I. Gemäß § 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO wird auf die tatsächlichen Feststellungen im Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 18. Dezember 2003 Bezug genommen.
Das Landgericht hat in diesem Urteil die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 67.958,48 EUR nebst 4 % Zinsen über dem Basiszinssatz aus 39.000,‑ EUR seit 22. Oktober 1999, sowie aus 28.958,48 EUR seit 1. Oktober 2002, sowie vorgerichtliche Mahnkosten von 7,67 EUR zu zahlen.
Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Wegen der Begründung der landgerichtlichen Entscheidung wird auf die Entscheidungsgründe des vorgenannten Urteils Bezug genommen.
Gegen dieses der Beklagten am 16. Januar 2004 zugestellte Urteil hat diese mit einem am 13. Februar 2004 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt. Nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 16. April 2004 hat die Beklagte mit einem am 15. April 2004 eingegangenen Schriftsatz ihr Rechtsmittel begründet.
Zur Begründung hat sie ausgeführt, das Landgericht Frankfurt am Main sei international nicht zuständig gewesen. Die Klägerin hätte den Vertrag mit der Beklagten in O1 erfüllen müssen, so dass der für die Zuständigkeit maßgebliche Erfüllungsort in L1 liege. Außerdem habe das Landgericht zu Unrecht die Vernehmung der Zeugin Z1 unterlassen, die bestätigen könne, dass der Vertrag bereits am 27. August 1999 fernmündlich gekündigt worden sei. Bei der Formulierung „intention to cancel“ in der Kündigungsbestätigung der Beklagten vom 27. August 1999 handele es sich um eine Redewendung, mit der eine Kündigungserklärung abgegeben werde. Hierüber hätte das Landgericht ebenfalls Beweis erheben müssen. Die Parteien hätten auch keinen wirksamen Vertrag geschlossen, da nach dem unstreitigen Parteivortrag in erster Instanz Herr A den Vertrag unterschrieben hat, der nicht zur Vertretung der Beklagten bevollmächtigt gewesen sei. Außerdem habe die Klägerin niemals eine Annahmeerklärung abgegeben. Die von der Klägerin verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen, auf die sie ihre Klage stütze, seien unwirksam. Im Übrigen habe die Klägerin keinen Schaden nachgewiesen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 18. Dezember 2003, Az.: 2-25 O 357/02, abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Sie ist der Auffassung, dass das Landgericht Frankfurt am Main auch international zuständig gewesen sei. Die Zeugin Z1 hätte nicht vernommen werden müssen, da der Beklagtenvortrag insoweit unschlüssig sei. Ein Sachverständigengutachten sei nicht einzuholen gewesen. Der Vertrag sei wirksam zustande gekommen und die AGB’s der Klägerin seien wirksam. Auch habe sie einen Schaden nachgewiesen.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
II. Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet.
Das Rechtsmittel ist auch in der Sache begründet, da die Klage unzulässig ist. Das Landgericht Frankfurt am Main war zur Entscheidung des Rechtsstreits international nicht zuständig.
Die fehlende internationale Zuständigkeit konnte die Beklagte noch in der Berufungsinstanz rügen. Zwar kann nach § 513 Abs. 2 ZPO die Berufung nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat. Diese Bestimmung gilt jedoch nicht für die internationale Zuständigkeit (BGH, NJW 2003, 426; OLG Celle, ZIP 2002, 2168).
Im vorliegenden Fall richtet sich die internationale Zuständigkeit nach den Vorschriften des EuGVÜ. Zwar ist am 1. März 2002 die VO (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVVO) in Kraft getreten. Sie löst das Brüsseler EWG-Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. September 1968 (EuGVÜ) ab.
Nach Art. 66 EuGVVO sind die Vorschriften dieser Verordnung nur auf solche Klagen und öffentlichen Urkunden anzuwenden, die erhoben bzw. aufgenommen worden sind, nachdem diese Verordnung in Kraft getreten ist. Der Gemeinschaftsgesetzgeber hat keine Regelung getroffen, aus der sich ergibt, wann eine Klage erhoben wurde. Dies ist deshalb grundsätzlich nach nationalem Recht zu bestimmen (BGHZ 132, 105, 107, für die entspr. Regelung in Art. 54 Abs. 1 EuGVÜ). Maßgebend könnte der Zeitpunkt sein, in dem der Mahnbescheid zugestellt wurde, da dies gemäß § 696 Abs. 3 ZPO zur Rechtshängigkeit führt (BGH, NJW 1993, 1070, 1071).
Demgegenüber meint Kropholler (Europäisches Zivilprozessrecht, 7. Aufl., Art. 66 Rn. 2), im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung in den Mitgliedsstaaten solle Art. 30 EuGVVO über seinen Wortlaut hinaus ausgelegt werden. Nach dieser Vorschrift gilt für die Zwecke dieses Abschnitts ein Gericht als angerufen zu dem Zeitpunkt, zu dem das verfahrenseinleitende Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück bei Gericht eingereicht worden ist, vorausgesetzt, dass es der Kläger in der Folge nicht versäumt, die ihm obliegenden Maßnahmen zu treffen, um die Zustellung des Schriftstückes an den Beklagten zu bewirken.
