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Zusammenfassung der Entscheidung Die deutsche Klägerin unterbreitete der italienischen Beklagten Angebote über die Lieferung von Waren. Die Angebote waren teils in deutscher, teils in italienischer Sprache gefasst; sie enthielten jeweils in der entsprechenden Sprache einen Hinweis auf die Geltung der umseitig abgedruckten Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Klägerin. Nach den AGB ist als Gerichtsstand für beide Parteien Köln (DE) bestimmt; die Klägerin ist nach ihrer Wahl auch befugt, am Sitz des Bestellers zu klagen. Daraufhin schlossen die Parteien einen schriftlichen Vertrag auf dem Geschäftspapier der Klägerin, auf der Rückseite waren wiederum deren AGB abgedruckt. In dem Vertrag wurde ausdrücklich auf die Angebote der Klägerin Bezug genommen. Die Beklagte verweigerte die Annahme der Ware. Die Klägerin forderte vor dem Landgericht Köln (DE) Schadensersatz wegen Nichterfüllung. Die Beklagte erhob die Zuständigkeitsrüge.
Der Bundesgerichtshof (DE) bejaht die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte. Die Wirksamkeit der Gerichtsstandsvereinbarung richte sich nach Art. 17 EuGVÜ, der autonom auszulegen sei. Eine im Vertrag enthaltene Bezugnahme auf frühere Angebote, welche ihrerseits auf die, eine Gerichtsstandsklausel enthaltenden, AGB hingewiesen hätten, genüge dem Schriftlichkeitserfordernis des Art. 17 EuGVÜ zwar nur dann, wenn der Hinweis ausdrücklich erfolgt sei, die andere Partei ihm also bei Anwendung normaler Sorgfalt hätte nachgehen können. Die Angebote der Klägerin hätten jedoch jeweils in deutscher oder italienischer Sprache einen ausdrücklichen Hinweis auf ihre AGB enthalten. Die AGB seien umseitig abgedruckt gewesen. Die Beklagte sei demnach ohne weiteres in der Lage gewesen, sich über die AGB der Klägerin und damit über die darin enthaltene Gerichtsstandsklausel zu informieren. Die Parteien hätten somit eine gemäß Art. 17 EuGVÜ wirksame Gerichtsstandsvereinbarung getroffen, aufgrund derer die deutschen Gerichte international zuständig seien.
JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission
Die Klägerin hatte der italienischen Beklagten mit Schreiben vom 18. September 1969 sieben diesem Schreiben als Anlage beigefügte, teils in deutscher, teils in italienischer Sprache abgefaßte schriftliche Angebote über die Lieferung von Maschinen unterbreitet, die jeweils mit dem Satz beginnen:
„... mache ich Ihnen zu den umseitig aufgedruckten Geschäftsbedingungen Nr. … folgendes Lieferangebot: ”
oder im italienischen Text:
„... ed in base alla condizioni generali No. … riportate a tergo... sottopengo la sequente mia offerta...“
Der Text der Allgemeinen Geschäftsbedingungen Nr. … der Klägerin, der jeweils auf der Rückseite der einzelnen Angebote abgedruckt war, bestimmt in § 13:
„1. Erfüllungsort für alle beiderseitigen Ansprüche, die aus diesem Vertrag oder aus Anlaß seines Abschlusses entstehen, ist ….
2. Dasselbe gilt auch für den Gerichtsstand, auch bei Wechselklagen. Immer bin ich nach meiner Wahl berechtigt, am Sitz des Bestellers zu klagen.
3. Für die gesamten zwischen dem Kunden und mir bestehenden rechtlichen Beziehungen einschließlich ihres Zustandekommens ist das Recht der Bundesrepublik Deutschland anzuwenden….“
Am 31. Oktober 1969 haben die Parteien auf Geschäftspapier der Klägerin, das jeweils auf der Rückseite wiederum deren Allgemeine Geschäftsbedingungen aufgedruckt hatte, einen schriftlichen Vertrag geschlossen, in dem die Beklagte der Klägerin den Lieferauftrag „der gemäß Schreiben vom 18. September 1969 angebotenen Maschinen“ erteilte.
Die Beklagte hat die Abnahme der Maschinen verweigert. Die Klägerin hat deshalb von der Beklagten Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangt und Klage auf einen Teilbetrag von 100.000 DM nebst Zinsen beim Landgericht Köln erhoben.
Das Landgericht hat sich für unzuständig gehalten und die Klage als unzulässig abgewiesen. Das Berufungsgericht ist von einer wirksamen Gerichtsstandsvereinbarung zwischen den Parteien ausgegangen. Es hat deshalb die erstinstanzliche Entscheidung aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen.
Mit der Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des Urteils des Landgerichts. Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
I. Die Revision rügt, das Berufungsgericht habe zu Unrecht für diesen Streitfall die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte bejaht. Maßgebend für die internationale Zuständigkeit sei hier das Übereinkommen der Europäischen Gemeinschaft über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. September 1968 (BGBl 1972 II 774). Ob eine nach Art. 17 Abs. 1 EGÜbk wirksame Gerichtsstandsvereinbarung zwischen den Parteien getroffen worden sei, sei nach italienischem Recht zu entscheiden. Nach dieser Rechtsordnung sei Jedoch die Gerichtsstandsvereinbarung nicht wirksam zustandegekommen.
