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unalex. Rechtsprechung Entscheidung DE-296
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unalex. Rechtsprechung

Entscheidung DE-296  



OLG München (DE) 08.03.1989 - 15 U 5989/88
Art. EuGVÜ – unalexReichweite der Gerichtsstandsvereinbarung –unalexSachliche Reichweite –unalexErstreckung auf außervertragliche Ansprüche

OLG München (DE) 08.03.1989 - 15 U 5989/88, unalex DE-296


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de - Kommentar zur VO(EG) 44/2001 und zum Übereinkommen von Lugano (8 cit.) erweiternde - Kommentar zur VO(EG) 44/2001 und zum Übereinkommen von Lugano (8 cit.)



Ansprüche aus unerlaubter Handlung sind, sofern die Parteien keine abweichende Vereinbarung getroffen haben, von der Prorogation des Art. 17 EuGVÜ mitumfasst, soweit sie sich mit einer Vertragsverletzung decken, d.h. zwischen der unerlaubten Handlung und der Pflichtwidrigkeit aus dem Vertrag ein enger innerer Zusammenhang besteht.


-  Zusammenfassung der Entscheidung 

Der deutsche Kläger übergab der Beklagten, einer luxemburgischen Bank, Aktien zur Verwahrung. Diese übergab die Aktien ihrer in München (DE) ansässigen Muttergesellschaft. Die Parteien hatten bereits eine Verpfändungsvereinbarung getroffen, die eine Klausel für einen luxemburgischen Gerichtsstand enthielt. Einige Tage nach der Übergabe der Aktien unterzeichnete der Kläger einen auf einem Exemplar der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Beklagten angebrachten Vermerk „gelesen und genehmigt“. Die AGB enthielten eine Klausel, die einen Gerichtsstand in Luxemburg prorogierte. Der Kläger klagt nunmehr gegen die Beklagte vor einem deutschen Gericht auf Schadensersatz, weil die Beklagte nach seiner Meinung (mittelbar durch ihre Muttergesellschaft) gegen seinen Willen Aktien aus seinem Depot entnommen und an Dritte übergeben habe.

Das OLG München (DE) findet, dass es an der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte mangele. Gemäß Art. 17 EuGVÜ sei ein Gericht in Luxemburg sowohl durch die in der Verpfändungsvereinbarung enthaltene Klausel als auch durch die Gerichtsstandsklausel in den AGB der Beklagten wirksam prorogiert worden. Denn in beiden Fällen liege eine echte Vereinbarung i.S. dieser Vorschrift vor, der Bestimmtheitsgrundsatz sei gewahrt und die Form beachtet worden. Ferner beziehe sich die Gerichtsstandsvereinbarung – entgegen der Auffassung des Klägers – nicht nur auf vertragliche Ansprüche, sondern auch auf solche aus unerlaubter Handlung. Derartige Ansprüche seien von der Prorogation nach Art. 17 mit umfasst, sofern sie sich mit Ansprüchen wegen Vertragsverletzung decken. Das sei hier der Fall, da sich der Schadensersatzanspruch des Klägers sowohl auf eine vertragliche als auch auf eine deliktische Anspruchsgrundlage stützen könne. Schließlich begründe auch Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ nicht die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte, weil die geltend gemachte Schadenshaftung der Beklagten an einen Vertrag anknüpfe.

 JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission

-  Entscheidungstext 

Der Kläger verlangt von der Beklagten Schadensersatz wegen Eigentumsverletzung und Unterschlagung bzw. Veruntreuung von Aktien.

Der Kläger steht mit der Beklagten, einer in Luxemburg ansässigen Tochter der X.-Bank, seit Jahren in Geschäftsverbindung. Als Sicherheit für alle ihre Forderungen aus der Geschäftsverbindung dienten der Beklagten gemäß Verpfändungsvereinbarung vom 10./13.8.1984 alle vom Kläger bei ihr hinterlegten Wertpapiere. Der Vertrag vom 10/13.8.1984 enthält in Ziffer 3 die Bestimmung: »Gerichtsstand ist Luxemburg ... Ergänzend gelten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der (Beklagten).»

