Die Klägerin, eine deutsche Firma, hat mit der Beklagten zu 1), einer in Italien ansässigen Firma, für ihren Betrieb in … am 10.12.1980 einen Werklieferungsvertrag über eine automatische Beleimungs- und Kompositionsanlage sowie am 7.4.1982 einen weiteren Werklieferungsvertrag über eine dazu passende Beschickungseinrichtung abgeschlossen. Diese beiden Verträge wurden im Rahmen- der Finanzierung von der Firma … in … übernommen; diese Leasing-Firma hat ihre Ansprüche zur Geltendmachung im vorliegenden Rechtsstreit an die Klägerin abgetreten.
Die Beklagte zu 2) hat mit Schreiben vom 7.1.1981 für die automatische Beleimungs- und Kompositionsanlage folgende Garantie übernommen:
„Mit dem anwesenden Brief sind wir bereit, die Garantie der einwandfreien Funktion der Linie zu übernehmen“.
Beide Parteien stritten zunächst um die Frage der internationalen Zuständigkeit des Landgerichts …, wobei sie übereinstimmend abgesonderte Entscheidung über diese Zuständigkeitsfrage beantragt haben.
Durch Beschluß des Landgerichts … vom 30.10.1985 wurde gemäß § 280 Abs. 1 ZPO die abgesonderte Verhandlung über die Zulässigkeit der Klage angeordnet.
Die Klägerin vertrat die Ansicht, daß aufgrund der ausdrücklichen Vereinbarungen zwischen den Parteien Einigkeit darüber bestanden habe, daß das auf dem Auftrag vom 10.12.1980 basierende Vertragsverhältnis zwischen den Parteien in der Bundesrepublik Deutschland, abgewickelt werden sollte.
Zwischen den Parteien sei auch die Anwendung deutschen Rechts vereinbart worden. Auch der mit der Beklagten zu 2) abgeschlossene Garantievertrag vom 7.1.1981 habe aufgrund des Willens beider Parteien denselben Erfüllungsort wie die Hauptverpflichtung.
Die Klägerin beantragte daher, die Zulässigkeit der Klage auszusprechen.
Die Beklagten beantragten, die Unzulässigkeit der Klage festzustellen.
Sie vertraten die Ansicht, daß nach Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ der Erfüllungsort für die Verträge nicht in der Bundesrepublik Deutschland liege. Zum einen müsse zwischen den Verträgen zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1) einerseits (Werklieferungsverträge) und dem Garantievertrag zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 2) unterschieden werden. Für die beiden Werklieferungsverträge gelte im übrigen das internationale Einheitskaufrecht (EKG). Erfüllungsort für das Garantieversprechen im Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 2) sei unzweifelhaft Italien. Insofern gelte auch nicht deutsches, sondern italienisches Recht. Schließlich sei der Garantievertrag auch als so genannter „Devisenkontrakt“ im Sinne des Abkommens von Bretton Woods anzusehen.
Nach Erholung einer Rechtsauskunft von … für deren Inhalt auf das Schreiben vom 8.8.1985 (Bl. 119/131 der Akten) Bezug genommen wird, und nach Vernehmung der Zeugen … und … für deren Aussagen auf die Vernehmungsniederschrift vom 22.1.1986 verwiesen wird (Bl. 196/203 der Akten), sprach das Landgericht … mit Zwischenurteil vom 5.3.1986 die Zulässigkeit der Klage aus.
Zur Begründung führt es aus, das Landgericht … sei örtlich und damit international zuständig für die Klage gegen die Beklagte zu 1) nach dem EuGVÜ. Dessen Art. 5 Nr. 1 knüpfe an den Erfüllungsort an, wobei der Erfüllungsort für die Hauptverpflichtung des Vertrags auch für alle anderen vertraglichen Ansprüche gelte. Auf Werklieferungsverträge finde zwar das EKG gemäß dessen Art. 6 Anwendung; doch führe hier nicht Art. 19 Abs. 2 EKG zu einem Erfüllungsort am Sitz der Beklagten, weil die Beklagte auch die Montage in … geschuldet habe und die Parteien nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme den Sitz des Bestellers als Erfüllungsort vereinbart hätten.
