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unalex. Rechtsprechung Entscheidung DE-455
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unalex. Rechtsprechung

Entscheidung DE-455  



AG Wangen (DE) 05.10.1977 - 2 C 37/77
Art. EuGVÜ – unalexMaterielle Wirksamkeitsvoraussetzungen –unalexBestimmtheit der Vereinbarung –unalexWillenseinigung der Parteien –unalexForm der Gerichtsstandsvereinbarung –unalexSchriftform –unalexAllgemeine Geschäftsbedingungen –unalexAusdrücklicher Hinweis

AG Wangen (DE) 05.10.1977 - 2 C 37/77, unalex DE-455


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de - Kommentar zur VO(EG) 44/2001 und zum Übereinkommen von Lugano (1 cit.) erweiternde - Kommentar zur VO(EG) 44/2001 und zum Übereinkommen von Lugano (1 cit.)



Werden Vertragsverhandlungen ausschließlich in einer bestimmten Sprache geführt, so muss eine Gerichtsstandsvereinbarung, um gemäß Art. 17 EuGVÜ wirksam zu sein, auch in dieser Sprache gefasst sein.

Zum Zustandekommen einer wirksamen Gerichtsstandsvereinbarung gemäß Art. 17 EuGVÜ ist nicht ausreichend, dass der Ort des zuständigen Gerichts vereinbart wird. Vielmehr muss sich aus der Parteivereinbarung auch ergeben, welches von mehreren an diesem Ort befindlichen Gerichten sachlich zuständig sein sollte.


-  Zusammenfassung der Entscheidung 

Die deutsche Klägerin schloss mit der französischen Beklagten einen Werklieferungsvertrag, in dem sich die Klägerin verpflichtete, der Beklagten ein Behandlungszentrum für Käse zu liefern; die Beklagte verpflichtete sich, eine vereinbarte Summe zu zahlen. Im auf französisch verfassten Vertragstext wurde auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Klägerin verwiesen. Diese waren dem Vertrag in deutscher Sprache als Anlage beigefügt. Der gesamte Schriftverkehr zwischen den Parteien wurde auf französisch abgewickelt. In den AGB wurde als Gerichtsstand Wangen (DE) benannt. Die Klägerin lieferte das bestellte Gerät und die Beklagte beglich einen Teil der vereinbarten Summe. Die Klägerin verlangte von der Beklagten Zahlung der Restsumme. 

Das Amtsgericht Wangen (DE) verneint seine internationale Zuständigkeit. Es könne dahinstehen, ob sich die deutsche Gerichtsbarkeit aus Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ herleiten ließe, da dann das Landgericht Ravensburg (DE) sachlich zuständig wäre. Eine nach Art. 17 EuGVÜ wirksame Gerichtsstandsvereinbarung liege nicht vor, da die AGB der Beklagten nicht in französischer Sprache zugegangen seien. Dieses Erfordernis ergebe sich aus dem Sinn und Zweck des Art. 17 EuGVÜ. Die Norm sei dahingehend auszulegen, dass wenn Vertragsverhandlungen ausschließlich in einer bestimmten Sprache geführt würden, die Gerichtsstandsvereinbarung zumindest auch in dieser Sprache gefasst werden müsse. Aber selbst wenn man dieses Erfordernis verneine, wäre zwar die örtliche Zuständigkeit des für Wangen (DE) zuständigen Gerichts vereinbart worden, nicht aber die sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Wangen (DE). Die Vereinbarung wäre dann mangels ausreichender Bestimmtheit des Gerichts bezüglich der sachlichen Zuständigkeit unwirksam. Zudem könne eine Vereinbarung über die sachliche Zuständigkeit nach dem EuGVÜ, folge man dem Bericht zum EuGVÜ, nicht getroffen werden.

 JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission

-  Entscheidungstext 

Die Klägerin verlangt von der Beklagten die vereinbarte restliche Vergütung aus einem Werklieferungsvertrag.

Die Parteien schlossen am 13.12.1973 einen Vertrag, in dem sich die Klägerin verpflichtete, ein vollautomatisches Hochleistungsbehandlungszentrum für Comte-Käse zu liefern und die Beklagte als Gegenleistung die Bezahlung von 1.330.000,‑ FF versprach.