II. Das Berufungsurteil hält diesem Revisionsangriff stand.
1. a) Zutreffend geht die Revision davon aus, daß auf den Streitfall das Europäische Übereinkommen anzuwenden ist und daß die deutschen Gerichte zur Entscheidung nur dann zuständig sind, wenn zwischen den Parteien eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung zustandegekommen ist (Art. 2, 3, 17 EGÜbk).
b) Die Revision irrt allerdings, wenn sie meint, für die Frage der Wirksamkeit der Gerichtsstandsvereinbarung der Parteien komme es hier auf italienisches Recht an. Art. 17 EGÜbk muß vielmehr unabhängig von den nationalen Rechtsordnungen autonom ausgelegt werden, weil es der Zweck des Übereinkommens ist, eine einheitliche Auslegung der geregelten Materien unabhängig von den nationalen Rechtsordnungen zu verwirklichen (vgl. dazu EuGH Urteil vom 14. Oktober 1976 – Rechtssache 29/76 – NJW 1977, 489, 490).
2. a) Nach Art. 17 Abs. 1 EGÜbk ist Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Gerichtsstandsvereinbarung, daß sie schriftlich geschlossen, oder, wenn sie nur mündlich abgesprochen war, daß sie schriftlich bestätigt wurde.
b) Zur Auslegung von Bestimmungen des Europäischen Übereinkommens ist nach Art. 1 des Protokolls vom 3. Juni 1971 betreffend die Auslegung des EGÜbk (BGB1 1972 II 846) der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften berufen. Der erkennende Senat hat deshalb gemäß Art. 3 dieses Protokolls und Art. 2 des Gesetzes vom 7. August 1972 (BGB1 II 845) dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in Luxemburg mit Beschluß vom 18. Februar 1976 (WM 1976, 401) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Genügt es dem Erfordernis der Schriftlichkeit nach Art. 17 Abs. 1 des Übereinkommens, wenn eine Gerichtsstandsvereinbarung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten ist, die auf der Rückseite einer von beiden Parteien unterzeichneten Vertragsurkunde aufgedruckt sind?
2. Ist dem Schriftlichkeitserfordernis nach Art. 17 Abs. 1 des Übereinkommens Insbesondere dann genügt, wenn im Vertragstext die Parteien auf ein vorausgegangenes Angebotsschreiben ausdrücklich Bezug nehmen, in dem auf die eine Gerichtsstandsvereinbarung enthaltenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen hingewiesen war und dem diese Geschäftsbedingungen beigefügt waren?
Diese Fragen hat der Gerichtshof mit Urteil vom 14. Dezember 1976 (Rechtssache 24/76 – NJW 1977, 494) wie folgt beantwortet:
„Dem Erfordernis der Schriftlichkeit nach Art. 17 Abs. 1 des Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist bei einer Gerichtsstandsklausel, die in den auf der Rückseite der Vertragsurkunde abgedruckten Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Partei enthalten ist, nur dann genügt, wenn der von beiden Parteien unterzeichnete Vertragstext ausdrücklich auf diese Allgemeinen Geschäftsbedingungen Bezug nimmt.
Eine im Vertrag enthaltene Bezugnahme auf frühere Angebote, welche ihrerseits auf die eine Gerichtsstandsklausel enthaltenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Partei hingewiesen haben, genügt dem Erfordernis der Schriftlichkeit nach Art. 17 Abs. 1 des Übereinkommens nur dann, wenn der Hinweis ausdrücklich erfolgt ist, eine Partei ihm also bei Anwendung normaler Sorgfalt nachgehen kann.“
c) Die Parteien haben am 31. Oktober 1969 einen schriftlichen Vertrag über die Lieferung der „gemäß Schreiben vom 18. September 1969 angebotenen Maschinen“ geschlossen. Die diesem Schreiben beiliegenden Angebote enthielten jeweils in deutscher oder italienischer Sprache einen ausdrücklichen Hinweis auf die ihnen beigegebenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin, die wiederum eine Gerichtsstandsklausel enthielten. Die Beklagte war demnach ohne weiteres dazu in der Lage, sich über die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin, auf die sie ausdrücklich hingewiesen war, und damit über die Gerichtsstandsklausel zu informieren. Dem Schriftformerfordernis nach Art. 17 Abs. 1 EGÜbk hatte die Klägerin folglich nach der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften, der das Übereinkommen für die Gerichte der Mitgliedsstaaten verbindlich auszulegen hat, genügt.
III. Sind aber die deutschen Gerichte zur Entscheidung des Streitfalles nach Art. 17 Abs. 1 EGÜbk aufgrund der wirksamen Gerichtsstandsvereinbarung ausschließlich zuständig, dann war die Revision der Beklagten kostenpflichtig (§ 97 Abs. 1 ZPO) zurückzuweisen, wobei zu den Kosten des Revisionsverfahrens auch die durch den Zwischenstreit beim Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften angefallenen Kosten gehören.