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unalex. Rechtsprechung Entscheidung DE-402
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unalex. Rechtsprechung

Entscheidung DE-402  



OLG Bamberg (DE) 26.07.2005 - 3 W 52/05
Art. 55 Brüssel I-VO – unalexVorlage anderer Urkunden als der Bescheinigung aus dem Ursprungsstaat –unalexNachweiserleichterungen –unalexVorlage gleichwertiger Urkunden

OLG Bamberg (DE) 26.07.2005 - 3 W 52/05, unalex DE-402


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de - Kommentar zur VO(EG) 44/2001 und zum Übereinkommen von Lugano (1 cit.) erweiternde - Kommentar zur VO(EG) 44/2001 und zum Übereinkommen von Lugano (1 cit.)



Die Zustellungsbescheinigung des Mahngerichts ist als Zustellungsnachweis ungeeignet. Sie kann als eine der Bescheinigung nach Art. 54 Brüssel I-VO gleichwertige Urkunde angesehen werden (Art. 55 Abs. 1 Brüssel I-VO), begründet aber keine unwiderlegliche Vermutung für die Richtigkeit der in ihr beurkundeten Tatsachen und der erfolgten Zustellung.


-  Zusammenfassung der Entscheidung 

Die Antragstellerin erwirkte einen Mahnbescheid des Gerichts von Santa Maria Capua Vetere (IT) gegen die Antragsgegnerin. Der Gerichtsvollzieher der Corte d'Appello Neapel (IT) bestätigte, am 26.4.2003 zwei Ausfertigungen zur Zustellung nach der EG-Zustellungsverordnung per Einschreiben an die zentrale deutsche Behörde abgesandt zu haben. Am 8.7.2003 erklärte das Ausgangsgericht den Mahnbescheid für vorläufig vollstreckbar. Auf Antrag der Antragstellerin, die eine Bestätigung des italienischen Mahngerichts vorlegte, dass die Zustellung des Mahnbescheides am 26.4.2003 erfolgt sei, wurde der Mahnbescheid vom zuständigen Landgericht Bayreuth (DE) für in Deutschland vollstreckbar erklärt. Dieser Beschluss und die Klausel wurden der Antragsgegnerin zugestellt. Sie legte Beschwerde ein und trug vor, weder die verfahrenseinleitende Antragsschrift noch der Mahnbescheid seien ihr zugestellt worden. 

Das Oberlandesgericht Bamberg (DE) entscheidet, dass nicht davon ausgegangen werden könne, dass der Mahnbescheid und die Antragsschrift der Antragsgegnerin so rechtzeitig und in einer Weise zugestellt worden seien, dass sie sich verteidigen hätte können (Art. 34 Nr. 2 Brüssel I-VO). Die Zustellungsbescheinigung des Mahngerichts sei als Zustellungsnachweis ungeeignet. Sie könne als eine der Bescheinigung nach Art. 54 Brüssel I-VO gleichwertige Urkunde angesehen werden (Art. 55 Abs. 1 Brüssel I-VO), begründe aber keine unwiderlegliche Vermutung für die Richtigkeit der in ihr beurkundeten Tatsachen. Die Antragsgegnerin könne also - wie geschehen - deren Unrichtigkeit beweisen. Dass der Antragsgegnerin Mahnbescheid und Antragsschrift zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen seien, trage die Antragstellerin nicht vor. Eine eventuelle Zustellung zusammen mit der Vollstreckbarerklärungsentscheidung und der Klausel könne nicht als rechtzeitig im Sinne des Art. 34 Nr. 2 Brüssel I-VO angesehen werden, da dies zumindest die Zustellung vor Erlass der Entscheidung voraussetze.

 JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission

-  Entscheidungstext 

I. Die Antragstellerin hat gegen die Antragsgegnerin einen Mahnbescheid („decreto ingiuntivo“) des Gerichts von Santa Maria Capua Vetere Sektion Carinola, Italien, vom 26.2.2003 erwirkt (Az.: 212/02), mit welchem angeordnet worden ist, dass die Antragsgegnerin innerhalb von 40 Tagen ab Zustellung des Mahnbescheids an die Antragsgegnerin für erbrachte Dienstleistungen restliche 10.040,96 EUR zuzüglich der gesetzlichen Zinsen vom Tag der Fälligkeit an sowie weiterer Kosten und Spesen des Verfahrens von insgesamt 532,‑ EUR zu zahlen habe. Der Mahnbescheid enthält außerdem den Hinweis, dass die Antragsgegnerin innerhalb von 40 Tagen beim Gericht Widerspruch einlegen kann und dass der Mahnbescheid vollstreckbar wird, falls kein Widerruf eingeht und keine Zahlung geleistet wird. Der Gerichtsvollzieher des Corte di Appello di Napoli bestätigte am 26.4.2003, 2 Ausfertigungen der vollständigen Akte zur Zustellung nach der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 per Einschreiben an die zentrale ausländische Behörde abgesandt zu haben. Mit Erlass vom 8.7.2003 hat das Gericht von Santa Maria Capua Vetere, Zweigstelle Carinola, den Mahnbescheid für vorläufig vollstreckbar erklärt.

