Die Klägerin macht gegen die Beklagte, die ihren Sitz im Großherzogtum Luxemburg hat, aus der Lieferung von Kunststofffensterelementen in den Jahren 2000 und 2001. Kaufpreisforderungen gemäß Rechnung Nr. 202163 vom 31. August 2001 über einen Betrag von 27.227,‑ DM = 13.920,94 EUR sowie weiteren Rechnungen über insgesamt 61.402,13 DM abzüglich (von einer Ausfallversicherung erstatteter) 36.727,83 DM = 24.674,32 DM = 12.615,72 EUR (...) geltend: (...)
Sie trägt vor,
dass das angerufene Gericht international und örtlich zuständig sei, weil – unstreitig – in ihren Rechnungen jeweils auf ihre „rückseitigen Geschäftsbedingungen“ hingewiesen worden sei, deren Nr. 11, wie folgt lautet:
„Erfüllungsort, Gerichtsstand
Erfüllungsort ist der Hauptgeschäftssitz des Auftragnehmers. Ist der Auftraggeber Kaufmann oder juristische Person des öffentlichen Rechts oder ein öffentlich rechtliches Sondervermögen, so ist der Gerichtsstand der Hauptgeschäftssitz des Auftragnehmers.
Bei Exportgeschäften ist ebenfalls Deutsches Recht maßgeblich.“
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 26.687,23 EUR nebst
10 % Zinsen aus 435,73 EUR seit dem 15. Februar 2000,
aus weiteren 3.536, 91 EUR seit dem 15. Februar 2000,
aus weiteren 595,14 EUR, seit dem 20. März 2000,
aus weiteren 2.809, 11. EUR seit dem 21. Mai 2000,
aus weiteren 669,30 EUR seit dem 21. Mai 2000,
aus weiteren 747,59 EUR seit dem 08. Juni 2000,
aus weiteren 3.678,48 EUR seit dem 08. Juni 2000,
aus weiteren.628,62 EUR seit dem 12. Juni 2000,
aus weiteren 1.512,41 EUR seit dem 12. Juni 2000,
aus weiteren 2.276,68 EUR seit dem 03. Juli 2001,
aus weiteren 10.102,26 EUR seit dem 03. Juli 2001,
aus weiteren 774,61 EUR seit dem 27. September 2001,
aus weiteren 987,82 EUR seit dem 27. September 2001,
aus weiteren 322,11 EUR seit dem 27. September 2001,
aus weiteren 2.317,63 EUR seit dem 04. Oktober 2001 und
aus weiteren 13.920,94 EUR seit dem 04. Oktober 2001
zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält das angerufene Gericht für international unzuständig und tritt der Klage auch in der Sache entgegen.
Zur Sachdarstellung im Übrigen wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien und auf den Inhalt der von ihnen vorgelegten Unterlagen einschließlich der zu den Akten gereichten Rechnungen und Bestellungen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist unzulässig. Das erkennende Gericht ist unzuständig.
I. Die internationale Zuständigkeit richtet sich nach der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 22. Dezember 2000 (EuGVVO), weil die Klage nach deren Inkrafttreten erhoben worden ist (Art. 66 Abs. l EuGVVO).
Gemäß Art. 2 Abs. 1 EuGVVO in Verbindung mit Art. 60 Abs. 1 lit. a EuGVVO ist die Beklagte im Hoheitsgebiet des Großherzogtums Luxemburg zu verklagen, weil sie dort ihren satzungsgemäßen Sitz hat.
II. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist die internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts nicht durch Gerichtsstandsvereinbarung gemäß Art. 23 Abs. 1 lit. a EuVVO in Verbindung mit Art. 63 Abs. 2 EuGVVO begründet worden.