Denn der Zeuge … habe nach seiner glaubhaften Aussage bei den Vertragsverhandlungen ausdrücklich Wert darauf gelegt, nicht in Italien prozessieren zu müssen. Die … des … seien für die Frage unerheblich, weil sie nur für Inlandsgeschäfte gälten. Für das Garantieversprechen der Beklagten zu 2) sei nach übereinstimmender Ansicht der Parteien und der Rechtsauskunft von … italienisches Recht anzuwenden. Nach Art. 1182 des … sei aber eine Geldzahlungspflicht am Wohn- oder Geschäftssitz des Gläubigers zu erfüllen. Also führe auch hier Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ zu einem Gerichtsstand in …. Art. VIII des Abkommens von Bretton Woods stehe der Zulässigkeit der Klage auch nicht entgegen, weil das Garantieversprechen der Beklagten zu 2) über eine bloße Bürgschaft hinausgehe.
Mit ihrer Berufung verfolgen die Beklagten ihren Antrag auf Abweisung der Klage als unzulässig weiter. Sie wenden sich zunächst gegen die Beweiswürdigung durch das Landgericht und bemängeln vor allem, daß das Landgericht übersehen habe, daß der Zeuge … sich ausdrücklich mit den … des … einverstanden erklärt habe. Auch habe das Landgericht den Art. 17 Abs. 1 EuGVÜ nicht geprüft, dessen Voraussetzungen hier vorlägen und der zu einem Gerichtsstand in Italien führe. Nur wenn Art. 17 Abs. 1 EuGVÜ nicht vorliege, komme es auf Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ an. Dabei müsse für jeden einzelnen Vertragsanspruch der Erfüllungsort gesondert geprüft werden. Hier hätten nach der Aussage des Zeugen … die Parteien den Lieferantensitz als Erfüllungsort vereinbart.
Aber auch der gesetzliche Erfüllungsort liege nach Art. 19 Abs. 2 EKG am Sitz des Lieferanten, also der Beklagten zu 1). Allenfalls die Montageverpflichtung, um die es vorliegend nicht gehe, sei am Sitz des Bestellers zu erfüllen. Die Klage gegen die Beklagte zu 2) sei im übrigen aus zwei Gründen unzulässig. Es fehle zum einen an einer Zuständigkeit deutscher Gerichte. Die Rechtsauskunft von … sei insoweit unvollständig. Art. 1182 Abs. 3 C.c., auf den das Landgericht abstelle, betreffe nur Geldsummenschulden, während Geldwertschulden, wie die vorliegende Garantieverpflichtung, unter Art. 1182 Abs. 4 C.c. fielen. Außerdem sei die Garantiezusage entgegen der Ansicht des Landgerichts ein Devisenkontrakt im Sinne von Art. VIII des Abkommens von Bretton Woods, was ebenfalls die Unzulässigkeit der Klage zur Folge habe.
Ergänzend berufen sich die Beklagten auf eine rechtsgutachtliche Stellungnahme von … vom Institut für Rechtsvergleichung der Universität … vom 16.9.1986 (Bl. 257/292 der Akten).
Die Beklagten beantragen demgemäß:
I. Das Zwischenurteil des LG …vom 5.3.1986 (HK.O. 82/84) wird aufgehoben.
II. Die Klage wird – als unzulässig – abgewiesen.
Die Klägerin beantragt Zurückweisung der Berufung.
Sie beruft sich im wesentlichen auf das ihrer Ansicht nach zutreffende Urteil des Landgerichts und tritt den Ausführungen der Beklagten entgegen.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf das angefochtene Urteil, die vorgelegten Urkunden und die vorbereitenden Schriftsätze im Berufungsverfahren Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der beiden Beklagten ist nach den Feststellungen in der Verhandlungsniederschrift vom 19.9.1986 statthaft und, weil sie form- und firstgerecht eingelegt und begründet worden ist, auch zulässig (§§ 511, 516, 518, 519 ZPO). Sie hat auch in der Sache Erfolg.
I. Es fehlt für beide Klagen an der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte, die nur dann vorläge, wenn ein deutsches Gericht örtlich und sachlich zuständig wäre (vgl. Thomas-Putzo, ZPO, 14. Aufl. Vorb. vor § 1, Anm. II 4 a).
