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Zusammenfassung der Entscheidung Der Antragsteller erwirkte gegen den Antragsgegner ein Urteil der Arrondissementsrechtbank Rotterdam (NL), wogegen Letzterer beim Gerichtshof in Den Haag (NL) Beschwerde einlegte. Auf Antrag des Antragstellers wurde das Urteil inzwischen vom zuständigen deutschen Landgericht für in Deutschland vollstreckbar erklärt. Dagegen wandte sich der Antragsgegner mit der Beschwerde und beantragte die Aussetzung des Verfahrens, hilfsweise die Zwangsvollstreckung von einer Sicherheitsleistung des Antragstellers abhängig zu machen.
Das Oberlandesgericht Köln (DE) stellt fest, dass eine Aussetzung des Verfahrens nach Art. 38 Abs. 1 EuGVÜ nicht in Betracht komme, weil insoweit nur Gründe berücksichtigt werden dürften, die der Schuldner vor dem Gericht des Urteilsstaates noch nicht geltend machen konnte. Solche Gründe trage der Antragsgegner jedoch nicht vor. Die von ihm geltend gemachten Gründe könnten allenfalls Anlass für die Anordnung einer Sicherheitsleistung nach Art. 38 Abs. 3 EuGVÜ geben. Insoweit stehe das Verbot der révision au fond (Art. 29, 34 Abs. 3 EuGVÜ) einer Würdigung der Erfolgsaussichten des im Ausland gegen die Entscheidung eingelegten Rechtsmittels nicht entgegen. Für die nach Art. 38 Abs. 3 EuGVÜ zu treffende Ermessensentscheidung über die Anordnung einer Sicherheitsleistung könne neben der Erfolgsaussicht des im Ausland eingelegten Rechtsmittels auch von Bedeutung sein, ob dem Schuldner im Falle der Zwangsvollstreckung ein nicht zu ersetzender Nachteil drohe. Beides sei vorliegend jedoch nicht der Fall, weshalb die Beschwerde erfolglos bleibe.
JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission
Die gemäß Art. 36, 37 EuGVÜ, §§ 11, 12 AVAG zulässige Beschwerde des Antragsgegners, mit der die Aussetzung des Verfahrens (Art. 38 Abs. 1 EuGVÜ), hilfsweise die Anordnung erstrebt wird, die Zwangsvollstreckung von einer Sicherheitsleistung des Gläubigers abhängig zu machen (Art. 38 Abs. 3 EuGVÜ), bleibt erfolglos.
Eine Aussetzung des Verfahrens nach Art. 38 Abs. l EuGVÜ scheidet hier schon deshalb aus, weil insoweit nur Gründe berücksichtigt werden dürfen, die der Schuldner vor dem Gericht des Urteilsstaates noch nicht geltend machen konnte (BGH NJW 1994, 2156). Solche Gründe zeigt die Beschwerde nicht auf. Sie wendet lediglich ein, daß die Arrondissements-rechtbank … in ihrem Zwischenurteil vom 27. Januar 1995 den Antragsgegner in den Punkten, die Gegenstand seiner beim Gerichtshof in Den Haag eingelegten Beschwerde sein sollen, zu Unrecht als beweisfällig geblieben angesehen habe. Die mit einer solchen Begründung geltend gemachte Ungewißheit über den Bestand der zu vollstreckenden Entscheidung kann allenfalls Anlaß zur Anordnung einer Sicherheitsleistung nach Art. 38 Abs. 3 EuGVÜ geben; insoweit steht das Verbot einer Überprüfung der ausländischen Entscheidung in der Sache selbst (Art. 29, 34 Abs. 3 EuGVÜ) einer Würdigung der Erfolgsaussichten des Rechtsmittels nicht entgegen (BGH aaO). Die bloße Angabe, in welchen Punkten der Antragsgegner das zu vollstreckende Urteil angreifen will, ermöglicht indessen keine ausreichende Beurteilung der Erfolgsaussichten seines Rechtsmittelangriffs. Der Senat hält es auch nicht für angebracht, die von den Rotterdamer Anwälten des Antragsgegners gem. deren Schreiben vom 13.11.1995 „in naher Zukunft“ angekündigte Begründung der Beschwerde gegen das Zwischenurteil vom 27.1.1995(!) abzuwarten. Allerdings ist die Erfolgsaussicht nicht der einzige Maßstab für die nach Art. 38 Abs. 3 EuGVÜ zu treffende Ermessensentscheidung; vielmehr kann hierfür auch von Bedeutung sein, ob dem Schuldner im Falle einer Zwangsvollstreckung ein nicht zu ersetzender Nachteil droht (BGH aaO). Auch dafür sieht der Senat jedoch keinen hinreichenden Anhalt.
Die pauschale Befürchtung des Antragsgegners, daß die von dem Antragsteller in seiner Eigenschaft als Konkursverwalter etwa beizutreibenden Beträge aus der angefochtenen Verurteilung (über 33.090,59 DM sowie 1.156,27 hfl., jeweils zuzüglich gesetzlicher Zinsen ab dem 1.3.1989) in die Konkursmasse fallen und deshalb im Falle eines Obsiegens des Antragsgegners in der Rechtsmittelinstanz nicht mehr zurückgezahlt werden könnten, genügt hierzu nicht. Der Konkursverwalter, der aus einem ohne Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar erklärten Zahlungsurteil, dessen Bestand vom Ausgang eines anhängigen Rechtsmittelverfahrens abhängt, vollstreckt und sich dabei nicht auf Maßnahmen der Sicherungsvollstreckung beschränkt, geht, wenn er die beigetriebenen Beträge nicht gesondert verwaltet, das Risiko seiner persönlichen Haftung ein, soweit er einen Ersatzanspruch des obsiegenden Antragsgegners nicht aus der Konkursmasse befriedigen kann (vgl. OLG Düsseldorf, ZIP 1993, 1805). Ein solches Risiko wird der Antragsteller nur eingehen, wenn er nicht ernsthaft mit einem Erfolg des Rechtsmittels des Antragsgegners zu rechnen braucht; dann aber verdient das Sicherheitsbedürfnis des Antragsgegners auch keinen Vorrang vor den Gläubigerinteressen.
Soweit der Antragsgegner behauptet, wirtschaftlich nicht einmal mehr die zur Abwendung der Sicherungsvollstreckung gemäß § 22 AVAG mögliche und notwendige Sicherheitsleistung erbringen zu können, könnte ihm – darauf ist er bereits mit Verfügung des Senats vom 21.11.1995 hingewiesen worden – ohnehin nur eine die vorläufige Vollstreckbarkeit des Zwischenurteils einschränkende oder aufhebende einstweilige Entscheidung des niederländischen Beschwerdegerichts helfen. Wenn hierzu – wie er mit seinem Antwortschreiben vom 1.12.1995 geltend macht keine rechtliche Möglichkeit besteht, erscheint es auch nicht angebracht, eine über Maßnahmen der Sicherung hinausgehende Vollstreckung jenes Urteils im Inland von einer Sicherheitsleistung des Antragstellers abhängig zu machen. Da nach der Systematik des Übereinkommens Art. 38 Abs. 3 EuGVÜ im Verhältnis zu Art. 38 Abs. l EuGVÜ die geringere Einschränkung der Gläubigerrechte darstellen soll, ginge es ohnehin nicht an, selbst die Sicherungsvollstreckung, die dem Antragstelle auch im Falle einer Verfahrensaussetzung nicht verwehrt wäre, von einer Sicherheitsleistung abhängig zu machen.