Die Regelung des Art. 63 Abs. 2 EuGVVO enthält eine Einschränkung der Formwirksamkeit von Gerichtsstandsvereinbarungen, die von natürlichen oder juristischen Personen mit Sitz in Luxemburg geschlossen werden. Diese Privilegierung findet ihre Begründung darin, dass besonders viele Verträge, die von Personen mit Wohnsitz oder Sitz in Luxemburg abgeschlossen werden, internationalen Charakter haben, so dass die Bewohner des Großherzogtums weitgehend der luxemburgischen Rechtsprechung entzogen werden könnten (Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht, 7. Aufl., Rn. 4 zu Art. 63 EuVVO). Deshalb ist die Anwendbarkeit von Art. 23 Abs. 1 Satz 3 lit. b und c EuGVVO ausgeschlossen worden. Erforderlich ist daher für eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung, dass diese gemäß Art. 23 Abs. 1 Satz 3 lit. a EuGVVO – also schriftlich oder mündlich mit schriftlicher Bestätigung – zustandegekommen ist.
Entgegen der Ansicht der Klägerin ergibt sich die internationale Zuständigkeit des Landgerichts Trier, in dessen Gerichtsbezirk ihr Hauptgeschäftssitz liegt, nicht aus der Gerichtsstandsklausel unter Nr. 11. Satz 2 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen.
1. Die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin sind insgesamt nicht wirksam in die Vertragsverhältnisse der Parteien einbezogen worden.
Die Einbeziehung von AGB richtet sich nach der lex causae (Allgemeine Meinung vgl. u.a. Kropholler, aaO, Rn. 28 zu Art. 5 EuGVVO mit weiteren Nachweisen; Piltz, Handbuch des Vertragsrecht in EG-Staaten, Rn. 44 zu UN-Kaufrecht).
Die kaufrechtlichen Beziehungen der Parteien bestimmen sich nach dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf (CISG), dem sowohl die Bundesrepublik Deutschland als auch das Großherzogtum Luxemburg beigetreten sind. Ob die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin Vertragsgegenstand wurden, richtet sich nach Art. 14 ff. CISG (Allgemeine Meinung, vgl. u.a. US Court of Appeals, 9th Cir., 05.05.2003 – IHR 2003, 295 f.). Die Regelungen der Art. 14 ff. CISG eröffnen keine Möglichkeit, dass bereits der bloße Hinweis auf existierende Allgemeine Geschäftsbedingungen zu ihrer verbindlichen Einbeziehungen führt (Piltz, aaO, Rn. 43, 44 zum UN-Kaufrecht). Auf keinen Fall reicht es aus, dass, die AGB der Klägerin immer erst in den Rechnungen erwähnt worden sind (US Court of Appeals, aaO). Denn bei Übersendung der Rechnungen waren die Verträge bereits abgeschlossen.
2. Aber auch dann, wenn die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin einschließlich der Gerichtsstandsklausel einbezogen worden wären, wäre die Gerichtsstandsvereinbarung unwirksam, weil die besonderen Formerfordernisse der Art. 23 Abs. 2 lit. a, 63 Abs. 2 EuGVVO nicht gewahrt sind.
Der vorgeschriebenen Form entspricht nicht eine bloße Übergabe oder Beifügung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (vgl. hierzu und zu den folgenden Ausführungen die Rechtsprechungsnachweise bei Kropholler, aaO, Rn. 35, 36 zu. Art. 23 EuGVVO). Schon gar nicht genügt ein Abdruck auf der Rückseite von Rechnungen. Ebenso wenig genügt dem Schriftlichkeitsgebot, wenn eine Gerichtsstandsklausel sich als Teil von Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf der Rückseite des Geschäftspapiers findet, auf dem der Vertrag niedergelegt wurde. In solchen Fällen ist nämlich nicht gewährleistet, dass die andere Partei der Klausel, die von den allgemeinen Regeln über die gerichtliche Zuständigkeit abweicht, tatsächlich zugestimmt hat. Erforderlich ist vielmehr, dass der von beiden Parteien unterzeichnete Vertragstext selbst ausdrücklich auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen mit der Gerichtsstandsklausel Bezug nimmt und dass die AGB dem anderen Teil im Zeitpunkt des Vertragsschlusses vorliegen (Kropholler, aaO).