Im Dezember 1984 übergab der Kläger der Beklagten 9567 Aktien der X.-Bank zur Verwahrung in seinem Wertpapierdepot. Die Aktien reichte er bei der X.-Bank zur Weiterleitung an die Beklagte ein. Einige Tage später, am 13.12.1984, unterzeichnete der Kläger den auf einem Exemplar der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten angebrachten Vermerk »gelesen und genehmigt». In Teil 1 der Ziffer 26 heißt es:

»Die Geschäftsräume der Bank sind für beide Teile Erfüllungsort ... Bei allen Rechtstreitigkeiten aus der Geschäftsverbindung zwischen dem Kunden und der Bank kann die Bank nur am Gerichtsstand des Erfüllungsortes verklagt werden.»

Die Beklagte ließ die Aktien bei ihrer Muttergesellschaft, der X.-Bank, aufbewahren. Diese ihrerseits übergab die Aktien der Wertpapiersammelstelle bei Y. zur Verwahrung. Am 17.7.1985 schlossen die Parteien telefonisch Optionsgeschäfte über Aktien der X.-Bank ab.

Der Kläger verlangt von der Beklagten Schadensersatz, weil sie nach seiner Meinung entgegen seinem eindeutig erklärten Willen mittelbar durch die X.-Bank Aktien aus seinem Depot entnommen und an Dritte übergeben haben, die die Aktien dann gutgläubig erworben hätten. Als Schadensersatz begehrt er Übereignug von 200 Aktien der X.-Bank, Ersatzansprüche wegen der restlichen 8600 Aktien hat er abgetreten. Nach Auffassung des Klägers ist für seine Klage gemäß § 32 ZPO das Landgericht München I örtlich zuständig, weil Lagerstelle der Aktien München war und sein Eigentum an den Aktien somit in verlorengegangen sei.

Der Kläger beantragte daher, die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger 200 Aktien der X.-Bank zu übereignen.

Die Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen. Sie rügt in erster Linie die internationale und örtliche Unzuständigkeit des Landgerichts München I. Gemäß Ziffer 26 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen und gemäß Ziffer 3 der Verpfändungsvereinbarung vom 10./13.8.1984 sei Luxemburg als Gerichtsstand vereinbart worden.

Mit Endurteil vom 21.9.1988 wies das Landgericht München I die Klage als unzulässig ab.

Nach Auffassung des Landgerichts ist aufgrund der zwischen den Parteien getroffenen Gerichtsstandsvereinbarung ein Gericht in Luxemburg zuständig. Dies folge sowohl aus Ziffer 26 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen als auch aus der Verpfändungsvereinbarung vom 10./13.8.1984.

Unabhängig von dem Vorliegen einer Gerichtsstandsvereinbarung sei auch nach der gesetzlichen Zuständigkeitsregelung die internationale und örtliche Zuständigkeit des Landgerichts München I nicht gegeben. Vielmehr seien ach Art. 2 des EWG-Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27.9.1968 grundsätzlich die Gerichte in Luxemburg international zuständig. Eine Zuständigkeit des Landgerichts München I über § 32 ZPO sei auch nicht über Art. 5 Nr. 3 des genannten Abkommens gegeben, da diese Vorschrift nicht Ansprüche aus unerlaubter Handlung erfasse, die mit vertraglichen Ansprüchen konkurrierten. Im übrigen sei München nicht der Ort der von dem Kläger behaupteten unerlaubten Handlung der Beklagten, da München weder als Ort, an dem der Schadenserfolg verwirklicht wurde, noch als Ort des ursächlichen Geschehens anzusehen sei.

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger den von ihm geltend gemachten Schadensersatzanspruch in vollem Umfang weiter. Er stützt sich dabei im wesentlichen auf dieselben Argumente, die er bereits in erster Instanz vorgetragen hat. Er ist nach wie vor der Auffassung, daß das Landgericht München I für die von ihm behauptete Depotunterschlagung nach § 34 Depotgesetz bzw. für die von ihm behauptete Unterschlagung bzw. Untreue der Beklagten nach § 246, 266 StGB zuständig sei. Die internationale Zuständigkeit für das Landgericht München I folge aus Art. 5 Nr. 3 des EWG-Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVÜ). Die internationale Zuständigkeit des Landgerichts München I werde auch nicht durch die Gerichtsstandsvereinbarung der Parteien ausgeschlossen, da diese unwirksam sei.

