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Zusammenfassung der Entscheidung Der in Deutschland wohnhafte Beklagte buchte am 27.02.1995 bei der Klägerin, einer Aktiengesellschaft mit Sitz in Dänemark, ein Ferienhaus in Dänemark für den Zeitraum von 15 Tagen. Im Überlassungsentgelt war die Prämie einer Reise-Rücktrittskosten-Versicherung enthalten. Die Klägerin ist nicht Eigentümerin des Ferienhauses, sondern vermittelt dieses lediglich. Eigentümerin des Ferienhauses ist eine Privatperson mit Wohnsitz in Dänemark. Die Klägerin erhob Klage vor einem deutschen Gericht, mit der sie Ansprüche auf Schadensersatz aus abgetretenem Recht gegen den Beklagten als Mieter geltend machte, da dieser das Ferienhaus nicht ordnungsgemäß gesäubert und den Teppichboden im Haus sowie die Kindersicherung am Backofen total beschädigt hätte.
Das Landgericht Heilbronn (DE) führt zur Frage seiner internationalen Zuständigkeit aus, dass Art. 16 Nr. 1 lit b EuGVÜ vorliegend nicht anwendbar sei, da Eigentümer und Mieter ihren Wohnsitz nicht in demselben Vertragsstaat hätten. Weiterhin erscheine es fraglich, ob aus dieser neu eingefügten Vorschrift herzuleiten ist, dass bei Ferienhausüberlassungsverträgen Art. 16 Nr. 1 lit. a EuGVÜ Anwendung findet, sofern – wie hier – die Voraussetzungen von Art. 16 Nr. 1 lit. b des Übereinkommens nicht gegeben sind. Denn jede Ausnahme von der allgemeinen Regel des Art. 16 Nr. 1 EuGVÜ trage die Gefahr einer weiteren Ausdehnung und damit der Unsicherheit der Zuständigkeit in sich. Unter Zugrundelegung der restriktiven und engen Auslegung des Art. 16 Nr. 1 lit. a EuGVÜ durch den EuGH und dessen Hinweise darauf, dass diese Bestimmung nicht weiter auszulegen sei, als ihr Ziel dies erfordere, erscheine es jedoch zweifelhaft, ob ein Vertrag der vorliegenden Art unter die genannte Bestimmung falle;deshalb sei ein Vorabentscheidung des EuGH einzuholen. .
JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission
Der in Deutschland wohnhafte Beklagte buchte am 27.02.1995 bei der Klägerin, einer Aktiengesellschaft mit Sitz in Dänemark, ein Ferienhaus in Dänemark für den Zeitraum von 15 Tagen. Die Klägerin ist nicht Eigentümerin des Ferienhauses, sondern vermittelte dieses lediglich. Eigentümerin des Ferienhauses ist eine Privatperson mit Wohnsitz in Dänemark.
Gemäß Ziffer 6 der Allgemeinen Vertragsbedingungen der Klägerin ist im Überlassungsentgelt für das Ferienhaus die Prämie einer Reise- Rücktrittskosten- Versicherung enthalten und ist der Vertragspartner damit „automatisch“ bei Rücktritt aus wichtigem Grund versichert. In Ziffer 4 ihrer AVB sieht die Klägerin eine Reisepreisabsicherung im Sinn von § 651 k Abs. 3 BGB vor. Weitere Leistungen hatte die Klägerin nicht zu erbringen.
Die Klägerin hat Klage zum Amtsgericht Heilbronn erhoben und Ansprüche auf Schadenersatz aus abgetretenem Recht gegen den Beklagten als Mieter geltend gemacht. Der Beklagte habe das Ferienhaus nicht ordnungsgemäß gesäubert; außerdem seien der Teppichboden im Haus sowie die Kindersicherung am Backofen total beschädigt worden. Nachdem das Amtsgericht Heilbronn die Klage abgewiesen hat, legte die Klägerin Berufung bei dem Landgericht Heilbronn ein.
A. Nach Art. 3 Abs. 2 iVm Art. 2 Nr. 2 EuGVÜ Pr ist das vorliegende Gericht zur Vorlage an den EuGH berechtigt.
Bei der Vorlage handelt es sich um eine Frage zur Auslegung des Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EUGVÜ). Das vorliegende Gericht hat über den die Vorlage betreffenden Rechtsstreit als Rechtsmittelgericht zu entscheiden. Die Auslegungsfrage wird in einem anhängigen Verfahren gestellt.
