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Zusammenfassung der Entscheidung Die Firma CF bestellte bei der Antragstellerin 1) eine Maschine für ihr Werk. Teile der Maschine ließ die Antragstellerin 1) bei der Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin anfertigen. Da diese Teile mangelhaft waren, kam es zu einem Ausfall der Maschine bei der Firma CF, die deswegen die Antragstellerin 1) vor einem französischen Gericht auf Schadensersatz verklagte. Die Antragstellerin 1) sowie deren Haftpflichtversicherer, die Antragstellerin 2), erhoben vor demselben Gericht Rückgriffsklage gegen die Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin. Die Verfahren wurden in erster Instanz verbunden geführt und die Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin wurde unter Anwendung französischen Rechts zur Zahlung an die Antragstellerin 1) verurteilt, was in einem abgetrennten Berufungsverfahren bestätigt wurde. Das Urteil wurde für in Deutschland vollstreckbar erklärt. Die Beschwerde der Antragsgegnerin, mit der sie einen Verstoß gegen den ordre public und die mangelhafte Zustellung des Urteils rügte, da dieses ihr erst im Laufe des Vollstreckbarerklärungsverfahrens zugestellt worden war, blieb erfolglos. Deshalb erhob sie Rechtsbeschwerde.
Der Bundesgerichtshof (DE) entscheidet, dass die Urteilszustellung erst im Vollstreckbarerklärungsverfahren den Anforderungen des Art. 47 Nr. 1 EuGVÜ genüge. Auch ein ordre public Verstoß (Art. 27 Nr. 1 EuGVÜ) sei nicht erkennbar. Die Anwendung französischen Rechts durch das Ursprungsgericht sei nicht schlechthin unvertretbar und daher im Vollstreckbarerklärungsverfahren bindend (Art. 29, Art. 34 Abs. 3 EuGVÜ). Das französische Berufungsgericht habe schließlich auch nicht das rechtliche Gehör der Rechtsvorgängerin der Antragstellerin verletzt, indem es sich auf ein Sachverständigengutachten aus der ersten Instanz gestützt habe, denn die Trennung der Verfahren sei erst nach Eingang des Gutachtens erfolgt.
JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission
Das Rechtsmittel wirft keine ungeklärten Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung auf und hat auch im Ergebnis keinen Erfolg (§ 19 Abs. 3 AVAG, § 554 b ZPO).
Das zu vollstreckende Urteil konnte noch nach Abschluß der ersten Instanz zugestellt werden (vgl. EuGH IPRax 1997, 186 f). Die Schuldnerin hatte danach noch eine angemessene Frist, die Vollstreckbarkeit unter Verwahrung gegen die Kostenlast anzuerkennen (§ 93 ZPO) sowie dem Urteil freiwillig nachzukommen.
Die Anerkennung verstößt nicht gegen Art. 27 Nr. 1 EuGVÜ. Die Entscheidung des Berufungsgerichts Versailles, französisches materielles Recht anzuwenden, ist jedenfalls nicht schlechthin unvertretbar und deshalb bindend (Art. 29, 34 Abs. 3 EuGVÜ). Die Rechtsbeschwerde legt auch nicht hinreichend dar, daß das französische Gericht hierbei Tatsachenvortrag der Schuldnerin übergangen habe, der auf der Grundlage der eigenen Rechtsauffassung des Gerichts erheblich gewesen wäre. Insbesondere ergibt der Schriftsatz der Schuldnerin vom 3. Februar 1992 (Anl. B 9) allenfalls unter Nr. 2.2, lit. b, neue Gesichtspunkte gegenüber dem Urteil des Berufungsgerichts Versailles vom 3. November 1988 (B1. 481, 482 Bd. III GA); sie betreffen aber nicht unmittelbar anwendbares Recht. Darüber hinaus hat sich der französische Kassationsgerichtshof in seinem Urteil vom 13. Dezember 1994 (B1. 46 Bd. I GA) ausdrücklich mit einer entsprechenden Rüge der Schuldnerin auseinandergesetzt.
Das Berufungsgericht Versailles hat ferner nicht das rechtliche Gehör der Schuldnerin verletzt, indem es zur Schadenshöhe entscheidend auf das Gutachten des Sachverständigen B. vom 15. November 1987 abgestellt hat. In seinem Zwischenurteil vom 3. November 1988 (Bl. 483 Bd. III GA) hatte dieses französische Gericht lediglich das Gutachten B.'s aus dem Jahre 1984 für unverwertbar erklärt. Die Abtrennung des Verfahrens gegen die Schuldnerin erfolgte erst rund ein Jahr nach Eingang des zweiten Gutachten B.'s, so daß die Schuldnerin dazu hätte Stellung nehmen können. Mit einer Verwertung mußte sie schon deswegen rechnen, weil ihr Antrag auf Einholung eines Obergutachtens durch Beschluß vom 16. Dezember 1987 zurückgewiesen worden war (Bl. 288 Bd. II GA). Im übrigen bezeichnet die Schuldnerin keine konkreten Einwendungen, die übergangen sein könnten.
Die Begründung des Berufungsgerichts Versailles zur Schadensverteilung zwischen den Parteien ist zwar sehr knapp (Bl. 34 Bd. I GA). Da die Belastung mit einer Schuld gegenüber der CF jedoch einen Schaden der Gläubigerin zu 1) darstellte, der nach dem bezeichneten Urteil in den Verantwortungsbereich der Schuldnerin fiel, hätte allenfalls ein mögliches Mitverschulden der Gläubigerin zu 1) gesondert geprüft werden müssen. Indem das französische Gericht sich den Schlußfolgerungen des Sachverständigen C. anschließt, der von der Schuldnerin begangene Fehler könne „als Schulbeispiel“ verwendet werden, ist es immerhin auch auf das Schuldmaß eingegangen. Die Schuldnerin gibt nicht im einzelnen an, inwiefern hierbei Einwendungen außer acht gelassen worden sein könnten (Art. 103 Abs. 1 GG), die für eine Beurteilung eines Mitverschuldens nach französischem Recht erheblich sind.