unalex.eulex
  • de | ...
  • unalex Bibliothek
  • Kommentarliteratur
  • EuLF
  • Allgemeine Quellen
  • Normtexte
  • Rechtsprechung
  • unalex Compendium
  • unalex Projekte
  • Project Library
  • unalex Plattform
  • PopUpAbkürzungen
unalex. Rechtsprechung Entscheidung DE-301
Bearbeitet von

unalex unalex Redaktion

Suche
Entscheidungssuche
Zuletzt aufgerufen
DE-301
Zitierung
Fundstellen in unalex
unalex Diese Entscheidung zitieren
unalex Redaktion
unalex Entscheidung vorschlagen
unalex Schreiben Sie der Redaktion
unalex.
Sie befinden sich im einsprachigen ModusZum Einblenden der anderssprachigen Textteile

unalex. Rechtsprechung

Entscheidung DE-301  



LG Köln (DE) 05.05.1988 - 83 O 42/87
Art. 5 Nr. 1, EuGVÜ – unalexErfüllungsort bei anderen Verträgen als Kauf- oder Dienstverträgen –unalexMaßgebliche Verpflichtung –unalexGrundregel: Abstellen auf die konkret streitige Verpflichtung –unalexFür die Ermittlung des Erfüllungsorts maßgebliches Recht –unalexForm der Gerichtsstandsvereinbarung –unalexSchriftform –unalexAllgemeine Geschäftsbedingungen –unalexSchriftliches Einverständnis des Vertragspartners

LG Köln (DE) 05.05.1988 - 83 O 42/87, unalex DE-301


Navigationslinks überspringen.
Fundstellen in unalex reduzierenFundstellen in unalex
de - Kommentar zur VO(EG) 44/2001 und zum Übereinkommen von Lugano (2 cit.) erweiternde - Kommentar zur VO(EG) 44/2001 und zum Übereinkommen von Lugano (2 cit.)



Der bloße Abdruck von Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die eine Gerichtsstandsklausel enthalten, auf der Rückseite von Rechnungen reicht für das Zustandekommen einer Gerichtsstandsvereinbarung nach Art. 17 EuGVÜ nicht aus.

Maßgebend für die Bestimmung des Erfüllungsortes i.S.v. Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ ist diejenige vertragliche Verpflichtung, die den Gegenstand der Klage bildet.

Der Erfüllungsort einer vertraglichen Verpflichtung i.S.v. Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ bestimmt sich nach dem Recht, das nach dem Kollisionsrecht des angerufenen Gerichts für diese Verpflichtung maßgeblich ist.


-  Zusammenfassung der Entscheidung 

Die deutsche Klägerin und die englische Beklagte standen in laufenden Geschäftbeziehungen miteinander. Die Klägerin stellte nach Lieferung bestimmter Ware mehrere Rechnungen aus. Auf diesen Rechnungen wurde in deutscher Sprache der Hinweis "wir liefern zu den umseitigen Bedingungen" abgedruckt. Diese Bedingungen enthielten eine Klausel zur Anwendung deutschen Rechts sowie eine Klausel, welche die ausschließliche internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte begründete. Die Klägerin klagte gegen die Beklagte vor einem deutschen Gericht auf Zahlung des Kaufpreises.

Das Landgericht Köln (DE) findet, dass die deutschen Gerichte international zuständig seien. Zwar liege eine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung nicht vor, da es an der nach Art. 17 Abs. 1 EuGVÜ erforderlichen Willenseinigung der Parteien bezüglich des Abschlusses einer Gerichtsstandsvereinbarung fehle. Der bloße Abdruck der die Gerichtsstandsklausel enthaltenden Bedingungen der Klägerin auf der Rückseite ihrer Rechnungen reiche nämlich dazu nicht aus. Außerdem könne auch ein entsprechender internationaler Handelsbrauch i.S.v. Art. 17 Abs. 1 S. 2 Fall 3 EuGVÜ nicht festgestellt werden. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ergebe sich jedoch aus Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ. Maßgebend für die Bestimmung des Erfüllungsortes i.S. dieser Vorschrift sei diejenige vertragliche Verpflichtung, die den Gegenstand der Klage bilde. Dies sei hier der Kaufpreisanspruch der Klägerin. Der Erfüllungsort dieser Verpflichtung bestimme sich nach dem Recht, das nach dem Internationalen Privatrecht des angerufenen Gerichts für sie maßgeblich sei. Das Gericht findet - allerdings nicht ohne erhebliche Bedenken -, dass nach dem hier anzuwendendem Gesetz über den internationalen Kauf beweglicher Sachen (EKG) deutsches Recht für die streitige Verpflichtung maßgeblich sei. Nach deutschem Recht liege der Erfüllungsort der Zahlungsverpflichtungen der Beklagten in Deutschland.

 JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission

-  Entscheidungstext 

Die Parteien streiten um Kaufpreisansprüche. Die deutsche Klägerin hatte der englischen Beklagten aufgrund fernmündlicher Bestellungen zwischen Mai und Juli 1986 verschiedene Posten Teppichware zur Weiterverarbeitung geliefert. Sie klagt auf Kaufpreiszahlung. Die Beklagte rügt neben diversen Mängeln der Ware die internationale und örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Köln.

Die Parteien standen seit einiger Zeit in Geschäftsbeziehung miteinander. Die Beklagte erteilte der Klägerin ihre Aufträge anfangs regelmäßig unter Benutzung ihrer Auftragsformulare. Auf deren Rückseite waren ihre Einkaufsbedingungen gut lesbar in Englisch abgedruckt. Diese enthielten keine ausdrücklichen Hinweise auf Gerichtsstand oder anwendbares Recht. Verkehrs- und Geschäftssprache zwischen den Parteien war ausschließlich Englisch. Die Geschäftsführer der Beklagten waren der deutschen Sprache nicht mächtig. Mit Schreiben vom 27.9.1985 unterbreitete die Klägerin der Beklagten ein Angebot zur Lieferung oben genannter Teppichware. Das Schreiben war – wie sämtliche Korrespondenz zwischen den Parteien – in Englisch abgefaßt. Es enthielt weder auf der Vorder- noch auf der Rückseite die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin und auch keinen Hinweis darauf. Nach Lieferung stellte die Klägerin mehrere Rechnungen aus, zuletzt am 8.7.1986. Die von ihr verwendeten Formulare waren jeweils in Englisch ausgefüllt, der gedruckte Teil wie auch der Hinweis „Wir liefern zu den umseitigen Bedingungen“ dagegen in Deutsch. Gemäß Ziffer 6 dieser Lieferbedingungen sollte deutsches Recht anwendbar, Erfüllungsort und alleiniger Gerichtsstand Wermelskirchen bzw. Wuppertal sein.

Die Klägerin behauptet, auf ihren Rechnungen seien ihre AGB in Englisch aufgedruckt gewesen. Sie ist der Ansicht, diese seien Inhalt der ständigen Geschäftsbeziehungen zwischen den Parteien und auch Gegenstand der vorliegenden Verträge gewesen. Deutsches Recht sei anwendbar. Das Landgericht Köln sei örtlich und international zur Streitentscheidung zuständig, dies ergebe sich hilfsweise auch aus Art. 5 I EuGVÜ iVm Art. 59 I EKG.

Sie beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 108.940,04 DM nebst 5 % Zinsen aus 67.553,54 DM seit dem 1.8.1986 und aus weiteren 41.386,50 DM seit dem 8.8.1986 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie behauptet, auf der Rückseite der Rechnungsformulare der Klägerin seien deren Lieferungsbedingungen nur in Deutsch und in ausgesprochen schwachem und kleinem Druck wiedergegeben. Sie ist der Ansicht, ihre eigenen Einkaufsbedingungen seien vereinbart worden. Daher unterliege das Rechtsverhältnis englischem Recht, englische Gerichte seien zur Streitentscheidung berufen, das Landgericht Köln sei international und örtlich unzuständig. Das EKG sei wegen des von Großbritannien zu Art. V des Haager Übereinkommens zur Einführung eines Einheitlichen Gesetzes über den internationalen Kauf beweglicher Sachen vom 1.7.1964 erklärten Vorbehalts nicht anwendbar.

Über die Zulässigkeit der Klage ist abgesondert verhandelt worden.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig. Das Landgericht Köln ist zur Entscheidung des Rechtsstreits international und örtlich zuständig.

