I. Die Antragsgegner wenden sich mit der Beschwerde gegen die Vollstreckbarerklärung eines Urteils des High Court of Justice in London.
Die Antragsgegner standen mit der U C ... L in vertraglichen Beziehungen. Die U C ... L sollte als Maklerin für die Antragsgegner tätig werden und Handelsdienstleistungen im Zusammenhang mit Börsentermingeschäften erbringen. Die U C ... L trat ihre angeblichen Zahlungsansprüche aus dem Vertragsverhältnis an die Antragstellerin ab. Die Antragstellerin erhob Klage gegen die Antragsgegner vor dem High Court of Justice. Die Klage wurde den Anwälten der Antragsgegner in England zugestellt. Daraufhin erstellten die Anwälte der Antragsgegnerin eine Verteidigungsschrift, die den Anwälten der Antragsgegnerin zugestellt worden ist.
Der High Court of Justice erließ ein Urteil, in dem die Schuldner zur Zahlung verpflichtet wurden. Auf Antrag der Antragsgegnerin erklärte das Landgericht Bad Kreuznach das Urteil des High Court of Justice, wonach die Antragsteller an die Antragsgegnerin 50.129,35 englische Pfund und weitere 4.336,53 englische Pfund Zinsen für die Zeit vom 01.12.1997 bis zum 19.01.1999 sowie die Kosten für die Klage und die Klageschrift in Höhe von 3.194,17 englische Pfund zu zahlen haben, für vollstreckbar.
Hiergegen wenden sich die Antragsgegner mit ihrer Beschwerde. Sie vertreten die Auffassung, dass der High Court of Justice im Vereinigten Königreich für die dort anhängig gemachte Klage international nicht zuständig sei. Es handele sich um eine Verbrauchersache im Sinne des Art.13 Abs. 1 Ziffer 3 EuGVÜ mit der Folge, dass die Antragsgegnerin die Antragsteller in der Bundesrepublik Deutschland zu verklagen habe (Art. 14 Abs. 2 EuGVÜ).
II. 1. Die Beschwerde ist gem. Art. 36 Abs. 1, 37 EuGVÜ statthaft und auch innerhalb der Beschwerdefrist von einem Monat (Art. 36 Abs. 1 EuGVÜ, § 11 Abs. 2 AVAG) beim Oberlandesgericht (§ 12 Abs. 1 a VAG) eingelegt worden.
2. Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.
Die Vollstreckbarkeitserklärung ist zu Recht erfolgt.
Das Urteil war nach Art. 26 Abs. 1, 34 Abs. 2 EuGVÜ anzuerkennen. Ein Anerkennungshindernis liegt nicht vor. Insbesondere steht Art. 28 Abs. 1 EuGVÜ einer Anerkennung nicht entgegen, denn der High Court of Justice hat die Vorschriften über die Zuständigkeit in Verbrauchersachen aus dem 4. Abschnitt des Titels II. (Art. 13, 14 EuGVÜ) nicht verletzt.
Dabei kann offenbleiben, ob ursprünglich eine internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nach Art. 14 Abs. 2, 13 Abs. 1 Nr. 3 lit a, b) EuGVÜ gegeben war. Eine Verletzung des Verbrauchergerichtsstands scheidet jedenfalls aus, weil sich die Antragsgegner vor dem High Court of Justice auf das Verfahren eingelassen haben. Auf diese Weise wurde eine internationale Zuständigkeit der englischen Gerichte nach Art. 18 Satz 1 EuGVÜ begründet.
a) Entgegen der Rechtsansicht der Antragsgegner handelt es sich bei dem Verbrauchergerichtsstand aus Art. 13, 14 EuGVÜ nicht um eine ausschließliche Zuständigkeit. Die Gerichte eines Verbraucherstaats können auch bei einer Klage gegen einen Verbraucher international zuständig werden, indem sich der Beklagte gem. Art. 18 Satz 1 EuGVÜ auf das Verfahren einlässt. Der Senat schließt sich in dieser Hinsicht der absolut herrschenden Meinung in der in- und ausländischen Literatur an.
