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Zusammenfassung der Entscheidung Ein deutscher Verbraucher klagte aus einem Vertragsverhältnis mit einem dänischen Veranstalter, welches die Überlassung einer Ferienwohnung zum Gebrauch für nur einen kurzen Zeitraum beinhaltete. Die Buchung des Ferienhauses erfolgte durch Vermittlung eines Reisebüros mit Sitz in Deutschland. Grundlage der Buchung war ein Katalog des Veranstalters. Der Verbraucher reichte die Klage bei dem deutschen Gericht seines Wohnsitzes ein.
Das Gericht hält seine internationale Zuständigkeit für gegeben. Dies folge aus Art. 13 Abs. 1 Ziffer 3 EuGVÜ i.V.m. Art. 14 Abs. 1 EuGVÜ. Die Überlassung einer Ferienwohnung zum Gebrauch für einen nur kurzen Zeitraum bringe regelmäßig weitere Leistungen mit sich, wie etwa Auskünfte oder Ratschläge zur Feriengestaltung oder die Reservierung von Plätzen für die Beförderung. Aber auch wenn das Angebot eines Dienstleistungsbündels seitens des Veranstalters nicht feststellbar sei, hätten Verträge, wie sie diesem Rechtsstreit zugrunde liegen, wegen der Art ihrer Gestaltung und der Interessenlage der Parteien bei Vertragsschluss Dienstleistungscharakter iSv. Art. 13 EuGVÜ und fielen damit aus dem Anwendungsbereich des Art. 16 EuGVÜ heraus, der den Gerichtsstand für Klagen aus Miete und Pacht an unbeweglichen Sachen regelt. Dies gelte ohne Rücksicht auf eine evtl. Bezeichnung des Vertrages als Mietvertrag, denn das Konfliktpotential liege hier nicht – wie bei den von Art. 16 EuGVÜ erfassten Mietverträgen mit längerer Laufzeit – in der Verknüpfung von Eigentum und Besitz und den daraus folgenden Beschränkungen des Eigentümers, sondern in Leistungsstörungen, die typischerweise im Dienstleistungs- oder Reisevertragsrecht anzusiedeln sind. Die Interessenlage der Parteien fordere daher auch hinsichtlich der Zuständigkeitsregelung den Verbraucherschutz als Rechtsschutzziel; die Eigentumsstellung des Vermieters sei hingegen kein ausschlaggebendes Kriterium.
JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission
Die nach § 127 ZPO zulässige Beschwerde ist begründet.
Die vom Beschwerdeführer beabsichtigte Rechtsverfolgung hat hinreichende Aussicht auf Erfolg iS von § 114 ZPO. Insbesondere ist die beabsichtigte Klage vor dem angerufenen Gericht zulässig. Das Amtsgericht Kiel ist zur Entscheidung zuständig. Das folgt aus Art. 13 Abs. 1 Ziffer 3 EuGVÜ iVm Art. 14 Abs. 1 EuGVÜ. Danach bestimmt sich die gerichtliche Zuständigkeit nach dem 4. Abschnitt des EWG-Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVÜ), wenn ein Verbraucher aus einem Vertragsverhältnis klagen will, das die Erbringung einer Dienstleistung zum Gegenstand hat, sofern dem Vertragsabschluß in dem Staat des Wohnsitzes des Verbrauchers ein ausdrückliches Angebot oder eine Werbung vorausgegangen ist und der Verbraucher in diesem Staat die zum Vertragsabschluß erforderliche Rechtshandlung vorgenommen hat (Art. 13 Abs. 1 Ziffer 3 a und b EuGVÜ).
Liegen diese Voraussetzungen wie hier vor, hat der Verbraucher gemäß Art. 14 Abs. 1 EuGVÜ die Wahl, die Klage auch vor dem Gericht des Staates zu erheben, in dessen Hoheitsgebiet er seinen Wohnsitz hat.
Der Beschwerdeführer ist Verbraucher, denn er hat den Vertrag nicht aus Gründen beruflicher oder gewerblicher Tätigkeit abgeschlossen, sondern als Privatperson. Die Buchung des von ihm gemieteten Ferienhauses ist am 17. Juli 1995 bei dem vermittelnden Reisebüro W. mit Sitz in Kiel erfolgt. Grundlage der Buchung war ein Katalog der Beschwerdegegnerin.
Der Vertrag hat schließlich auch die Erbringung einer Dienstleistung iS von Art. 13 Abs. 1 Ziffer 3 EuGVÜ zum Gegenstand und fällt damit nicht in den Anwendungsbereich von Art. 16 Nr. 1 EuGVÜ, der den Gerichtsstrand für Klagen aus Miete oder Pacht an unbeweglichen Sachen regelt.