Die internationale Zuständigkeit des Landgerichts Köln ergibt sich aus Art. 5 Nr. 1, 3 Abs. 1 des Übereinkommens der Europäischen Gemeinschaft über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVÜ) in der seit dem 1.11.1986 geltenden Fassung. Seit dem 1.1.1987 gilt das EuGVÜ auch im Verhältnis zu England (Bek. v.4.11.1986, BGBl. II 1020), vgl. Albers, in Baumbach/Lauterbach/ Albers/Hartmann, ZPO, 46. Aufl. 1988, Schlußanhang V C 1, Anm. 1.

Das EuGVÜ ist vorliegend auch anwendbar, denn gemäß Art. 34 Abs. 1 des Beitrittsübereinkommens findet es Anwendung auf solche Klagen, die nach seinem Inkrafttreten erhoben worden sind. Dies ist hier der Fall.

Eine gemäß Art. 17 EuGVÜ die Anwendbarkeit des Art. 5 I ausschließende Gerichtsstandsvereinbarung liegt nicht vor. Es fehlt an der hierzu erforderlichen Willenseinigung der Parteien. Dabei kann dahinstehen, ob die Einkaufsbedingungen der Beklagten Vertragsinhalt geworden sind. Sie enthalten jedenfalls keine Gerichtsstandsklausel. Aus der Tatsache, daß sie nach dem Vertrag der Beklagten von englischen Juristen in Anwendung englischen Rechts verfaßt worden sein soll und möglicherweise die Anwendung englischen Rechts intendieren, läßt sich nicht mit hinreichender Sicherheit auf einen Prorogationswillen der Beklagten schließen. Wenn eine ausdrückliche Zuständigkeitsvereinbarung auch u.U. eine stillschweigende Rechtswahl im Sinne der lex fori indiziert, so gilt dies im umgekehrten Fall nicht, zumal es vorliegend sogar an einer ausdrücklichen Bestimmung des anwendbaren Rechts mangelt. Auch die in Ziffer 6 der Verkaufsbedingungen der Klägerin enthaltene Gerichtsstandklausel ist nicht Vertragsinhalt geworden. Der bloße Abdruck der Bedingungen auf der Rückseite ihrer Rechnungen reicht dazu – selbst wenn man ihre Abfassung in englischer Spreche unterstellt – nicht aus. Die Wirksamkeit einer in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen internationalen Gerichtsstandsvereinbarung richtet sich – unabhängig von für die Einbeziehung der AGB maßgeblichen materiellen Rechts – nach Art. 17 EuGVÜ. Das Schriftformerfordernis des Art. 17 I 2 ist vorliegend jedoch nicht eingehalten, da hierzu der bloße Abdruck der AGB auf der Rückseite von Rechnungen nicht ausreicht, Kropholler, Europäisches Zivilprozeßrecht, 2. Aufl. 1987, Art. 17 Rn. 28.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von der Neufassung des Art. 17 1 2 (3. Alt.) geforderten Berücksichtigung internationaler Handelsbräuche.

Einen internationalen Handelsbrauch, der die Einbeziehung von Gerichtsstandsklauseln in AGB nach mündlichem Vertragsschluß, unwidersprochener Auftragsbestätigung des Vertragspartners und nach Auslieferung der Ware durch rückseitigen Aufdruck auf den Rechnungsformularen bei kleingedrucktem, nicht in der Vertragssprache erfolgten Hinweis auf die AGB auf der Vorderseite der Rechnungen zuließe, kann das Gericht nicht feststellen. Entsprechendes wird von den Parteien auch nicht vorgetragen. Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn der zwischen den Parteien geschlossene mündliche Vertrag sich in laufende Geschäftsbeziehungen einfügte, die zwischen ihnen auf der Grundlage der eine Gerichtsstandsklausel enthaltenden AGB der Klägerin bestanden, vgl. BGH RIW 1980, 725, 726; EuGH, RS 25/76, NJW 1977/495.

Hierzu trägt die Klägerin jedoch nicht näher vor.

Nach Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ können Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates haben, abweichend von dem Grundsatz des Art. 2 Abs. 1 EuGVÜ, daß jeder vor dem für seinen Wohnsitz zuständigen Gericht zu verklagen ist, in einem anderen Vertragsstaat verklagt werden, wenn in einer Zivil- und Handelssache (Art. 1 Abs. 1) Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden und der Erfüllungsort in diesem Staat liegt.