Das Schrifttum geht einhellig davon aus, dass auch in Verbrauchersachen eine internationale Zuständigkeit im Wege der Einlassung auf das Verfahren begründet werden könne (vgl. Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, Art. 18 Rn. 36; Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht, 6. Aufl., Art. 18 Rn. 17; MünchKommZPO/Gottwald, Art. 18 EuGVÜ Rn. 3; Schlosser, EuGVÜ, Art. 13 Rn. 1; Schulte-Beckhausen, Internationale Zuständigkeit durch rügelose Einlassung im Europäischen Zivilprozessrecht, S. 113 ff; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO, 22. Aufl., Art. 18 EuGVÜ Rn. 1; Wieczorek/Schütze/Hausmann, ZPO, 3. Aufl., Anh. I zu § 40, Art. 18 EuGVÜ Rn. 15; aus dem ausländischen Schrifttum: Audit, Droit International Privé, Nr. 551; Gaudemet-Tallon, Les Conventions de Bruxelles et de Lugano, 2. edition, Nr. 145; Czernich/Tiefenthaler, Die Übereinkommen von Lugano und Brüssel, Art. 13 Rn. 3).
Von dieser Position weicht im Ergebnis auch die Kommentierung von Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann/Albers, ZPO, 58. Aufl., Art. 13 EuGVÜ Rn. 1, nicht ab. An dieser Stelle findet sich die Aussage, dass die Vorschriften über den Verbrauchergerichtsstand eine abschließende Zuständigkeitsregelung enthielten. Die Schuldner haben sich auf diese Aussage bezogen und daraus die Schlussfolgerung abgeleitet, im Anwendungsbereich des Verbrauchergerichtsstands sei die Begründung der internationalen Zuständigkeit durch Einlassung auf das Verfahren unzulässig. Eine derartige Interpretation hält der Senat für nicht zutreffend. Die zitierte Aussage bezieht sich auf einen Beitrag von Mankowski (Zu einigen internationalprivat- und internationalprozessrechtlichen Aspekten bei Börsentermingeschäften, RIW 1996, 1001, 1005). Dort wird lediglich betont, dass der Verbrauchergerichtsstand im Verhältnis zu den besonderen Gerichtsständen aus Art. 5, 6 EuGVÜ grundsätzlich als abschließende Sonderregelung anzusehen sei. Zu der Möglichkeit einer Einlassung auf das Verfahren enthält der Beitrag keine Stellungnahme. Vor diesem Hintergrund kann aus der von den Schuldnern wiedergegebenen Kommentarstelle nicht gefolgert werden, im Geltungsbereich der Art. 13, 14 EuGVÜ sei eine Begründung der internationalen Zuständigkeit durch Einlassung auf das Verfahren unmöglich.
Im übrigen ist die Argumentation der herrschenden Meinung vorzugswürdig. Die besonderen Zuständigkeiten in Verbrauchersachen dienen dem Schutz der schwächeren Partei eines Vertrages. Diesen Schutz gewährleistet das EuGVÜ nicht absolut, denn nach Art. 15 Nr. 1 EuGVÜ kann von dem Verbrauchergerichtsstand durch eine Vereinbarung nach Entstehung der Streitigkeit abgewichen werden. Auf der Grundlage dieser Regelung ist es nur konsequent, auch bei Klagen gegen einen Verbraucher die Begründung der internationalen Zuständigkeit nach Art. 18 S. 1 EuGVÜ für zulässig zu erachten (Schulte-Beckhausen, aaO, S. 113).
In diese Richtung deutet bereits der Wortlaut des Art. 18 S. 2 a.E. EuGVÜ: Danach kann die aus Art. 16 EuGVÜ folgende ausschließliche Zuständigkeit der Gerichte eines Vertragsstaats nicht durch die Einlassung auf das Verfahren vor den Gerichten eines anderen Vertragsstaats verdrängt werden. Da ein vergleichbarer Vorbehalt zugunsten des Verbrauchergerichtsstands fehlt, ist die unterschiedliche Behandlung von Art. 16 EuGVÜ im Vergleich zu den Art. 13, 14 EuGVÜ wegen der jeweils verschiedenen Interessenlagen gerechtfertigt: In Art. 16 EuGVÜ haben die Vertragsstaaten diejenigen Zuständigkeiten zusammengefasst, an deren zwingender Durchsetzung ein besonderes öffentliches Interesse besteht. Eine derartige Bedeutung kommt den Verbrauchersachen nicht zu (Schulte-Beckhausen, S. 113 f). Denn - wie Art. 15 Nr. 1 EuGVÜ auch in diesem Zusammenhang zeigt - soll der Verbraucher nur zu einem Zeitpunkt, in dem noch kein Rechtsstreit anhängig ist, vor einer übereilten Preisgabe seines prozessualen Schutzes bewahrt werden. Ansonsten darf von der Zuständigkeitsordnung der Art. 13, 14 EuGVÜ abgewichen werden.
