unalex.eulex
  • de | ...
  • unalex Bibliothek
  • Kommentarliteratur
  • EuLF
  • Allgemeine Quellen
  • Normtexte
  • Rechtsprechung
  • unalex Compendium
  • unalex Projekte
  • Project Library
  • unalex Plattform
  • PopUpAbkürzungen
unalex. Rechtsprechung Entscheidung DE-340
Bearbeitet von

unalex unalex Redaktion

Suche
Entscheidungssuche
Zuletzt aufgerufen
DE-340
Zitierung
Fundstellen in unalex
unalex Diese Entscheidung zitieren
unalex Redaktion
unalex Entscheidung vorschlagen
unalex Schreiben Sie der Redaktion
unalex.
Sie befinden sich im einsprachigen ModusZum Einblenden der anderssprachigen Textteile

unalex. Rechtsprechung

Entscheidung DE-340  



OLG Köln (DE) 25.06.2004 - 16 W 21/04
Art. 39 Brüssel I-VO – unalexZuständigkeit für die Vollstreckbarerklärung –unalexZuständige Stelle gemäß Anhang II zur Brüssel I-VO

OLG Köln (DE) 25.06.2004 - 16 W 21/04, unalex DE-340


Navigationslinks überspringen.
Fundstellen in unalex reduzierenFundstellen in unalex
de - Kommentar zur VO(EG) 44/2001 und zum Übereinkommen von Lugano (2 cit.) erweiternde - Kommentar zur VO(EG) 44/2001 und zum Übereinkommen von Lugano (2 cit.)



Auch wenn eine Klauselerteilung nach der Brüssel I-VO von einem funktionell unzuständigen Gericht angeordnet wurde, ist dieser Mangel unbeachtlich, solange er nicht gerügt wird.


-  Zusammenfassung der Entscheidung 

Die Schuldnerin wurde durch ein in Luxemburg (LU) ergangenes und zugestelltes Versäumnisurteil zur Zahlung verurteilt. Der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen des LG Bonn (DE) erklärte das Urteil antragsgemäß für in Deutschland vollstreckbar. Die Schuldnerin erhob Beschwerde. Daraufhin trat der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen in eine Abhilfeprüfung vor der Kammer ein und vernahm zu dem Vortrag der Schuldnerin, das verfahrenseinleitende Schriftstück sei ihr nicht zugestellt worden, eine Zeugin. Nach der Nichtabhilfeentscheidung legte die Kammer die Sache dem Oberlandesgericht vor. 

Das OLG Köln (DE) führt aus, dass der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen im Verfahren nach der Brüssel I-VO funktionell nicht zuständig sei. Nach § 3 Abs. 3 des deutschen Ausführungsgesetzes (AVAG) sei ausschließlich der Vorsitzende der Zivilkammer zuständig. Zwar finde diese Vorschrift nach § 55 Abs. 1 AVAG auf Verfahren nach der Brüssel I-VO keine Anwendung, dieser Ausschluss diene jedoch nur der Vermeidung einer Doppelregelung, sei doch die Zuständigkeit des Vorsitzenden der Zivilkammer in Art. 39 Abs. 1 Brüssel I-VO i.V.m. deren Anhang II geregelt. Da die Schuldnerin diesen Mangel der funktionellen Zuständigkeit nicht gerügt habe, sei er unbeachtlich. Auch habe die Kammer für Handelssachen ein unzulässiges Abhilfeverfahren durchgeführt. Da die Beschwerde gemäß Art. 43 Abs. 2 Brüssel I-VO i.V.m. Anhang III beim Oberlandesgericht einzulegen sei, bestünde keine Abhilfemöglichkeit des Landgerichts. § 11 Abs. 2 AVAG, der die Einlegung auch beim Landgericht zulasse, diene insoweit nur der Vermeidung unbilliger Härten. Eine Zuständigkeit der Kammer insgesamt sei im Vollstreckbarerklärungsverfahren ohnehin nirgends begründet. Der geltend gemachte Anerkennungsversagungsgrund des Art. 34 Nr. 2 liege jedenfalls aber nicht vor, da die Schuldnerin es versäumt habe, gegen das luxemburgische Urteil Rechtsmittel einzulegen.

 JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission

-  Entscheidungstext 

I. Die im Verhandlungstermin säumig gebliebene Schuldnerin ist durch Urteil einer Kammer für Handelssachen des Amtsgerichts von und in Luxemburg verurteilt worden, 13.619,76 EUR zuzüglich Zinsen und Kosten zu zahlen. Auf einen an die Kammer für Handelssachen des Landgerichts Bonn gerichteten Antrag hat der Vorsitzende der 2. Kammer für Handelssachen dieses Urteil für vollstreckbar erklärt. Gegen die ihr am 03.03.2004 zugestellte Entscheidung wendet sich die Schuldnerin mit ihrer am 05.05.2004, einem Montag, eingegangenen Beschwerde, mit der sie unter Zeugenbeweisantritt geltend gemacht hat, im Ausgangsverfahren sei ihr das verfahrenseinleitende Schriftstück nicht ordnungsgemäß zugestellt worden. Vielmehr habe sich in dem ihr zugestellten Schriftstück lediglich ein mit „ANNEXE“ überschriebenes Schriftstück befunden, das lediglich Angaben mit den Daten der am Verfahren beteiligten Personen bzw. Institutionen enthalten habe.

