Die Klägerin ist Herstellerin von Natursteinen, insbesondere von Marmor.
Die Beklagte betreibt den Groß- und Einzelhandel mit diesem Material und verlegt dieses Material.
Die Parteien unterhielten Geschäftsbeziehungen.
Im März 1986 belieferte die Klägerin die Beklagte mit Travertin- Marmor, und zwar zum einen mit sogenannten Bodenplatten, zum anderen mit sogenannten Unmaßplatten. Die Platten sollten gespachtelt, geschliffen und poliert sein. Beide Sendungen wurden bei der Beklagten durch eine Speditionsfirma am gleichen Tage angeliefert.
Die Klägerin erstellte über diese Lieferung folgende Rechnungen:
a) Rechnung Nr. 44/86 vom 12.3.1986 über 3.085 DM
betreffend die Bodenplatten
b) Rechnung Nr. 52/86 vom 18.3.1986 über 6.365,12 DM
betreffend die Unmaßplatten.
Auf den Rechnungen sind die „Allgemeinen Verkaufsbedingungen“ der Klägerin aufgedruckt.
Die Rechnung Nr. 44/86 hat die Beklagte durch Verrechnungsscheck vom 21.7.1986 bezahlt.
Die Rechnung Nr. 52/86 hat die Beklagte trotz schriftlicher Mahnungen vom 23.7.1986 und 11.8.1986 nicht bezahlt.
Den Rechnungsbetrag dieser Rechnung nebst 1 % Zinsen über dem Diskontsatz der italienischen Zentralbank (Banca …) seit dem 19.4.1986 sowie 7,60 DM vorgerichtliche Kosten hat die Klägerin mit der vorliegenden Klage eingeklagt.
Durch Versäumnisurteil vom 5.3.1987 ist die Beklagte antragsgemäß verurteilt worden. Nach rechtzeitigem Einspruch gegen dieses Versäumnisurteil hat die Beklagte dessen Aufhebung und Abweisung der Klage beantragt und geltend gemacht:
Sowohl die Bodenplatten wie auch die Unmaßplatten seien fehlerhaft bearbeitet gewesen. Bei den Bodenplatten hätten sich Vertiefungen an den Spachtelstellen gezeigt. Bei den Unmaßplatten seien die im Travertin- Marmor vorhandenen Löcher nicht fachgerecht zugespachtelt und abgeschliffen gewesen, so daß sich die Spachtelmasse an diesen Stellen ca. 3 mm bis 4 mm über die polierte Fläche erhoben habe. Diese Mängel habe sie zwar durch erneutes Verspachteln, Abschleifen und Polieren beheben können. Durch diese Nachbearbeitung seien ihr aber Kosten in Höhe von 60 % des Kaufpreises entstanden. Um den entsprechenden Betrag sei die Rechnungsforderung für die Unmaßplatten zu mindern. Außerdem rechne sie gegenüber der Forderung für die Lieferung der Unmaßplatten mit einem Schadensersatzanspruch auf, der ihr durch die Nachbearbeitung der Bodenplatten entstanden sei. Inzwischen habe sie etwa die Hälfte der Unmaßplatten verwendet und eingebaut.
Mit Schreiben an die Klägerin vom 25.3.1986 habe sie beide Lieferungen beanstandet und die Klägerin aufgefordert, sich die Platten anzusehen. Über die Prüfung der Platten habe ihr Geschäftsführer einen – von der Beklagten vorgelegten – Aktenvermerk angefertigt. Das Schreiben vom 25.3.1986 sei von der Ehefrau ihres Geschäftsführers nach dessen Anweisungen geschrieben und von einem Lehrmädchen zur Post gebracht worden (Beweis: Zeugen). Außerdem habe ihr Geschäftsführer die Platten auch noch fernmündlich beanstandet, und zwar am 4.4.1986, am 20.6.1986 und am 26.8.1986.
Die Klägerin hat um Aufrechterhaltung des Versäumnisurteils gebeten und Spachtelfehler der Platten sowie den Eingang eines Schreibens vom 25.3.1986 bestritten. Ebenso hat sie bestritten, daß der Geschäftsführer der Beklagten die Verspachtelung der Platten fernmündlich beanstandet habe. Sie hat behauptet, bei mehreren Telefongesprächen, die von ihr ausgegangen seien, um die Bezahlung der offen stehenden Rechnung anzumahnen, habe der Geschäftsführer der Beklagten lediglich beanstandet, die Farbe der Platten habe nicht dem in der Rechnung angegebenen Farbton „Nußbaum“ entsprochen (Beweis: Zeugin).