Diese Wertung muss selbst dann gelten, wenn der Verbraucher um die zuständigkeitsbegründende Wirkung seiner Einlassung nicht weiß. Dies folgt zum einen aus dem Umstand, dass selbst bei einer nach Art. 15 Nr. 1 EuGVÜ zulässigen Gerichtsstandsvereinbarung eine entsprechende Kenntnis des Verbrauchers nicht sichergestellt ist: Der Verbraucher muss sich nicht notwendig der Aufgabe eines Gerichtsstands in seinem Heimatstaat bewusst sein und die Tragweite der Vereinbarung zutreffend einschätzen. Zum anderen ging man schon bei Schaffung der Konvention von einer Verdrängung der Art. 13, 14 EuGVÜ durch Art. 18 S. 1 EuGVÜ aus (Jenard-Bericht zum EuGVÜ, BT-Drucks. VI/1973, S. 52 ff. insbesondere S. 75 f). Dennoch wurde auf eine dem § 504 ZPO vergleichbare Hinweispflicht des Richters gegenüber der verklagten Partei verzichtet. Daher muss eine eventuelle unbewusste Begründung eines Gerichtsstands im Wege der Einlassung auf das Verfahren hingenommen werden. Vor diesem Hintergrund ist es Aufgabe des Verbrauchers, sich den erforderlichen Rechtsrat einzuholen.
Diesem Ergebnis steht schließlich - entgegen dem rechtlichen Vorbringen der Schuldner - der Wortlaut des Art. 13 Abs. 1 EuGVÜ nicht entgegen, wonach sich die Zuständigkeit in Verbrauchersachen „nach diesem Abschnitt“ bestimmt. Wie bereits erwähnt, dient dieser Hinweis lediglich dazu, die besonderen Gerichtsstände aus den Katalogvorschriften der Art. 5, 6 EuGVÜ auszuschließen. Nur mit einer solchen Auslegung lässt sich erklären, dass Art. 13. Abs. 1 EuGVÜ den Gerichtsstand der Zweigniederlassung aus Art. 5 Nr. 5 EuGVÜ in Verbrauchersachen ausdrücklich für zulässig erklärt.
Die hier behandelte Rechtsfrage ist nicht nach Art. 3 Abs. 2, 2 Nr. 2, 1 Abs. 1 des Luxemburger Protokolls betreffend die Auslegung des Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zur Entscheidung vorzulegen. Die Lösung des Senats ist in der Literatur unbestritten. Vernünftige Zweifel an dem gefundenen Auslegungsergebnis bestehen nicht. Der Senat ist daher davon überzeugt, dass die Gerichte anderer Vertragsstaaten und der Gerichtshof ebenso urteilen würden. In einem solchen Fall des sog. acte clair scheidet eine Vorlage aus (Geimer/Schütze, aaO, Einl. Rn. 80; Kropholler, aaO, Einl. Rn. 25; Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, 2. Aufl. (1996), Rn. 86).
b) Der Senat ist im Wege der Entscheidung über die Anerkennung befugt, die internationale Zuständigkeit des High Court of Justice nach Art. 18 Satz 1 EuGVÜ nachzuprüfen.
Zwar gilt bei der Anerkennung ausländischer Entscheidungen nach dem EuGVÜ der Grundsatz, dass die internationale Zuständigkeit des erkennenden Gerichts nicht kontrolliert wird (Schlosser, aaO, Art. 27-29 Rn. 1; Thomas/Putzo/Hüßtege, aaO, Art. 28 EuGVÜ Rn. 1). Dieser Grundsatz kann indessen dann nicht gelten, wenn im Rahmen der Anerkennung nach Art. 28 Abs. 1 EuGVÜ zu untersuchen ist, ob eine Verletzung der Vorschriften über den Verbrauchergerichtsstand aus dem 4. Abschnitt des Titels II vorliegt. In einem solchen Fall muss notwendigerweise inzident überprüft werden, ob eine Einlassung auf das Verfahren den Verbrauchergerichtsstand verdrängt hat und deshalb kein Anerkennungshindernis nach Art. 28 Abs. 1 EuGVÜ besteht.
Dieses Problem ist - soweit ersichtlich - bislang in Rechtsprechung und Literatur nicht erörtert worden. Die hier vertretene Lösung lässt sich aber aus entsprechenden Aussagen im Zusammenhang mit einer nachträglichen Gerichtsstandsvereinbarung ableiten: Im Schrifttum ist anerkannt, dass der Zweitrichter im Rahmen des Anerkennungsverfahrens die Wirksamkeit einer nach Entstehung der Streitigkeit abgeschlossenen Gerichtsstandsvereinbarung zugunsten des Erstrichters nachprüfen darf. Nur so könne eine Verletzung des Art. 28 Abs. 1 EuGVÜ untersucht werden (Geimer/Schütze, aaO, Art. 28 Rn. 26 mit Rn. 47). Für eine Einlassung auf das Verfahren nach Art. 18 S. 1 EuGVÜ kann im Ergebnis nichts anderes gelten.
c) Die Antragsgegner haben sich nach Art. 18 Satz 1 EuGVÜ vor dem High Court of Justice auf das Verfahren eingelassen und so die internationale Zuständigkeit der englischen Gerichte begründet.
