-
Zusammenfassung der Entscheidung Die deutsche Schuldnerin wurde durch Urteil der Rechtbank ‘s-Hertogenbosch (NL), bestätigt durch die Berufungsentscheidung des Gerechtshof ‘s-Hertogenbosch, zur Zahlung eines Geldbetrages zuzüglich gesetzlicher Zinsen an die Gläubigerin verurteilt. Auf Antrag der Gläubigerin wurde das Urteil vom zuständigen deutschen Landgericht für in Deutschland vollstreckbar erklärt. Dagegen wandte sich die Schuldnerin mit der Beschwerde und machte unter anderem geltend, das niederländische Berufungsgericht habe zu Unrecht wegen der Gläubigerin vorwerfbarer Beweisvereitelung keine Beweislastumkehr angenommen.
Das OLG Köln (DE) ist der Auffassung, dass entgegen der Ansicht der Schuldnerin sachliche Gründe gemäß Art. 34 Abs. 2 i.V.m. Art. 27 Nr. 1 EuGVÜ eine Ablehnung der Klauselerteilung nicht rechtfertigen könnten. Die Annahme eines ordre-public-Verstoßes durch Verfahrensfehler des ausländischen Gerichts und damit eine Ausnahme von der Regel, wonach im Klauselerteilungsverfahren eine Überprüfung der ausländischen Entscheidung in der Sache selbst „keinesfalls" vorgenommen werden dürfe (Art. 29 EuGVÜ), komme nur dann ausnahmsweise in Betracht, wenn das Verfahren durch das ausländische Gericht mit grundlegenden Verfahrensmaximen des deutschen Rechts unvereinbar sei. Selbst wenn die behauptete Beweislastverkennung sowie eine falsche Beweiswürdigung zu bejahen wären, läge damit kein unter den ordre-public-Vorbehalt einzuordnender solcher Ausnahmefall vor. Die Zinsentscheidung des niederländischen Urteils sei nach deutschem Verständnis für die Vollstreckung nicht hinreichend bestimmt. Sie sei jedoch in der Vollstreckungsklausel zu konkretisieren, denn die jeweilige Höhe des gesetzlichen Zinssatzes lasse sich den einschlägigen niederländischen Vorschriften ohne weiteres entnehmen.
JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission
Durch das Urteil der Rechtbank `s-Hertogenbosch vom 31.7.98 – Az.: 9922/HA-ZA 95-2152 – ist die Schuldnerin gegen Quittung zur Zahlung von 26.932,75 niederländische Gulden (NLG) zuzüglich der gesetzlichen Zinsen seit dem 18.4.1995 bis zum Tag der Entrichtung sowie zur Tragung der bei der Gläubigerin für die Widerklage angefallenen und auf 2.200 NLG bezifferten Kosten des Rechtsstreits verurteilt worden. Das Urteil wurde durch die auf die Berufung und Anschlussberufung ergangene Entscheidung des Gerechtshof `s-Hertogenbosch vom 13.3.2001 – Az.: C 9800917/HE – bestätigt und die Schuldnerin ferner verurteilt, die bei der Gläubigerin angefallenen Kosten der Hauptberufung in Höhe bezifferter 1.540 NLG für Auslagen sowie veranschlagter 1.200 NLG als Honorar für den Prozessbevollmächtigten in der Hauptberufung zu tragen.
Im Juni 2001 beantragte die Gläubigerin, das Urteil des Gerechtshof `s-Hertogenbosch vom 13.3.2001 – Az.: C 9800917/HE -, mit dem die Schuldnerin zur Zahlung der 26.932,75 NLG bezüglich der gesetzlichen Zinsen daraus seit dem 18.4.1995 sowie in die Kosten des Rechtsstreits bezüglich der Widerklage in Höhe von 2.200 NLG und für das Berufungsverfahren in Höhe von 1.540 NLG für Auslagen sowie 1.200 NLG als Honorar für den Prozessbevollmächtigten verurteilt worden ist, für in der Bundesrepublik vollstreckbar zu erklären.
Durch den angefochtenen Beschluss hat das Landgericht Aachen – der Vorsitzende der 1. Zivilkammer -dem Antrag stattgegeben.
