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Zusammenfassung der Entscheidung Die Antragstellerin, eine Firma mit Sitz in Österreich, erwirkte gegen den Antragsgegner ein Versäumnisurteil des Bezirksgerichts Kitzbühel (AT). Auf Antrag der Antragstellerin erklärte das Landgericht Mainz (DE) das Urteil für in Deutschland vollstreckbar. Die Antragstellerin hatte eine Bescheinigung des österreichischen Gerichts vorgelegt, in der bestätigt wurde, dass eine Ausfertigung des Urteils vom 12.7.2001 dem Antragsgegner am 7.9.2001 rechtswirksam zugestellt worden sei und die Zustellung der verfahrenseinleitenden Klage am 30.5.2001 erfolgt sei. Als Anschrift des Antragsgegners war der R...weg in S... angegeben. Der Antragsgegner, dem das mit der deutschen Vollstreckungsklausel versehene Urteil unter seiner richtigen Anschrift in M... zugestellt wurde, erhob Beschwerde und trug vor, er habe dort nie gewohnt und Klage und Urteil nicht erhalten.
Das Oberlandesgericht Koblenz (DE) führt aus, dass der Antrag auf Erteilung der deutschen Vollstreckungsklausel gemäß Art. 34 Abs. 2, 27 Nr. 2 EuGVÜ zurückzuweisen sei. Dem Antragsgegner, der sich auf das Verfahren nicht eingelassen habe, sei das verfahrenseinleitende Schriftstück nicht ordnungsgemäß und nicht so rechtzeitig zugestellt worden, dass er sich habe verteidigen können. Zwar habe die Antragstellerin gemäß Art. 47 Nr. 1 EuGVÜ eine Rechtskraft- und Vollstreckbarkeitsbescheinigung vorgelegt. Dass das verfahrenseinleitende Schriftstück im Sinne von Art. 46 Nr. 2 EuGVÜ rechtzeitig zugestellt worden sei, lasse sich jedoch nicht feststellen. Die Zustellung hätte hier nach dem Haager Zivilprozessübereinkommen vom 1. März 1954 und der deutsch-österreichische Rechtshilfevereinbarung vom 6. Juni 1959 erfolgen müssen. Dass die danach vorgeschriebene Art der Zustellung (Zustellung über das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Zustellung bewirkt werden soll) eingehalten worden sei, lasse sich der von der Antragstellerin vorgelegten Bestätigung jedoch nicht entnehmen.
JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission
Die Antragstellerin, eine Firma mit Sitz in Österreich, hatte durch das dortige Gericht gegen den Antragsgegner ein Versäumnisurteil, erlassen am 11. Juli 2001, über die Zahlung eines Geldbetrages sowie der Kosten erwirkt.
Sie hat beim Landgericht Mainz beantragt, das Urteil mit einer Vollstreckungsklausel zu versehen und die Zwangsvollstreckung in der Bundesrepublik Deutschland zuzulassen.
Neben einer Ausfertigung des Versäumnisurteils hat sie die Ausfertigung einer Rechtskraft- und Vollstreckbarkeitsbestätigung des österreichischen Gerichts vom 23. Januar 2002 vorgelegt (Bl. 3 GA). In ihm bestätigt die Rechtspflegerin, dass eine Ausfertigung des Versäumnisurteils des Bezirksgerichtes Kitzbühel vom 12. Juli 2001 dem Beklagten am 7. September 2001 rechtswirksam zugestellt wurde. Die Zustellung der verfahrenseinleitenden Klage sei am 30. Mai 2001 erfolgt.
Als Anschrift des Antragsgegners ist der R ... weg. In ... S ... angegeben.
Durch Beschluss des Landgerichts Mainz vom 4. Juni 2003 wurde angeordnet, das Versäumnisurteil mit der Vollstreckungsklausel zu versehen.
Der Beschluss konnte dem Antragsgegner unter der Anschrift in S ... nicht zugestellt werden. Die Zustellung erfolgte am 25. September 2003 unter der Anschrift S ... weg …, … M….
Mit seiner Beschwerde vom 23. Oktober 2003 wendet sich der Antragsgegner gegen die Entscheidung. Er wendet ein, nie im R ... weg in S ... gemeldet gewesen zu sein. Er habe weder Klage noch Versäumnisurteil erhalten.
Dieses Rechtsmittel hat Erfolg.
Nach Art. 66 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 22. Dezember 2000 (EuGVVO) findet auf das vorliegende Verfahren das Brüsseler Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. September 1968 (EUGVÜ) Anwendung.
Klage und Entscheidung sind vor Inkrafttreten der EuGVVO am 1. März 2002 ergangen.
Die Beschwerde ist nach Art. 36 EuGVÜ iVm § 11 AVAG statthaft und form- und fristgerecht eingelegt.
Sie ist auch begründet.
Der Antrag auf Erteilung der Vollstreckungsklausel ist gemäß Art. 34 Abs. 2, 27 Nr. 2 EuGVÜ zurückzuweisen, weil ein Versagungsgrund nach der letztgenannten Vorschrift vorliegt.
Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ nennt als Ausschlussgrund für die Anerkennung den Fall, dass dem Schuldner der sich – wie hier – auf das Verfahren nicht eingelassen hat, das dieses Verfahren einleitende Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück nicht ordnungsgemäß und nicht so rechtzeitig zugestellt wurde, dass er sich verteidigen konnte.
Vorliegend handelt es sich um eine im Versäumnisverfahren ergangene Entscheidung. Die Antragstellerin hat zwar eine Rechtskraft- und Vollstreckbarkeitsbestätigung der Rechtspflegerin des Bezirksgerichts Kitzbühel vorgelegt, aus der sich ergibt, dass die Entscheidung nach dem Recht des Ursprungsstaates vollstreckbar ist, wie Art. 47 Nr. 1 EuGVÜ es verlangt.
Dass das verfahrenseinleitende Schriftstück im Sinne von Art. 46 Nr. 2 EuGVÜ rechtzeitig zugestellt wurde, lässt sich jedoch nicht feststellen.
Die ordnungsgemäße Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstückes hat der Senat von Amts wegen zu prüfen.
Vorliegend hatte nach Art. IV des Protokolls vom 27. September 1968 zum EuGVÜ die Zustellung nach dem zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland geltenden Übereinkommen und Vereinbarungen zu erfolgen. Dass sind das Haager Zivilprozessübereinkommen vom 1. März 1954 und die deutsch-österreichische Rechtshilfevereinbarung vom 6. Juni 1959 (BGBl. 59 II, S. 1523).
Dass der in Art. 1 der deutsch-österreichischen Vereinbarung vorgesehene Weg (Zustellung über das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Zustellung bewirkt werden soll), eingehalten wurde, lässt sich nicht feststellen.
In der Bestätigung vom 23. Januar 2002 der Rechtspflegerin des Bezirksgerichts Kitzbühel heißt es lediglich, dass die Zustellung der verfahrenseinleitenden Klage am 30. Mai 2001 erfolgte. Die Art der Zustellung lässt sich der Bestätigung nicht entnehmen.
Trotz Aufforderung seitens des Senats hat die Antragstellerin ein entsprechendes Zustellungszeugnis, aus dem sich ergibt, dass die Klage dem Antragsgegner zugestellt wurde, nicht vorgelegt.