Maßgebend für die Bestimmung des Erfüllungsortes ist dabei diejenige Verpflichtung, die den Gegenstand der Klage bildet, EuGH v. 6.10.1976 – RS 14/76 NJW 1977, 490; EuGH v. 15.1.1987 – RS 286/85 NJW 1987, 1131; BGH NJW 1979, 1782, 1783; NJW 1981, 1158; OLG Hamm, IPRax 1986, 104; OLG Köln, RIW 1984, 314, 315; Kropholler, Europ. Zivilprozeßrecht 2. Aufl. 1987, Art. 5 Rn. 7 m. ausf. w. N. Fn. 22, mithin der Kaufpreisanspruch der Klägerin. Anderes ergibt sich auch nicht aus dem Urteil des EuGH v. 26.5.1982 RS 133/81, IPRax 1983, 173 ff; ihm folgende BAG 12.6.1986, AP 1987 (H. 27 – 30), Bl. 1193 ff. m. Anm. Schröder. Die dort gefundene Auslegung, „als Erfüllungsort stets nur den Ort zu betrachten, an dem die das ganze Vertragsverhältnis prägende, charakteristische Leistung zu erbringen“ ist, Kropholler, aaO, Art. 5 Rn. 8, beruht letztlich auf der aus rechtspolitischen Erwägungen (soziale Schutzbedürftigkeit) erfolgten Berücksichtigung der kompetenzrechtlichen Interessen des Arbeitnehmerschutzes sowie der Rechts- und Beweisnähe bei Rechtsstreitigkeiten aus Arbeitsverhältnissen, so Schröder, aaO, Bl. 1198 f.

Sie ist hier nicht einschlägig.

Der Erfüllungsort bestimmt sich nach der lex causae, d.h. nach dem Recht, das nach den Kollisionsnormen des mit dem Rechtsstreit befaßten Gerichts für die streitige Verpflichtung maßgeblich ist, EuGH v. 6.10.1976 – RS 12/76, RIW 1977, 40 ff. m. Anm. Linke = NJW 1977, 491 m. Anm. Geimer; BGH NJW 1979, 1782, 1783; BGH NJW 1985, 560; NJW 1981, 1158; OLG Köln, RIW 1984, 314; OLG Hamm, IPRax 1986, 104; Kropholler, aaO, Art. 5 Rn. 12, 15 m. ausf. N. in FN 39-42; Albers, aaO, Anm. zu Art. 5.

Der einen vertragsautonome Auslegung des Begriffs „Erfüllungsort“ in Art. 5 I EuGVÜ befürwortenden Entscheidung des OLG Oldenburg, WM 1976, 1288 f. m. Anm. Geimer wonach bei Zahlungsansprüchen als Erfüllungsort iSd Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ in jedem Falle der Wohnsitz des Schuldners, hier also England, anzusehen ist, so auch Schack, Der Erfüllungsort im deutschen, ausländischen und internationalen Privat- und Zivilprozeßrecht, 1985, Rn. 352, vermag sich das Gericht nicht anzuschließen. Zwar erscheint eine vom nationalen Recht losgelöste, autonome Begriffsbestimmung im Hinblick auf den internationalen Zuständigkeitseinklang sinnvoll. Auch entspräche dies der Tendenz des EuGH zur integrationsfreundlichen, autonomen Auslegung des EuGVÜ, vgl. Basedow, in: Handbuch des Internationalen Zivilverfahrensrechts, Bd. 1, Tübingen 1982, S. 124, die sich in erster Linie an Systematik und Zielsetzung des Übereinkommens selbst auszurichten hat, EuGH v. 14.10.1976 – EA 29/76, RIW 1977, 40.

