Im November 1976 bestellte die Firma B. und B., Bauaktiengesellschaft mit Sitz in W. ‚ bei der Antragstellerin insgesamt 12350 t Betonstahl nach deutscher Industrienorm 88 BSt 142/50 RU/RK für ein Bauvorhaben in Lagos/Nigeria, Die Antragstellerin kaufte das Material bei der Antragsgegnerin zu 3 ein. In dem Bestätigungsschreiben der Antragsgegnerin zu 3 an die Antragstellerin vom 29. November 1976 heißt es bezüglich der Zahlung:
„Unwiderrufliches Akk. Bestätigt in 30 Tg ab Datum der Verschiffung.
Akk. Zu eröffnen bei der B. und B., T ‚bis zum 30.“
Auf Wunsch der Antragsgegnerin zu 3 trat an die Stelle der B. später die Antragsgegnerin zu 2. Am 30. November 1976 eröffnete die Antragsgegnerin zu 1 im Auftrag der Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin zu 3 zwei Akkreditive mit den Nummern … und … Das zuletzt genannte Akkreditiv, das Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites ist, lautet über 1.080.000 US$ für eine Liefermenge von 60.000 t Stahl und enthält den Vermerk:
„payable 30 days after date of despatch“.
Dieses Akkreditiv hat die Antragsgegnerin zu 2 gegenüber der Antragsgegnerin zu 3 bestätigt. Die durch dieses Akkreditiv gesicherte Ware wurde in zwei Teilpartien geliefert. Eine Menge von 700 t entsprechend einem Kaufpreis von 126.000 US$ wurde am 10. Februar 1977 auf dem Dampfer Z. verladen und traf Ende März am Bestimmungsort ein. Diese Teilmenge ist nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites. Kurz nach Entladung des Materials rügte die Abnehmerin der Antragstellerin dieser gegenüber die Qualität und Abweichungen in den Abmessungen des gelieferten Stahls. Sie verlangte Rückzahlung des gezahlten Kaufpreises und drohte Schadensersatzansprüche an. Mit der Verladung der Hauptmenge von 5.300 t Stahl aus dem streitigen Akkreditiv auf den Dampfer G. wurde am 22. März 1977 begonnen. Erkundigungen der Antragstellerin über die Vermögensverhältnisse der Antragsgegnerin zu 3 ergaben, daß dieser Zahlungsunfähigkeit drohte. Inzwischen ist über das Vermögen der Antragsgegnerin zu 3 das Konkursverfahren eröffnet worden.
Unter Berufung auf die vorstehend geschilderten Ereignisse hat die Antragstellerin eine einstweilige Verfügung folgenden Inhalts erwirkt:
„Sofern die Antragstellerin den Antragsgegnerinnen zu 1, 2 und 3 als Gesamtgläubigerinnen wegen der aus der Vollziehung dieses Beschlusses etwa drohenden Nachteile Sicherheit in Höhe von 2,5 Millionen Deutsche Mark (in Worten: zweikommafünfmillionen Deutsche Mark), die auch durch die selbstschuldnerische Bürgschaft einer im Gebiet der Bundesrepublik ansässigen Großbank oder der B erbracht werden kann, leistet, wird den Antragsgegnerinnen zu 1, 2 und 3 bei Vermeidung eines Ordnungsgeldes bis zu 500.000 Deutsche DM und für den Fall, daß dieses nicht beigebracht werden kann, der Ordnungshaft oder von Ordnungshaft bis zu sechs Monaten für jeden Fall der Zuwiderhandlung untersagt:
a) den Antragsgegnerinnen zu 1 und 2:
aus dem Akkreditiv der Antragsgegnerin zu 1 Nr. … vom 30 November 1976, fällig am 19. April 1977, und dessen Bestätigung durch die Antragsgegnerin zu 2, Leistungen irgendwelcher Art zu erbringen, insbesondere Zahlungen zu leisten,
b) der Antragsgegnerin zu 3:
das auf Veranlassung der Antragstellerin durch die Antragsgegnerin zu 1 geleistete Akkreditiv Nr. … vom 30. November 1976, fällig am 19. April 1977, oder dieses von der Antragsgegnerin zu 2 bestätigte Akkreditiv in Anspruch zu nehmen“.