An schriftlichen Erklärungen der Beklagten zu der Einbeziehung der AGB der Klägerin fehlt es vorliegend. Die Bestellungen der Beklagten wurden regelmäßig mündlich abgegeben und vom Vertreter der Klägerin entgegen genommen und weiter geleitet. Sie enthalten keine Hinweise auf die AGB der Klägerin. Schriftliche Auftragsbestätigungen, in denen auf die AGB Bezug genommen worden wäre, fehlen. Lediglich die Rechnungen der Klägerin enthalten die auf der Rückseite abgedruckten AGB und den vorderseitigen Hinweis auf sie. Unter diesen Umständen ist nicht erkennbar, wann und auf welche Weise die Beklagte der in den AGB der Klägerin vorgesehenen Gerichtsstandsvereinbarung schriftlich zugestimmt haben sollte.
Auf eine zwischen den Parteien entstandene Gepflogenheit kann die Klägerin sich schon deshalb nicht mit Erfolg berufen, weil die Vorschriften der Art. 23 Abs. 1 Satz 3 lit. b und c EuGVVO hier gerade nicht anwendbar sind und außerdem auch nicht festgestellt werden kann, dass die Parteien jemals zu einem früheren Zeitpunkt ihrer Geschäftsbeziehung die Gerichtsstandsvereinbarung zugrundegelegt hätten.
III. Das angerufene Gericht ist auch nicht als Gericht des Erfüllungsorts gemäß Art. 5 Nr. 1 lit. b EuGVVO in Verbindung mit Art. 63 Abs. 1 EuGVVO zuständig.
Nach dieser Bestimmung kann eine Person, die ihren Sitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaats hat, in einem anderen Mitgliedsstaat vor dem Gericht des Ortes, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre, verklagt werden, wobei für den Verkauf beweglicher Sachen – sofern nichts anderes vereinbart worden ist – der Erfüllungsort der Verpflichtung derjenige Ort ist, an dem sie nach dem Vertrag geliefert worden sind oder hätten geliefert werden müssen (Art. 5 Nr. 1 lit. b EuGVVO). Als luxemburgisches Unternehmen hat jedoch die Beklagte immer noch die Möglichkeit, die Unzuständigkeit des ausländischen Gerichts geltend zu machen, wenn sich der Bestimmungsort für die Lieferung beweglicher Sachen in Luxemburg befindet (Art. 63 Abs. 1 EuGVVO).
Vorliegend wurden die Fensterelemente unstreitig nach Luxemburg geliefert. Luxemburg ist deshalb Erfüllungs- bzw. Bestimmungsort im Sinne der vorgenannten Vorschriften. Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn von den Parteien ein anderer Erfüllungs- bzw. Bestimmungsort vertraglich vereinbart worden wäre. Dies könnte vorliegend allenfalls über eine wirksame Einbeziehung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin erfolgt sein, die unter der Klausel Nr. 11 Satz 1 den Hauptgeschäftssitz der Auftragnehmerin als Erfüllungsort bestimmen. Es fehlt jedoch, wie ausgeführt, an der ordnungsgemäßen Einbeziehung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin in das jeweilige Vertragsverhältnis der Parteien. Außerdem wäre eine solche abstrakte Erfüllungsortvereinbarung formunwirksam.
