Die Klägerinnen verhandelten ab 1967 mit der Muttergesellschaft der belgischen Beklagten, der C.I.d.R., über die Lieferung einer Trockenaufbereitungsanlage und Trockenpreßanlage zur Herstellung emaillierter und nicht emaillierter Keramik durch die Klägerin zu 1 und einer Maschinenanlage zur Herstellung keramischer Produkte durch die Klägerin zu 2 an die Beklagte. Beide Klägerinnen hatten der Beklagten Angebote „gemäß der umstehenden Verkaufsbedingungen und Lieferungsbedingungen“ unterbreitet. Die gleichlautenden AGB der beiden Klägerinnen enthielten folgende Bestimmung:
„Nr. 16
Erfüllungsort und Gerichtsstand
Erfüllungsort für beide Teile ist B.-W. Für alle Streitigkeiten, die sich aus dem Vertragsverhältnis unmittelbar oder mittelbar ergeben, insbesondere auch für Wechselklagen, sind die Berliner Gerichte ausschließlich zuständig; sollten Vorschriften des ausländischen oder internationalen Rechts dem entgegenstehen, so gilt die Zuständigkeit der Gerichte in Berlin-West zusätzlich als vereinbart; die Anwendung des deutschen Rechts gilt als vereinbart unabhängig davon, ob deutsche oder ausländische Gerichte oder ein Schiedsgericht zur Entscheidung angerufen wird“.
Die Beklagte erteilte am 28. Dezember 1967 an die Klägerin zu 2 und am 26. März 1968 an die Klägerin zu 1 je einen Lieferauftrag. In den Auftragsschreiben wurden detailliert die Bedingungen des Kaufs angeführt, von denen eine lautete:
„Les clauses de la presente commande annulent d'office toutes clauses et conditions autres, ecrites ou non ecrites, generales ou particulieres, figurant dans votre correspondance avec la C.I.d.R.“.
(Die Klauseln der vorliegenden Bestellung beseitigen ohne weiteres alle Klauseln und anderen Bedingungen, geschriebene oder nicht geschriebene, allgemeine oder besondere, die in Ihrer Korrespondenz mit der C.I.d.R. enthalten sind.)
Die Klägerin zu 2 vermerkte auf der Übersetzung des an sie gelangten Auftragsschreibens als Ergebnis einer mündlichen Besprechung hinter dem Wort „Bedingungen“ „welche ihnen entgegenstehen“. Sie bestätigte den ihr erteilten Auftrag mit dieser Maßgabe mit Schreiben vom 5. Januar 1968. Die Klägerin zu 1 bestätigte ihrerseits den Auftrag der Beklagten am 4. April 1968 „unter Zugrundelegung unserer Ihnen bekannten Verkaufsbedingungen und Lieferungsbedingungen“. Die Beklagte nahm beide Auftragsbestätigungen widerspruchslos entgegen. In der Folgezeit wurden mehrere von der Beklagten zum Teil mündlich erteilte Zusatzaufträge von den Klägerinnen zu ihren Verkaufsbedingungen und Lieferungsbedingungen, die die oben genannte Gerichtsstandsklausel enthielten, bestätigt und ausgeführt.
Für den Auftrag an die Klägerin zu 1, dessen Gesamtpreis neben einer Anzahlung durch 15 mit Wechseln gesicherte Teilbeträge bis zum 30. Dezember 1969 von der Beklagten beglichen werden sollte, sind unstreitig 265.335 DM bisher noch nicht bezahlt. Für die Klägerin zu 2 steht eine ebenfalls der Höhe nach unstreitige Forderung von 40.377 DM aus Nachtragsaufträgen noch offen.
Die Klägerinnen haben ihre Forderungen beim Landgericht Berlin gegen die Beklagten eingeklagt. Die Beklagte hat die Einrede der Unzuständigkeit erhoben und das Bestehen einer wirksamen Gerichtsstandsvereinbarung bestritten.
Beide Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben.
Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerinnen beantragen, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
I. 1. Das Berufungsgericht hat auf diesen Streitfall zutreffend das Übereinkommen der Europäischen Gemeinschaft über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivilsachen und Handelssachen vom 27. September 1968 (BGBl 1972 II 774) angewandt. Es ist davon ausgegangen, daß die Parteien nach Art. 17 Abs. 1 EGÜbk wirksam die Zuständigkeit der Berliner Gerichte vereinbart haben.