Gegen diese einstweilige Verfügung hat die Antragsgegnerin zu 2 Widerspruch eingelegt und diese im wesentlichen damit begründet, sie habe bereits bis zum 31. März 1977 den noch streitigen Betrag von 954.000 US$ an die Antragsgegnerin zu 3 geleistet.
Sie hat beantragt, die einstweilige Verfügung hinsichtlich der Antragsgegnerin zu 2 aufzuheben und den Antrag insoweit zurückzuweisen.
Die Antragstellerin hat Bestätigung der einstweiligen Verfügung beantragt.
Durch das angefochtene Urteil hat das Landgericht die einstweilige Verfügung bestätigt und zur Begründung ausgeführt:
Es bestehe ein Verfügungsgrund weil die demnächstige Rückzahlungsforderung der Antragstellerin gefährdet sei. Diese Gefährdung gelte auch im Verhältnis der Antragstellerin zur Antragsgegnerin zu 2, weil dieser ebenfalls Schutzpflichten gegenüber der Antragstellerin aufgrund der Akkreditivbeziehungen oblägen. Denn durch die Auszahlung des Akkreditivbetrages an die Antragsgegnerin zu 3 würde die Antragsgegnerin zu 2 den hinreichend glaubhaft gemachten Rechtsmißbrauch der Antragsgegnerin zu 3, der in der Fertigung unrichtiger Dokumente zur Erlangung des Akkredtivbetrages bestehe, fördern. Die Antragsgegnerin zu 2 habe nicht glaubhaft gemacht, daß sie den streitigen Betrag vor Zustellung der einstweiligen Verfügung bereits geleistet habe. Im übrigen wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Antragsgegnerin zu 2 Sie beantragt, das angefochtene Urteil abzuändern und die gegenüber ihr erlassene einstweilige Verfügung aufzuheben.
Die Antragstellerin bittet um Zurückweisung der Berufung, hilfsweise Zulassung der Revision sowie Vollstreckungsschutz (Bank- oder Sparkassenbürgschaft).
Die Parteien wiederholen und ergänzen ihr Vorbringen.
Die Antragsgegnerin zu 2 ist der Auffassung, der Erlaß der einstweiligen Verfügung sei jedenfalls ihr gegenüber ausgeschlossen, wei1 es an jeglicher rechtlicher Beziehung zwischen der Antragstellerin und ihr fehle.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der Akten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung hat Erfolg.
Die Zuständigkeit des Senats zur Entscheidung des hier vorliegenden Rechtsfalles ist jedenfalls aufgrund von Art. 18 des Übereinkommens der Europäischen Gemeinschaft über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. September 1968 (abgedruckt bei Baumbach-Lauterbach, ZPO, 36. Aufl., Schlußanhang V C, S. 2273 ff.) gegeben weil sich die Antragsgegnerin zu 2 auf das Verfahren eingelassen hat.
Es kann dahingestellt bleiben, ob die Rechtsbeziehungen der Parteien materiell nach deutschem Recht zu beurteilen sind. Jedenfalls ist aber prozessual deutsches Recht anwendbar. Vor deutschen Gerichten ist grundsätzlich nach deutschem Prozessrecht zu verhandeln, gleichgültig welcher Staatsangehörigkeit die Parteien sind und welches sachliche Recht anzuwenden ist (Baumbach-Lauterbach aaO Einleitung IV Anm. 8 A). Damit sind auch die §§ 935, 940 ZPO anzuwenden, aufgrund derer die Antragstellerin den Erlaß der einstweiligen Verfügung begehrt.
In der Sache selbst kann jedoch der Auffassung des Landgerichts nicht gefolgt werden.