Der Kläger beantragt daher, unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts München I vom 21.9.1988 die Beklagte zu verurteilen, 200 Aktien (Nennwert 50 DM) der X.-Bank übereignen, hilfsweise unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts München I vom 1.9.1988 festzustellen, daß die internationale und örtliche Zuständigkeit des Landgerichts München I gegeben ist.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Sie hält Ersturteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Kl. ist sowohl im Haupt- wie im Hilfsantrag unbegründet. Der Senat schließt sich in vollem Umfang den zutreffenden Gründen des landgerichtlichen Urteils vom 21.9.1988 an, auf die Bezug genommen wird. Lediglich ergänzend sei auf folgende Gesichtspunkte hingewiesen:

I. Zutreffend ist das LG davon ausgegangen, daß ihm für die erhobene Schadensersatzklage die internationale Zuständigkeit fehlt. Vielmehr ist aufgrund der zwischen den Parteien zustande gekommenen Gerichtsstandsvereinbarung ein Gericht in Luxemburg zuständig. Die Gerichtsstandsvereinbarung folgt aus Nr. 26 der AGB der Beklagten.

1. Die Nr. 26 der AGB stellt eine Gerichtsstandsvereinbarung nach Art. 17 GVÜ dar. Das genannte EWG-Übereinkommen ist gemäß Art. 1 GVÜ auf den vorliegenden Rechtsstreit anwendbar. So hat die Beklagte ihren Geschäftssitz im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaates, nämlich in Luxemburg (Art. 17, 53 GVÜ), die Zuständigkeit wurde in einem Vertragsstaat, nämlich in Deutschland, vereinbart, und es handelt sich um eine sogenannte grenzüberschreitende Vereinbarung. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob die Gerichtsstandsvereinbarung einen Bezug zu zwei Vertragsstaaten des EWG-Übereinkommens besitzt. Selbst wenn man zugunsten des Kl. unterstellt, daß er seinen Wohnsitz derzeit nicht in der Bundesrepublik Deutschland, sondern in einem Nichtvertragsstaat, nämlich in Spanien hat, wird dadurch die Anwendbarkeit des Art. 17 GVÜ nicht berührt. Zwar ist Spanien dem EWG-Übereinkommen bislang noch nicht beigetreten (vgl. Zöller-Geimer, ZPO, 15. Aufl., Anh. II Art. 1 Rn. 1). Doch reicht für die Anwendbarkeit des Art. 17 GVÜ es aus, daß wenigstens ein Vertragspartner im Geltungsbereich des Übereinkommens wohnt (Zöller-Geimer Anh. II Art. 17 Rn. 3; Kropholler, Europäisches Zivilprozeßrecht, 2. Aufl. 1987, Art. 17 Rn. 8).

2. Die von den Parteien in Nr. 26 der AGB getroffene Gerichtsstandsvereinbarung, nach der ein Gericht in Luxemburg zuständig ist, ist auch wirksam, da eine echte Vereinbarung im Sinn des Art. 17 GVÜ vorliegt, der Bestimmtheitsgrundsatz gewahrt wurde, die Form beachtet in und kein Verstoß gegen Art. 12, 15, 16 GVÜ vorliegt (Art. 17 II GVÜ).

