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Zusammenfassung der Entscheidung Der in Deutschland ansässige Beklagte ist Eigentümer dreier Ferienwohnungen in Italien. Er hat mit den ebenfalls in Deutschland ansässigen Klägern einen schriftlichen Mietvertrag über eine dieser Wohnungen abgeschlossen. Die Kläger klagen nunmehr gegen den Beklagten vor einem deutschen Gericht auf Minderung sowie Schadensersatz wegen Mängeln des Mietobjekts.
Das Oberlandesgericht Frankfurt (DE) führt aus, dass die deutschen Gerichte nicht international zuständig seien, weil die italienischen Gerichte gemäß Art. 16 Nr. 1 EuGVÜ ausschließlich international zuständig seien. Diese Vorschrift besagt, dass für Klagen, die dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen sowie Miete oder Pacht von unbeweglichen Sachen zum Gegenstand haben, ohne Rücksicht auf den Wohnsitz, die Gerichte des Staates, in dem die unbewegliche Sache belegen ist, ausschließlich international zuständig sind. Der zwischen den Parteien zustande gekommene Vertrag betreffe die „Miete von unbeweglichen Sachen" im Sinne dieser Vorschrift, weil er ausdrücklich als Mietvertrag bezeichnet worden sei und keine über die Bereitstellung von Wohnräumen hinausgehenden Pflichten des Beklagten enthalte. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass der Beklagte Eigentümer weiterer Ferienwohnungen in Italien sei und diese regelmäßig zur Vermietung anbiete.
JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission
Aufgrund einer Zeitungsanzeige des Beklagten, eines Telefonats und eines Informationsschreibens des Beklagten (Bl. 9 der Akten) mieteten die Kläger mit schriftlichem Mietvertrag vom 22./23.2. 1982 eine Doppelbungalowhälfte eines dem Beklagten gehörenden Bungalows auf … für 2 Wochen im Juli 1982 (Bl. 7 f der Akten). Der Beklagte ist insgesamt Eigentümer mindestens dreier Ferienwohnungen. Als Gerichtsstand ist Darmstadt vereinbart. Die Anreise erfolgte mit eigenem Fahrzeug und über eine Fähre.
Die Kläger haben behauptet, der Bungalow sei von einer lärmreichen Großbaustelle umgeben gewesen. Seine Entfernung zum Meer habe nicht -wie zugesichert- 300 bis 400 m, sondern 1000 m betragen. Der Garten sei nicht angelegt gewesen und die Wasserversorgung sei ständig ausgefallen. Ein vorhandener Reserve-Wassertank sei nur halb und mit einer ekelerregenden braunen Flüssigkeit gefüllt gewesen. Daher sei der Beklagte zur Rückzahlung des Mietzinses und der Zahlung von Schadensersatz für den nutzlos vertanen Urlaub und die Fahrtkosten verpflichtet.
Die Kläger haben beantragt, den Beklagten zur Zahlung von 6.598,14 DM nebst 4 % Prozesszinsen zu verurteilen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Er hat die erhobenen Beanstandungen bestritten und geltend gemacht, die Kläger hätten einen Ersatzbungalow anmieten können.
Das Landgericht hat nach Vernehmung des Zeugen … der Klage im wesentlichen stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, die Kläger hätten die Berechtigung der Beanstandungen bewiesen. Hiernach könne von einem Erholungsurlaub keine Rede mehr sein, so dass der Beklagte zur Rückzahlung des Mietzinses und zum Schadensersatz verpflichtet sei. Dieser betrage angesichts eines monatlichen Nettoeinkommens der Kläger von über 7.000,‑ DM für den vertanen Urlaub mindestens 3.500,‑ DM zuzüglich Fahrtkosten von 1.262,71 DM.
Hiergegen wendet sich der Beklagte mit der Berufung und rügt die internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts, wiederholt seinen früheren Vortrag und macht geltend, der Urlaub der Kläger könne jedenfalls nicht völlig vertan gewesen sein, denn es sei nicht davon auszugehen, dass sie den gesamten Tag nur in dem Bungalow verbracht hätten.