Die § 935, 940 ZPO setzen übereinstimmend einen sicherungsbedürftigen Anspruch aus einem bestimmten Streitverhältnis voraus. Das „streitige Rechtsverhältnis“ im Sinne dieser Vorschriften muß zwischen den Parteien selbst bestehen. Einstweilige Verfügungen gegen Dritte sind nach allgemeiner Auffassung nicht zulässig (Stein-Jonas-Pohle, 19. Aufl., § 938 II 2 und § 940 Anm. II 2) Die Rechtsverhältnisse aus dem Valutaverhältnis zwischen der Antragstellerin als der Käuferin und der Antragsgegnerin zu 3 als der Verkäuferin sowie zwischen der Antragstellerin als Auftraggeberin aus dem Akkreditiv gegenüber der Antragsgegnerin zu 1 müssen daher hier außer Betracht bleiben. Das Landgericht bejaht einen Verfügungsanspruch mit der Begründung, der Antragstellerin stehe gegenüber der Antragsgegnerin zu 2 wegen der nicht bestrittenen Schlechtlieferungen durch die Antragsgegnerin zu 3 hinsichtlich des durch die Akkreditivgestellung zu zahlenden Kaufpreises ein Anspruch auf Rückforderung zu. Insoweit ist jedoch zu berücksichtigen, daß nach allgemein anerkannter Auffassung zwischen dem Akkreditiv-Auftraggeber (der Antragstellerin) und der zweitbeauftragten Bank (der Antragsgegnerin zu 2) keine vertraglichen Rechtsbeziehungen bestehen (Schlegelberger, HGB, 5, Aufl., Anhang § 365 Anm. 194; Liesecke, Wertpapiermitteilungen l466, S. 463; Canaris in Großkommentar zum HGB, 3. Aufl., Anhang § 357, Bankvertragsrecht, Anm. 407; Zahn, Zahlung und Zahlungssicherung im Außenhandel, 5. Aufl., S. 82). Wird der Akkreditiv-Auftraggeber durch eine Pflichtverletzung der zweitbeauftragten Bank geschädigt, so stehen ihm eigene Ansprüche gegen sie grundsätzlich nicht zu (Schlegelberger aaO). Eine Rückzahlung des schon gezahlten Akkreditivsbetrages kann der Käufer grundsätzlich nur vorn Verkäufer, nicht dagegen von der Bank verlangen (Schlegelberger aaO, Anm. 251). Auch die Antragstellerin geht von diesen Grundsätzen aus. Sie meint jedoch, der Antragsgegnerin zu 2 obliege eine Schutzpflicht, die aus dem Rechtsinstitut des Rechtsmißbrauches herzuleiten sei. Diese Schutzpflicht sei das Spiegelbild des Rechtes einer Akkreditivbank, auch einer nur das Akkreditiv bestätigenden Bank, die Auszahlung zu verweigern. Dies folge aus dem Grundsatz, daß ein Rechtsteilnehmer zur Unterstützung arglistigen Verhaltens Dritter weder berechtigt noch verpflichtet sei. Notfalls komme auch § 826 BGB zur Anwendung. Ob dieser Rechtsansicht der Antragstellerin zu folgen ist und die tatsächlichen Voraussetzungen dafür im vorliegenden Fall glaubhaft gemacht worden sind, kann dahingestellt bleiben Der Senat unterstellt im folgenden, daß der behauptete Anspruch der Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin zu 2 gegeben ist.
Gleichwohl ist der Erlaß einer einstweiligen Verfügung nicht gerechtfertigt, weil ein Verfügungsgrund nach § 935 ZPO oder nach § 940 ZPO nicht besteht. § 935 ZPO verlangt, daß eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eins gegenständlichen Anspruches objektiv gefährdet. § 940 ZPO verlangt, daß die einstweilige Verfügung zur Regelung eines einstweiligen Zustandes nötig scheint. Eine Gefährdung des Anspruchs der Antragstellerin gegen die Antragsgegnerin zu 2 oder die Notwendigkeit zur Regelung eines einstweiligen Zustandes ist aber gerade nicht gegeben, wenn man den Verfügungsanspruch als solchen bejaht. Ist nämlich die Bank gegenüber dem Käufer zur Verweigerung der Zahlung an den Verkäufer aus dem Gesichtspunkt des Rechtsmißbrauches verpflichtet, so macht sie sich dem Käufer gegen über schadensersatzpflichtig, wenn sie den Akkreditivbetrag. trotzdem auszahlt. Dies hat zur Folge, daß der Käufer bei einer solchen Pflichtverletzung der Bank die Erstattung des Akkreditivsbetrages verweigern oder die Rückgängigmachung einer entsprechenden Belastungsbuchung verlangen kann. Es fehlt daher an einem Grund für den Erlaß einer einstweiligen Verfügung nach § 935 oder 940 ZPO. Die Antragstellerin kann demgegenüber nicht mit Erfolg einwenden, eine Gefährdung ihres Anspruches sei gegeben, weil