Die hiergegen binnen Monatsfrist eingelegte Beschwerde der Schuldnerin ist zulässig (§ 11 des Gesetzes zur Ausführung zwischenstaatlicher Verträge und zur Durchführung von Verordnungen der Europäischen Gemeinschaft auf dem Gebiet der Anerkennung und Vollstreckung in Zivil- und Handelssachen in der Fassung vom 19.2.2001 – AVAG /BGBl. 2001 I S. 265). In der Sache hat das Rechtsmittel jedoch keinen Erfolg.
Sachliche Gründe, die gem. Art. 34 II in Verbindung mit Art. 27 Nr. 1 des europäischen Übereinkommens vom 27.9.68 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen – EuGVÜ – eine Ablehnung der Klauselerteilung rechtfertigen könnten, sind entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin nicht gegeben. Eine Ausnahme von der Regel, wonach im Klauselerteilungsverfahren eine Überprüfung der ausländischen Entscheidung in der Sache selbst „keinesfalls“ vorgenommen werden darf (Art. 29 EuGVÜ), kommt anerkanntermaßen nur in Betracht, wenn das Verfahren durch das ausländische Gericht mit grundlegenden Verfahrensmaximen des deutschen Prozessrechts unvereinbar ist (vgl. BGH NJW 99, 3198; Zöller/Geimer ZPO § 328 Rn. 155 mwN). Ein solcher Verstoß ist hier indes weder dargetan noch ersichtlich. Dabei kann insbesondere dahinstehen, ob das niederländische Berufungsurteil, wie die Beschwerdeführerin meint, zu Unrecht wegen der Gläubigerin vorwerfbarer Beweisvereitelung keine Beweislastumkehr hinsichtlich der von ihr behaupteten Mangelhaftigkeit der Blusen angenommen hat und/oder einseitig zu ihren Lasten die erhobenen Zeugenbeweise fehlerhaft gewürdigt hat. Selbst wenn die behauptete Beweislastverkennung sowie eine falsche Beweiswürdigung zu bejahen wären, läge damit kein besonderer unter den ordre public-Vorbehalt einzuordnender und deshalb der Klauselerteilung entgegenstehender Ausnahmefall vor. Das Urteil wäre zwar unrichtig aber hinzunehmen: Keine Rede könnte davon sein, dass bei solchen Fehlern ein Verstoß gegen grundlegende Forderungen prozessualer Gerechtigkeit vorläge und die Vollstreckbarerklärung des ausländischen Urteils der deutschen öffentlichen Ordnung widerspricht (vgl. auch Zöller aaO).
Lediglich zu konkretisieren ist in der Vollstreckungsklausel die Zinsentscheidung des niederländischen Urteils, denn sie ist nach deutschem Verständnis für die Vollstreckung nicht hinreichend bestimmt. Sind nach einem ausländischen Urteil gesetzliche Zinsen zur ausgeurteilten Hauptsumme zu zahlen, so hat der um die Vollstreckbarerklärung ersuchte deutsche Richter – wie hier geschehen – auf einen Antrag hinzuwirken, der den deutschen Bestimmtheitsanforderungen genügt (BGH MDR 93, 904). Da sich hier die Höhe der „gesetzlichen Zinsen“ ohne weiteres den einschlägigen niederländischen Vorschriften entnehmen lässt, ergeben sich Inhalt und Umfang der Leistungspflicht aus dem Titel. Es kann und hat daher, wie der Senat auch unlängst entschieden hat (Beschluss vom 5.9.2001 – 16 W 11/01), die für die Zwangsvollstreckung im Inland erforderliche Konkretisierung bei der Vollstreckbarkeitserklärung zu erfolgen (vgl. BGH MDR aaO). Die demgemäss von der Gläubigerin zulässigerweise in der Beschwerdeerwiderung vorgenommene und aus dem Tenor der Entscheidung ersichtliche Konkretisierung des Zinsanspruchs ergibt sich aus den königlichen Beschlüssen vom 21.12.1994, 19.12.1995, 21.6.1995, 18.12.1997, 18.12.2000 und 11.12.2001, zu denen die Gläubigerin Auszüge aus dem niederländischen Staatsblad vorgelegt hat.