Die autonome Begriffsbestimmung nach EuGVÜ kann aber – wie das OLG Köln, aaO, S. 315 zutreffend ausführt – zu einem eigenständigen, kompetenzrechtlichen Erfüllungsortsbegriff und damit zu einem Auseinanderfallen von materiellrechtlichem und zuständigkeitsrechtlichem Erfüllungsort führen. Ob dies wegen einer „ausgeprägt dem materiellen Recht dienenden Funktion dieser besonderen Zuständigkeit“, Kropholler, aaO, mwN tunlichst zu vermeiden oder wegen besonderer prozessualer Zuständigkeitsinteressen und dem Ziel einer Zuständigkeitsvereinheitlichung gerade zu fordern ist, Schack, aaO, Rn. 204, 336, kann hier dahinstehen. Eine derart weitgehende, von der bisherigen Rechtsprechung abweichende Grundsatzentscheidung kann jedenfalls sinnvollerweise nur für alle Vertragsstaaten einheitlich vom EuGH getroffen werden. Zu diesem Zweck sieht das Protokoll v. 3.6.1971 betreffend die Auslegung des EuGVÜ (BGBl. 72 II 846) abgedruckt bei Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 46. Aufl. 1988, Schlußanhang V C 3 (S. 2472) die Möglichkeit vor, dem EuGH die entsprechende Auslegungsfrage durch Beschluß zur Vorabentscheidung vorzulegen (Art. 2, 3 des Protokolls). An einer solchen Vorlage ist das erkennende erstinstanzliche Gericht jedoch durch Art. 2 Nr. 2 des Protokolls gehindert. Damit ist die Auslegung des Übereinkommens Sache des erkennenden Gerichts. Angesichts der mittlerweile gefestigten nationalen Rechtsprechung, BGH RIW 1979, 710; NJW 1981, 1905; NJW 1981, 1158; IPRax 1983, 67; BAG AP 1987 H. 27 – 30 Bl. 1193 m. Anm. Schröder; OLG Stuttgart, NJW 1982, 529; OLG Köln, RIW 1984, 314; IPRax 1985, 161 m. Anm. Schröder S. 145; OLG Düsseldorf, IPRax 1987, 234; OLG Hamm, IPRax 1986, 104 sowie der Entscheidung des EuGH in der RS 12/73 (NJW 1977, 491) erscheint es aus Rechtssicherheitsgründen jedoch untunlich, von der Qualifikation des Erfüllungsortes der Kaufpreisverpflichtung lege causae abzuweichen.

Maßgebend ist hier deutsches Recht.

Die Parteien haben jedenfalls keine wirksame Rechtswahl zugunsten englischen Rechts getroffen. Da die Einkaufsbedingungen der Beklagten – unterstellt, sie seien Vertragsbestandteil geworden – keine ausdrückliche Rechtswahlklausel enthalten, käme allenfalls eine stillschweigende Rechtswahl in Betracht. Als Indizien sprächen dafür nach Ansicht der Beklagten die Abfassung der AGB aufgrund englischen Rechts und (kumulativ) die englische Vertragssprache und Geschäftssprache zwischen den Parteien. Dies reicht allein jedoch nicht aus, um mit hinreichender Sicherheit auf eine stillschweigende Vereinbarung englischen Rechts zu schließen. Auf einen gegenteiligen Willen der Klägerin deutet vielmehr schon die Tatsache hin, daß die Sachleistung in Deutschland, am Sitz der Klägerin, zu erbringen war und wenig dafür spricht, daß sämtliche im Zusammenhang damit stehende Fragen wie z.B. der Gewährleistung etc., dem englischen Recht des Käufers unterstellt werden sollten. Letztlich zeigt auch schon die in den AGB der Klägerin vorgesehene Wahl deutschen Rechts, selbst wenn sie nicht Vertragsbestandteil geworden sein sollten, deren gegenteiligen Willen. Von einer stillschweigenden Vereinbarung englischen Rechts kann daher selbst bei Einbeziehung der AGB der Beklagten in den Vertrag nicht ausgegangen werden.

Das aufgrund der Übergangsvorschrift des Art. 220 1 EGBGB anzuwendende „alte“, d.h. vor Inkrafttreten des IPR – Gesetzes am 1.9.1986 geltende Kollisionsrecht stellt für den hier vorliegenden Fall, daß keine ausdrückliche oder stillschweigende Rechtswahl der Parteien vorliegt, darauf ab, zu welcher Rechtsordnung im Rahmen einer objektiven Gesamtwürdigung sämtlicher Umstände die engsten Beziehungen bestehen, wo der Schwerpunkt des Vertragsverhältnisses liegt, BGH NJW 1959, 377; MDR 1970, 136; NJW 1973, 2151; NJW 1977, 1586; NJW 1981, 1899; Kegel, Internationales Privatrecht, 5. Aufl. 1985, § 18 I 1 c), m. Ausf. N. vor allem bei Soergel-Kegel, 11. Aufl. 1983, vor Art. 7 EGBGB, Rn. 347 ff.

Dabei kommt der vertragscharakteristischen Leistung besondere Bedeutung zu, BGH NJW 1973, 2151; vgl. jetzt auch Art. 28 II EGBGB nF.

