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Zusammenfassung der Entscheidung Der Antragsteller erwirkte ein Versäumnisurteil des Friedensgerichts des Kantons Eupen (BE) gegen den Antragsgegner. Der Antrag des Antragstellers, das Urteil für in Deutschland vollstreckbar zu erklären, wurde vom zuständigen deutschen Landgericht unter Berufung auf Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ abgelehnt. Dagegen erhob der Antragsteller Beschwerde.
Das Oberlandesgericht Hamm (DE) entscheidet, dass Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ der Erteilung der Vollstreckungsklausel nicht entgegenstehe. Der Antragsgegner habe am 26.09.1989 mit persönlicher Aushändigung der Ladung Kenntnis von dem Verfahren erlangt. Die Versäumnisentscheidung sei jedoch erst am 17.01.1990 ergangen. Die dazwischen liegende Zeitspanne sei zweifellos ausreichend, um eine Verteidigung vorzubereiten. Zudem sei der Antragsgegner – wie das belgische Sitzungsprotokoll für den Verhandlungstermin am 29.11.1989 beweise – im Termin vor dem Erlass der Versäumnisentscheidung anwaltlich vertreten gewesen, so dass sich der Antragsgegner auf das Verfahren eingelassen habe. Dazu genüge jedes Verhalten, aus dem sich ergebe, dass der Beklagte Kenntnis von dem Verfahren habe und mit dem er nicht lediglich zum Ausdruck bringen wolle, dass er sich wegen verspäteter Benachrichtigung von der Verfahrenseinleitung am Verfahren nicht beteiligen wolle.
JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission
Die Beschwerde ist begründet.
Die Versäumnisurteile des Friedensgerichts des Kantons Eupen vom 02. Mai 1990 und 17. Januar 1990 sind mit der Vollstreckungsklausel zu versehen. Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ steht dem – entgegen der Auffassung des Landgerichts – nicht entgegen.
1. Gemäß Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ wird eine Entscheidung nicht anerkannt, wenn dem Beklagten, der sich auf das Verfahren nicht eingelassen hat, das dieses Verfahren einleitende Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück nicht ordnungsgemäß und nicht so rechtzeitig zugestellt worden ist, daß er sich nicht verteidigen konnte.
Das Erfordernis der Rechtzeitigkeit der Zustellung soll gewährleisten, daß dem Beklagten ein ausreichender Zeitraum zur Verfügung steht, um seine Verteidigung vorzubereiten. Es sollen Entscheidungen verhindert werden, auf die der unterlegene Beklagte mangels rechtzeitiger Information von der Verfahrenseinleitung keinen Einfluß nehmen konnte (Kropholler, Europ. Zivilprozeßrecht, 3. Aufl., Art. 27 Rn. 31).
Abzustellen ist daher auf die Zeitspanne zwischen dem Zugang des ersten Schriftstücks, mit dem der Beklagten vom Verfahren Kenntnis erhielt, und dem Termin, in welchem die Entscheidung ergangen ist.
Ausweislich des bei den Akten befindlichen Zustellungszeugnisses (Bl. 25 der Akten) hatte der Antragsgegner am 6. September 1989 mit persönlicher Aushändigung der Ladung Kenntnis vom Verfahren. Erlassen wurde die erste Versäumnisentscheidung aber erst am 17. Januar 1990. Es unterliegt keinem Zweifel, daß die Zeitspanne zwischen dem 26. September 1989 und dem 17. Januar 1990 ausreichend ist, um eine Verteidigung vorzubereiten.
2. Im übrigen war ausweislich des Sitzungsprotokolls für den 29. November 1989 (Bl. 40 der Akten) der Antragsgegner im Termin vor Erlaß des ersten Versäumnisurteils anwaltlich vertreten. Dies wird durch das nicht bestrittene Schreiben des Prozeßbevollmächtigten vom 28. September 1989 (Bl. 17 iVm Bl. 12 der Akten) bestätigt. Dann aber hatte der Antragsgegner sich auf das Verfahren eingelassen. Denn dazu genügt jedes Verhalten, aus dem sich ergibt, daß der Beklagte Kenntnis vom Verfahren hat, und mit dem er nicht lediglich zum Ausdruck bringen will, daß er wegen verspäteter Benachrichtigung von der Verfahrenseinleitung sich am Verfahren nicht beteiligen will (Bülow/Böckstiegel/Linke, Int. Rechtsverkehr Nr. 60G, 209 = Art. 27 III 2).
3. Die Urteile des Friedensgerichts waren auch hinsichtlich der Zinsen für vollstreckbar zu erklären. Zwar ist die Verurteilung „nebst den gesetzlichen Zinsen“ nach deutschem Vollstreckungsrecht zu unbestimmt. Der Titel ist aber im Wege der ergänzenden Auslegung zu konkretisieren, da Höhe und Zinsbeginn zweifelsfrei zu bestimmen sind (BGH NJW 86, 1440; Kropholler, aaO Art. 31 Rn. 12, 15). Aus den vorgelegten und nicht bestrittenen Unterlagen folgt, daß der gesetzliche Zinssatz 8 % beträgt (Bl. 49 der Akten).
Der Zinsbeginn ist auf den Tag der Zustellung der Klageschrift oder eines ähnlichen Schriftstückes festzulegen. Eine Zustellung am 05. September 1989 ist nicht ersichtlich aus den Akten. Es verbleibt daher bei dem 26. September 1989, an welchem Zustellung nachgewiesen ist.