Die Klägerin lieferte an die Beklagte bereits den Palettentrockner und die Beklagte zahlte die Vergütung bis auf 778.720,‑ FF. Die Klägerin verlangt nunmehr diese restliche Vergütung.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie den Betrag von 778.720,‑ FF und 10 % Zinsen hieraus seit 20.10.1976 zu bezahlen.

Die Beklagte rügt die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts und beantragt hilfsweise, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht, daß zwischen den Parteien keine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung zustande gekommen ist, weil sie weder Kaufmann im Rechtssinne sei noch die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin Grundlage des Vertrages geworden seien. Sie sei deswegen nicht Kaufmann, weil sie keine im Handelsregister eingetragene Firma habe und lediglich ein Zusammenschluß mehrerer landwirtschaftlicher Genossenschaften sei.

Die allgemeinen Geschäftsbedingungen seien deswegen nicht Vertragsbestandteil geworden, weil der Klägerin bekannt gewesen sei, daß weder der Direktor, noch der technische noch der kaufmännische Sachbearbeiter die deutsche Sprache beherrschen. Die Korrespondenz sei in französisch geführt worden. Unter Hinweis auf die Entscheidung OLG Stuttgart MDR 64, 412 hätte bei diesen Umständen eine Übersetzung der allgemeinen Geschäftsbedingungen beigefügt werden müssen. Darüberhinaus handele es sich bei der Vereinbarung des Amtsgerichts Wangen um eine überraschende Klausel, die nach Treue und Glauben nicht zulässig sei.

Die Klägerin entgegnet, daß der damalige Geschäftsführer der Beklagten, Herr P. fließend deutsch spreche und die Beklagte auch im Sekretariatsdienst Mitarbeiter beschäftige, die der deutschen Sprache absolut mächtig seien.

Im übrigen wird auf die Schriftsätze der Parteien verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist nicht zulässig.

Das Amtsgericht Wangen ist für die Entscheidung dieses Rechtsstreites nicht zuständig, weil die von der Klägerin behauptete Gerichtsstandsvereinbarung der Parteien nicht wirksam, hilfsweise nicht bestimmt, konkret genug ist.

I. Vorweg ist festzustellen, daß bis heute von den französischen Behörden ein Nachweis über die erfolgte Zustellung der Klage an die Beklagte dem Amtsgericht Wangen nicht zugegangen ist. Insoweit ist jedoch der Mangel der möglicherweise nicht gewahrten Einlassungsfrist und Ladungsfrist durch das Verhandeln der Beklagten (wenn auch nicht zur Hauptsache) in den Terminen vom 29.6.1977 und 5.10.1977 gem. § 295 ZPO geheilt, da eine diesbezügliche Rüge nicht erhoben worden ist.

II. Das Amtsgericht Wangen ist sachlich zur Entscheidung dieses Rechtsstreits nicht zuständig. Die von der Klägerin behauptete Gerichtsstandsvereinbarung zwischen den Parteien ist unwirksam und würde auch für den Fall ihrer Wirksamkeit nur das international und örtlich zuständige Gericht regeln, nicht aber das sachlich zuständige, da die Klausel insoweit ohnehin unwirksam wäre.

1. Sedes materiae für die Prüfung der Rechtswirksamkeit der von der Klägerin als vereinbart behaupteten Gerichtsstandsvereinbarung ist nicht § 38 ZPO, sondern ausschließlich das Übereinkommen der Europäischen Gemeinschaft über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivilsachen und Handelssachen (EuGVÜ) vom 27.9.68, BGBl II 1972, 774 in der BRD ratifiziert durch das Gesetz vom 24.7.1972, BGBl II, 1972, 773.