Der Anwendungsbereich des EuGVÜ war in dem Verfahren vor dem High Court of Justice eröffnet.
Die Klage betraf eine Zivil- und Handelssache im Sinne des Art. 1 Abs. 1 S. 1 EuGVÜ. Die Schuldner hatten als Beklagte ihren Wohnsitz gemäß Art. 54 Abs. 2 EuGVÜ in Verbindung mit § 7 Abs. 1 BGB in der Bundesrepublik Deutschland und damit in einem Vertragsstaat. Auf die in der Literatur kontrovers diskutierte Frage, ob Art. 18 S. 1 EuGVÜ auch dann anzuwenden ist, wenn der Beklagte in keinem Vertragsstaat einen Wohnsitz hat (Nachweise zum Streitstand bei Thomas/Putzo/Hüßtege, aaO, Art. 18 EuGVÜ Rn. 1), kommt es vorliegend nicht an. Jedenfalls ist der persönliche Anwendungsbereich des EuGVÜ nach der allgemeinen Grundregel, die in Art. 2 Abs. 1, 3 Abs. 2, 4 Abs. 1 EuGVÜ zum Ausdruck kommt (vgl. nur Kropholler, aaO, vor Art. 2 Rn. 9 ff.) eröffnet.
Die Einlassung der Schuldner auf das Verfahren vor dem High Court of Justice ist in ihrer Verteidigungsschrift („Defence“) zu sehen, die am 19.05.1998 den Anwälten des Klägers zugestellt worden ist. Der Begriff der Einlassung auf das Verfahren aus Art. 18 S. 1 EuGÜ ist als Ausdruck einer internationalen Konvention autonom auszulegen. Die nationalen Regeln über die rügelose Einlassung werden verdrängt. Der Beurteilung durch das staatliche Prozessrecht bleiben lediglich Fragen nach den allgemeinen Verfahrensvoraussetzungen sowie Fragen nach dem spätesten Zeitpunkt für die Einrede der Unzuständigkeit überlassen, soweit dem Übereinkommen nicht auch insofern eine Aussage entnommen werden kann (MünchKommZPO/Gottwald, aaO, Art. 25 EuGVÜ Rn. 3; Kropholler, aaO Art. 18 Rn. 5 f).
Auf der Grundlage eines autonomen Begriffsverständnisses ist unter Einlassung jede Verteidigung zu verstehen, die unmittelbar auf eine Klageabweisung abzielt (Kropholler, aaO, Art. 18 Rn. 7). Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 30.11.1990 in der Sache 2 U 1072/89 dargelegt hat, muss die fehlende internationale Zuständigkeit nicht ausdrücklich gerügt werden, um die Anwendung des Art. 18 S. 1 EuGVÜ auszuschließen. Aus dem gesamten Vortrag des Beklagten kann sich vielmehr ergeben, dass er das Fehlen der internationalen Zuständigkeit des angerufenen Gerichts geltend machen will (OLG Koblenz RIW 1991, 63 mwN). Derartige Rügen haben die Schuldner indessen vor dem High Court of Justice nicht vorgetragen. Sie haben sich vielmehr aus materiellrechtlichen Gründen gegen den Anspruch der Gläubigerin verteidigt.
Die Verteidigungsschrift der Schuldner geht zunächst auf die tatsächliche Darstellung der Klageschrift ein. Sodann werden Pflichtverletzungen der U C ... L behauptet. Daraus leitet die Schuldnerin schließlich Schadensersatzforderungen gegen die U C ... L ab. An keiner Stelle wird die internationale Zuständigkeit des High Court of Justice bestritten oder in Zweifel gezogen. Die Schuldner erheben ausschließlich die vorgenannten tatsächlichen und materiellrechtlichen Einwendungen. Damit haben sich die Schuldner gegen die Klage verteidigt und wollten unmittelbar eine Klageabweisung erreichen. Auf einen eventuellen Mangel der internationalen Zuständigkeit haben sie sich dabei auch nicht konkludent gestützt. Auf diese Weise haben sich die Schuldner auf die Klage eingelassen.
Da weitere Gründe, die eine Anerkennung hinderten, nicht ersichtlich sind, war die Beschwerde damit zurückzuweisen.