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Zusammenfassung der Entscheidung Der Antragsteller erwirkte ein Versäumnisurteil des Bezirksgerichts Saalfelden (AT) gegen den Antragsgegner. Auf Antrag des Antragstellers wurde das österreichische Versäumnisurteil vom zuständigen deutschen Landgericht für in Deutschland vollstreckbar erklärt. Der Antragsteller hatte neben einer Urteilsausfertigung die Ausfertigung einer Rechtskraft- und Vollstreckbarkeitsbestätigung des österreichischen Gerichts vorgelegt. Darin wurde bestätigt, dass die Klage samt Ladung am 21.8.2003 unter einer deutschen Postanschrift des Antragsgegners ordnungsgemäß zugestellt worden und infolge Nichterscheinens der beklagten Partei am 9.9.2003 ein Versäumnisurteil ergangen sei. Der Antragsgegner erhob Beschwerde und machte geltend, er habe keine Postanschrift in Deutschland sondern lebe seit 1996 in Spanien und legte eine spanische Meldebescheinigung vor. Darüber habe er den Antragsteller auch informiert. Nur zufällig habe er vom Eigentümer der Postanschrift in Deutschland von dem Verfahren erfahren.
Das OLG Koblenz (DE) entscheidet, dass das Anerkennungshindernis des Art. 34 Nr. 2 Brüssel I-VO vorliege. Das verfahrenseinleitende Schriftstück sei dem Antragsgegner nicht so rechtzeitig und in einer Weise zugestellt worden, dass er sich hätte verteidigen können. Zwar habe der Antragsteller die österreichische Vollstreckbarkeitsbestätigung vorgelegt, die eine ordnungsgemäße Zustellung bestätige. An diese Feststellung sei das Gericht jedoch nicht gebunden. Der Antragsgegner könne im Rechtsbehelfsverfahren nach Artikel 43 ff. Brüssel I-VO die Unrichtigkeit der Feststellungen darlegen und beweisen. Dies sei ihm hier gelungen. Da ebenfalls unklar geblieben sei, ob, wann und wie das Versäumnisurteil dem Antragsgegner zugestellt worden sei, könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass der Beklagte es versäumt habe, einen Rechtsbehelf gegen das ergangene Versäumnisurteil einzulegen, obwohl er die Möglichkeit hierzu hatte.
JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission
Der Antragsteller, mit Wohnsitz in Österreich, hatte durch das dortige Gericht gegen den Antragsgegner ein Versäumnisurteil, erlassen am 9. September 2003 über die Zahlung eines Geldbetrages sowie der Kosten erwirkt.
Er hat beim Landgericht Mainz beantragt, das Urteil mit einer Vollstreckungsklausel zu versehen. Neben einer Ausfertigung des Versäumnisurteils hat er die Ausfertigung einer Rechtskraft und Vollstreckbarkeitsbestätigung des österreichischen Gerichts vom 7. April 2004 vorgelegt (Bl. 5 GA). Dort bestätigt der Leiter der Geschäftsabteilung, dass dem Beklagten die Klage vom 27.05.2003 zu dem genannten Aktenzeichen samt Ladung am 21.08.2003 ordnungsgemäß zugestellt wurde und infolge Nichterscheinens der beklagten Partei zur Tagsatzung am 9.09.2003 ein Versäumnisurteil ergangen ist. Als Anschrift des Antragsgegners ist in der Bestätigung die B...straße, in ... N ... angegeben.
Durch Beschluss des Landgerichts Mainz vom 10. August 2004 wurde angeordnet, das Versäumnisurteil mit der Vollstreckungsklausel zu versehen. Der Beschluss wurde dem Antragsgegner am 24.09.2004 unter der genannten Anschrift in N ... durch Niederlegung zugestellt.