A. Klage gegen die Beklagte zu 1):
1. Für die beiden zwischen den Parteien abgeschlossenen Werklieferungsverträge vom 10.12.1980 und 7.4.1982 ergibt sich die Unzuständigkeit deutscher Gerichte bereits aus Art. 17 Abs. 1 EuGVÜ, weil die Parteien eine den Formvorschriften dieser Bestimmung entsprechende Gerichtsstandsvereinbarung getroffen haben.
a) Die von beiden Parteien unterzeichnete Vertragsurkunde vom 10.12.1980 (Anl. K 1 zu Bl. 1/23 der Akten) trägt auf der Vorderseite den deutlichen Vermerk: „Es gelten unsere Geschäftsbedingungen.“ Die umseitig abgedruckten … der … (vgl. Anl. K 54 zu Bl. 145/165 der Akten) erklären in Nr. 11 die … des … für ergänzend anwendbar. Diese … des … (vor K 1 zu BI. 1/23 der Akten) enthalten in Nr. XI eine Gerichtsstandsklausel, die das Gericht am Hauptsitz des Lieferer für zuständig erklärt und lediglich den Lieferer berechtigt, den Besteller auch an dessen Hauptsitz zu verklagen.
Damit ist den Formvorschriften des Art. 17 Abs. 1 EuGVÜ, wie sie der EuGH ausgelegt hat (vgl. z.B. EuGH NJW 77, 494), Genüge getan.
Sowohl der Zeuge … als auch der Zeuge … haben bekundet, dass in den Vertragsverhandlungen die Geltung der … des … zwischen den Parteien ausdrücklich vereinbart worden ist.
b) Daß der Zeuge … nach seiner Aussage bei der Verhandlungen geäußert hat, er wolle sich nicht in Italien herumstreiten und damit seien die Verhandlungspartner der Beklagten zu 1) einverstanden gewesen, kann an der wirksamen Vereinbarung des Lieferantensitzes als Gerichtsstand nichts ändern. Denn dieser Wille des Zeugen hat keinerlei Niederschlag in der schriftlichen Vertragsurkunde gefunden. Für eine Gerichtsstandsvereinbarung am Sitz der Klägerin würde zudem die von Art. 17 Abs. 1 EuGVÜ vorgeschriebene Form fehlen. Diese Vorschrift geht aber dem § 38 Abs. 1 ZPO vor (vgl. Thomas-Putzo, aaO, § 38 Anm. 2 a). Allenfalls könnte man die Äußerung des Zeugen … als ausreichenden Widerspruch gegen Nr. XI der … des … bewerten, so dass dann zwischen den Parteien keine Gerichtsstandsvereinbarung bestünde.
2. Dann allerdings ergäbe sich aus Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ ebenfalls ein Gerichtsstand am Firmensitz der Beklagten zu 1). Denn die Vertragsurkunde trägt auf ihrer Vorderseite nicht nur den Hinweis auf die umseitigen … der … über den nach übereinstimmenden Zeugenaussagen bei den Vertragsverhandlungen gesprochen wurde, sondern auch die Klausel: „Erfüllungsort ist der Sitz des Lieferanten.“ Gegen diese Vertragsklausel auf der von ihm unterzeichneten Vertragsurkunde hat der Zeuge … nach seiner Aussage aber keinerlei Bedenken oder Vorbehalte vorgebracht, so daß sie Vertragsinhalt geworden ist. Den Wunsch des Zeugen …,es sollten die … des … gelten und er wolle sich nicht in Italien herumstreiten, konnten seine Verhandlungspartner nicht als Widerspruch gegen die Festlegung des Erfüllungsorts verstehen, da die Vereinbarung des Erfüllungsorts sich nicht in der Vereinbarung eines Anknüpfungspunkts für den Gerichtsstand erschöpft.