Mit Schriftsatz vom 18.2.2004, eingegangen beim Landgericht Bayreuth am 20.2.2004, hat die Antragstellerin beantragt. den Mahnbescheid für vollstreckbar zu erklären. Auf Verlangen des Landgerichts hat sie eine Bescheinigung des Gerichtsschreibers des italienischen Mahngerichts vom 20.1.2004 vorgelegt, in der u.a. bestätigt wird, dass die Zustellung des Mahnbescheids am 26.4.2003 erfolgt sei. Das Landgericht Bayreuth hat mit Beschluss vom 22.3.2005 angeordnet, dass der italienische Mahnbescheid mit der Vollstreckungsklausel zu versehen sei. Nach Erteilung der Klausel ist dieser Beschluss mit der Vollstreckungsklausel sowie mit Abschriften des Mahnbescheids (mit Übersetzung) und des Schriftsatzes vom 18.2.2004 am 6.4.2005 der Antragsgegnerin zugestellt worden.

Die Antragsgegnerin hat gegen den Beschluss vom 22.3.2005 am 19.4.2005 Beschwerde eingelegt. Sie beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und den Antrag auf Vollstreckbarerklärung des Mahnbescheids zurückzuweisen. Zur Begründung trägt sie vor, sie habe vor der Zustellung des Beschlusses vom 22.3.2005, dem eine unbeglaubigte Kopie des Mahnbescheids beigefügt gewesen sei, von diesem keine Kenntnis gehabt. Eine ordnungsgemäße Zustellung des Mahnbescheids und der verfahrenseinleitenden Antragsschrift sei nie erfolgt. Eine Heilung des Zustellungsmangels sei nicht eingetreten. Die Bescheinigung vom 20.1.2004, dass die Zustellung am 26.4.2003 erfolgt sei, sei inhaltlich unrichtig. Im Fall der ordnungsgemäßen Zustellung hätte sie, die Antragsgegnerin, fristgerecht Widerspruch eingelegt.

Die Antragstellerin hält die Beschwerde für unbegründet. Sie trägt vor, im Zweitstaat sei grundsätzlich nicht zu prüfen, ob die Zustellung nach dem Recht des Erststaats ordnungsgemäß gewesen sei. Im übrigen sei ein etwaiger Zustellungsmangel dadurch geheilt, dass der Antragsgegnerin der Mahnbescheid im Klauselerteilungsverfahren zugestellt worden sei.

II. Die Beschwerde ist zulässig (Art. 43 EuGVVO, § 11 AVAG) und begründet.

1. Nach Art. 34 Nr. 2 EuGVVO darf eine Entscheidung eines Mitgliedsstaats in einem anderen Mitgliedsstaat nicht anerkannt werden, wenn dem Beklagten, der sich auf das Verfahren nicht eingelassen hat, das verfahrenseinleitende Schriftstück nicht so rechtzeitig und in einer Weise zugestellt worden ist, dass er sich verteidigen konnte, es sei denn, dass der Beklagte gegen die Entscheidung keinen Rechtsbehelf eingelegt hat, obwohl er die Möglichkeit dazu hatte. Das „decreto ingiuntivo“ im Sinn des 4. Buches der italienischen Zivilprozessordnung ist in Verbindung mit der verfahreneinleitenden Antragsschrift als ein verfahrenseinleitendes Schriftstück iSv Art. 34 Nr. 2 EuGVVO anzusehen (EuGH EuZW 1995, 803, 804).

Vorliegend kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Mahnbescheid vom 26.2.2003 und die Antragsschrift der Antragsgegnerin so rechtzeitig und in einer Weise zugestellt worden sind, dass die Antragsgegnerin sich verteidigen konnte, und zwar durch Einlegung eines Widerspruchs innerhalb der festgesetzten Frist von 40 Tagen.

