-
Zusammenfassung der Entscheidung Der Antragsteller erwirkte gegen die Antragsgegnerin ein vorläufig vollstreckbares Urteil der Cour d’Appel de Colmar (FR). Gegen dieses Urteil legte die Antragsgegnerin in Frankreich Revision ein. Auf Antrag des Antragstellers ordnete das zuständige deutsche Landgericht an, das Urteil mit der deutschen Vollstreckungsklausel zu versehen. Dagegen erhob die Antragsgegnerin Beschwerde und beantragte die Aussetzung des Verfahrens.
Das Oberlandesgericht Düsseldorf (DE) entscheidet, dass gemäß Art. 45 EuGVO die Vollstreckbarerklärung durch das Rechtsmittelgericht nur aus einem der in Art. 34 und 35 EuGVO genannten Gründe versagt oder aufgehoben werden dürfe. Solche Gründe seien jedoch nicht ersichtlich. Der Einwand der Antragsgegnerin, dass das französische Gericht eine unzutreffende rechtliche Würdigung des Sachverhaltes vorgenommen habe, lasse sich nicht unter die Art. 34, 35 EuGVO subsumieren. Vielmehr sei gemäß Art. 36 EuGVO eine Überprüfung der ausländischen Entscheidung in der Sache selbst ausdrücklich untersagt. Die in Frankreich eingelegte Revision der Antragsgegnerin hindere die Vollstreckbarerklärung nicht. Allerdings komme deshalb eine Aussetzung des Klauselerteilungsverfahrens gemäß Art. 46 Abs. 1 EuGVO in Betracht. Bei dieser Ermessensentscheidung des Gerichts seien die Erfolgsaussichten des Rechtsmittels im Erststaat zu berücksichtigen. Dabei seien aber wegen des Verbots der Überprüfung der ausländischen Entscheidung in der Sache selbst (Art. 36 EuGVO) nur solche Gründe zu beachten, die der Schuldner vor dem Gericht des Erststaates noch nicht geltend machen konnte. Solche Gründe seien hier jedoch nicht geltend gemacht.
JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission
I. Der Antragsteller hat gegen die Antragsgegnerin unter dem 30. Januar 2003 ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil der Cour d´Appel de Colmar (RG 01/03 269) erwirkt, durch das die Antragsgegnerin zur Zahlung verurteilt worden ist.
Auf Gesuch des Antragstellers hat der Vorsitzende der 6. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg am 10. Dezember 2003 angeordnet, das vorbezeichnete Urteil dahin mit der Vollstreckungsklausel zu versehen, dass die zu vollstreckende Verurteilung wie folgt lautet:
„Die Antragsgegnerin wird verurteilt, folgende Beträge an den Antragsteller zu zahlen:
6.814, 47 EUR als Schadensersatz für eine ungerechtfertigte Entlassung;
302,85 EUR als Entlassungsentschädigung;
2.498,63 EUR als Ausgleichsentschädigung für die Nichteinhaltung der Kündigungsfrist und das entsprechende Urlaubsgeld;
212,67 EUR für bezahlten Urlaub;
14.213,‑ EUR für ausstehende Gehälter.
Darüber hinaus hat die Antragsgegnerin auch die Verfahrenskosten in Höhe von 1.000,‑ EUR zu tragen.“
Gegen diesen Beschluss legt die Antragsgegnerin Beschwerde ein und beantragt die Aussetzung der Vollstreckung. Zur Begründung führt sie aus, gegen das Urteil des französischen Gerichts sei fristgerecht Revision eingelegt worden, gegen den Antragsteller und dessen Arbeitgeber habe sie Strafanzeige wegen Verdachts des Betruges erstattet, nicht sie, die Antragsgegnerin, sondern der Arbeitgeber des Antragstellers habe laut den geschlossenen Verträgen alle Lasten nach französischem Recht zu tragen.
Der Antragsteller tritt dem entgegen.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II. Das Rechtsmittel ist zulässig (§ 11 AVAG, Art. 43 EuGVVO). In der Sache hat es keinen Erfolg.
Die Vollstreckbarerklärung erfolgt nach den Vorschriften der Art. 32 ff. EuGVVO. Gemäß Art. 38, 41 EuGVVO werden die in einem Mitgliedsstaat ergangenen Entscheidungen, die in diesem Staat vollstreckbar sind, in einem anderen Mitgliedsstaat vollstreckt, wenn sie dort auf Antrag eines Berechtigten für vollstreckbar erklärt worden sind. Nach Art. 53 EuGVVO hat die Partei, welche die Anerkennung einer Entscheidung geltend macht oder eine Vollstreckbarerklärung beantragt, eine Ausfertigung der Entscheidung vorzulegen, welche die für ihre Beweiskraft erforderlichen Voraussetzungen erfüllt. Sie hat ferner eine Bescheinigung nach Art. 54 EuGVVO vorzulegen.
Der Antragsteller hat ein für vorläufig vollstreckbar erklärtes Urteil der Cour d´Appel de Colmar (RG 01/03 269) vom 30. Januar 2003 und eine Erklärung der Anwältin am Berufungsgericht Wybrecht-Hiriart aus Colmar vorgelegt, wonach der Antragsgegnerin das vorgenannte Urteil am 3. März 2003 zugestellt worden ist.
Gemäß Art. 45 EuGVVO darf die Vollstreckbarerklärung von dem Senat als Rechtsmittelgericht nur aus einem der in den Art. 34 und 35 aufgeführten Gründe versagt oder aufgehoben werden. Solche Gründe hat die Antragsgegnerin nicht vorgebracht und sind auch aus dem Akteninhalt nicht ersichtlich.
1. Zu Unrecht beanstandet die Antragsgegnerin, dass das französische Gericht eine unzutreffende rechtliche Würdigung des Sachverhalts vorgenommen habe (nicht sie, die Antragsgegnerin, sondern der Arbeitgeber des Antragstellers habe nach den geschlossenen Verträgen alle Lasten nach französischem Recht zu tragen).
Denn abgesehen davon, dass dieser Einwand nicht unter Art. 34 und 35 EuGVVO subsumiert werden kann, ist derselbe der Untersuchung in dem vorliegenden Verfahren auch schon deshalb entzogen, weil er eine Überprüfung der ausländischen Entscheidung in der Sache selbst voraussetzt, die Art. 36 EuGVVO ausdrücklich untersagt. Die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen die Antragstellerin ist in diesem Zusammenhang ohne Belang.
2. Die Revision gegen das Urteil des französischen Gerichts, hindert nicht die Vollstreckbarerklärung.
Allerdings kann in einem solchen Fall auf Antrag des Schuldners das Klauselerteilungsverfahren ausgesetzt werden (Art. 46 Abs. 1 EuGVVO). Eine solche Entscheidung steht im Ermessen des Gerichts. Es sind die mutmaßlichen Erfolgsaussichten des Rechtsmittels im Erststaat und des deutschen Klauselerteilungsverfahrens zu berücksichtigen (Senat NJW-RR 2001, 1575; Stadler IPrax 1995, 220; Hüßtege in Thomas-Putzo 24. Aufl. Art. 46 EuGVVO Rn. 3). Hierbei sind indes wegen des Verbots der Überprüfung der ausländischen Entscheidung in der Sache selbst (Art. 36 EuGVVO) nur Gründe zu beachten, die der Schuldner vor dem Gericht des Erststaats noch nicht geltend machen konnte (vgl. BGH NJW 1994, 2156; Hüßtege aaO). Die Aussetzung ist die Ausnahme und kommt nur bei erkennbar fehlerhaften Entscheidungen des Erststaats in Betracht.
Danach ist dem Aussetzungsgesuch der Antragsgegnerin nicht zu entsprechen. Wie die Antragstellerin nämlich unwidersprochen vorträgt, sind die geltend gemachten Einwände bereits in das Berufungsverfahren vor der Cour d´Appel in Colmar eingeführt worden. Selbst wenn dies nicht der Fall wäre, so spricht jedenfalls nichts dafür, dass dieselben dort nicht hätten vorgebracht werden können.
Sonstige Gründe, die der Erteilung der Vollstreckungsklausel entgegenstehen könnten, sind nicht ersichtlich.
Das Rechtsmittel konnte keinen Erfolg haben.