Das vorlegende Gericht hält eine Entscheidung über die Auslegungsfrage zum Erlaß seines Urteils für erforderlich. Art. 16 EuGVÜ bestimmt für bestimmte Streitigkeiten einen ausschließlichen Gerichtsstand. Sofern die geltend gemachten Ansprüche dieser Vorschrift unterfallen, kann sich nach Art. 17 Abs. 3 und Art. 18 EuGVÜ die Zuständigkeit des vorliegenden Gerichts weder aufgrund einer Gerichtsstandsvereinbarung noch durch rügeloses Einlassen ergeben.
B. Art. 16 Nr. 1 a EuGVÜ begründet eine ausschließliche Belegenheitszuständigkeit für Klagen, die dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen sowie die Miete oder Pacht von unbeweglichen Sachen zum Gegenstand haben. Auf die Frage, ob die Kammer den vorliegenden Vertrag bei der Anwendung deutschen Rechts als Mietvertrag im Sinne der §§ 535 ff. BGB beurteilt, kommt es hierbei nicht an; denn um eine gleichmäßige und einheitliche Anwendung des EuGVÜ in allen Vertragsstaaten zu gewährleisten, muß das Übereinkommen autonom ausgelegt werden; Auslegungsfragen müssen also aus dem Übereinkommen selbst und nicht anhand staatlichen Rechts beantwortet werden (Kropholler, Europäisches Zivilprozeßrecht, 5. Aufl., Einleitung Rn. 45 mit Nachweisen zur Rechtsprechung des EuGH).
Der EuGH hat in seinem Urteil vom 26.02.1992 (EUZW 1992, 219 ff.) entschieden, daß Art. 16 Nr. 1 aF EUGVÜ Ferienhausüberlassungsverträgen nicht anwendbar ist, wenn ein Reiseveranstalter und dessen Kunde ihren Sitz bzw. ihren Wohnsitz in demselben Vertragsstaat haben. Dieser Entscheidung lag der Sachverhalt zugrunde, daß der Reiseveranstalter neben der Verpflichtung zur Gebrauchsüberlassung des Ferienhauses weitere Leistungen – wie die Buchung einer Überfahrt mit einer Autofähre – zu erbringen hatte. Nach der Entscheidung des EuGH handelt es sich in diesen Fällen nicht um Mietvertrag im Sinne des Art. 16 Nr. 1 aF EuGVÜ, sondern um gemischte Verträge. Im vorliegenden Fall war in den AVB der Klägerin formularmäßig die Buchung einer Reisetrittskostenversicherung vorgesehen; allerdings liegt der Wohnsitz des Eigentümers und des Mieters nicht in demselben Vertragsstaat.
Wie aus dem offiziellen Erläuterungsbericht zu dem Übereinkommen von San Sebastian (veröffentlicht im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 1990 C 189, Seite 35 ff.) hervorgeht, war die Einfügung des Art. 16 Nr. 1 b in das EuGVÜ für die Fälle kurzfristiger Mietverträge notwendig, da sich der EuGH in einer Stellungnahme zu Art. 16 Nr. 1 aF EuGVÜ gezwungen gesehen hatte, diese Bestimmung wörtlich auszulegen und auf alle Klagen betreffend die Mietzahlung anzuwenden, insbesondere auch bei kurzfristiger Überlassung von Ferienwohnungen (aaO Seite 46). Art. 16 Nr. 1 b EuGVÜ 1989 schafft eine zusätzliche Wohnsitzzuständigkeit, wenn Eigentümer und Mieter ihren Wohnsitz in demselben Vertragsstaat haben. Die Vorschrift des Art. 16 Nr. 1 b EuGVÜ 1989 ist im vorliegenden Fall allerdings nicht anwendbar, denn die Eigentümer des streitgegenständlichen Ferienhauses haben ihren Wohnsitz in Dänemark, der Mieter des Hauses hat seinen Wohnsitz in Deutschland.
Es erscheint fraglich, ob im Umkehrschluss aus dieser neu eingefügten Vorschrift herzuleiten ist, daß bei Ferienhausüberlassungsverträgen Art. 16 Nr. 1 a EuGVÜ Anwendung findet, sofern – wie hier – die Voraussetzungen von Art. 16 Nr. 1 b des Übereinkommens nicht gegeben sind. Denn jede Ausnahme von der allgemeinen Regel des Art. 16 Nr. 1 EuGVÜ trägt die Gefahr einer weiteren Ausdehnung und damit der Unsicherheit der Zuständigkeit in sich. Unter Zugrundelegung der restriktiven und engen Auslegung des Art. 16 Nr. 1 a EuGVÜ durch den EuGH und dessen Hinweise darauf, daß diese Bestimmung nicht weiter auszulegen sei, als. ihr Ziel dies erfordere (EuGH, EuZW 1992, 219 ff.), erscheint es jedoch zweifelhaft, ob ein Vertrag der vorliegenden Art unter die genannte Bestimmung fällt, weswegen die Entscheidung des EuGH einzuholen ist.