Erbringen beide Parteien, wie hier, berufstypische Leistungen im Rahmen ihres jeweiligen Gewerbebetriebes, ist sie allein ausschlaggebend LG Frankfurt, WM 1985, 224; Kegel, Lehrbuch, aaO, S. 384.

Es gilt also das Recht des Geschäftssitzes desjenigen, der die Sachleistung erbringt, des deutschen Verkäufers also, nicht desjenigen, der lediglich zur Zahlung verpflichtet ist.

Das ist hier innerstaatliches deutsches Recht in Form des Einheitlichen Gesetzes über den internationalen Kauf beweglicher Sachen vom 17.7.1973 (EKG, in kraft für die Bundesrepublik Deutschland im Verhältnis zum Vereinigten Königreich seit dem 18.4.1974, vgl. Bek. v. 30.1.1974, BGB1. II 146), denn die Parteien haben ihre Niederlassung in verschiedenen Vertragsstaaten und die verkaufte Teppichware sollte aus der Bundesrepublik Deutschland nach England transportiert werden (vgl. Art. 1 Abs. 1 a EKG). Das EKG ist hier kraft Gesetzes unmittelbar anzuwenden, es geht für internationale Warenkäufe den Regeln des BGB, §§ 269, 270, vor. Die Regeln des deutschen IPR sind insofern ausgeschlossen (Art. 2 EKG). Seine Anwendung ist von den Parteien nicht ausdrücklich abbedungen worden (vgl. Art. 3 EKG); Anhaltspunkte für einen stillschweigenden Ausschluß liegen nicht vor, zumal ein entsprechender Wille der Parteien hinreichend deutlich zum Ausdruck kommen muß; auf den hypothetischen Parteiwillen darf insofern nicht abgestellt werden, BGH NJW 1986, 1429, 1431.

Ob die Vertragsparteien sich der Maßgeblichkeit des Gesetzes für das von ihnen abgeschlossene Rechtsgeschäft bewußt gewesen sind, ist unerheblich. War dies nicht der Fall, so reicht das für eine negative Rechtswahl nicht aus, BGHZ 74, 193, 197; BGH NJW 1986, 1429, 1430.

Die Ansicht der Beklagten, das EKG sei wegen des von England erklärten Vorbehalts nicht anwendbar, trifft nicht zu. Entscheidend ist bei Anwendung deutschen Rechts alleine, ob England „Vertragsstaat“ iSd Art. 1 EKG ist. Dies ist der Fall. Vertragsstaaten sind gemäß Art. 102 EKG diejenigen Staaten, die das Haager Übereinkommen vom 1.7.1964 (BGB1. 1973 II, 886) ratifiziert haben. Dies hat Großbritannien am 31.8.1967 getan. Allerdings hat das Vereinigte Königreich vom Vorbehalt des Art. V des Haager Übereinkommens von 1964 Gebrauch gemacht, wonach das EKG nur auf solche Kaufverträge Anwendung findet, deren Parteien das EKG aufgrund seines Art. 4 als das für den Vertrag maßgebende Recht gewählt haben. In dieser Form hat Großbritannien das EKG in innerstaatliches Recht übernommen. Der Vorbehalt ist jedoch nicht Inhalt des EKG, wie es die Gerichte der Bundesrepublik Deutschland als geltendes innerstaatliches Recht anzuwenden haben. Auch eine Einschränkung dahin, daß mit einer Ratifizierung unter dem Vorbehalt des Art. V der betreffende Staat aus dem Kreis der „Vertragsstaaten“ iSd Art. 102 EGK ausgenommen wurde, ergibt sich weder aus dem EKG noch aus dem Haager Übereinkommen. Wenn demnach das EKG bei Geltung englischen Rechts in anderer Form Anwendung finden würde, so ist dies Folge der nur unzulänglichen Rechtsvereinheitlichung zwischen beiden Staaten, die wegen der Bindung der Gerichte an das jeweils anzuwendende Recht in der jeweiligen Form hingenommen werden muß.

Die Parteien haben keine gegenüber der Anwendung des Art. 59 1 EKG vorrangige Erfüllungsortsvereinbarung getroffen. Die eine derartige Vereinbarung enthaltenden AGB der Klägerin sind nicht Vertragsbestandteil geworden. Verlangt man mit einem Teil der Literatur und der Rechtsprechung, vgl. OLG München, RIW 1978, 119, zur Vermeidung der Umgehung des Art. 17 I EuGVÜ durch Art. 5 I iVm einer formlosen Erfüllungsortsvereinbarung die Erstreckung des Anwendungsbereichs von Art. 17 auch auf derartige Klauseln, differenzierend Kropholler, Handbuch, S. 456 f. Rn. 675, 676, dann ergibt sich dies bereits aus den hier entsprechend geltenden Ausführungen zur Wirksamkeit der Gerichtsstandsvereinbarung. Hält man indessen mit dem EuGH, EuGH vom 17.1.980 – RS 56/79, RIW 1980, 726 dies für nicht erforderlich, dann folgt die Nichteinbeziehung der klägerischen Verkaufsbedingungen aus dem dann jedenfalls anzuwendenden deutschen Recht. Der rückseitige Aufdruck der AGB auf Rechnungsformularen nach Vertragsschluß reicht für deren Einbeziehung nicht aus. Zudem mangelt es an einem deutlichen, auf der Vorderseite der verwendeten Formulare angebrachten Hinweis auf die AGB in der der Beklagten allein verständlichen Vertragssprache Englisch, OLG Hamburg, NJW 1980, 1232, OLG Hamm, NJW 1983, 524; Kronke, NJW 1977, 992; Palandt-Heinrichs, § 2 AGBG Anm. 6g). Auch steht nicht fest, daß die AGB tatsächlich in englischer Sprache verfaßt waren. Dies aber wäre nach deutschem Recht für eine Einbeziehung erforderlich gewesen, OLG Hamburg, aaO

Letztlich kann sich die Klägerin auch nicht darauf berufen, die Beklagte habe nach Übersendung der AGB geschwiegen. Die rechtliche Bedeutung des Schweigens auf eine rechtsgeschäftliche Erklärung beurteilt sich nämlich jedenfalls nach dem Heimatrecht der Beklagten, also englischem Recht. Dieses mißt dem Schweigen jedoch auch im kaufmännischen Rechtsverkehr grundsätzlich keinerlei Bedeutung bei, Theine-Mitscherlich, RIW 1974, 179 f; Nörenberg, NJW 1978, 1085, OLG Hamburg, aaO S. 1232 mwN.

Aus dem mithin maßgeblichen Art. 59 1 HS. 1 EKG ergibt sich, daß die den Streitgegenstand bildende Verpflichtung zur Kaufpreiszahlung – als Bringschuld – am Sitz der Klägerin als Verkäuferin zu erfüllen war. Anders als nach der im BGB (vgl. § 270 IV) getroffenen Regelung ist nach Art. 59 1 EKG der Zahlungsort für die Kaufpreisverpflichtung zugleich Erfüllungsort, Dölle-von Caemmerer, Art. 59 EKG Rn. 7; Mertens-Rehbinder, Art. 59 EKG Rn. 2; Denkschrift zu den Haager Kaufrechtsübereinkommen vom 1.7.1964, BT-Drucksache 7/115, abgedr. bei Stötter, Internat. Einheitskaufrecht, 1975, zu Art. 59 EKG.

Das Gericht verkennt nicht, daß die Anwendung von Art. 59 1 EKG im Rahmen von Art. 5 I EuGVÜ nicht unbedenklich ist. Durch die Kombination beider Normen im grenzüberschreitenden Warenverkehr der Vertragsstaaten wird im Kaufrecht ein reiner Verkäufer-/Klägergerichtsstand geschaffen. Dies entspricht weder den Intentionen des EuGVÜ, das in Art. 2 als Grundsatz vorsieht, daß für die Zuständigkeit an den Wohnsitz anzuknüpfen ist, so auch Stoll, IPRax 1933, 52, 54,noch entspricht es der Zielsetzung des EKG (vgl. Art. 8 EKG). Aus der dort erfolgten Begrenzung des Regelungsbereichs des EKG folgt, daß es keinesfalls in Gerichtsstandsfragen eingreifen und keinen Verkäufergerichtsstand schaffen will, von Caemmerer, Zahlungsort, in: Festschrift Mann, S. 3 ff, 19; Dölle-von Caemmerer, Art. 59 EKG Rn. 20; Schack, Erfüllungsort, Rn. 204; ders., IPRax 1986, 82, 84; dagegen aber Mezger, Anm. zu OLG München, RIW 1978, 334, 335 f.