Für die Entscheidung konnte es letztlich dahinstehen, ob sich die Zuständigkeit des Amtsgerichts Kiel nicht schon in direkter Anwendung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes ergibt, wonach aus Verträgen zwischen gewerblichen Reiseveranstaltern und Kunden, die die Überlassung einer Ferienwohnung zum Gebrauch für nur einen kurzen Zeitraum beinhalten, regelmäßig Dienstleistungen Vertragsgegenstand sind, weil diese Verträge weitere Leistungen mit sich bringen wie etwa Auskünfte oder Ratschläge bei der Unterbreitung verschiedener Ferienangebote oder die Reservierung von Plätzen für die Beförderung (EUGH NJW 92 S. 1029). Zur Ausfüllung dieser vom Europäischen Gerichtshof entwickelten Kriterien fehlt es an ausreichendem Vortrag über Tatsachen, die auf ein Angebot eines Dienstleistungsbündels durch die Beklagte schließen ließen.
Die Kammer ist aber in Konsequenz der grundlegenden Gedanken des Bundesgerichtshofes zur Anwendung von Reisevertragsrecht auf die bloße Miete eines Ferienhauses über die insoweit ausdrückliche Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes hinaus der Auffassung, daß Verträge, wie sie diesem Rechtsstreit zugrunde liegen, wegen der Art ihrer Gestaltung und der Interessenlage der Parteien bei Vertragsschluß Dienstleistungscharakter iS von Art. 13 EuGVÜ haben und damit aus dem Anwendungsbereich des Art. 16 EuGVÜ herausfallen (BGH NJW 1992, 3158).
Der durch die Vermittlung der Firma W. geschlossene Vertrag ist zwar mit „Mietvertrag“ überschrieben worden. Die Bezeichnung allein charakterisiert die Vertragsbeziehungen jedoch nicht abschießend. Grundlage des Vertragsschlusses war die im Katalog angegebene Hausbeschreibung und die Allgemeinen Mietbedingungen des gebuchten Veranstalters. Insoweit weist der Vertrag auch eine Diktion auf, die für das Reisevertragsrecht typisch ist und die die Rechtsbeziehungen der Parteien dem Regelungsgehalt des Art. 16 EUGVÜ entziehen. Art. 16 EuGVÜ beschränkt sich in Fällen, in denen dingliche Rechte an beweglichen Sachen sowie Miete oder Pacht solcher Sachen Gegenstand von Rechtstreitigkeiten sind, darauf, die Rechtsstellung des Eigentümers nach dem in seinem Heimatstaat geltenden Eigentumsschutz zu sichern. Deshalb ist in diesen Fällen das Gericht der belegenen Sache zuständig. Weiter geht das Rechtsschutzziel des Art. 16 nicht.
Der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag trägt hingegen sein Konfliktpotential nicht in der Verknüpfung von Eigentum und Besitz und den daraus folgenden Beschränkungen des Eigentümers, sondern in Leistungsstörungen, die typischerweise im Dienstleistungs- oder Reisevertragsrecht angesiedelt sind. Die Mietzeit ist nur kurz und vorübergehend. Das Mietobjekt wird unter Beratung einer Vermittlungsfirma nach Katalog ausgesucht, der Mietvertrag sieht formulargemäß eine Rücktrittsversicherung vor, und die Entrichtung des Preises erfolgt in zwei Raten in Höhe einer Anzahlung von 25 % sowie durch eine Restzahlung. Damit tritt schon in der Vertragsgestaltung die Interessenlage der Parteien als diejenige von Reiseveranstalter und Kunde hervor, die auch hinsichtlich der Zuständigkeitsregelung den Verbraucherschutz als Rechtsschutzziel fordert und nicht die Eigentumsstellung des Vermieters als ausschlaggebendes Kriterium entscheidungstragend macht.
Die gleiche Argumentation findet sich zu Art. 29 Abs. 4 S. 2 EGBGB, der unter dem Gedanken des Verbraucherschutzes die materielle Rechtswahl für: Dienstleistungen, zu den auch Verträge mit ausländischen gewerblichen Ferienhausanbietern gehören, auf den Wohnsitz des Kunden beschränkt.
Des weiteren ist die vom Beschwerdeführer beabsichtigte Klage auch in materieller Hinsicht nicht ohne Aussicht auf Erfolg. Er hat die Mangelhaftigkeit des von ihm gebuchten Ferienhauses ausreichend dargelegt und unter Beweis gestellt. Die rechtlichen Voraussetzungen des § 651 d Abs. 2 BGB Zur Durchsetzung von Gewahrleistungsansprüchen sind gegeben.
Die wirtschaftliche Bedürftigkeit des Beschwerdeführers ergibt sich, wobei die Ermittlung weder das Ehegatteneinkommen zu berücksichtigen hat noch das Kindergeld (OLG Schleswig, SchlHA 1983 S. 139; LG Kiel WM 91 S. 599 f.).