a) Eine Vereinbarung im Sinn des Art. 17 GVÜ setzt zunächst voraus, daß sich jede Seite mit der Gerichtsstandsklausel – gegebenenfalls auch stillschweigend (Kropholler Art. 17 Rn. 20) – einverstanden erklärt hat. Diesem Erfordernis wird die Nr. 26 der AGB der Beklagten gerecht. Sie war Gegenstand einer Willenseinigung zwischen den Parteien, die klar und deutlich zum Ausdruck gekommen ist. Insbesondere hat der Kl. seine Kenntnis von dieser Regelung und sein ausdrückliches Einverständnis mit dieser Klausel schriftlich bestätigt, als er am 13.12.1984 das AGB-Exemplar der Beklagten mit dem Vermerk „gelesen und genehmigt“ unterzeichnet hatte. Zwar hat der EuGH (NJW 1977, 495) entschieden, daß derjenige, der in die Geltung von AGB einwilligt, damit nicht automatisch stillschweigend in die Geltung einer Gerichtsstandsvereinbarung, die in diesen AGB enthalten ist, einwilligt. Zuständigkeitsvereinbarungen sollen nach der Entscheidung des EuGH nicht unbemerkt Vertragsinhalt der Parteien werden. Davon kann jedoch in vorliegendem Fall nicht die Rede sein. Zunächst ist hervorzuheben, daß die Parteien seit langem in laufender Geschäftsbeziehung standen. Zutreffend weisen Geimer-Schütze (Internationale Urteilsanerkennung I/1, 1. Aufl. 1983, 932) darauf hin, daß von einer konkludenten Zuständigkeitsvereinbarung dann auszugehen ist, wenn die Parteien laufende Geschäftsbeziehungen unterhalten, denen AGB mit Gerichtsstandsklauseln zugrunde liegen, sofern nach dem Willen beider Parteien diese AGB in dem Vertrag einbezogen sein sollen. Im übrigen hat der Kl. zu einem früheren Zeitpunkt im Wege einer konkreten Individualvereinbarung, nämlich am 10.8./13.8.1984 Luxemburg ausdrücklich als Gerichtsstand anerkannt. Dieser Umstand spricht dafür, daß er auch bei der nachfolgenden ausdrücklichen Genehmigung der AGB wenige Monate danach davon ausging, daß als Gerichtsstand Luxemburg nach wie vor vereinbart wurde. Schließlich bestehen gegen die Wirksamkeit der Vereinbarung auch keine Bedenken unter dem Gesichtspunkt des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls zum EWG-Übereinkommen. Art. 1 Abs. 2 des Protokolls bestimmt, daß eine Gerichtsstandsvereinbarung im Sinn des Art. 17 GVÜ für eine Person, die ihren Wohnsitz in Luxemburg hat, nur dann wirksam ist, wenn diese sie ausdrücklich und besonders angenommen hat. Die Regelung betrifft, unabhängig von der Staatsangehörigkeit, alle natürlichen und juristischen Personen, die in Luxemburg wohnen bzw. dort ihren Sitz haben (Kropholler Art. 17 Rn. 49). Im Hinblick darauf, daß die Beklagte die AGB aufgestellt und laufend ihren Geschäftsbeziehungen zugrunde gelegt hat, liegt die für Art. I Abs. 2 des Protokolls erforderliche Erklärung der Beklagten vor.

b) Auch der in Art. 17 I GVÜ normierte Bestimmtheitsgrundsatz ist gewahrt. Art. 17 GVÜ setzt voraus, daß sich die Zuständigkeitsvereinbarung auf eine bereits entstandene oder auf eine künftige, aus einem bestimmten Rechtsverhältnis entspringende Rechtsstreitigkeit bezieht. Durch diese Regelung soll verhindert werden, daß ein wirtschaftlich überlegener Vertragspartner der schwächeren Seite mit einer einzigen umfassenden Klausel auch für Streitigkeiten aus noch nicht vorherzusehenden künftigen Vertragsverhältnissen einen Gerichtsstand aufzwingt (Kropholler Art. 17 Rn. 52). Die Regelung in Art. 17 GVÜ entspricht weitgehend der Schranke des § 40 I ZPO, so daß die dort entwickelten Rechtsgrundsätze auch für Art. 17 GVÜ übernommen werden können. Danach ist es nicht zulässig, wenn die Zuständigkeit eines Gerichts für alle aus einer bestehenden Geschäftsverbindung entstehenden Streitigkeiten vereinbart würde (Baumbach-Lauterbach-Albers-Hartmann, ZPO, 46. Aufl., § 40 Rn. 1; Zöller-Vollkommer § 40 Rn. 4). Entgegen der Auffassung des Kl. kann nicht davon die Rede sein, daß mangels Bezugs auf ein bestimmtes Rechtsverhältnis in den AGB der Beklagten keine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung getroffen worden sei. Ausreichend ist, daß das der Streitigkeit zugrunde liegende Rechtsverhältnis im Zeitpunkt des Abschlusses der Zuständigkeitsvereinbarung nach Art und Gegenstand hinreichend bestimmbar, d.h. ausreichend individualisiert ist. Entscheidend ist, daß die am 13.12.1984 getroffene Gerichtsstandsvereinbarung in unmittelbarem Zusammenhang mit den 9567 Aktien steht, die der Kl. im Dezember 1984 der Beklagten zur Verwahrung übergeben hat. Die hier anhängige Rechtsstreitigkeit resultiert gerade aus einer nach Auffassung des Kl. rechtswidrigen Entnahme der Aktien durch die Beklagte aus seinem Depot. Somit handelt es sich bei Nr. 26 der AGB der Beklagten um die ausreichende Fixierung eines Rechtsverhältnisses, das aus der Verwahrung der übergebenen Aktien resultiert, so daß für die künftigen, aus diesem Rechtsverhältnis entspringenden Rechtsstreitigkeiten Luxemburg als Gerichtsstand wirksam im Sinne des Art. 17 I GVÜ vereinbart werden konnte.

