Die zulässige Beschwerde der Klägerin ist in der Sache nicht gerechtfertigt. Das Erstgericht hat zu Recht das Verfahren gemäß § 21 EuGVÜ ausgesetzt, weil die von der Beklagten vor der Arbeitskammer des Bezirksgerichts T in Italien erhobene Klage denselben Anspruch wie die hier erhobene Klage betrifft und das italienische Gericht früher angerufen wurde. Das Beschwerdevorbringen, das die Gründe des hier angefochtenen Beschlusses, auf die in vollem Umfange Bezug genommen wird, nicht zu erschüttern vermag, veranlaßt lediglich zu folgenden ergänzenden Bemerkungen:
1. Zutreffend hat das Erstgericht dargestellt, daß die Klagegegenstände der beiden Verfahren jeweils denselben Streitgegenstand im Sinne von Art. 21 EuGVÜ haben.
Dem steht nicht entgegen, daß die vor dem Erstgericht erhobene Klage des Handelsvertreters im wesentlichen eine Leistungsklage ist, während in dem italienischen Verfahren von der dort klagenden Unternehmerin Feststellung der Beträge verlangt wird, die sie dem hiesigen Kläger aufgrund des (beendeten) Handelsvertreterverhältnisses eventuell schuldet. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 11. Dezember 1996 = NJW 1997, 870) kennt das Übereinkommen im Gegensatz zum deutschen Recht den Wegfall des Feststellungsinteresses für eine Feststellungsklage durch eine Leistungsklage nicht mit der Folge, daß eine im europäischen Ausland erhobene Feststellungsklage durchaus eine im Inland erhobene Leistungsklage blockieren kann.
Zu Recht hat das Erstgericht darauf hingewiesen, daß die Klageansprüche, soweit sie hier vom Kläger noch weiter verfolgt werden, den gleichen Gegenstand haben wie die in Italien erhobene Feststellungsklage. Dazu zählt insbesondere auch der Zeitpunkt der Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses, (Ziffer II des in der mündlichen Verhandlung gestellten Klageantrags denn er ist auch Grundlage für die in Italien zu treffende Entscheidung über den Umfang eventueller Zahlungspflichten der hiesigen Beklagten und dortigen Klägerin. Auch der hier geltend gemachte Anspruch auf Buchauszug unterfällt dem weiten Gegenstandsbegriff des Art. 21 EuGVÜ. Der Anspruch auf Buchauszug ist ein reiner Hilfsanspruch des Handelsvertreters, der ihm die Prüfung seiner eventuellen Zahlungsansprüche ermöglichen soll. Eine anderweitige Rechtshängigkeit der Zahlungsansprüche – und sei es nur in Form eines Feststellungsantrages – macht den Buchauszugsanspruch gegenstandslos.
Zu Recht ist das Erstgericht davon ausgegangen, daß der Klage in Italien zeitliche Priorität zukommt. Für eine Klage vor der Arbeitskammer genügt für die Rechtshängigkeit der Eingang bei Gericht, worauf die Beklagte unter Bezugnahme auf die Entscheidung des corte de cassazione vom 16. April 1992, Nr. 4676 hinweist. Der Eingang bei Gericht liegt unstreitig zeitlich vor der förmlichen Zustellung der hier erhobenen Klage und deren Erweiterung.
2. Die Herbeiführung einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes über die Frage, ob für die Priorität im Sinne von Art. 21 EuGVÜ der Klageeingang oder die Zustellung der Klage ausschlaggebend ist, bedarf es nicht. Denn der Europäische Gerichtshof hat hierzu bereits Stellung genommen. Er hat (in Übereinstimmung mit dem Bundesgerichtshof) ausgeführt, daß die Voraussetzungen für die Annahme einer endgültigen Rechtshängigkeit nach den nationalen Vorschriften zu beurteilen seien (Entscheidung vom 7. Juni 1984 – 129/83, Zelger/Salinitri, Sammlung 184, 2414). Da, wie das Erstgericht zu Recht ausführt, eine präzise zeitliche Priorität festzustellen ist, ist bei dem Prioritätstest keineswegs auf den vergleichbaren Entwicklungsstand beider Verfahren abzustellen, wie insbesondere von Deimer (vgl. Deimer/Schütze, Rn. 9 zu Art. 21 EuGVÜ) gefordert. Der Senat folgt vielmehr der herrschenden Meinung, die lediglich auf die zeitliche Priorität abstellt (Kropholler, Rn. 11 ff. zu Art. 21 EuGVÜ; Schlosser, Rn. 6 zu Art. 21 EuGVÜ).
Auch der Umstand, daß nach italienischem Recht im arbeitsgerichtlichen Verfahren dem Klageverfahren ein Schiedsverfahren vorauszugehen hat mit der Folge, daß bei Fehlen eines solchen das gerichtliche Verfahren zur Durchführung desselben für 60 Tage auszusetzen ist, berührt nach Auffassung des. Senats die zeitliche Priorität nicht. Denn auch die vorübergehende Aussetzung beseitigt die Rechtshängigkeit nicht.
3. Daß die Regelung des Art. 22 EuGVÜ einer Aussetzung gemäß Art. 21 EuGVÜ entgegenstehen könnte, vermag der Senat nicht nachzuvollziehen. Denn Art. 22 betrifft nicht den Fall zweier Verfahren in verschiedenen Staaten mit dem gleichen Verfahrensgegenstand, sondern solche verschiedenen Verfahrensgegenstandes.
4. Auch die Ausführungen der Klägerin zum Erfüllungsort im Zusammenhang mit Art. 5 EuGVÜ liegen neben der Sache.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, daß die Frage der Zuständigkeit des angegangenen Gerichts in Italien durch die hiesigen Gerichte nicht zu überprüfen sind (vgl. Kropholler Rn. 16 zu Art. 21 EuGVÜ). Hinzu kommt, daß sich die Zuständigkeit auch des italienischen Gerichts für die dort erhobene Klage aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Handelsvertretervertrag ergibt. Dort ist unter Ziffer 11 vereinbart, daß der Gerichtsstand für etwaige Rechtsstreitigkeiten der Sitz des jeweiligen Klägers ist. Diese Regelung können beide Parteien je für ihre Klage in Anspruch nehmen.
5. Die Beklagte hat die Priorität des italienischen Verfahrens auch nicht arglistig herbeigeführt. Die Regelung in Art. 21 EuGVÜ, die bewußt kein autonomes Kriterium für die zeitliche Priorität festsetzt, sondern insoweit die verschiedenen prozeßrechtlichen Regelungen der Vertragsstaaten akzeptiert, läßt diese Möglichkeit des „forum shopping“ zu, die auch hinzunehmen ist (Schlosser, Rn. 6 zu Art. 21 EuGVÜ). Die zeitlich benachteiligte Prozeßpartei wird dadurch auch nicht völlig rechtlos gestellt. Denn sie kann in aller Regel und wenn es das Verfahren des anderen Staates zuläßt, dort Leistungswiderklage erheben.