a) Die von der Antragstellerin vorgelegte Bescheinigung („attesta“) des Mahngerichts vom 20.1.2004, nach der die Zustellung am 26.4.2003 erfolgt sein soll, ist als Nachweis für die Zustellung ungeeignet. Diese Bestätigung kann als eine der Bescheinigung nach Art. 54 EuGVVO gleichwertige Urkunde angesehen werden (Art. 55 Abs. 1 2. Alt. EuGVVO). Das Landgericht hatte sich mit ihr zu begnügen (Geimer/Schütze, EuZVR, 2. Aufl., A.1 – Art. 54 Rn. 4). Da sie aber keine unwiderlegliche Vermutung für die Richtigkeit der in ihr beurkundeten Tatsachen begründet, kann die Antragsgegnerin im Beschwerdeverfahren die Unrichtigkeit darlegen und beweisen (Geimer/Schütze, aaO, Rn. 3). Dieser Beweis ist vorliegend geführt. Die Antragstellerin trägt vor, der Mahnbescheid sei auf Veranlassung von Rechtsanwalt … der sie im Mahnverfahren vertreten habe, dem Oberlandesgericht München zugestellt worden. Sie hat insoweit einen Rückschein für Einschreibesendungen vorgelegt, aus dem sich ergibt, dass am 26.4.2003 eine Sendung bei der italienischen Post aufgegeben worden und am 5.5.2003 beim Oberlandesgericht München eingegangen ist. Damit steht fest, dass eine Zustellung an die Antragsgegnerin entgegen der Bescheinigung vom 20.1.2004 nicht am 26.4.2003 stattgefunden haben kann.

Ergänzend ist anzumerken, dass das Oberlandesgericht München weder Empfangsstelle iSv Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedsstaaten ist (das wäre vorliegend, da die Antragsgegnerin ihren Sitz in … hat, das Amtsgericht Kulmbach gewesen, § 1069 Abs. 2 ZPO) noch Zentralstelle iSv Art. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 (Zentralstelle für Bayern ist das Bayer. Staatsministerium der Justiz).

b) Dass der Antragsgegnerin der Mahnbescheid und die verfahrenseinleitende Antragsschrift gleichwohl zu irgendeinem Zeitpunkt nach dem 5.5.2003 und vor der Vollstreckbarerklärung des italienischen Gerichts am 8.7.2003 zugegangen ist – in welcher Form auch immer -, hat die Antragstellerin weder vorgetragen noch angesichts des Bestreitens der Antragsgegnerin unter Beweis gestellt (vgl. zur Darlegungs- und Beweislast Zöller/Geimer, ZPO, 25. Aufl., Art. 34 EuGVVO Rn. 27). Damit fehlt es an einem Anhaltspunkt dafür, dass die Antragsgegnerin die Schriftstücke erhalten hat, und zwar so rechtzeitig, dass sie sich verteidigen konnte.

Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass das Landgericht Bayreuth der Antragsgegnerin den Beschluss vom 22.3.2005 mit einer Ausfertigung der Vollstreckungsklausel u. dem Antrag auf Vollstreckbarerklärung sowie „sämtliche Anlagen“ zugestellt hat (Vermerk der Geschäftsstelle vom 5.4.2005, Bl. 10 R. der Akten). Das gilt auch dann, wenn sich bei „sämtlichen Anlagen“ auch der Antrag auf Erlass des Mahnbescheides befunden haben soll, was die Antragsgegnerin bestreitet. Bei dieser Beurteilung ist die Frage, ob Zustellungsmängel im Anwendungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 nach Maßgabe der Prozessordnungen der Mitgliedsstaaten – hier: § 189 ZPO – geheilt werden können (die genannte Verordnung enthält keine Regelung bezüglich der Heilung von Zustellungsmängeln) und ob die Voraussetzungen des § 189 ZPO vorliegend erfüllt sind, nicht von entscheidender Bedeutung. Maßgeblich ist vielmehr, dass die vom Landgericht Bayreuth veranlasste Zustellung zu einem Zeitpunkt erfolgt ist, als der Mahnbescheid vom italienischen Mahngericht längst für vorläufig vollstreckbar erklärt worden war. Die Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks oder eines gleichwertigen Schriftstücks iSv Art. 34 Nr. 2 EuGVVO muss aber vor Erlass einer vollstreckbaren Entscheidung im Urteilsstaat erfolgen, damit der Antragsgegner sich verteidigen kann. Daraus folgt, dass vorliegend der Mahnbescheid und die verfahrenseinleitende Antragsschrift der Antragsgegnerin so rechtzeitig hätten zugestellt werden müssen, dass die Antragsgegnerin in der Lage gewesen wäre, ihre Rechte vor der Vollstreckbarerklärung durch das italienische Mahngericht durch Einlegung eines Widerspruchs geltend zu machen (EuGH, aaO). Für eine ordnungsgemäße und rechtzeitige Zustellung vor der Entscheidung des italienischen Mahngerichts vom 8.7.2003 ist aber nichts ersichtlich.

c) Nach alledem ist der angefochtene Beschluss auf die Beschwerde der Antragsgegnerin aufzuheben und der Antrag auf Vollstreckbarerklärung des italienischen Mahnbescheids zurückzuweisen.





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