c) Zu Unrecht beruft sich der Kl. darauf, daß die Gerichtsstandsvereinbarung des Art. 17 GVÜ sich nur auf vertragliche Ansprüche und nicht auf die von ihm geltend gemachten Ansprüche aus unerlaubter Handlung beziehe. Zunächst ist folgendes klarzustellen. Unterstellt, daß der Kl. seinen Vortrag beweisen könnte, wonach die Beklagte die ihr zur Aufbewahrung übergebenen Aktien unberechtigt an Dritte übergeben habe, würde dieser Sachverhalt primär unter den Gesichtspunkten der Pflichtverletzung aus dem abgeschlossenen Verwahrungsvertrag und daneben auch aus dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung (§ 823 I, II BGB, § 266 StGB) zu beurteilen sein. Letztlich handelt es sich um einen Schadensersatzanspruch, der sowohl auf eine vertragliche wie auf eine deliktische Anspruchsgrundlage gestützt werden könnte. Aus der Gerichtsstandsvereinbarung der Nr. 26 der AGB geht nicht eindeutig hervor, ob diese sich nur auf Rechtsstreitigkeiten, die auf Vertragsverletzungen beruhen, beziehen sollte oder ob darüber hinaus auch solche aus unerlaubter Handlung mitumfaßt werden. Vielmehr muß im Wege der Auslegung der Nr. 26 und unter Berücksichtigung des konkreten Einzelfalls ermittelt werden, ob die Gerichtsstandsvereinbarung beide Anspruchsgrundlagen umfassen sollte. Maßgeblich ist, daß zwischen der vom Kl. behaupteten widerrechtlichen Eigentumsverletzung und der Pflichtwidrigkeit aus dem Vertrag ein so enger innerer Zusammenhang besteht, der es rechtfertigt, die Gerichtsstandsvereinbarung nach Art. 17 GVÜ auch auf deliktische Anspruchsgrundlagen auszudehnen. Prozessual betrachtet liegt ein Streitgegenstand vor, was Antrag und Lebenssachverhalt betrifft, der lediglich auf zwei verschiedene materiell-rechtliche Anspruchsgrundlagen gestützt werden kann. Etwas anderes könnte erst dann angenommen werden, wenn die möglicherweise vorliegende Eigentumsverletzung ohne jeglichen Bezug zum Vertragsverhältnis begangen worden wäre. Davon kann jedoch in vorliegendem Fall nicht die Rede sein. Der Senat schließt sich somit der in der Literatur vertretenen Auffassung zu Art. 17 GVÜ an (Kropholler Art. 17 Rn. 52; Geimer-Schütze 929), wonach Ansprüche aus unerlaubter Handlung, soweit sie sich mit einer Vertragsverletzung decken, von der Prorogation des Art. 17 GVÜ mitumfaßt sind. Der Gerichtsstandsvereinbarung im Sinn des Art. 17 GVÜ kann der Kl nicht sich dadurch entziehen, daß er einen Schadensersatzanspruch ausschließlich auf die Anspruchsgrundlage der unerlaubten Handlung stützen will. Eine solche Beschränkung mag im Fall des hier nicht einschlägigen § 32 ZPO zulässig sein (vgl. dazu Thomas-Putzo, ZPO, 15. Aufl., § 32 Anm. 1), im Rahmen des Art. 17 GVÜ ist dieser Weg dem Kl. jedoch verwehrt. Entscheidend ist allein, ob es dem Willen der Parteien bei Abschluß der Gerichtsstandsvereinbarung entsprach, auch die Anspruchsgrundlage der unerlaubten Handlung in die Gerichtsstandsvereinbarung mit einzubeziehen, jedenfalls dann, wenn diese mit einer vertraglichen Anspruchsgrundlage konkurriert. Weder dem Klauselverwender noch einem vernünftig denkenden Kl. kann unterstellt werden, daß er im Falle der Anspruchskonkurrenz teils vor Gerichten in Luxemburg, teils vor Gerichten des sogenannten Tatortes prozessieren will und auf diese Weise den einheitlichen Streitgegenstand unterschiedlichen Gerichten zur Entscheidung vorlegen will. Vielmehr ist der Begriff Rechtsstreitigkeit nach dem Sinn der Nr. 26 der AGB iVm Art. 17 GVÜ dahingehend auszulegen, daß die Prorogation die vertraglichen wie die deliktischen Anspruchsgrundlagen umfaßt.

