Die Antragsgegnerin unterhielt jahrelange Geschäftsbeziehungen zu der in Belgien ansässigen Firma …, deren Gegenstand der Vertrieb der Erzeugnisse der Antragsgegnerin durch die Firma … in Belgien war.
Unter dem Datum 20.07.1976/ 27.07.1976 schlossen die Antragsgegnerin und die Firma … im Rahmen dieser Geschäftsbeziehungen einen die Erzeugnisse der Antragsgegnerin betreffenden – dritten – Importvertrag, durch den die Antragsgegnerin der Firma … das Alleinverkaufsrecht an ihren Produkten für Belgien übertrug. In Artikel 25 dieses Vertrages war bestimmt, daß alle sich aus der Durchführung des Vertrages ergebenden Streitigkeiten, die nicht auf gütlichem Wege beigelegt werden können, der Internationalen Handelskammer in Paris zum Schiedsspruch („à l'arbsitrage“) unterbreitet werden. Dem Abschluß dieses Vertrages waren intensive Verhandlungen vorausgegangen, in denen die Firma … die Anwendung belgischen Rechts, die Antragsgegnerin jedoch die Anwendung deutschen bzw. später schweizerischen Rechts gefordert hatte.
Im September 1976 übernahm die Antragstellerin zu 2) im Rahmen einer Umgestaltung der Unternehmensstruktur der Firma … den Vertrieb der Produkte der Antragsgegnerin gemäß dem Importvertrag vom 20.07.1976/27.07.1976. Am 26.04.1982 kündigte die Antragsgegnerin den Importvertrag fristlos. Die Antragstellerin zu 2) reichte daraufhin am 27.07.1982 Klage bei dem Tribunal de commerce in Brüssel ein.
Die Antragstellerin zu 1) übernahm im Laufe des ersten Rechtszuges alle Aktiva und Passiva der Antragstellerin zu 2) und erklärte am 02.05.1983 die Wiederaufnahme des von der Antragstellerin zu 2) angestrengten Verfahrens. Am 14.06.1984 erging ein Urteil des Tribunal de Commerce.
Gegen dieses Urteil legte die Antragsgegnerin Berufung beim Cour d'Appel in Brüssel ein. Am 19.12.1986 erließ das Berufungsgericht in der Sache der Antragsgegnerin – Berufungsklägerin – gegen die Antragstellerin zu 1) und – sofern erforderlich („pour autant que de besoin“) – die Antragstellerin zu 2) – Berufungsbeklagte – ein Zwischenurteil – Az. RG Nr. 2924/84 -, durch das die Berufungsklägerin (=Antragsgegnerin) zur Zahlung einer vorläufigen Entschädigung von 5.000.000 bfr an die Berufungsbeklagte (= Antragstellerin zu 1) zuzüglich der ab Urteilsverkündung anfallenden Verzugszinsen verurteilt wurde.
Das Zwischenurteil ist gemäß der am 11.02.1987 durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle (Le Greffier) des Cour d'Appel in Brüssel erteilten Vollstreckungsklausel in Belgien vollstreckbar.
Die Antragstellerinnen haben beantragt, das Urteil des Cour d'Appel in Brüssel vom 19.12.1986 gemäß Art. 31 EG Übk mit der Vollstreckungsklausel zu versehen, soweit die Antragsgegnerin verurteilt worden ist, an die Antragstellerin zu 1) 5.000.000 bfr zuzüglich Verzugszinsen ab Erlaß des Urteils zu zahlen.
Die Antragsgegnerin hat sich in einer Schutzschrift gegen die Erteilung der Vollstreckungsklausel gewandt und zur Begründung im wesentlichen vorgetragen, das Berufungsgericht in Brüssel habe im Hinblick auf die in dem Importvertrag vereinbarte Schiedsabrede zu Unrecht seine Zuständigkeit bejaht.
Der Vorsitzende der 14. Zivilkammer des Landgerichts in Saarbrücken hat durch Beschluß vom 23.07.1987, auf den vollinhaltlich verwiesen wird, den Antrag der Antragstellerinnen abgelehnt und den Antragstellerinnen die Kosten des Verfahrens auferlegt.
In den Gründen des Beschlusses ist ausgeführt, die Antragstellerin zu 2) sei aus dem Urteil des Berufungsgerichts in Brüssel nicht berechtigt und habe daher kein Antragsrecht. Der Anerkennung und Vollstreckung des Titels zugunsten der Antragstellerin zu 1) stehe der deutsche ordre public entgegen. Die Antragstellerinnen hätten durch die entgegen der Schiedsabrede erfolgte Anrufung eines belgischen Gerichts einen schweren Vertragsbruch begangen, der zur Ausschaltung des zwischen den Parteien vereinbarten neutralen Schiedsgerichts geführt habe und nach deutschem ordre public nicht hinnehmbar sei. Dem stehe Art. 28 Abs. III EG Übk nicht entgegen. Denn diese Regelung betreffe nicht den hier in Rede stehenden Einwand der Schiedsgerichtsbarkeit.