a) § 38 I ZPO findet bereits deswegen keine Anwendung, weil sich diese Vorschrift ausschließlich auf inländische Vertragsparteien bezieht; diese Vorschrift also bei Auslandsberührung für die internationale Zuständigkeit nicht gilt. Deswegen spielt im Gegensatz zu der Ansicht der Beklagten die Frage keine Rolle, ob die Beklagte Kaufmann ist. Allerdings – und das sei nebenbei bemerkt – wäre die Frage, ob die Beklagte Kaufmann ist, (für die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts) nach der lex fori, also aufgrund deutschen und nicht französischen Rechts zu beantworten, wobei kein Zweifel daran bestehen dürfte, daß die Beklagte bei einem Ausstoß von 1.500 – 2.500 Käselaiben pro Stunde ein Handelsgewerbe im Sinne des § 1 II 1 HGB betreibt und mithin gem. § 1 I HGB als Kaufmann nach deutschem Recht – auch ohne Eintragung in einem Handelsregister – anzusehen wäre.

b) § 38 II 1 und 2 ZPO enthält an sich eine Regelung der internationalen Zuständigkeitsvereinbarungen. Diese Vorschrift wird jedoch durch die Art. 1 – 23 des EuGVÜ verdrängt. Zwar ist § 38 II ZPO am 1.4.1974 in Kraft getreten, während die genannten Artikel des Abkommens schon am 1.2.1973 wirksam geworden sind, so daß nach dem Satz: Lex posterior derogat legi priori die Vorschriften des Abkommens durch § 38 verdrängt worden wären.

Andererseits enthalten die Vorschriften des Abkommens jedoch detaillierte Regelungen und sind damit spezieller. Ihr Geltungsbereich ist zudem enger: Nämlich nur für Personen, die ihren Wohnsitz in den Ursprungs-EG-Staaten haben, während § 38 II 1 ZPO für alle Gerichtsstandsvereinbarungen gilt, wenn eine der Parteien im Inland keinen Gerichtsstand hat und damit auch für Rechtspersonen, die in NichtEG-Staaten, also Drittländer ihren (Wohnsitz) Sitz haben. Besteht damit eine vom Abkommen nicht geregelter aber regelungspflichtiger Sachverhalt, so ist es dem nationalen Recht unbenommen, eine solche Regelung zu treffen. Ist zudem eine Änderungsabsicht der BRD bezüglich des das Abkommen ratifizierenden Gesetzes weder offenkundig noch sonst anzunehmen, da andernfalls die BRD vertragsbrüchig wäre, so gilt jedenfalls unter diesen Voraussetzungen der Rechtssatz: Lex posterior generalis non derogat legi priori speciali, mag es auch sonst zweifelhaft sein, ob dieser Rechtssatz allgemeine Geltung beanspruchen kann (eine allgemeine Geltung dieses Rechtssatzes ablehnend, allerdings ohne Gründe, Lange BGB, Allg. Teil, 7. A. 1964, § 7 VI 2, Seite 47).

§ 38 II 1 ZPO ist also enger dahin auszulegen, daß die Worte „oder in einem Ursprungs-EG-Staat“ nach „Inland“ einzufügen ist, so daß § 38 II 1 HS 2 ZPO zu lesen ist: „Wenn mindestens eine der Vertragsparteien keinen allgemeinen Gerichtsstand im Inland oder in einem Vertragsstaat des EuGVÜ hat“.

Zum gleichen Ergebnis kommen LG München I, NJW 75, 1606 und Löwe NJW 1974, 473, 475 und Schlosser NJW 75, 2132 mit dem Argument, es gälte „ein allgemeiner Auslegungsgrundsatz, daß nationale Gesetze im Zweifel so zu interpretieren sind, wonach die Rechtsanwendung im Einklang mit internationalen Verträgen steht, an welche die Bundesrepublik gebunden ist“, unter Berufung auf die dem Amtsgericht Wangen nicht zur Verfügung stehende Stelle: Wengler, Völkerrecht I (1964) S. 94. Ob allerdings diesem Argument stets zu folgen wäre, mag dahinstehen.

Verdrängen die Vorschriften des EuGVÜ aber, wie eben dargelegt, die Vorschrift des § 38 II 1 ZPO ganz, so ist die von der Klägerin behauptete Gerichtsstandsvereinbarung lediglich an den Art. 1 – 23 des Übereinkommens zu messen, so daß auch entgegen AG Berlin-Charlottenburg NJW 75, 502 eine Anwendung des § 38 II 3 ZPO ausscheidet.