3. Selbst wenn man aber die Äußerung des Zeugen während den Vertragshandlungen als inhaltlich hinreichend deutlichen Widerspruch gegen die formularmäßige Vereinbarung des Erfüllungsorts am Sitz des Lieferanten auslegen könnte, würde Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ zum Gerichtsstand am Sitz der Beklagten zu 1) führen, weil dort der gesetzliche Gerichtsstand für den Klageanspruch liegt.
a) Nach Art. 6 und Art. 1 Abs. 1 lit. a EKG fallen die streitgegenständlichen Verträge unter den Geltungsbereich des EKG. Die von der Klägerin zur Abgrenzung in den Vordergrund gerückte Montageverpflichtung der Beklagten zu 1) ist eine Nebenverpflichtung, die vor allem deshalb keine entscheidende Rolle spielt, weil die Klägerin ihre Klage nur auf Schlecht- oder Nichterfüllung der Herstellungspflicht stützt.
b) Für die Lieferpflicht bestimmt aber nach allgemeiner Meinung Art. 19 Abs. 2 EKG als Erfüllungsort den Sitz des Lieferanten. Dieser Erfüllungsort gilt dann auch für Ansprüche auf Rückzahlung des Kaufpreises und auf Schadensersatz wegen Schlechterfüllung (vgl. BGHZ 78, 257). Um solche Ansprüche geht es aber bei der Klage gegen die Beklagte zu 1), wobei Art. 34 EKG andere als im EKG vorgesehene Rechte ausschließt.
4. Vorstehende Überlegungen gelten ebenso für den Auftrag vom 7.4.1982, weil er von der Kläger in ebenso auf einem Geschäftspapier der Fa. … erteilt worden ist und die Beklagte zu 1) diesen Auftrag ohne Änderung angenommen hat.
Demgemäß ergibt sich sowohl, über Art. 17 Abs. 1 als auch Über Art. 5 Nr. EuGVÜ stets nur ein Gerichtsstand in Italien, so daß es für die Klage gegen die Beklagte zu 1) an der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte fehlt.
5. Am Rande sei noch bemerkt, daß einem Erfolg der Klage sachlich in Gestalt von Art. 49 EKG oder § 638 Abs. 1 BGB kaum überwindbare rechtliche Hindernisse entgegenstehen.
B. Klage gegen die Beklagte zu 2):
1. Sowohl die beiden Rechtsgutachten von … und … als auch die Parteien des Rechtsstreits stimmen darin überein, daß die Garantiezusage der Beklagten zu 2) dem italienischen materiellen Recht unterliegt. Demnach ist auch der Erfüllungsort der Garantiezusage nach italienischem Recht zu beurteilen.
2. Daß der einschlägige Art. 1182 C.c. (wiedergegeben von … auf S. 12 seiner Rechtsauskunft) in seinem Abs. 3 nur Geldsummenschulden erfaßt, während Geldwertschulden unter Art. 1182 Abs. 4 C.c. fallen, hat die Klägerin trotz der ausführlichen Darlegung der Beklagten nicht bestritten.
Auch … bestätigt diese Differenzierung in der Auslegung von Art. 1182 C. c. in der italienischen Rechtsprechung und Lehre.
3. Die Garantiezusage der Beklagten zu 2) ist nach ihrem Wortlaut überhaupt nicht auf eine Geldzahlung ausgerichtet, sondern auf eine Verpflichtung, die sich nur unter Umständen in eine Geldleistungspflicht umwandeln kann, ohne aber den Betrag oder auch nur einen Höchstbetrag zu nennen. Unter diesen Umständen erscheint es ausgeschlossenen, diese Garantiezusage unter Art. 1182 Abs. 3 C.c. zu subsumieren. Demgemäß ist Erfüllungsort dafür nach Art. 1182 Abs. 4 C.c. der Sitz der Beklagten zu 2).
4. Zum selben Ergebnis gelangt man, wenn man den Erfüllungsort entsprechend den Regeln für die Bürgschaft an den Erfüllungsort für die Erfüllung der Verpflichtung des Hauptschuldners, hier der Beklagten zu 1), anlehnt. Demgemäß fehlt auch für die Klage gegen die Beklagte zu 2) die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte.
5. Die Klage gegen die Beklagte zu 2) wäre aber auch wegen Art. VIII Abschn. 2 b des Abkommens von Bretton Woods unzulässig, weil der Begriff des Devisenkontrakts weit auszulegen ist (vgl. BGH NJW 80, 520) und die Garantiezusage der Beklagten zu 2) nach der Aussage des Zeugen … als eine Art Bankbürgschaft auszulegen ist. Eine echte Bürgschaft fällt aber auf jeden Fall unter den Begriff des Devisenkontrakts (vgl. BGH NJW 80, 1002).
II. Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711, 546 Abs. ZPO.