Gegen diesen den Antragstellerinnen am 29.07.1987 zugestellten Beschluß haben die Antragstellerinnen am 10.08.1987 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung tragen sie vor, das Landgericht habe die Erteilung der zugunsten der Antragstellerin zu 1) begehrten Vollstreckungsklausel zu Unrecht abgelehnt. Der in dem Verfahren vor dem belgischen Berufungsgericht von der Antragsgegnerin erhobene und von dem Gericht nicht für durchgreifend erachtete Einwand der Schiedsabrede falle nicht unter Art. 27 und Art. 28 des EG Übk und stelle daher keinen Versagungsgrund dar.
Die Antragstellerinnen beantragen, unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses die zugunsten der Antragstellerin zu 1) begehrte Vollstreckungsklausel zu erteilen.
Die Antragsgegnerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verteidigt den angefochtenen Beschluß. Wegen des Vorbringens der Parteien im übrigen wird auf den Inhalt der beiderseits gewechselten Schriftsätze verwiesen. Die Beschwerde der Antragstellerinnen ist gemäß Art. 40 EG Übk in Verbindung mit §§ 16 Abs. I, 12 AG EG Übk zulässig.
Die Beschwerde der Antragstellerin zu 2) ist nicht begründet, diejenige der Antragstellerin zu 1) dagegen in vollem Umfang gerechtfertigt.
Die Antragstellerin zu 2) kann nicht verlangen, daß das Urteil des Cour d'Appel in Brüssel vom 19.12.1986, das in Belgien vollstreckbar ist, in der Bundesrepublik Deutschland mit der Vollstreckungsklausel versehen wird. Antragsberechtigt im Sinne dieses Begehrens ist gemäß Art. 31 EG Übk nur der aus dem zu vollstreckenden Titel Berechtigte und dies ist, wie das Landgericht zutreffend dargelegt hat und wovon die Antragsstellerinnen auch selbst ausgehen, hinsichtlich des hier in Rede stehenden Zwischenurteils des Berufungsgerichts Brüssel vom 19.12.1986 nicht die Antragstellerin zu 2), sondern allein die Antragstellerin zu 1).
Das Landgericht hat somit den Antrag der Antragstellerin zu 2) auf Erteilung der Vollstreckungsklausel zu Recht abgelehnt, so daß die Beschwerde der Antragstellerin zu 2) zurückzuweisen war.
Die Beschwerde der aus dem in Belgien vollstreckbaren Zwischen-urteil des Cour d'Appel in Brüssel vom 19.12.1986 berechtigten und damit gemäß Art. 31 EG Übk antragsbefugten Antragstellerin zu 1) ist dagegen begründet. Gemäß Art. 34 Abs. II, Abs. III EG Übk darf ein Antrag auf Erteilung der Vollstreckungsklausel für eine – wie hier – dem EG Übk unterliegende ausländische Entscheidung nur aus einem der in Art. 27 und Art. 28 EG Übk angeführten Gründen, die eine abschließende Regelung der Versagungsgründe enthalten (Geimer/Schütze „Internationale Urteilsanerkennung“ § 5 Anm. V), abgelehnt werden, wobei die ausländische Entscheidung keinesfalls auf ihre Gesetzmäßigkeit nachgeprüft werden darf.
Ein derartiger Versagungsgrund im Sinne von Art. 27, Art. 28 EG Übk ist hier nicht gegeben. Gemäß Art. 28 Abs. I EG Übk kann die Entscheidung dann nicht anerkannt werden, wenn, – was hier allein von Bedeutung sein könnte -, die Vorschriften des 3., 4. und 5. Abschnitts des Titels II, nämlich die Vorschriften über die Zuständigkeit für Versicherungssachen (Art. 7 H EG Übk), für Abzahlungsgeschäfte (Art. 13 H EG Übk) und die Bestimmungen über die ausschließliche Zuständigkeit nach Art. 16 EG Übk, verletzt worden sind. Dies war hier nicht der Fall. Denn der durch den Cour d'Appel in Brüssel entschiedene Rechtsstreit betraf, was zwischen den Parteien auch nicht streitig ist, keine unter diese Zuständigkeitsregelungen fallende Streitigkeit. Soweit sich die Antragsgegnerin in ihrer Schutzschrift darauf berufen hat, daß der Cour d'Appel bei seiner Entscheidung die Bestimmung des Art. 17 EG Übk verkannt hat, ist dies nicht entscheidungserheblich. Einmal gehört Art. 17 EG Übk nicht zu den Vorschriften, deren Verletzung nach Art. 28 Abs. I EG Übk die Ablehnung der Vollstreckungsklausel rechtfertigt. Zum anderen findet Art. 17 EG Übk auf die Vereinbarung der Zuständigkeit eines Schiedsgerichts keine Anwendung (BGH NJW 1980, 1223; Baumbach-Lauterbach, 45. Aufl., Art. 17 EG Übk).
Der Erteilung der von der Antragstellerin zu 1) begehrten Vollstreckungsklausel steht auch nicht Art. 27 Nr. 1 EG Übk, – Versagungsgründe im Sinne von Art. 27 Nr. 2 – 4 EG Übk liegen ersichtlich nicht vor -, entgegen. Ein die Versagung der Vollstreckungsklausel rechtfertigender Verstoß gegen den ordre public im Sinne von Art. 27 Nr. 1 EG Übk kann nicht darin gesehen werden, daß, was nach Lage der Dinge allein in Betracht kommt, der Cour d'Appel in Brüssel in seinem Zwischenurteil vom 19.12.1986 den von der Antragsgegnerin und Schuldnerin erhobenen Einwand der vereinbarten Zuständigkeit eines Schiedsgerichts im Hinblick auf das in Belgien geltende Recht für unbeachtlich angesehen und sie Entscheidungszuständigkeit bejaht hat. Denn diese Entscheidung des Cour d'Appel in Brüssel unterliegt nach Maßgabe der Bestimmungen des EG Übk in dem Verfahren auf Erteilung der Vollstreckungsklausel nicht der Nachprüfung durch den Senat mit der Folge, daß die Vollstreckung dieser Entscheidung dann auch nicht dem deutschen ordre public, dessen Bestandteil als in der Bundesrepublik Deutschland geltendes Recht die Vorschriften des EG Übk sind, widerspricht (vgl. OLG Celle RIW/AWD 1979, 131 J).
Dies folgt aus den Regelungen in Art. 28 Abs. III und Art. 34 Abs. III EG Übk. Gemäß Art. 28 Abs. III EG Übk darf die Zuständigkeit des ausländischen Gerichts, abgesehen von den hier nicht einschlägigen Fällen des Art. 28 Abs. I EG Übk, durch das Gericht des Vollstreckungsstaates nicht nachgeprüft werden und gehören die Vorschriften über die Zuständigkeit nicht zur öffentlichen Ordnung im Sinne von Art. 27 Nr. 1 EG Übk. Art. 34 Abs. III EG Übk verbietet in dem Verfahren auf Erteilung der Vollstreckungsklausel die Überprüfung der ausländischen Entscheidung auf ihre Gesetzmäßigkeit hin. Diese Regelungen dienen erkennbar dem Zweck, die Freizügigkeit der Urteile innerhalb der Vertragsstaaten des Übereinkommens, zu deren Anerkennung diese grundsätzlich verpflichtet sind (Art. 25 H EG Übk), zu gewährleisten. Mit diesem Sinn und Zweck des Übereinkommens ist es nach Auffassung des Senats nicht zu vereinbaren, die Erteilung einer Vollstreckungsklausel deshalb zu versagen, weil das ausländische Gericht den Einwand des Schiedsvertrages – möglicherweise zu Unrecht – verworfen und demgemäß seine Zuständigkeit bejaht. Der Einwand des Schiedsvertrages, der nach deutschem Rechtsverständnis nur eine die Zulässigkeit der Klage vor den ordentlichen Gerichten betreffende, nicht von Amts wegen zu beachtende unter dem Gebot von Treu und Glauben stehende Einrede gewährt (§ 1027 a ZPO; Baumbach-Lauterbach 45. Aufl. § 1025 ZPO Anm. 2 B, § 1027 a ZPO Anm. 1, OLG Düsseldorf NJW 1983, 2149), gehört nicht zu den im Klauselverteilungsverfahren nach Art. 34 Abs. II, Art. 28 Abs. I EG Übk beachtlichen Zuständigkeitsbestimmungen. Daß das Übereinkommen gemäß Art. 1 Abs. II Nr. 4 EG Übk auf die Schiedsgerichtsbarkeit keine Anwendung findet, ist insoweit nicht von Bedeutung und rechtfertigt es nicht, das Übergehen der Schiedsgerichtsbarkeit durch das ausländische Gericht als einen im Klauselverfahren beachtlichen Versagungsgrund anzuerkennen. Denn eine solche Entscheidung des ausländischen Gerichts ändert nichts daran, daß es sich bei dieser Entscheidung um eine unter das Übereinkommen fallende Entscheidung in einer Zivil- und Handelssache handelt (vgl. Martiny Handbuch des Internationalen Zivilverfahrensrechts Bd. III/2 Rn. 170). Diesbezüglich liegt allenfalls eine Entscheidung des ausländischen Gerichts vor, die wegen des Einwands des Schiedsvertrages durch dieses Gericht mangels einer insoweit gegebenen Entscheidungszuständigkeit nicht hätte ergehen dürfen, was aber, da ein Fall des Art. 28 Abs. I EG Übk nicht gegeben ist, der Erteilung der Vollstreckungsklausel nicht entgegensteht. Der Senat folgt insoweit der, soweit ersichtlich, in Rechtsprechung und Literatur einhellig vertretenen Auffassung, wonach die Klauselerteilung nach Maßgabe der Bestimmungen des EG Übk nicht deshalb versagt werden darf, weil das ausländische Gericht eine nach Auffassung des Zweitrichters rechtswirksame Schiedsabrede für nicht durchgreifend erachtet und demgemäß nach Meinung des Zweitrichters zu Unrecht in der Hauptsache entschieden hat (so Geimer/ Schütze „Internationale Urteilsanerkennung“ § 5 Anm. V, § 57 III 5, § 139 IV b,,§ 197 XVI mwN; Zöller 15. Aufl., Anh. II Art. 1 GVÜ Rn. 21, Art. 28 GVÜ Rn. 13; Martiny „Handbuch des Internationalen Zivilverfahrensrechts Bd. III/2 Rn. 172; OLG Celle RIW/AWD 1979, 131f).
Der Einwand der Antragsgegnerin, der Cour d'Appel in Brüssel habe den Einwand der Schiedsabrede zu Unrecht nicht beachtet, rechtfertigt somit gemäß Art. 34 Abs. II EG Übk, – die Vorschriften des deutsch-belgischen Abkommens vom 30.06.1958 kommen insoweit nicht zur Anwendung (Art. 55, 56 Abs. I EG Übk; BGH JPRax 1985, 366 J) -, nicht die Versagung der Vollstreckungsklausel. Die Erteilung der Vollstreckungsklausel kann auch deshalb nicht abgelehnt werden, weil das Urteil des Cour d'Appel in Brüssel aus sonstigen Gründen dem deutschen ordre public widerspricht (Art. 27 Nr. 1 EG Übk). Der ordre public-Vorbehalt des Art. 27 Nr. 1 EG Übk steht einer Vollstreckung der Entscheidung des Erststaates im Zweitstaat nur in ganz krassen Fällen entgegen (Zöller-Geimer 15. Aufl., Rn. 152 zu § 328 ZP0) und setzt voraus, daß grundlegende Werte der zweitstaatlichen Rechtsordnung oder elementare staatspolitische Zielsetzungen des Zweitstaates in Frage gestellt würden (Geimer/Schütze, Internationale Urteilsanerkennung Bd. I, 1. Halbbd., 1052; Senatsbeschluß vom 03.08.1987 – 5 W 102/87 -). Dies ist hier nicht der Fall.
Daß die Antragstellerin zu 1) entgegen der Schiedsabrede die belgischen Gerichte angerufen hat, die nach belgischem Recht den Einwand der Schiedsgerichtsbarkeit als unwirksam angesehen haben, mag zwar als vertragswidriges Verhalten der Antragstellerin zu 1) gewertet werden. Die Vollstreckung eines solchen Titels, der in einem rechtsstaatlichen Verfahren ergangen ist, steht aber anders als im Falle eines durch Täuschung des ausländischen Gerichts erschlichenen Titels (vgl. BGH NJW-RR 1987, 377) mit elementaren Werten der deutschen Rechtsordnung noch nicht im Widerspruch. Das gleiche gilt, soweit der Cour d'Appel in Brüssel die Unabwendbarkeit der Schiedsklausel nach belgischem Recht bejaht hat. Ausweislich der Urteilsgründe des Cour d'Appel stellt das insoweit einschlägige belgische Recht nicht auf die Staatsangehörigkeit des Vertragshändlers sondern nur darauf ab, ob der Händlervertrag Auswirkungen auf das ganze oder Teile des belgischen Staatsgebietes hatte und gilt damit auch für ausländische Vertragshändler, deren Händlervertrag diese Kriterien erfüllt. Das belgische Recht enthält somit keine mit dem deutschen ordre public möglicherweise nicht vereinbare Bevorzugung belgischer Staatsangehöriger und belgischer Firmen, so daß die Vollstreckung eines nach diesem Recht ergangenen Urteils in Deutschland auch unter diesem Gesichtspunkt nicht gemäß Art. 27 Nr. 1 EG Übk abgelehnt werden kann.
Nach alledem war, wie geschehen, zu beschließen.