Mit seiner Beschwerde vom 30. September 2004 wendet sich der Antragsgegner gegen diese Entscheidung. Er wendet ein, Klage und Terminsladung nicht erhalten zu haben. Auch das Versäumnisurteil sei ihm nicht ordnungsgemäß zugestellt worden. Er habe von dem Vorgang erst im September 2004 erfahren. Der Beschluss des Landgerichts Mainz sei im Briefkasten der Anschrift B...straße... in N ... hinterlegt worden. Der Eigentümer des Briefkastens habe die Post versehentlich geöffnet und ihn über den Vorgang unterrichtet. An der Anschrift B...straße. in N ... besitze er weder einen Briefkasten noch Geschäftsräume. Seine Wohnanschrift sei seit 1996 in Spanien, worüber er den Kläger informiert habe.
Das Rechtsmittel hat Erfolg.
Für das Verfahren gilt die Verordnung (EEG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 22. Dezember 2000 (EUGVVO). Die Beschwerde ist nach Art. 43 EUGVVO zulässig. Sie ist auch begründet. Die Vollstreckbarkeitserklärung darf nach Art. 45 Abs. 1 EUGVVO nur aus einem der in den Art. 34 und 35 aufgeführten Gründe versagt oder aufgehoben werden. Gemäß Art. 34 Nr. 2 EUGVVO liegt ein solcher Grund vor, wenn dem Beklagten, der sich auf das Verfahren nicht eingelassen hat, dass verfahrenseinleitende Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück nicht so rechtzeitig und in einer Weise zugestellt worden ist, dass er sich verteidigen konnte, es sei denn, der Beklagte hat gegen die Entscheidung keinen Rechtsbehelf eingelegt, obwohl er die Möglichkeit dazu hatte. Vorliegend handelt es sich um eine im Versäumnisverfahren ergangene Entscheidung. Der Antragsteller hat zwar eine Rechtskraft und Vollstreckbarkeitsbestätigung nach Art. 54 EUGVVO vorgelegt; aus der sich ergibt, dass die Klage samt Ladung nach der Bescheinigung des österreichischen Gerichts dem Beklagten am 21.08.2003 ordnungsgemäß zugestellt worden sein soll. An diese Feststellung des Gerichts des Erststaates ist der Zweitrichter im Rechtsbehelfsverfahren jedoch nicht gebunden. Der Antragsgegner kann im Rechtsbehelfsverfahren nach Art. 43 ff. EUGVVO die Unrichtigkeit der Feststellungen darlegen und beweisen. Maßgebend ist hierbei, ob dem Beklagten das verfahrenseinleitende Schriftstück so rechtzeitige übermittelt wurde, dass er sich verteidigen konnte.
Der Antragsgegner hat unter Vorlage einer spanischen Meldebescheinigung belegt, dass er seit dem 11.10.2001 in Spanien gemeldet ist. Aus der vorgelegten und an den Antragsteller gerichteten Urlaubsbuchung vom 9.12.2002 geht als diesem positiv bekannte Absendeanschrift ebenfalls die vom Antragsgegner angegebene Anschrift in Spanien hervor. Danach bestehen begründete Zweifel daran, dass die Klage dem Antragsgegner so rechtzeitig übermittelt worden ist, dass er sich verteidigen konnte. In welcher Weise dem Beklagten die Klage am 21.08.2003 zugestellt worden sein soll, geht aus der Bestätigung des österreichischen Gerichts nicht hervor.
Mit Schreiben vom 27.12.2004 hat der Senat dem Antragsteller aufgegeben, vorzutragen und zu belegen, wann, wie und unter welcher Anschrift die Klage und das Versäumnisurteil dem Antragsgegner zugestellt worden sind. Eine Antwort hierauf ist nicht erfolgt.
Damit kann nicht festgestellt werden, dass das verfahrenseinleitende Schriftstück dem Antragsgegner rechtzeitig und in einer Weise zugestellt worden ist, dass er sich verteidigen konnte. Auch dazu, ob, wann und wie dem Beklagten das Versäumnisurteil zugestellt worden ist, hat der Antragsteller weder vorgetragen noch Belege vorgelegt. Dass der Beklagte es versäumt hat, einen Rechtsbehelf gegen das ergangene Versäumnisurteil einzulegen, obwohl er die Möglichkeit hierzu hatte, kann mithin ebenfalls nicht festgestellt werden.