Ein reiner Klägergerichtsstand sollte aber auch in Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ gerade verhindert werden, Schack, Erfüllungsort, An 204, 333 unter Hinweis auf den Jenard-Bericht EG-AB1. 1979 C 59, S. 23 (abgedruckt bei Zöller, ZPO, 12. Aufl. 1979, S. 2133 ff.); ders., IPRax 1986, 82, 84; vgl. auch Kropholler, Handbuch des internat. Zivilverfahrensrechts, Bd. I, Tübingen 1982, Rn. 661 (S. 451) mwN; Stoll IPRax 1983, 52, 54; es sollte vermieden werden, „auf einem Umwege zu dem Gerichtsstand des Klägers zu gelangen“, Jenard-Bericht, aaO, zitiert bei Stoll, aaO

Die Verbindung von Art. 5 1 EuGVÜ und Art. 59 1 EKG führt hier zur Begründung eines deutschen (Kläger-)Gerichtsstandes und damit zu einer Lösung, die dem Sinn und Zweck beider Abkommen nicht entspricht; sie steht zudem in Widerspruch zur deutschrechtlichen Wertung der §§ 269, 270 BGB, wonach vorwiegend englische Gerichte zur Streitentscheidung berufen waren. Auch die vertragsautonome Auslegung des Art. 5 I EuGVÜ (s.o.) käme zu diesem Ergebnis (englischer Gerichtsstand). Grundsätzlich steht die Gewährung der internationalen Zuständigkeit am Wohnsitz des Klägers als allgemeines Prinzip auch in Widerspruch zur prozessualen Fairneß gegenüber dem Beklagten, von Hoffmann, IPRax 1982, 217, 219. Wegen ihrer grundsätzlichen Bedeutung wäre auch diese hier entscheidungserhebliche Frage dem EuGH, der nahezu noch nicht Stellung nehmen konnte, zur Vorabentscheidung vorzulegen. Hieran ist das Gericht jedoch – wie ausgeführt -gehindert. Auch hier sieht es sich letztlich aus Rechtssicherheitsgründen jedoch außer Stande, von der bisherigen nationalen Rechtsprechung abzuweichen. Diese wendet – formal korrekt – Art. 59 I EKG im Rahmen des Art. 5 I EuGVÜ zuständigkeitsbegründend an, BGH NJW 1979, 1782; OLG Bamberg, NJW 1977, 505; OLG Stuttgart, RIW 1978, 545; OLG Hamm, RIW 1980, 662; OLG Hamm, IPRax 1986, 104 m. Anm. Schack S. 82; OLG Koblenz, IPRax 1986, 105 m. Anm. Geimer S. 85; für Kaufpreisrückgewähranspruch auch BGH NJW 1981, 1158; OLG Düsseldorf, IPRax 1987, 234 m. Anm. Schack S. 215.

Dies kann vorliegend auch deshalb hingenommen werden, weil die Beklagte im Ergebnis nicht in unbilliger Weise benachteiligt wird. Die Beklagte beruft sich nämlich auf die Anwendbarkeit englischen Rechts. Schon nach ihrem Heimatrecht konnte sie aber nicht darauf vertrauen, vor englischen Gerichten verklagt zu werden. Das bei Nichtanwendung des EKG zu berücksichtigende Common Law sieht nämlich als Erfüllungsort bei Geldschulden grundsätzlich den Wohnsitz des Gläubigers, hier also des deutschen Klägers, an, Fessard v. Mugnier, (1865) 18 C.B. (N.S.) 286, 303, 305, 306 (abgedruckt in E.R., vol. 144, p. 453 ss.); nicht overruled, vgl. Chitty, On Contracts, 25. Aufl. London 1983,.Bd. I, Nr. 1419, mwN; Schack, Erfüllungsort, Länderteil England, Rn. 288.

Auch hieraus ergäbe sich iVm Art. 5 I EuGVÜ demnach die internationale Zuständigkeit des Landgerichts Köln. Der Grundsatz der prozessualen Fairneß ist also im Ergebnis vorliegend nicht verletzt.





PopUpNutzungshinweise
Impressum
AGB
Datenschutz
unalex kontaktieren
Preisliste

 

 

 

unalex. Das Portal zum internationalen Rechtunalex.


unalex.