d) Schließlich wurde auch die für Art. 17 I GVÜ erforderliche Form gewahrt. Formwirksam ist die Vereinbarung, wenn sie schriftlich getroffen oder zwar mündlich getroffen wurde, aber gleichgültig von welcher Partei (EuGH, RIW/AWD 1984, 909) schriftlich bestätigt wurde. Für eine schriftliche Vereinbarung ist eine Urkunde im Sinn des § 126 II BGB nicht erforderlich (Geimer-Schütze 935). Grundsätzlich reicht es aus, wenn auf AGB Bezug genommen wird (EuGH, NJW 1977, 494). Die Gerichtsstandsvereinbarung wurde durch den Kl. mit einem handschriftlichen Vermerk auf einem gesonderten AGB-Exemplar am 13.12.1984 schriftlich bestätigt. Seine Unterschrift deckt somit die nachfolgenden AGB-Bestimmungen durch den Vermerk „gelesen und genehmigt“.

e) Die Zuständigkeitsvereinbarung ist auch nicht etwa deshalb zu beanstanden, weil sich das zuständige Gericht aus der Klausel nicht bestimmt genug ergibt. In Nr. 26 Satz 3 der AGB der Beklagten ist als zuständiges Gericht dasjenige des Erfüllungsortes genannt. Damit wird Bezug genommen auf Nr. 26 Satz 1, wonach Erfüllungsort Luxemburg, also der Sitz der Beklagten, ist. Entgegen der Ansicht des Kl. begründet hier keine Erfüllungsortvereinbarung eine Zuständigkeit (vgl. dazu Schack, IPRax 1986, 84), sondern Nr. 26 Satz 3 der AGB selbst ist die von den Parteien gewollte Gerichtsstandsvereinbarung. Es wird lediglich bei der Festlegung des Gerichtsstandes auf den Erfüllungsort Bezug genommen. Schließlich steht der Wirksamkeit der Gerichtsstandsvereinbarung auch nicht Art. 17 II GVÜ entgegen, da ein Verstoß gegen Art. 12, 15, 16 GVÜ nicht ersichtlich ist ...