Das Landgericht hat durch Urteil vom 3.9.1987 das Versäumnisurteil mit der Maßgabe aufrechterhalten, daß die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von 7,60 DM vorgerichtlicher Kosten entfällt. Auf das Urteil wird Bezug genommen.
Mit ihrer Berufung gegen dieses Urteil, deren formelle Ordnungsmäßigkeit im Senatstermin vom 13.1.1989 festgestellt worden ist, verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Sie legt nunmehr eine Kopie des nach ihrer Behauptung am 25.3.1986 verfaßten Schreibens vor und behauptet, diese Kopie sei infolge eines Büroversehens ihrer erstinstanzlichen Bevollmächtigten dem Schriftsatz vom 25.3.1987 nicht beigefügt worden. Ihre Kosten, die ihr durch die Nachbehandlung der Unmaßplatten entstanden seien, gibt sie nunmehr mit 9.981,55 DM an und erklärt die Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch in dieser Höhe. Einen Anspruch aus der Nachbearbeitung der Bodenplatten macht sie nicht mehr geltend.
Die Klägerin, die auf Zurückweisung der Berufung anträgt, tritt dem Berufungsvorbringen der Beklagten entgegen und widerspricht der Zulassung der nunmehr erklärten Aufrechnung.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den vorgetragenen Inhalt der Schriftsätze verwiesen. Ebenso wird auf die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
Im Senatstermin hat der Prozeßbevollmächtigte der Beklagten noch eine Durchschrift eines Schreibens vom 25.3.1986 vorgelegt und hierzu erklärt, diese Urkunde habe er in den Handakten der erstinstanzlichen Bevollmächtigten der Beklagten vorgefunden. Von dieser Urkunde sei die mit der Berufungsbegründung eingereichte Kopie gefertigt.
Der Senat hat die Parteien durch prozeßleitende Verfügung vom 2. November 1988 auf die in den „Allgemeinen Verkaufsbedingungen“ der Klägerin enthaltene Gerichtsstandsklausel hingewiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung hat bis auf einen Teil des geltend gemachten Zinsausspruches keinen Erfolg.
I.1. Die nach gefestigter Rechtsprechung (vgl. BGHZ 44, 46, 52; BGHZ 69, 44; BGHZ 98, 263, 270) in jedem Rechtszug von Amts wegen zu prüfenden internationale Zuständigkeit des von der Klägerin angerufenen Landgerichts Koblenz und des mit der Sache befaßten Berufungsgerichts ist sowohl für die Klage wie auch für die von der Beklagten geltend gemachte Aufrechnungsforderung gegeben.
Maßgebend ist insoweit das Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (EuGVÜ), und zwar in der Neufassung des Beitrittsübereinkommens über den Beitritt Dänemarks, Irlands und Großbritanniens vom 9.10.1978 (BGBl II 1983 Nr. 33 Seite 803), die seit dem 1.11.1986 auch im Verhältnis zu Italien gilt (BGBl II 1986 Nr. 36 Seite 1020). Nach der Übergangsvorschrift des Art. 34 Abs. 1 des Beitrittsübereinkommens gilt die Neufassung (EuGVÜ 1978) für alle nach dem 1.11.1986 in den ursprünglichen Mitgliedstaaten erhobenen Klagen (vgl. auch Kropholler in RIW 1986, 929, 934). Die vorliegende Klage ist nach dem 1.11.1986 – mit Zustellung des Mahnbescheides am 17.11.1986 – erhoben.
Gemäß Art. 2 Abs. 1, 53 Abs. 1 EuGVÜ nF ist das von der Klägerin angerufene Landgericht Koblenz und das mit der Sache befaßte Berufungsgericht für die Klage international zuständig, da die Beklagte ihren Sitz im Bezirk des Landgerichts Koblenz hat und ein ausschließlicher Gerichtsstand nach Art. 16 EuGVÜ nF nicht begründet ist.