Der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen ist daraufhin in die Prüfung einer etwaigen Abhilfe eingetreten und hat vor der Kammer, also unter Beteiligung der Handelsrichter eine Zeugin vernommen. Sodann hat die Kammer beschlossen, der Beschwerde nicht abzuhelfen und die Sache dem Oberlandesgericht vorzulegen.

II. Die Beschwerde ist zulässig; insbesondere steht der Umstand, dass der Prozessbevollmächtigte der Schuldnerin sein Mandat inzwischen niedergelegt hat, der Zulässigkeit nicht entgegen. Aus der Bestimmung in § 6 Abs. 3 AVAG, wonach im ersten Rechtszug eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt nicht erforderlich ist, folgt nicht die unbedingte Notwendigkeit einer anwaltlichen Vertretung im Beschwerdeverfahren; denn diese kann gem. § 11 Abs. 2 AVAG auch zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden. Entsprechendes gilt gem. § 13 Abs. 2 AVAG für weitere Prozesshandlungen, solange keine mündliche Verhandlung angeordnet ist. Nur für das Verfahren mit mündlicher Verhandlung besteht gem. den §§ 13 Abs. 2 AVAG, 78 Abs. 3 ZPO Anwaltszwang (vgl. Zöller/Geimer, ZPO 24. Aufl., § 11 AVAG Rn. 4, § 13 Rn. 1; Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO 23. Aufl., Art. 43 EuGVVO Rn. 17) mit der weiteren Folge, dass auch § 87 Abs. 1, 2. Alt. ZPO nicht eingreift, also die Mandatsniederlegung sofort wirksam geworden ist.

In der Sache hat die Beschwerde keinen Erfolg.

1. Es ist allerdings zweifelhaft, ob der Vorsitzende der Kammer für Handelssachen funktionell zuständig war. Für Vollstreckbarkeitssachen nach dem AVAG ist auch nach der gesetzlichen Neufassung an sich nur und ausschließlich der Vorsitzende einer Zivilkammer zuständig (§ 3 Abs. 3 AVAG). Zwar soll gem. § 55 Abs. 1 AVAG die Vorschrift des § 3 dann keine Anwendung finden, wenn dem Vollstreckbarkeitsverfahren die EGVVO zugrunde liegt, nach dessen Anhang II der „Vorsitzende einer Kammer des Landgerichts“ zuständig ist. Durch den Ausschluss des § 1 sollte aber wegen der Regelung der Zuständigkeit in Art. 39 Abs. 1 EGVVO iVm Anhang II nur der Anschein einer nach EG-Recht unzulässigen Doppelregelung vermieden werden (vgl. BT-Drucks. 14/7207; Zöller/Geimer, ZPO 24. Aufl., § 55 AVAG Rn. 1; Hub NJW 2001, 3145 [3150]). Eine Abweichung gegenüber dem früheren Rechtszustand und demjenigen nach Art. 39 EuGVÜ/LGVÜ, deren Regelung wegen des in Deutschland zuständigen Gerichts im Anhang II der EGVVO unverändert übernommen wurde, war damit nicht beabsichtigt. In der Literatur wird demzufolge auch im Anwendungsbereich der EGVVO auch weiterhin – wie selbstverständlich – nur der Vorsitzende einer Zivilkammer als zuständig angesehen (vgl. Thomas/Putzo/Hüßtege, ZPO 25. Aufl., Art. 39 EGVVO Rn. 1; Schlösser, EU-Zivilprozessrecht, 2. Aufl., Art. 39 EuGVVO Rn. 1).

Ob dem zu folgen ist, kann indes letztlich offen bleiben; denn die Schuldnerin hat eine etwaige fehlende funktionelle Zuständigkeit des Vorsitzenden der Kammer für Handelssachen nicht gerügt. Zwar ist die in erster Instanz von Amts wegen zu prüfende Zuständigkeit auch vom Beschwerdegericht nachprüfbar, wie der Senat mit Beschluss vom 17.03.2004 – 16 W 2/04 – auf eine entsprechende Rüge hin für die örtliche und sachliche Zuständigkeit entschieden hat. Dies beruht darauf, dass der Ausschluss von Zuständigkeitsrügen in § 571 Abs. 2, S. 2 ZPO wegen des nur einseitigen Verfahrens erster Instanz im Beschwerdeverfahren nach dem AVAG keine entsprechende Anwendung finden kann. Ein etwaiger Mangel der funktionellen Zuständigkeitsmangel führt indes regelmäßig nur zu einer Anfechtbarkeit und damit zu einer Rügeobliegenheit des Rechtsmittelführers (vgl. Thomas/Putzo aaO vor § 1 ZPO Rn. 11). Eine entsprechende Rüge ist nicht erfolgt.

