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Zusammenfassung der Entscheidung Die deutsche Klägerin und die belgische Beklagte haben in Hamburg (DE) einen mündlichen Kaufvertrag abgeschlossen. Die Beklagte leistete eine Vorauszahlung und erhielt die gekaufte Ware noch am gleichen Tag. Zusammen mit der Ware erhielt die Beklagte von der Klägerin ein Schreiben, das als „Auftragsbestätigung und Rechnung“ bezeichnet wurde. Dieses Schreiben enthielt auf seiner Vorderseite einen Hinweis auf die umseitig abgedruckten Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Klägerin. Diese Bedingungen enthielten eine die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte begründende Gerichtsstandsklausel. Die Klägerin klagt nunmehr gegen die Beklagte vor einem deutschen Gericht auf Zahlung des Restkaufpreises.
Der Bundesgerichtshof (DE) befasst sich mit der Frage, ob zwischen den Parteien eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung gemäß Art. 17 EuGVÜ zustande gekommen sei. Diese Frage wurde in den Vorinstanzen ganz unterschiedlich beantwortet. Das Gericht erster Instanz hatte die Klage mangels internationaler Zuständigkeit der deutschen Gerichte abgewiesen. Es war der Ansicht, dass die Gerichtsstandsvereinbarung nicht den Formerfordernissen des Art. 17 Abs. 1 EuGVÜ genüge. Dagegen fand das Gericht zweiter Instanz, dass die Form nach Art. 17 Abs. 1 EuGVÜ gewahrt sei, weil durch die Auftragsbestätigung der Klägerin der zwischen den Parteien zuvor mündlich abgeschlossene Vertrag i.S. dieser Vorschrift schriftlich bestätigt worden sei. Der Bundesgerichtshof (DE) legt nunmehr die aus diesem Anlass zu klärenden Fragen über die Auslegung des Art. 17 Abs. 1 EuGVÜ dem EuGH zur Vorabentscheidung vor.
JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission
I. Auf den Streitfall zwischen der deutschen Klägerin und der belgischen Beklagten ist das Übereinkommen der Europäischen Gemeinschaft über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. September 1968 anzuwenden, weil die am 7. Februar 1973 beim deutschen Gericht eingereichte Klage am 3. März 1973 in Brüssel an die Beklagte zugestellt und damit nach deutschem Recht erhoben wurde (§ 253 Abs. 1 ZPO; Art. 54 Abs. 1 EGÜbk).
II. Auszulegen ist Art. 17 Abs. 1 des Übereinkommens der Europäischen Gemeinschaft über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. September 1968.
III. Beide Parteien sind Kaufleute. Die Beklagte kaufte am 14. September 1971 in H. von der Klägerin Teppiche. Sie übergab der Klägerin als Teilzahlung des Kaufpreises drei Wechsel über zusammen 15.000 US$ und erhielt noch am gleichen Tage in Erfüllung des mündlich abgeschlossenen Kaufvertrags die Ware zusammen mit einem als „Auftragsbestätigung und Rechnung“ bezeichneten Schreiben, das mit folgendem Satz eingeleitet wurde:
„Aufgrund umstehender Bedingungen verkauften und lieferten wir Ihnen im Auftrage unseres iran. Abladers, der Fa. … ab Freihafenlager H., unverzollt und unversteuert, wie besehen und akzeptiert, auf Ihre Rechnung und Gefahr durch Spedition: ...“
Die auf der Rückseite dieser Auftragsbestätigung abgedruckten „Verkaufs-, Lieferungs- und Zahlungsbedingungen“ der Klägerin enthalten unter Nr. 10 folgende Klausel:
„Alle etwaigen Streitigkeiten sind ausschließlich von den h. Gerichten nach den in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Bestimmungen zu entscheiden.“
Auf diese Schreiben hat die Beklagte nicht geantwortet.
Die Klägerin hat beim Landgericht H. Klage auf Zahlung des Restkaufpreises von 45.998,45 DM nebst Zinsen erhoben.
Das Landgericht hat sich mit der Begründung für unzuständig erklärt, die Gerichtsstandsvereinbarung genüge nicht den Erfordernissen des Art. 17 des Übereinkommens vom 27. September 1968. Das Berufungsgericht hat diese Entscheidung aufgehoben und den Rechtsstreit an das Landgericht zurückverwiesen. Es hält die Gerichtsstandsvereinbarung nach Art. 17 Abs. 1 des Übereinkommens für wirksam.
Das Berufungsgericht sieht die Auftragsbestätigung vom 14. September 1971 als ein Bestätigungsschreiben über den Inhalt des mündlich abgeschlossenen Kaufvertrags unter Kaufleuten an.
Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des Urteils des Landgerichts, die Klägerin beantragt, das Rechtsmittel zurückzuweisen.
Für den Erlaß eines Urteils durch den Bundesgerichtshof ist es erforderlich, die eingangs gestellten Fragen über die Auslegung des Art. 17 Abs. 1 des Übereinkommens zu entscheiden, weil die ausschließliche Zuständigkeit der deutschen Gerichte gegeben wäre, wenn eine der Formvorschrift des Art. 17 Abs. 1 des Übereinkommens entsprechende Gerichtsstandsvereinbarung vorläge.