3. Der nach Art. 17 GVÜ wirksamen Gerichtsstandsvereinbarung steht auch nicht § 12 AGBG entgegen. Zunächst bestehen bereits Bedenken, ob die nach Art. 17 GVÜ wirksame Gerichtsstandsvereinbarung am Maßstab des § 12 AGBG gemessen werden darf. Immerhin muß hervorgehoben werden, daß Art. 17 GVÜ die Wirksamkeit einer Zuständigkeitsvereinbarung abschließend regeln soll und dem Übereinkommen Vorrang vor dem autonomen deutschen Recht gebührt, so daß eine Prüfung der hier streitigen Gerichtsstandsvereinbarung anhand der §§ 2, 3, 5, 9 bis 11 AGBG großen Bedenken unterliegt (vgl. auch Baumbach-Duden-Hopf, HGB, 26. Aufl., § 9 AGBG Rn. 3). Selbst wenn man § 12 AGBG als Prüfungsmaßstab heranziehen sollte, so hat der insoweit beweispflichtige Kl. nicht den ihm obliegenden Nachweis dafür geführt, daß die Voraussetzungen des § 12 AGBG in vorliegendem Fall erfüllt sind. Insbesondere hat der Kl. keinen Nachweis für seine von der Beklagten umstrittene Behauptung geführt, daß er seinen Wohnsitz im Sinn des § 12 Nr. 2 AGBG in der Bundesrepublik Deutschland hat. Er hat lediglich die Behauptung aufgestellt, daß er seinen Wohnsitz nicht in Spanien, sondern in der Bundesrepublik Deutschland habe. Ein zulässiges Beweisangebot in diese Richtung fehlt. Soweit der Kl. sich auf Beweisangebote in erster Instanz schlechthin beruft, war der Senat nicht gehalten, diesen Beweisangeboten nachzugehen (BGHZ 35, 106, 107; BGH, NJW 1981, 1620; Thomas-Putzo § 519 Anm. 3a). Unabhängig davon ist für den Senat kein Verstoß gegen Bestimmungen des AGBG ersichtlich. Von einer überraschenden Klausel im Sinn des § 3 AGBG kann nicht die Rede sein, da es sich bei einer Gerichtsstandsvereinbarung, die neben vertraglichen Ansprüchen auch deliktische Ansprüche umfaßt, nicht um eine so ungewöhnliche Klausel handelt, daß der andere Teil damit schlechterdings nicht zu rechnen braucht. Ebensowenig kann eine Verletzung des § 5 AGBG darin gesehen werden, wenn Nr. 26 nicht ausdrücklich feststellt, daß sowohl vertragliche wie deliktische Anspruchsgrundlagen umfaßt sein sollen. Die Unklarheitenregel des § 5 AGBG würde erst dann zur Anwendung kommen, wenn auch nach Ausschöpfung der in Betracht kommenden Auslegungsmöglichkeiten Zweifel blieben. Wie bereits oben im einzelnen dargestellt wurde, entspricht jedoch eine Auslegung dahingehend, daß vertragliche und deliktische Anspruchsgrundlagen erfaßt werden sollten, durchaus der Interessenlage der Parteien, die die Gerichtsstandsvereinbarung abgeschlossen haben. Nach alledem ist Nr. 26 der AGB der Beklagten auch nicht unter dem Blickwinkel des AGBG zu beanstanden.

II. Neben der durch Nr. 26 AGB vereinbarten Gerichtsstandsabrede ist ein Gericht in Luxemburg auch unter dem Gesichtspunkt der Nr. 3 der Verpfändungsvereinbarung vom 10.8./13.8.1984 wirksam prorogiert worden. Die in dieser Verpfändungsvereinbarung enthaltene Individualvereinbarung hinsichtlich einer Gerichtsstandsabrede fällt ebenfalls unter Art. 17 GVÜ. Bedenken gegen die Wirksamkeit dieser Vereinbarung unter dem Gesichtspunkt des Art. 17 GVÜ bestehen nicht. Insoweit darf auf die Ausführungen unter I verwiesen werden. Der hier vorliegende Rechtsstreit fällt auch unter die Gerichtsstandsvereinbarung vom 10.8/13.8.1984, weil die Aktien, die die Beklagte nach Auffassung des Kl. veruntreut haben soll, von der Verpfändungsvereinbarung vom 10.8./13.8.1986 umfaßt werden sollten.