2. Prozessual unzulässig war es, dass das Landgericht auf die Beschwerde hin in die Prüfung einer etwaigen Abhilfe gem. § 572 ZPO eingetreten ist und zu diesem Zweck eine Zeugin vernommen hat, und zwar vor der gesamten Kammer einschließlich der Handelsrichter. Eine Zuständigkeit der Kammer insgesamt ist im Vollstreckbarkeitsverfahren nirgends begründet. Wenn und soweit entsprechend § 572 ZPO eine Abhilfebefugnis bestände, könnte dies daher ohnehin nur durch den als erstinstanzliches Organ nur zuständigen Vorsitzenden erfolgen. Indes scheidet eine entsprechende Befugnis von vornherein aus. Zwar können die §§ 567 ff. ZPO im Beschwerdeverfahren nach dem AVAG entsprechende Anwendung finden, aber nur sofern sich nicht aus der EGVVO, dem jeweils anwendbaren Übereinkommen oder dem AVAG nicht etwas anderes ergibt (vgl. Zöller/Geimer aaO § 11 AVAG Rn. 1). Vorliegend ist es bereits zweifelhaft, ob die Regelung in § 11 Abs. 2 AVAG, wonach die Zulässigkeit der Beschwerde nicht durch die Einlegung beim Landgericht berührt wird und dieses verpflichtet ist, die Sache unverzüglich an das Oberlandesgericht abzugeben, überhaupt mit Art. 43 Abs. 2 EuGVVO iVm Anlage III zur EuGVVO, nach der die Beschwerde beim Oberlandesgericht einzulegen ist, in Einklang zu bringen ist (vgl. die Nachweise zum Meinungsstand in dem Senatsbeschluss vom 17.03.2004 – 16 W 2/04 -). Jedenfalls ist es alleine Sinn und Zweck des § 11 Abs. 2 AVAG unbillige Härten für den zu vermeiden, der in Unkenntnis der Besonderheiten des Vollstreckbarkeitsverfahrens entsprechend den allgemeinen Vorschriften der ZPO Beschwerde beim Ausgangsgericht einlegt. Deshalb besteht nach allgemeiner Meinung keine Abhilfemöglichkeit (vgl. BT-Drucks. 11, 351 S. 22; OLG Zweibrücken InVo 2004, 250; Thomas/Putzo/Hüßtege aaO Art. 43 EuGVVO Rn. 1; Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht, 7. Aufl., Art. 43 Rn. 10; EuGVVO Rn. 10; Zöller/Geimer aaO § 11 AVAG Rn. 4).

3. Ob die hiernach verfahrenswidrig durchgeführte Beweisaufnahme des Landgerichts vor der Kammer zu der Frage, ob der Schuldnerin das verfahrenseinleitende Schriftstück ordnungsgemäß zugestellt worden ist, für das weitere Beschwerdeverfahren verwertbar ist, bedarf ebenfalls keiner Entscheidung; denn der Versagungsgrund des Art. 34 Nr. 2 EuGVVO liegt auch auf der Grundlage des Sachvortrags der Schuldnerin nicht vor. Nach Nr. 2 bleibt nämlich – in bewusster Abkehr von der Rechtsprechung des EuGH zu Art. 27 Nr. 2 EuGVÜ – auch in Fällen einer Säumnisentscheidung ein Zustellungsmangel folgenlos, wenn der Beklagte gegen die Ausgangsentscheidung kein Rechtsmittel eingelegt hat, obwohl er die Möglichkeit hierzu hatte. Um einen derartigen Fall handelt es sich hier. Gegen das ihm am 04.09.2003 zugestellte Versäumnisurteil des Amtsgerichts von und in Luxemburg hätte die Schuldnerin gem. Art. 90 der luxemburgischen ZPO innerhalb von 15 Tagen Einspruch einlegen können. Zudem war ihr als Partei mit Sitz im Ausland gem. Art. 571, 573 der luxemburgischen ZPO die Möglichkeit eröffnet, nach Ablauf der Einspruchsfrist innerhalb einer von 40 auf 55 Tagen verlängerten weiteren Frist Berufung einzulegen. Von beiden Möglichkeiten hat die Schuldnerin keinen bzw. keinen formgerechten Gebrauch gemacht, weil die von ihrem früheren Prozessbevollmächtigten unterzeichnete Rechtsmittelschrift vom 21.09.2004 wegen der fehlenden Zulassung bei dem zuständigen luxemburgischen Berufungsgericht nicht der gesetzlichen Form iSd Art. 584 der luxemburgischen ZPO entsprach.

Da auch die formellen Voraussetzungen für eine Vollstreckbarkeitserklärung unzweifelhaft vorliegen, war die Beschwerde mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.





PopUpNutzungshinweise
Impressum
AGB
Datenschutz
unalex kontaktieren
Preisliste

 

 

 

unalex. Das Portal zum internationalen Rechtunalex.


unalex.