Zwar enthalten die „Allgemeinen Verkaufsbedingungen“ der Klägerin in Ziffer 8 eine Gerichtsstandsklausel, nach der für „jegliche gerichtliche Schritte“ das Gericht in Verona zuständig sein soll. Es kann jedoch an dieser Stelle dahin gestellt bleiben, ob die Allgemeinen Verkaufsbedingungen der Klägerin Vertragsinhalt des zwischen den Parteien abgeschlossenen Vertrages geworden sind und ob die Parteien damit wirksam eine Gerichtsstandsvereinbarung nach Art. 17 EuGVÜ nF getroffen haben, die die Wohnsitzzuständigkeit nach Art. 2 Abs. 1, 53 Abs. 1 EuGVÜ nF beseitigen würde, und ob die Klägerin an diese Gerichtsstandsvereinbarung gebunden wäre (Art. 17 Abs. 4). Denn die internationale Zuständigkeit des Sitzgerichtes der Beklagten ist nach Art. 18 EuGVÜ dadurch begründet worden, daß die Beklagte sich rügelos auf das Verfahren eingelassen hat. Art. 18 ist auch dann anwendbar, wenn die Parteien eine Gerichtsstandsvereinbarung im Sinne von Art. 17 EuGVÜ getroffen haben (vgl. EuGH, Urteil vom 24.6.1981 – Rs 150/80 – Elefantenschuh./. Jacqmain, Slg. Seite 1671, RIW 1981, 709; Kropholler, EuGVÜ, 2. Aufl. 1987, Rn. 18 zu Art. 18). Eine nach Art. 17 begründete ausschließliche Zuständigkeit wird durch rügelose Einlassung wieder beseitigt. Demnach sind das Landgericht Koblenz und das mit der Sache befaßte Berufungsgericht für die Klage international zuständig.
Für die von der Beklagten geltend gemachte Aufrechnungsforderung ergibt sich die internationale Zuständigkeit ebenfalls aus Art. 18, nämlich aus der rügelosen Einlassung der Klägerin auf die Aufrechnungsforderung.
2. Das Landgericht hat zu Recht für den von der Klägerin aus der Lieferung der Unmaßplatten verfolgten Kaufpreisanspruch die Bestimmungen des Einheitlichen Gesetzes über den internationalen Kauf beweglicher Sachen (Haager Kaufrecht, EKG) vom 17.7.1973 als maßgebend angesehen, das im Verhältnis zu Italien noch für vor dem 1.1.1988 zustande gekommene Kaufverträge gilt (BGBl II 1987 Nr. 10 Seite 231; Herber in RIW 1987, 340; Kindler in RIW 1988, 776, 780). Die Unmaßplatten sind zu Anfang des Jahres 1986 bestellt und geliefert worden.
Dieses Gesetz ist als innerstaatlich geltendes Recht von den deutschen Gerichten gemäß Art. 1 EKG unmittelbar kraft Gesetzes anzuwenden, wenn die Voraussetzungen des Art. 1 EKG erfüllt sind und die Parteien seine Anwendung nicht nach Art. 3 EKG ausgeschlossen haben (vgl. BGH Iprax 1986, 298, 299 = NJW 1986, 1429). Die Voraussetzungen des Art. 1 EKG sind hier erfüllt, da die Marmorplatten aus dem Gebiet eines Staates in das Gebiet eines anderen Staates befördert werden sollten (Art. 1 Abs. 1 lit. a EKG). Ausdrücklich haben die Parteien die Anwendung des Einheitlichen Kaufrechts nicht ausgeschlossen. Anhaltspunkte für einen stillschweigenden Ausschluß (Art. 3 Satz 2 EKG) liegen ebenfalls nicht vor.
Der von der Klägerin verfolgte Kaufpreisanspruch hat daher seine Rechtsgrundlage in den Art. 56, 61 Abs. 1 EKG.
II. Diese der Höhe nach unstreitige Kaufpreisforderung der Klägerin ist nicht wegen Vertragswidrigkeit der Unmaßplatten gemäß Art. 33. Abs. 1, 35 EKG nach Art. 41 Abs. 1 lit. c EKG herabzusetzen (Minderung) – worauf die Beklagte im ersten Rechtszug angetragen hat – ‚ noch kann die Beklagte wegen Vertragswidrigkeit der Unmaßplatten gegenüber der Kaufpreisforderung mit einem Schadensersatzanspruch nach Art. 41 Abs. 2, 82 EKG in Höhe von 9.981,55 DM aus der Nachbearbeitung der Unmaßplatten aufrechnen, worauf die Beklagte im zweiten Rechtszug abstellt.
Die jetzt erklärte Aufrechnung ist als sachdienlich zuzulassen, da sie der endgültigen Erledigung des zwischen den Parteien bestehenden Streitstoffes dient (§ 530 Abs. 2 ZPO).
Es kann dahingestellt bleiben, ob die gelieferten Unmaßplatten vertragswidrig im Sinne von Art. 33 Abs. 1 EKG waren, weil die Spachtelmasse aufgequollen und etwa 3 mm bis 4 mm hervorgetreten war.