2. Nachdem die Beklagte ihren Sitz in Frankreich hat, ist die deutsche Gerichtsbarkeit und innerhalb dieser, das Amtsgericht Wangen, abweichend von Art. 2 des EuGVÜ nur „international“ zuständig, wenn eine der Sonderzuständigkeiten der Art. 5 – 18 vorliegt.

a) Es kann dahinstehen, ob die deutsche Gerichtsbarkeit sich aus der besonderen Zuständigkeit des Art. 5 Nr. 1 herleiten ließe, da, selbst wenn dies der Fall wäre, über § 23 Nr. 1 GVG bei einem Streitwert von 400.000 DM sich die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts Ravensburg und nicht die des Amtsgerichts Wangen ergäbe, weswegen eine Prüfung der Fragen entsprechend EuGH NJW 77, 491 entbehrlich ist, welches Recht nach den deutschen Kollisionsnormen auf das Vertragsverhältnis anwendbar ist und wo nach dem so ermittelten Recht der Erfüllungsort des Zahlungsanspruches liegt, wie auch die Frage, ob außer über Art. 17 des Abkommens auch über eine vertragliche Regelung des Erfüllungsortes eine Gerichtsstandsvereinbarung und zwar die des Erfüllungsortes im Sinne des Art. 5 Nr. 1 getroffen werden kann oder ob dies eine Umgehung des Art. 17 darstellen würde.

b) Eine nach Art. 17 wirksame Gerichtsstandsvereinbarung zwischen den Parteien liegt nicht vor.

Gegenstand des zwischen den Parteien abgeschlossenen Werkvertrages sind nach dem Vertragstext auch die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin (nos conditions generales) geworden. Sie wurden auch in einer Anlage dem Vertrag beigefügt (vgl. die Vertragsurkunde am Ende), weswegen der Zugang dieser Bedingungen im Gegensatz zum diesbezüglichen Bestreiten der Beklagten als bewiesen anzusehen ist. Diese Geschäftsbedingungen sind jedoch trotz dieser Umstände – jedenfalls bezüglich der Gerichtsstandsvereinbarung – nicht Vertragsbestandteil geworden, da sie der Beklagten nicht in französischer Sprache zugegangen sind.

Ein solches Erfordernis ergibt sich zwar nicht aus dem Wortlaut des Art. 17 EuGVÜ aber aus seinem Sinn und Zweck. Art. 17 ist Art. 2 gegenüber eine Ausnahmevorschrift und schon deswegen eng auszulegen. Hierzu führt der EuGH in NJW 77, 494 Nr. 6 aus: „Bei der Auslegung der Tatbestandsmerkmale dieser Bestimmung müssen die Wirkungen der Zuständigkeitsvereinbarung berücksichtigt werden. Diese schließt sowohl die nach dem allgemeinen Grundsatz des Art. 2 EuGVÜ begründete Zuständigkeit als auch die besonderen Zuständigkeiten aus, die in den Art. 5 und 6 des Übereinkommens vorgesehen sind. Angesichts der möglichen Folgen einer solchen Vereinbarung für die Stellung der Parteien im Prozeß sind die in Art. 17 EuGVÜ aufgestellten Voraussetzungen für die Wirksamkeit von Gerichtsstandsklauseln eng auszulegen. Da Art. 17 EuGVÜ hierfür eine „Vereinbarung“ verlangt, muß das mit der Sache befaßte Gericht in erster Linie prüfen, ob die seine Zuständigkeit begründende Klausel tatsächlich Gegenstand einer Willenseinigung zwischen den Parteien war, die klar und deutlich zum Ausdruck gekommen ist. Die Formerfordernisse des Art. 17 EuGVÜ sollen gewährleisten, daß die Einigung zwischen den Parteien tatsächlich feststeht“.

Im Geschäftsverkehr mit Auslandsberührung gewinnt das im inländischen Recht praktisch nicht vorkommende Problem der Geschäftssprache und Vertragssprache erhebliche Bedeutung. Bekannt ist das Problem bei der Verbindlichkeit eines Textes. Da die Wortbedeutung in zwei oder mehreren Sprachen selten identisch ist, ein übersetztes Wort in einer anderen Sprache noch eine Nebenbedeutung haben kann und nicht selten hat, der Sinngehalt des übersetzten Wortes damit vom zu übersetzenden Wort abweichen kann, wird in Verträgen zwischen Staaten und Privatpersonen meist bestimmt, welcher Text verbindlich sein soll. Dies ist auch hier geschehen. Im Vertrag ist der deutsche Text verbindlich erklärt.