Zwar erscheint eine analoge Anwendung des Art. 30 EuGVVO problematisch, da nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift die Regelungen nur für die Zwecke des Abschnittes 9 des Kapitels II gilt, Art. 66 EuGVVO aber im Kapitel VI steht. Jedoch hat der Abschnitt 9 des Kapitels II die Überschrift „Rechtshängigkeit und im Zusammenhang stehende Verfahren“. Um diese Fragen geht es auch hier. Außerdem bestimmt der Erwägensgrund Nr. 15 zur EuGVVO, dass eine einzelstaatlich unterschiedliche Festlegung des Zeitpunktes unerwünscht sei, und deshalb für die Zwecke dieser Verordnung der Zeitpunkt autonom festgelegt werden sollte. Angesichts dieses Willens des Gesetzgebers ist gerade die erweiternde Auslegung des Art. 66 EuGVVO geboten (so auch Schlosser, EU-Zivilprozessrecht, 2. Aufl., Art. 66 Rn. 11, anderer Ansicht Staudinger in Rauscher, Europäisches Zivilprozessrecht, Art. 66 Brüssel I-VO Rn. 2).
Der Mahnbescheid wurde von der Klägerin am 13. August 2001 eingereicht. Die Zustellung erfolgte am 2. Mai 2002, ohne dass erkennbar ist, dass die Klägerin an dieser erheblichen Verzögerung ein Verschulden trifft.
Da es nach vorstehenden Ausführungen auf den Zeitpunkt der Einreichung des Mahnbescheidsantrages ankommt, richtet sich die Zuständigkeit nach dem EuGVÜ.
Gemäß Art. 2 EuGVÜ sind Personen, die ihren Wohnsitz in einem Vertragsstaat haben, vor dem Gericht dieses Staates zu verklagen. Nach Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ kann eine Person in einem anderen Staat verklagt werden, wenn ein Vertrag, oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden, und zwar vor dem Gericht des Ortes, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre. Hierunter fallen nicht nur Leistungs- und Zahlungspflichten, sondern auch die Pflichten, die an die Stelle einer nicht erfüllten vertraglichen Pflicht treten, also Schadensersatz- und Rückzahlungsansprüche (EuGHE 1988, 1539 Rn. 13). Der Erfüllungsort bestimmt sich nach der lex causae, also nach dem Recht, das nach dem IPR für das Vertragsverhältnis maßgebend ist. Entscheidend ist nicht die das Vertragsverhältnis prägende Leistung, sondern die konkrete streitige Verpflichtung.
Im vorliegenden Fall macht die Klägerin eine Zahlungspflicht aus einem Vertrag über die Installation und Bereitstellung von Datenleitungen geltend. In dem Antrag der Klägerin ist eine Übernahme sämtlicher Kosten für die Bereitstellung bzw. Installation der Leitungen durch die Beklagte vorgesehen, wenn die Leitungen nicht innerhalb von vier Monaten in Betrieb genommen sind. Dieser vertragliche Anspruch auf Ersatz der Kosten für die Bereitstellung bzw. Installation der Leitung ist eine Geldschuld. Nach Art. 28 Abs. 1 S. 1 EGBGB unterliegt der Vertrag dem Recht des Staates, mit dem er die engste Verbindung aufweist. Diese enge Verbindung besteht nur zu Deutschland.
Die Klägerin betreibt das B-Handelssystem in Deutschland. Hier steht auch der Server, über den abgewickelt wird. Auch ist eine Zulassung in Deutschland zum BHandel erforderlich. Außer dem Umstand, dass ein Anschluss zur Beklagten nach L1 geschaltet werden muss, hat der Vertrag keine Beziehung zu L1. Auch die Installationsarbeiten sind in Deutschland zu erbringen. Es ist deshalb deutsches Recht anwendbar. Die Frage, welcher Ort Erfüllungsort ist, richtet sich damit nach deutschem Recht.
Nach §§ 270 Abs. 4, 269 BGB ist Leistungs- und damit Erfüllungsort für die Zahlungspflicht der Wohnsitz des Schuldners, also der Beklagten. Dies gilt nicht nur, wenn man den geltend gemachten vertraglichen Anspruch als Primäranspruch ansieht, sondern auch, wenn man ihn als Sekundäranspruch wegen Verletzung einer Leistungspflicht betrachtet.
Im vorliegenden Fall handelt es sich um einen Dienstvertrag mit Elementen des Werk- und des Geschäftsbesorgungsvertrages. Der Anbieter schuldet die Einrichtung und Bereithaltung des Zugangs zu einem Computernetzwerk. Erfüllungsort für die Bereitstellung ist der Sitz des Lieferanten (MK-Patzina, § 29 Rn. 73). Hier hat er seine Leistung zu erbringen und dem Kunden den Zugriff zu ermöglichen. Erfüllungsort für die Verpflichtung der Klägerin ist also O3.
Hier geht es aber nicht um die Verpflichtung der Klägerin. Es geht vielmehr um die Nichterfüllung der Abnahmeverpflichtung durch die Beklagte. Die Beklagte soll Aufwendungsersatz leisten, weil sie nicht die Leitungen der Klägerin genutzt hat, die Leistung der Klägerin also nicht abgenommen hat. Leistungsort im Sinne von § 269 BGB ist der Ort, an dem die Leistungshandlung zu erbringen ist (MK-Krüger, § 269 Rn. 2). Die Abnahmehandlung, deren Verletzung die Klägerin rügt, hat die Beklagte aber in L1 zu erbringen und nicht in O3, so dass der Gerichtsstand des Erfüllungsortes, auch wenn man eine Sekundärverpflichtung annimmt, nicht O3 ist.
Damit war das Landgericht Frankfurt am Main nicht zuständig.
Das Fehlen der internationalen Zuständigkeit führt zur Abweisung der Klage als unzulässig (Zöller-Geimer, IZPR Rn. 95, MK-Patzina, ZPO, § 12 Rn. 72, mwN).
Der Senat sah keinen Anlass, die Revision zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO).