptete Irreführung über die Qualität der Weinerzeugnisse, vor der die weinrechtlichen Bestimmungen den Verkehr zu schützen bezwecken (vgl. EuGH Urteil vom 25. Februar 1981 – RS 56/80 = LRE 13, 172, 175 f zu EWG-VO Nr. 337/79 und Nr. 355/79), ist in Italien erfolgt, als ihr Beauftragter im Vertrauen auf die Richtigkeit der Qualitätsangaben der Beklagten den Wein zum Transport übernahm. An ihrem inländischen Sitz ließ sich die Klägerin durch diese Qualitätsangaben nicht irreführen und sandte den Wein deshalb zurück.
dd) Für einen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit Betrug (§ 263 StGB) oder Untreue (§ 266 StGB) fehlt es an jeglichem schlüssigen Vortrag von Tatsachen, die auf einen Vorsatz der Beklagten hindeuten könnten. Die Klägerin ist mit ihrer Revision auf diese, vom Landgericht verneinte Anspruchsgrundlage auch nicht mehr zurückgekommen.
4. Da demnach die Zuständigkeit deutscher Gerichte zur Entscheidung über die geltend gemachten Ansprüche aus unerlaubter Handlung nicht gegeben ist, erübrigt sich die von der Revision angeregte Vorlage der Sache an den Europäischen Gerichtshof zur Vorabentscheidung über die Frage, ob die Zuständigkeit zur Entscheidung über die vertraglichen Ansprüche kraft Sachzusammenhangs mit den aus demselben Sachverhalt abgeleiteten deliktischen Ansprüchen begründet werden kann.
Die Klage war somit auch hinsichtlich der geltend gemachten Ansprüche aus unerlaubter Handlung als unzulässig abzuweisen.