Nach der Rechtsprechung des EuGH zu Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ ist eine Vereinbarung über den Erfüllungsort nicht anzuerkennen, wenn sie nicht die Festlegung des Ortes bezweckt, an dem der Schuldner die ihm obliegende Leistung zu erbringen hat, sondern allein darauf abzielt, einen bestimmten Gerichtsstand – formfrei – festzulegen (EuGH, Urteil vom 20. Februar 1997 in NJW 1997, 1431 ff. = EuGH E I 1997, 911 ff. = Amtsblatt EG 1997, Nr. c 108, 4; vgl. auch BGH NJW-RR 1998, 755 = MDR 1997, 874 f.). Diese Rechtsprechung zur sogenannten abstrakten Erfüllungsortvereinbarungen ist auch auf dien nunmehr geltende Regelung der Art. 5 Nr. 1 lit. b, 63 Abs. 1 EuGVVO zu Übertragen. Auch wenn es Vertragsparteien frei steht nach ihrem Willen einen anderen Erfüllungsort für die vertraglichen Verpflichtungen als denjenigen zu wählen, den die auf den Vertrag anwendbaren Rechtsvorschriften vorsehen, ohne dass sie hierfür eine besondere Form einhalten müssten, so dürfen sie doch nach dem System der Zuständigkeitsverordnung nicht mit dem alleinigen Ziel, den Gerichtsstand festzulegen, einen Erfüllungsort bestimmen, der keinen Zusammenhang mit der Vertragswirklichkeit aufweist und an dem die vertraglichen Verpflichtungen nach dem Vertrag nicht erfüllt werden können (EuGH, aaO). Das ergibt sich schon aus dem Wortlaut des Art. 5 Nr. 1 lit. b EuGVVO, der auf den tatsächlichen Erfüllungsort wegen seiner Sachnähe abstellt. Insbesondre würde es aber dem Sinn und Zweck dem Sondervorschriften des Art. 63 Abs. 1 und. Abs. 2 EuGVVO widersprechen, wenn die Formvorschriften für die Gerichtsstandsvereinbarung durch abstrakte Erfüllungsortklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen umgangen würden. Denn anderenfalls wären diese Vorschriften weitgehend entwertet und ihrer Umgehung wären Tür und Tor geöffnet (Kropholler, aaO, Rn. 29 zu Art. 5 EuGVVO mit Rechtsprechungsnachweisen).
Vorliegend kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Erfüllungsortklausel ernsthaft auf eine materiell-rechtliche Begründung eines tatsächlichen Leistungsorts abzielt, also einen Zusammenhang mit der Vertragswirklichkeit aufweist und nicht lediglich prozessual wirken soll.
IV. Das erkennende Gericht verkennt nicht, dass das Bezirksgericht von und zu Luxemburg in einem bei ihm von der Klägerin anhängig gemachten Verfahren über den Erlass einer einstweiligen Verfügung mit Beschluss vom 04. April 2003 seine Zuständigkeit verneint hat. Diese lediglich in einem vorläufigen Verfahren erlassene Entscheidung bindet das erkennende Gericht nicht. Sie befindet sich auch nicht wirklich im Widerspruch zu den vorstehenden Ausführungen, weil in dem luxemburgischen Verfahren, wovon das Bezirksgericht ausgegangen ist, die Einbeziehung der Allgemeinen Verkaufsbedingungen der Klägerin zwischen den Parteien unbestritten war.
Das Gericht, hat erwogen, dass die Unzuständigkeitsrüge der Beklagten im Hinblick darauf, dass sie im Verfügungsverfahren die Unzuständigkeit des luxemburgischen Gerichts geltend gemacht hat, rechtsmißbräuchlich im Sinne von § 242 BGB sein könnte. Dies ist jedoch im Ergebnis nicht anzunehmen. Auch die Klägerin verhält sich widersprüchlich, indem sie vor den verschiedenen Gerichten jeweils entgegengesetzte Rechtsstandpunkte einnimmt. Zu berücksichtigen ist zudem, dass das luxemburgische Gericht sich in dem Verfügungsverfahren nicht für das Hauptsachverfahren gebunden hat.
V. Hiernach ist die Klage als unzulässig mit der Kostenfolge aus § 91 ZPO abzuweisen.