Mit der Verbindlichkeit eines in einer bestimmten Sprache abgefaßten Textes ist aber die Frage der Willenseinigung über den Text überhaupt noch nicht mit-entschieden, jedenfalls dann nicht, wenn die Vertragssprache eine andere ist als die Verbindlichkeitssprache. Wird aber aufgrund Vereinbarung oder tatsächlicher Übung eine Sprache als Vertragssprache gewählt, so müssen die Verhandlungsergebnisse – nichts anderes enthält ein Vertrag – zumindest auch in dieser Sprache (und falls, wie hier, für die Verbindlichkeit eine andere Sprache gewählt wird, sofern eine andere Sprache überhaupt gewählt werden kann, auch in der Verbindlichkeitssprache) niedergelegt werden, da nur dann sichergestellt ist, daß beide Seiten sich über den Text geeinigt haben und es insoweit zu einer Willenseinigung gekommen ist, die klar und deutlich ist. Den gleichen Rechtsgedanken vertrat zum früheren Rechtszustand des OLG Stuttgart in MDR 1964, 412.

Daraus folgt für die Auslegung des Art. 17 EuGVÜ: Werden Vertragsverhandlungen ausschließlich in einer bestimmten Sprache geführt, so muß eine Gerichtsstandsvereinbarung zumindest auch in dieser Sprache textlich gefaßt werden.

Diesen Anforderungen genügen die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin nicht. Sie wurden der Beklagten lediglich in deutscher Sprache übergeben, wohingegen zumindest der gesamte Schriftverkehr der Parteien (insbesondere die Fernschreiben) auf französisch abgewickelt worden ist und hieraus geschlossen werden kann, daß Verhandlungssprache ausschließlich französisch war, weswegen der Vertragsurkunde die allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin in französischer Übersetzung hätten beigefügt werden müssen. Da dies nicht erfolgt ist, ist insoweit eine Willenseinigung nicht vorhanden.

Aus diesen Rechtsgründen kommt es auf die Frage, ob Monsieur P. von der Beklagten der deutschen Sprache hinreichend mächtig ist oder ob andere Angestellten der Beklagten die deutsche Sprache beherrschen, nicht an, weswegen dem entsprechenden Beweisantritt nicht nachgegangen zu werden braucht.

Die dem Gericht bekannt gewordenen Entscheidungen und Literatur zur Auslegung dieses Abkommens (Geimer NJW 76, 441, Samtleben NJW 74, 1590, die im Heft 11/77 veröffentlichten Entscheidungen des EuGH sowie der Bericht zum Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivilsachen und Handelssachen, abgedruckt in Zöller, 11. Aufl. 1974, ZPO-Kommentar Seite 1380) erörtern diese Frage nicht.

c) Aber selbst dann, wenn man die Ansicht verträte, die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin hätten, um wirksam zu werden, nicht in die französische Sprache übersetzt und übergeben zu werden brauchen, wäre zwar gem. Art. 17 EuGVÜ die deutsche Gerichtsbarkeit und die örtliche Zuständigkeit des für Wangen zuständigen Gerichts, nicht aber die sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Wangen wirksam vereinbart worden.

Unter dieser Voraussetzung hätte eine Vereinbarung gem. Art. 17 EuGVÜ getroffen werden können, da weder eine ausschließliche Zuständigkeit des Art. 16 noch die der Art. 13 – 15 (vgl. Art. 17 II) vorgelegen hätten, weil die vorliegende Klage keine der Materien des Art. 16 enthält und der der Klage zugrundeliegende Vertrag zwar Teilzahlungen anordnet, aber nicht als Kaufvertrag im Sinne des Art. 13 zu qualifizieren ist. Bei dem vorliegenden Vertrag handelt es sich um einen Werklieferungsvertrag gem. § 651 BGB. Auf den Werklieferungsvertrag finden zwar nach deutschem Recht, § 651 BGB, die Vorschriften über den Kauf Anwendung. Da der Ausnahmecharakter der Vorschrift des Art. 13 eine weite Auslegung jedoch nicht zuläßt, zumal bei Werklieferungsverträgen im Gegensatz zu Abzahlungskäufen die soziale Schutzkomponente selten ist, findet trotz der nach deutschem Recht vorgesehenen analogen Anwendung der Kaufvorschriften diese nicht für die Auslegung des Art. 13 statt.