III. Auch wenn man von einer wirksamen Gerichtsstandsvereinbarung absieht und lediglich auf die gesetzliche Zuständigkeitsregelung abstellt, fehlt dem LG München I die internationale Zuständigkeit für den anhängigen Rechtsstreit. Für Klagen gegen die in Luxemburg ansässige Beklagte sind grundsätzlich Gerichte in Luxemburg international zuständig (Art. 2 GVÜ). Auch aufgrund Art. 5 GVÜ kann sich der Kl. nicht an ein Gericht in der Bundesrepublik Deutschland wenden. Zu Unrecht beruft sich der Kl. in diesem Zusammenhang auf Art. 5 Nr. 3 GVÜ. Die Rechtsauffassung des Kl. steht im Widerspruch zur Entscheidung des EuGH vom 27.9.1988, die auf den Vorlagebeschluß des BGH vom 27.4.1987 (WM 1987, 883 f.) ergangen ist. In seinem Urteil vom 27.9.1988 hat nunmehr der EuGH klargestellt, daß der Begriff „unerlaubte Handlung“ im Sinn des Art. 5 Nr. 3 GVÜ vertragsautonom zu interpretieren ist. Danach bezieht sich Art. 5 Nr. 3 GVÜ nur auf Klagen, mit denen eine Schadenshaftung des Beklagten aus unerlaubter Handlung geltend gemacht wird, die nicht an einen Vertrag im Sinn von Art. 5 Nr. 1 GVÜ anknüpft. Wie bereits wiederholt ausgeführt worden ist, macht der Kl. jedoch im vorliegenden Fall eine Schadenshaftung der Beklagten geltend, die gerade an einen Vertrag im Sinn von Art. 5 Nr. 1 GVÜ anknüpft. Auf die Ausführungen unter I darf Bezug genommen werden. Zu Unrecht will der Kl. die vom EuGH angesprochene Anknüpfung seiner Ansprüche aus unerlaubter Handlung an einen Vertrag damit bestreiten, daß er vorträgt, eine Unterschlagung sei auch ohne Bestehen eines Verwahrungsvertrags möglich. Selbstverständlich ist es denkbar, daß eine Unterschlagung von Wertpapieren seitens einer Bank erfolgt, ohne daß ein ausdrücklicher Verwahrungsvertrag abgeschlossen worden ist. Darauf kommt es jedoch letztlich nicht an. Entscheidend ist allein, daß im vorliegenden Fall den Rechtsbeziehungen der Parteien ein ausdrücklicher Verwahrungsvertrag und darüber hinaus ein Verpfändungsvertrag zugrunde lag und daß die vom Kl. behauptete Unterschlagung der Beklagten ausschließlich im Rahmen dieses Vertragsverhältnisses vorgekommen sein soll. Bei den hier in Frage stehenden Aktien des Kl. handelt es sich nicht etwa um irgendwelche Wertpapiere, sondern ausschließlich um solche Aktien, die der Kl. im Rahmen eines Verwahrungs- bzw. Verpfändungsvertrages bei der Beklagten hinterlegt hatte. Der Kl. setzt in unzulässiger Weise eine fiktive Fallmöglichkeit an die Stelle des tatsächlich gegebenen konkreten Lebenssachverhalts. Nach alledem besteht für das LG München I auch unter dem Gesichtspunkt des Art. 5 Nr. 3 GVÜ keinerlei internationale Zuständigkeit. Unabhängig davon hat der Kl. die Voraussetzungen für eine Zuständigkeit des LG München I nach § 32 ZPO, die über Art. 5 Nr. 3 GVÜ eröffnet werden sollte, nicht ausreichend dargetan. Der Senat schließt sich in vollem Umfang den zutreffenden Ausführungen des landgerichtlichen Urteils an, wonach aus dem Sachvortrag des Kl. sich nicht ergibt, daß München entweder der Ort ist, an dem die Beklagte rechtswidrig die Ursache für den klägerischen Anspruch gesetzt hat, oder München der Ort wäre, an dem die Eigentumsverletzung des Kl. eingetreten ist. Auch unter Berücksichtigung des Vortrags des Kl. in der Berufungsinstanz bleibt es dabei, daß es dem Kl. nicht gelungen ist, die tatsächlichen Voraussetzungen des § 32 ZPO schlüssig darzulegen. Damit wäre letztlich auch bei einer unterstellten internationalen Zuständigkeit des LG München I über Art. 5 Nr. 3 GVÜ die örtliche Zuständigkeit nach § 32 ZPO für die vom Kl. behauptete unerlaubte Handlung der Beklagten nicht gegeben.

Nach alledem war die Berufung des Kl. im Hauptantrag ohne Erfolgsaussicht. Soweit der Kl. hilfsweise beantragt hat festzustellen, daß die internationale und örtliche Zuständigkeit des LG München I gegeben sei, fehlt diesem Feststellungsantrag das Rechtsschutzbedürfnis, da diese Frage bereits Gegenstand des Hauptantrags ist und insoweit entschieden worden ist.





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