Haftungsvoraussetzung sowohl für eine Kaufpreisminderung wie für den geltend gemachten Schadensersatzanspruch – die der Käufer nebeneinander geltend machen kann (vgl. Dölle, EKG, 1976, Rn. 4 zu Art. 41) – ist, daß der Käufer die Sache gemäß Art. 38 innerhalb kurzer Frist untersucht und die bei der Untersuchung festgestellte Vertragswidrigkeit der Sache dem Verkäufer gemäß Art. 39 Abs. 1 EKG innerhalb kurzer Frist nach dem Zeitpunkt angezeigt hat, in dem er die Vertragswidrigkeit festgestellt hat.
Dabei hat der Käufer gemäß Art. 39 Abs. 2 EKG die Art der Vertragswidrigkeit genau zu bezeichnen und den Verkäufer aufzufordern, die Sache zu untersuchen oder durch einen Beauftragten untersuchen zu lassen.
An diesen Voraussetzungen für eine Haftung der Klägerin für eine etwaige Vertragswidrigkeit der der Beklagten gelieferten Unmaßplatten fehlt es.
Die Beklagte hat die ihr nach den Art. 38, 39 Abs. 1 EKG obliegende Untersuchungs- und Rügepflicht nicht gewahrt.
Es kann unterstellt werden, daß der Geschäftsführer der Beklagten am 25.3.1986 ein Schreiben des Inhalts verfaßt hat, wie er sich aus dem im Senatstermin zu den Akten gereichten Durchschlag ergibt, und daß er dieses Schreiben am gleichen Tage abgesandt hat (Art. 39 Abs. 3 EKG).
a) Diese Mängelanzeige war – wenn sie erfolgt ist – schon inhaltlich zu unbestimmt. Art. 39 Abs. 2 EGK verlangt eine genaue Bezeichnung der Vertragswidrigkeit der gelieferten Sache. Dazu gehört bei einer größeren Lieferung Marmorplatten (117,43 qm) nicht nur, daß der gerügte Fehler so beschrieben wird, daß der fachkundige Verkäufer weiß, was gemeint ist. Diese Voraussetzung mag das Rügeschreiben vom 25.3.1986 erfüllen. Zu einer genauen Bezeichnung der Vertragswidrigkeit gehört dann, wenn Bearbeitungsfehler einer größeren Lieferung Platten beanstandet werden, auch die jedenfalls ungefähre Angabe der Menge oder der Zahl der Platten, denen der gerügte Bearbeitungsmangel anhaftet. Die Verpflichtung, die Vertragswidrigkeit dem Verkäufer anzuzeigen und dabei die Art des Mangels genau zu bezeichnen, dient dem Schutz des Verkäufers. Er soll rechtzeitig übersehen, welche Forderungen auf ihn zukommen, und soll vor Mißbräuchen, wie beispielsweise dem Nachschieben von Mängeln durch den Käufer, geschützt werden (vgl. BGH WM 1982, 846, 847 = IPRax 1983, 228 mit Besprechung von Herrmann). Die genaue Bezeichnung des gerügten Mangels ist zwar kein Selbstzweck, sondern es reicht aus, wenn sie die ihr zugedachte Schutzfunktion erfüllt. Das ist aber bei der Beanstandung einer größeren Menge gelieferter Marmorplatten dann nicht der Fall, wenn jegliche Angaben dazu fehlen, wie viele der gelieferten Platten von dem Bearbeitungsfehler betroffen sind. Diese Angabe ist schon deshalb notwendig, weil die Lieferung nach Art. 33 Abs. 2 EKG nicht vertragswidrig wäre, der Verkäufer also keinen Forderungen des Käufers ausgesetzt wäre, wenn nur ein unerheblicher Teil der Platten von dem Bearbeitungsfehler betroffen wäre. Daher erfüllt die Mängelanzeige vom 25.3.1986 – wenn sie erfolgt ist – inhaltlich schon nicht die Voraussetzungen des Art. 39 Abs. 2 EKG.
b) Diese Mängelanzeige wäre darüber hinaus nicht rechtzeitig erfolgt. Anzeige des Mangels innerhalb kurzer Frist bedeutet gemäß Art. 11 EKG, daß die Anzeige innerhalb einer Frist vorzunehmen ist, die unter Berücksichtigung der Umstände so kurz wie möglich ist und die mit dem Zeitpunkt beginnt, in dem die Anzeige vernünftigerweise vorgenommen werden kann. Grundsätzlich wird sofortiges Handeln gefordert (vgl. BGH aaO).