Er beantragt, unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen das angefochtene Urteil und halten die internationale Zuständigkeit für gegeben, weil zwischen den Parteien ein Werkvertrag zustande gekommen sei. Hilfsweise beantragen sie Aussetzung des Verfahrens und Einholung einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts gemäß Art. 100 Grundgesetz, weil ihnen im Falle der Bejahung der Zuständigkeit eines Gerichts auf … das rechtliche Gehör praktisch genommen werde.
Beide Parteien regen vorsorglich Zulassung der Revision an. Wegen der Einzelheiten des Vortrags der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das zulässige Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg. Es führt zur Abweisung der Klage als unzulässig, weil für die geltend gemachten Ansprüche die Zuständigkeit der deutschen Gerichte fehlt.
Nach Art. 16 des Übereinkommens der europäischen Gemeinschaft über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (BGBl. II 1972, 774 ff) sind, ohne Rücksicht auf den Wohnsitz ausschließlich zuständig für Klagen, die dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen sowie die Miete oder Pacht von unbeweglichen Sachen zum Gegenstand haben, die Gerichte des Vertragsstaates, in dem die unbewegliche Sache belegen ist. Im vorliegenden Fall haben die Parteien entgegen der Ansicht der Kläger einen Mietvertrag und keinen auf Verschaffung einer Urlaubsunterkunft gerichteten Werkvertrag geschlossen (vgl. hierzu Tonner, NJW 1981, 1921; BGH NJW 1980, 1947; BGH NJW 1974, 37). Anders als in den Fällen, in denen ein Reisebüro nach Prospekten Ferienhäuser vermittelt, ist der Beklagte hier selbst Eigentümer der gemieteten Doppelhaushälfte (vgl. EuGH NJW 1978, 1107). Der Vertrag ist ausdrücklich als Mietvertrag bezeichnet und enthält keine über die Bereitstellung von Wohnraum hinausgehenden Pflichten des Beklagten. Die von den Klägern aufgestellten Behauptungen, er sei Eigentümer mindestens zweier weiterer Wohnungen, die er regelmäßig als Ferienwohnungen in der ADAC Zeitschrift anbiete, rechtfertigen es nicht, ihn einem Reiseunternehmen gleichzustellen, das sich gewerbsmäßig mit der Verschaffung von Urlaubsunterkünften beschäftigt. Ob etwas anderes dann zu gelten hätte, wenn der Beklagte etwa Eigentümer einer Vielzahl derartiger Wohnungen etwa eines ganzen Feriendorfes wäre und deren Vermietung, wenn auch im eigenen Namen, gewerbsmäßig betriebe, braucht nicht entschieden zu werden, weil diese Voraussetzungen auch von den Klägern nicht behauptet werden.
Daraus folgt, dass der vorliegende Fall dem Art. 16 EuG-Übk. unterfällt, die italienischen Gerichte mithin zuständig sind. Die abweichende Gerichtsstandsvereinbarung in dem Mietvertrag ist nach Art. 17 EuG-Übk. unwirksam. Die internationale Unzuständigkeit kann auch noch Berufungsrechtszug geltend gemacht werden, denn sie wird nicht von § 512 a ZPO erfasst (Baumbach/ Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 42. Aufl., § 512 & Anm. 2 B). Auch auf die rügelose Einlassung des Beklagten auf die Klage im ersten Rechtszug kommt es nach Art. 18 EuG-Übk nicht an.
Die internationale Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts führt nicht zur Verweisung, sondern zur Klageabweisung als unzulässig (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, aaO, § 12 Übers. 1 C a, Art. 19 EuG-Übk.).
Für die Einholung einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes nach Art. 100 GG sieht der Senat keinen Anlass, weil Bedenken gegen die Verfassunsmäßigkeit des Art. 16 EuG-Übk. nicht bestehen, auch wenn dadurch die Rechtsverfolgung im Einzelfall erschwert sein mag. Die Einbindung der Bundesrepublik in die Europäische Gemeinschaft macht Konzessionen zugunsten anderer Vertragsstaaten notwendig.