2. Die Revision meint, die von den Tatsacheninstanzen angenommene internationale Zuständigkeit der Gerichte in Berlin sei deshalb nicht gegeben, weil nach Art. 17 Abs. 1 EGÜbk Gerichtsstandsklauseln, die auf Geschäftspapieren aufgedruckt und in Bezug genommen seien, dann nicht zu einer wirksamen Vereinbarung über den Gerichtsstand führten, wenn sie von der Partei, der sie entgegengehalten werden, nicht ausdrücklich schriftlich angenommen worden seien. Da es sich hier um eine Frage der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte handele, könne sie die Rüge der Unzuständigkeit auch im Revisionsverfahren noch erheben (BGHZ 44, 46).
II. 1. Die Revisionsrüge hat Erfolg.
Nach Art. 2, 53 EGÜbk sind Personen sowie juristische Personen und Gesellschaften des Handelsrechts, die ihren Wohnsitz oder Niederlassungsort in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates haben, vor den Gerichten dieses Staates zu verklagen. Vor den Gerichten eines anderen Vertragsstaates können sie nur in den im Übereinkommen besonders geregelten Fällen verklagt werden (Art. 3 EGÜbk). Als solcher Sonderfall kommt hier eine Gerichtsstandsvereinbarung in Betracht (Art. 17 EGÜbk).
2. a) Eine Parteivereinbarung über den Gerichtsstand muß nach Art. 17 Abs. 1 EGÜbk schriftlich getroffen sein. Wurde eine Gerichtsstandsvereinbarung nur mündlich abgeschlossen, so muß sie, um gültig zu sein, schriftlich bestätigt worden sein.
b) Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, der nach dem Protokoll vom 3. Juni 1971 (BGBl 1972 II 846) – in Kraft getreten am 1. September 1975 (BGBl II 1138) – verbindlich für die Gerichte der Mitgliedsstaaten über die Auslegung des Übereinkommens entscheidet, hat auf eine Vorlage des erkennenden Senats vom 18. Februar 1976 (VIII ZR 175/74 = WM 1976, 400) am 14. Dezember 1976 (Rechtssache 25/76 = NJW 1977, 495) wie folgt erkannt:
„Den Formerfordernissen des Art. 17 Abs. 1 des Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivilsachen und Handelssachen ist im Falle eines mündlich geschlossenen Vertrages nur dann genügt, wenn die schriftliche Bestätigung durch den Verkäufer, der dessen Allgemeine Geschäftsbedingungen beigefügt sind, vom Käufer schriftlich angenommen worden ist.
Der Umstand, daß der Käufer einer einseitigen Bestätigung durch die andere Vertragspartei nicht widerspricht, ist hinsichtlich der Gerichtsstandsklausel nicht als Annahme anzusehen, es sei denn, der mündlich geschlossene Vertrag füge sich in laufende Geschäftsbeziehungen ein, die zwischen den Parteien auf der Grundlage der eine Gerichtsstandsklausel enthaltenden Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Partei bestehen“.
Auf eine weitere Vorlage des Senats vom selben Tage (VIII ZR 14/75 = WM 1976, 401) hat der Europäische Gerichtshof gleichfalls mit Urteil vom 14. Dezember 1976 (Rechtssache 24/76 = NJW 1977, 494) ua entschieden:
„Dem Erfordernis der Schriftlichkeit nach Art. 17 Abs. 1 des Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivilsachen und Handelssachen ist bei einer Gerichtsstandsklausel, die in den auf der Rückseite der Vertragsurkunde abgedruckten Allgemeinen Geschäftsbedingungen einer Partei enthalten ist, nur dann genügt, wenn der von beiden Parteien unterzeichnete Vertragstext ausdrücklich auf diese Allgemeinen Geschäftsbedingungen Bezug nimmt“.
3. a) Die Gerichtsstandsvereinbarung, auf die sich die Klägerinnen hier berufen und von deren Wirksamkeit die Tatsacheninstanzen ausgegangen sind, erfüllt unter Zugrundelegung der vorgenannten Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs die Formerfordernisse des Art. 17 Abs. 1 EGÜbk nicht. Sie ist daher unwirksam.
Einer Vorlage an den Europäischen Gerichtshof nach Art. 3 des Protokolls vom 3. Juni 1971 bedarf es nicht, weil der erkennende Senat sich an die Auslegung von Art. 17 Abs. 1 EGÜbk hält, die der Gerichtshof dieser Norm in seinen Urteilen gegeben hat (vgl. dazu Rechtssache 73, 74/63, Urteil des EuGH vom 28. Februar 1964 = Sammlung der Rechtsprechung des Gerichtshofs Bd X 1964 S 27).
b) Eine schriftliche Vereinbarung der Parteien, die zur Wirksamkeit der in den AGB der Klägerinnen enthaltenen Gerichtsstandsklausel hätte führen können, liegt nicht vor; denn die vom Europäischen Gerichtshof hierfür geforderten Voraussetzungen haben die Parteien nicht erfüllt.
c) Die Klägerinnen hatten der Beklagten Angebote über die Lieferung von Maschinenanlagen unter ausdrücklichem Hinweis auf ihre Verkaufsbedingungen und Lieferungsbedingungen unterbreitet, die die streitige Gerichtsstandsklausel enthielten.
aa) Die Beklagte hat in ihrem Auftragsschreiben an die Klägerin zu 1 vom 26. März 1968 alle Klauseln und Bedingungen der Klägerin für ungültig erklärt. Damit war eine Gerichtsstandsvereinbarung zwischen den Parteien nicht zustandegekommen. Wenn die Klägerin zu 1 ihrerseits im Schreiben vom 4. April 1968 den erteilten Auftrag unter Zugrundelegung ihrer AGB bestätigt hat, dann kam damit keine nach Art. 17 Abs. 1 EGÜbk wirksame Gerichtsstandsvereinbarung zustande; denn daß die Beklagte die AGB der Klägerin zu 1 schriftlich angenommen hätte, ist nicht einmal behauptet.
Der Umstand, daß die Beklagte der einseitigen Auftragsbestätigung der Klägerin zu 1 wegen des Hinweises auf deren AGB nicht widersprochen hat, ist nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zu Art. 17 Abs. 1 EGÜbk nicht als Annahme der in den AGB enthaltenen Gerichtsstandsklausel anzusehen. Dafür, daß sich der Vertrag der Beklagten mit der Klägerin zu 1 in laufende, auf der Grundlage der AGB der Klägerin zu 1 abgewickelte Geschäftsbeziehungen eingefügt habe, ist nichts vorgetragen. Die Anschlußaufträge der Beklagten an die Klägerin zu 1, die von dieser jeweils wiederum zu ihren AGB bestätigt wurden, können nicht als auf der Basis der Gerichtsstandsklausel in laufender Geschäftsverbindung abgeschlossen gelten, weil schon für den Grundauftrag keine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung vorlag und sich die Zusatzaufträge nur auf die gekaufte Anlage bezogen.
bb) Das Auftragsschreiben der Beklagten an die Klägerin zu 2 vom 28. Dezember 1967 enthält ebenfalls die Bestimmung, daß jede andere, in dem Schreiben nicht enthaltene Klausel unwirksam sein sollte. Wenn die Klägerin zu 2 als Ergebnis einer Besprechung auf der Übersetzung dieses Schreibens vermerkte, daß sich das nur auf solche Bedingungen und Klauseln beziehen sollte, die den von der Beklagten formulierten Auftragsbedingungen entgegenstanden, dann liegt hierin keine schriftliche Vereinbarung der Geltung der AGB der Klägerin zu 2 mit ihrer Gerichtsstandsklausel durch die Parteien. Daß die Klägerin zu 2 am 5. Januar 1968 mit dem vorerwähnten Zusatz den von der Beklagten erteilten Lieferungsauftrag bestätigte, führte zu keiner nach Art. 17 Abs. 1 EGÜbk wirksamen Gerichtsstandsvereinbarung; denn der Umstand, daß die Beklagte sich hierauf nicht äußerte, kann nach der für den Senat bindenden Auslegung von Art. 17 Abs. 1 EGÜbk durch den Europäischen Gerichtshof (Art. 1, 3 des Protokolls vom 3. Juni 1971) nicht als Annahme der Gerichtsstandsklausel angesehen werden.
Auch hinsichtlich der Nachtragsaufträge der Beklagten an die Klägerin zu 2 gilt, daß diese mangels einer wirksamen Gerichtsstandsvereinbarung für den Grundauftrag nicht als in laufender Geschäftsverbindung auf der Grundlage der AGB der Klägerin zu 2 und der in ihnen enthaltenen Gerichtsstandsklausel abgeschlossen angesehen werden können.
III. Fehlt es an einer wirksamen Gerichtsstandsvereinbarung zwischen den Parteien, dann ist eine internationale Zuständigkeit der Berliner Gerichte zur Entscheidung dieses Streitfalles zwischen der beklagten belgischen Käuferin und den deutschen Verkäufern nicht gegeben. Auf die weiter von der Revision aufgeworfene Frage, ob die Bestimmungen der Art. 13-15 EGÜbk über die Zuständigkeit für Abzahlungsgeschäfte der Wirksamkeit der von den Klägerinnen behaupteten Gerichtsstandsvereinbarungen ebenfalls entgegenstehen würden, kommt es nicht an.
Auf die Revision der Beklagten waren die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und von Amts wegen die Unzuständigkeit der deutschen Gerichte festzustellen (Art. 20 EGÜbk), nachdem sich die Beklagte zur Sache hier nicht eingelassen, sondern die Rüge der Unzuständigkeit in allen Instanzen erhoben hat. Die Klage war als unzulässig abzuweisen.