Selbst wenn die Platten nicht am Mittwoch, dem 19.3.1986 – wie die Beklagte mit Schriftsatz vom 25.3.1987 zunächst behauptet hatte -‚ sondern erst am Donnerstag, dem 20.3.1986, und zwar am Spätnachmittag, von der Spedition … bei der Beklagten angeliefert wurden, hat die Beklagte der Klägerin die behauptete Vertragswidrigkeit der Platten nicht schnell genug angezeigt.
Die Beklagte trägt hierzu vor (Schriftsatz vom 24.6.1987), ihr Geschäftsführer sei nicht in der Lage gewesen, die Platten vor dem folgenden Wochenbeginn zu überprüfen, da er sich bei der Anlieferung am Donnerstag nicht in seinem Geschäft befunden und die Überprüfung mehrere Stunden erfordert habe, zu der er wegen anderweitig zu erledigender Arbeiten nicht früher in der Lage gewesen sei. Der Geschäftsführer der Beklagten hat daher – wie auch der von ihm gefertigte Aktenvermerk ausweist die Platten erst am Montag, dem 24.3.1986, überprüft und dann – wenn überhaupt – am 25.3.1986 das Rügeschreiben verfaßt und abgesandt.
Das war nicht rechtzeitig genug. Bei der Prüfung, ob die Frist des Art. 39 Abs. 1 EKG gewahrt ist, ist ein strenger Maßstab anzulegen. Zwar sind bei der Bemessung der Frist die Umstände und Möglichkeiten der Parteien zu berücksichtigen, auf ein Verschulden kommt es jedoch nicht an (vgl. BGH aaO). Diese Regelung der Untersuchungs- und Rügepflicht entspricht dem deutschen Handelsgesetzbuch und dem Handelsrecht der meisten Staaten und ist daher nichts außergewöhnliches (vgl. Dölle, aaO Vorbemerkungen zu Art. 38 bis 40, Rn. 1). Einem Kaufmann muß sie geläufig sein. Sie trifft im Anwendungsbereich des „Einheitlichen Kaufrechts“ auch Nichtkaufleute (Art. 7 EKG), da bei grenzüberschreitenden Kaufverträgen ein besonderes Interesse an ihrer schnellen Abwicklung besteht.
Der Geschäftsführer der Beklagten hätte die Möglichkeit gehabt, die Platten am Freitag (21.3.1986) zu untersuchen, wenn er die anderweitigen Arbeiten zurückgestellt hätte. Das mußte von ihm als Geschäftsführer eines kaufmännisch geführten Betriebes erwartet werden. Die Beklagte trägt auch nicht vor, welche anderweitigen Arbeiten vorrangig erledigt werden mußten. Der Senat kann daher nicht feststellen, ob wegen dieser Arbeiten die Untersuchung der Platten bis zum Wochenbeginn aufgeschoben werden mußte. Außerdem handelte es sich um einen äußerlich erkennbaren, leicht feststellbaren Mangel, dessen Feststellung zwar zeitraubend gewesen sein mag, aber keine besonderen, mit technischem Aufwand verbundenen Untersuchungen erforderte. Der Lauf der Frist begann daher am Freitag, dem 21.3.1986. Dann war aber die Absendung des Rügeschreibens am 25.3.1986 zu spät.
Demgegenüber wendet die Beklagte ohne Erfolg ein, die Klägerin sehe in Ziffer 3 ihrer Verkaufsbedingungen selbst vor, Reklamationen innerhalb von 8 Tagen nach Erhalt der Ware entgegenzunehmen. Auch in diesem Zusammenhang kann offenbleiben, ob die Verkaufsbedingungen der Klägerin Vertragsbestandteil geworden sind. Wenn das der Fall war und die Parteien die Untersuchungs- und Rügefrist auf 8 Tage verlängert haben – was rechtlich möglich ist – oder wenn der Fakturenvermerk jedenfalls die Klägerin bindet (vgl. Mertens/Rehbinder, EKG, 1975, Rn. 7 zu Art. 38, 39), hätte das Rügeschreiben so rechtzeitig abgeschickt werden müssen, daß es innerhalb von 8 Tagen nach Erhalt der Ware von der Klägerin hätte entgegengenommen werden können, der Klägerin also zugegangen wäre. Das. Schreiben hätte also dann spätestens am Donnerstag, dem 27.3.1986 im Besitz der Klägerin sein müssen. Das war aber nicht sichergestellt, wenn die Beklagte das Schreiben erst am 25.3.1986 abgesandt hat. Abgesehen davon, tritt die Beklagte für den bestrittenen Zugang des Schreibens vom 25.3.1986 auch keinen Beweis an. Selbst bei Geltung der 8-Tagefrist hat die Beklagte demnach die Rügefrist nicht eingehalten.
Nach alledem kann die Beklagte aus einer etwaigen Vertragswidrigkeit der Unmaßplatten keine Rechte herleiten, weder ein Recht zur Herabsetzung des Kaufpreises noch einen Schadensersatzanspruch, mit dem sie gegenüber der Kaufpreisforderung der Klägerin aufrechnen könnte.
III. Die Berufung der Beklagten hat lediglich im Zinsausspruch einen geringen Teilerfolg.
Die Klägerin beansprucht wegen der nicht rechtzeitigen Zahlung des Kaufpreises für die Unmaßplatten Zahlung von Verzugszinsen nach Art. 83 EKG. Diese Vorschrift läßt unabhängig davon, ob der Verkäufer tatsächlich Kredit in Anspruch genommen hat, eine pauschalierte Berechnung der Verzugszinsen zu. Nach ihr hat der Verkäufer in jedem Fall Anspruch auf Verzugszinsen, die sich nach dem Diskontsatz des Landes richten, in dem er seine Niederlassung oder in Ermangelung einer Niederlassung seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Denn der Kaufpreis ist nach Art. 59 Abs. 1 EKG dem Verkäufer am Ort seiner Niederlassung zur Verfügung zu stellen, also in seinem Heimatland Wenn der Verkäufer sich wegen der ausbleibenden Zahlung des Käufers Geldmittel verschaffen muß, muß er in der Regel in seinem Heimatland Kredit aufnehmen und für diesen Kredit Zinsen entsprechend dem dortigen Zinsniveau zahlen. Der Diskontsatz des Heimatlandes des Verkäufers ist auch dann maßgeblich, wenn der Käufer – wie hier – den Kaufpreis in einer anderen als der im Heimatland des Verkäufers geltenden Währung schuldet. Darüber besteht in der Rechtsprechung kein Streit.
Streitig und – soweit ersichtlich – bisher noch nicht höchstrichterlich entschieden ist jedoch, ob dann, wenn der Kaufpreis in einer anderen Währung als derjenigen des Heimatlandes des Verkäufers geschuldet wird, der Zinsfuß des Art. 83 EKG nur von dem zum Fälligkeitstag in die Landeswährung des Käufers umzurechnenden Kaufpreis geschuldet wird, um zu vermeiden, daß der Verkäufer infolge einer zwischen Fälligkeit und Zahlung des Kaufpreises eingetretenen Wechselkursänderung mit Höherbewertung der Kaufpreisforderung mehr erhält als er hätte aufwenden müssen, um den Kaufpreis zum Zeitpunkt der Fälligkeit in der eigenen Währung in seinem Heimatland kreditiert zu erhalten (so OLG Düsseldorf DB 1981, 1612, 1613; Soergel-Luederitz, BGB, Band 2/2, 11. Aufl. 1986, Rn. 7 zu Art. 83 EKG). Nach anderer Auffassung hat der Gesetzgeber durch die ausschließliche Anknüpfung an das Zinsniveau im Lande des Verkäufers hinreichend zum Ausdruck gebracht, daß andere von jeher gegebene oder von den Parteien zumindest voraussehbare Faktoren wie Geldentwertung außer Betracht bleiben sollen, zumal auch der umgekehrte Fall eintreten könne, daß die Währung im Heimatland des Verkäufers inzwischen höher bewertet werde (so OLG Karlsruhe, RIW 1988, 398, 399).
Der Senat hat sich der erstgenannten Auffassung angeschlossen (2 U 68/86, Urteil vom 6.02.1987, RIW 1987, 313) und bisher an ihr festgehalten (2 U 1474/86, Urteil vom 20.11.1987). Er hält an dieser Auffassung – vorerst – weiter fest. Die Beklagte hat daher Zinsen in Höhe von 1 % über dem Diskontsatz der Banca … auf den Betrag in italienischer Lire zu zahlen, der dem amtlichen Briefkurs für 6.365,12 DM am Fälligkeitstag entsprach. Das war gemäß Art. 60 EKG der 19.4.1986.
Entsprechend war das angefochtene Urteil abzuändern.