Jedoch wäre die Vereinbarung der Parteien mangels genügender Bestimmtheit bzw. Konkretisierung des Gerichts bezüglich der sachlichen Zuständigkeit unwirksam, weil erst über einen Subsumtionsakt das sachlich zuständig sein sollende Gericht entnommen werden kann; eine Vereinbarung aber, wie oben ausgeführt worden ist, eine Willenseinigung der Parteien enthalten muß. Über etwas, das sich erst aus der Kenntnis einer Rechtsvorschrift und dem dazugehörenden richtigen Subsumtionsakt ergeben kann, liegt aber eine echte Willenseinigung mangels Erkennbarkeit der Tragweite nicht vor.

Der Satz in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin: „(Erfüllungsort und) Gerichtsstand für alle sich aus dem Vertragsverhältnis mittelbar und unmittelbar ergebenden Ansprüche bzw. auch für solche aus Wechsel und Scheck ist Wangen im Allgäu, unabhängig vom Gegenstandswert.“, ist verständlich nur dann, wenn man aus dem deutschen Recht die Vorschrift des § 23 Nr. 1 GVG und deren Abänderbarkeit durch Parteivereinbarungen, soweit gem §§ 38 ff. zulässig, kennt. Danach sind an sich bis zu einem Streitwert von 3.000,‑ DM die Amtsgerichte sachlich und bei höherem Streitwert die Landgerichte zuständig, jeweils mit anderen Rechtsmittelgerichten bzw. Instanzenzug.

Liegt aber schon deswegen keine wirksame Vereinbarung mangels Willenseinigung vor, so ist eine solche Vereinbarung über die sachliche Zuständigkeit zudem unwirksam, folgt man darüberhinaus dem Bericht zu dem Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivilsachen und Handelssachen, vgl. Zöller, ZPO-Kommentar, 11. A. 1974, 1380 ff. 1403. Danach können Vereinbarungen über die sachliche Zuständigkeit gar nicht getroffen werden. Es heißt in dem Bericht: „Es bedarf keines Hinweises darauf, daß Zuständigkeitsvereinbarungen die sachliche und funktionelle Zuständigkeit nicht ändern können“.

Zieht man hierzu die oben getroffene Feststellung heran, daß das Übereinkommen den § 38 ZPO ganz verdrängt, so kann die sachliche Zuständigkeit weder nach EG-Recht noch nach nationalem Recht durch Parteivereinbarung geändert werden.

Zum Abschluß bemerkt das Gericht lediglich noch, daß es dann, wenn ihm nicht abweichend von Art. 177 EWG-Vertrag durch Art. 2 des Protokolls vom 3.6.1971 betreffend die Auslegung des EuGVÜ (BGBl 72, II, 846) die Vorlagebefugnis an den Europäischen Gerichtshof genommen worden wäre, diesem Gericht folgende Fragen vorgelegt hätte, die gegebenenfalls das Rechtsmittelgericht vorlegen kann:

1. Muß eine Vereinbarung nach Art. 17 EuGVÜ auch in der Vertragssprache niedergelegt werden?

2. Falls nein, können die Vertragsparteien durch eine Vereinbarung nach Art. 17 EuGVÜ auch die sachliche Zuständigkeit eines Gerichts bestimmen?

3. Falls ja, muß dann diese Vereinbarung bestimmt sein, dh das vereinbarte Gericht exakt bezeichnen oder genügt es, wenn sich durch einen Subsumtionsakt nach der lex fori das sachlich zuständige Gericht ermitteln läßt?

Das Gericht hat dann noch erwogen, ob das Protokoll wegen Verstoßes gegen Art. 177, 220, 235 EWG-Vertrag nichtig ist, soweit es den Nichtigkeitsmittelgerichten die Vorlagebefugnis nimmt. Das Gericht hat diese Frage jedoch verneint, wobei die Gründe hier keiner Darstellung bedürfen.





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