sie Rechtsnachteile befürchten müsse, wenn die einstweilige Verfügung aufgehoben werde. In diesem Falle bestehe die Gefahr, daß sie den Akkreditivbetrag letztlich doch zahlen müsse, weil für sie Beweisschwierigkeiten bei der Frage des Rechtsmißbrauches bestünden und unterschiedliche Entscheidungen der Gerichte zu dieser Frage ergehen könnten. Die Antragstellerin verweist in diesem Zusammenhang auf den vor einem Gericht in T. schwebenden Rechtsstreit der Antragstellerin zu 2 gegen die Antragstellerin zu 1 auf Erstattung der Akkreditivsumme. Nach Auffassung des Senates reicht jedoch diese Gefährdung zum Erlaß einer einstweiligen Verfügung nicht aus. Denn insoweit handelt es sich um das ganz allgemeine Prozeßrisiko, das für jede Partei besteht, die einen Rechtsstreit führt. Der Senat befindet sich mit dieser Ansicht in Übereinstimmung mit der in Literatur und Rechtsprechung schon mehrfach ausgesprochenen Auffassung. Danach sind einstweilige Verfügungen mit dem Ziel, die Auszahlung des Akkreditivbetrages zu verhindern, bei Mangelhaftigkeit der Ware nur in extremen Ausnahnefä1len möglich (Canaris aaO Anm. 28 ff.; Zahn aaO S. 162 ff. Schlegelberger aaO Anm. 225 ff. LG Düsseldorf WM 1975 S. 67 ff.). Dabei wird in der Literatur weiter unterschieden zwischen einstweiligen Verfügungen des Käufers gegen die Bank einerseits und den Begünstigten (Verkäufer) andererseits. Einstweilige Verfügungen des Käufers gegen die Bank werden in der Literatur ganz allgemein abgelehnt (Canaris aaO Anm. 431; Schlegelberger aaO Anm. 229; Zahn aaO S. 167; Liesecke WM 1966 S. 1468) Zahn fügt zwar hinzu, leider sei in der Praxis – auch in Deutschland – häufig zu beobachten, daß manche Gerichte sich dazu verleiten ließen, die einstweilige Verfügung gegen die Akkreditivbank zu erlassen und ihr zu verbieten, die zur Bedienung des Akkreditivs eingereichten Dokumente einzulösen. Dieser Tendenz sei jedoch entgegenzuwirken. Der allein richtige Weg sei der, die einstweilige Verfügung gegen den Begünstigten zu richten und der Bank eine Ausfertigung zuzustellen. Auch Zahn ist somit der Auffassung, daß die einstweilige Verfügung gegen die Bank grundsätzlich nicht zulässig ist. Auch in der Rechtsprechung sind soweit ersichtlich bisher keine Entscheidungen erlassen worden, in der eine einstweilige Verfügung gegen eine Bank, die die Verhinderung der Auszahlung des Akkreditivbetrages zum Gegenstand hatte erlassen worden ist. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 23 März 1955 (Betriebsberater 1955 S. 1462) betrifft das Verhältnis zwischen der Bank und dem Begünstigten und behandelt die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Bank gegenüber dem Begünstigten die Zahlung des Akkreditivbetrages verweigern kann. Eine ältere Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 9. März 1927 (JW 1927 S. 1496) sowie die schon erwähnte Entscheidung des Landgerichts Düsseldorf vom 17. September 1974 betreffen das Valutaverhältnis Käufer – Verkäufer. Auch die Entscheidung des Reichsgerichts vom 16. Februar 1923 (RGZ 16, 304 ff.) betrifft nicht das Verhä1tnis zwischen Auftraggeber und Akkreditivbank. Da somit ein Verfügungsgrund nicht gegeben ist, war die angefochtene Entscheidung zu ändern und der Antrag unter Aufhebung der einstweiligen Verfügung zurückzuweisen Unter diesen Umständen kann die Frage unentschieden bleiben, ob als glaubhaft gemacht anzusehen ist, daß die Antragstellerin zu 2 die Leistung aus dem Akkreditiv an die Antragsgegnerin zu 3 vor Zuste1lung der einstweiligen Verfügung bereits erbracht hat sowie ob sie befugt war, die Leistung durch Verrechnung vorzunehmen und bejahendenfalls die Verrechnung vor Ablauf der Frist von 30 Tagen seit der Verladung vorzunehmen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 ZPO, die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 6 ZPO.
Vollstreckungsschutz war nicht zu gewähren, weil die Voraussetzungen, unter denen ein Rechtsmittel gegen dieses Urteil stattfindet, offensichtlich nicht gegeben sind §§ 713, 545 Abs. 2 Satz 1 ZPO).