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Zusammenfassung der Entscheidung Der deutsche Kläger und der italienische Beklagte sind Spediteure, die seit 1986 aufgrund eines Rahmenvertrags zusammenarbeiten. Auf den vom Kläger ausgestellten Rechnungen stand folgender Vermerk: "Wir arbeiten ausschließlich aufgrund der Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen (ADSp) neuester Fassung. Gerichtsstand Hamburg (DE)". Der Kläger klagte dementsprechend gegen den Beklagten vor dem OLG Hamburg auf Zahlung von Frachten.
Das Oberlandesgericht Hamburg (DE) stellt fest, dass die deutschen Gerichte nicht international zuständig sind. Vielmehr seien gemäß Art. 2 EuGVÜ die italienischen Gerichte international zuständig. Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ greife hier nicht ein. Der Erfüllungsort für die Zahlungsverpflichtungen des Beklagten werde nach dem Recht bestimmt, das nach den Regeln des IPR des angerufenen Gerichts auf den Vertrag anwendbar sei. Nach deutschem Recht, das hier zur Anwendung käme, sei die streitige Verpflichtung am Wohnsitz des Beklagten zu erfüllen. Durch die Bestimmung des Rahmenvertrags, dass die Fracht in Hamburg (DE) in Deutscher Mark zu bezahlen sei, sei kein Erfüllungsort in Deutschland vereinbart worden; es bestehe kein Anhaltspunkt dafür, dass die Parteien durch diese Klausel den gesetzlichen Erfüllungsort ändern wollten. Schließlich bestehe auch keine die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte begründende Gerichtsstandsvereinbarung. Selbst wenn es einem internationalen Handelsbrauch, der den Parteien bekannt sei oder als ihnen bekannt angesehen werden müsse, i.S.v. Art. 17 Abs. 1 S. 2 lit. c EuGVÜ entspreche, Gerichtsstandsvereinbarungen durch die widerspruchlose Annahme eines entsprechenden Gerichtsstandsvermerks auf Rechnungsvordrucken zu treffen, so könne der seitlich auf den Rechnungen abgedruckte Vermerk nicht als Angebot auf Abschluss einer Gerichtsstandsvereinbarung angesehen werden. Der zusätzliche Hinweis auf den Gerichtsstand Hamburg (DE) habe hier nur erläuternden Charakter.
JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission
Entscheidungsgründe:
Die zulässigen Berufungen der Beklagten sind sachlich gerechtfertigt.
Die Klage ist unzulässig, da das Landgericht Hamburg international nicht zuständig ist.
Die internationale Zuständigkeit ist nach dem Übereinkommen der Europäischen Gemeinschaft über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27. September 1968 (EuGVÜ) zu beurteilen, da die Parteien ihren Geschäftssitz jeweils in einem Vertragsstaat hatten. Gemäß Art. 2 Abs. 1,53 EuGVÜ ist das Landgericht Mailand international zuständig, da die Beklagte dort ihren Sitz hat.
Das Landgericht Hamburg ist gemäß Art. 5 Ziffer 1 EuGVÜ nicht ebenfalls zuständig, da Hamburg nicht der Erfüllungsort für die Zahlungsverpflichtungen der Beklagten ist. Der Erfüllungsort ist nach dem Schuldstatut zu beurteilen, welches vom internationalen Privatrecht der lex fori bestimmt wird (vgl. EuGH NJW 77, 491), also nach Art. 27 ff. EGBGB.
Nach Art. 27 Abs. 1 EGBGB unterliegt der zwischen den Parteien geschlossene Vertrag deutschem Recht. Zwar fehlt es an einer ausdrücklichen Vereinbarung der Parteien darüber, welches Recht anwendbar sein soll. Aus den Bestimmungen des Vertrages ergibt sich jedoch mit hinreichender Sicherheit, dass die Parteien deutsches Recht wählen wollten. Ein ausreichendes Indiz für diese Rechtswahl ist darin zu sehen, dass die Parteien die Geltung der ADSp vereinbart haben; die ADSp bauen ersichtlich auf dem deutschen Recht auf, setzen dies also voraus (vgl. zur Problematik BGH AWD 76, 447 ff., OLG Hamburg RIW 86, 462 ff., OLG Schleswig NJW-RR 1988, 283 f.).
Nach deutschem Recht ist die streitige Zahlungsverpflichtung der Beklagten an ihrem Wohnsitz zu erfüllen, also in Mailand. Durch die Bestimmungen des Rahmenvertrages vom 11. Juli 1986, dass die Fracht in Hamburg in DM zu zahlen sei, haben die Parteien Hamburg nicht als Erfüllungsort vereinbart. Durch diese Vereinbarung wollten die Parteien lediglich klarstellen, dass die Fracht in DM von der Beklagten entsprechend der gesetzlichen Regelung in § 270 BGB auf ihre Kosten und ihre Gefahr nach Hamburg zu übermitteln war (vgl. zur Problematik Urteil des Senats JW 1938, 1891 f., Palandt-Heinrichs, BGB, 47. Aufl., 1988, Anm. 2 b zu § 269). Es sind, keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Parteien durch diese Vertragsklausel den gesetzlichen Erfüllungsort ändern wollten, um so Hamburg als Gerichtsstand zu vereinbaren. Da die ADSp den vertraglichen Beziehungen zugrunde gelegt werden sollten, bestand im Hinblick auf § 65 b ADSp hierfür keinerlei Veranlassung.
Das Landgericht Hamburg ist auch nicht gemäß § 65 b ADSp international zuständig. Die Klägerin hat die Behauptung der Beklagten nicht bestritten, dass die Klägerin nicht gemäß § 39 ADSp eine Speditionsversicherung abgeschlossen hat. Damit kann sich die Klägerin gemäß § 41 c ADSp nicht der Beklagten gegenüber auf die ADSp berufen.
Die internationale Zuständigkeit des Landgerichts ist auch dadurch nicht begründet worden, dass die Klägerin auf den Rechnungen gem. den Anlagen K 1 bis K 5 und K 7 bis K 9 (Bl. 33 bis 37 und 39 bis 41 der Akten) vermerkt hatte: „Wir arbeiten ausschließlich aufgrund der Allgemeinen Deutschen Spediteurbedingungen (ADSp) neuester Passung. Gerichtsstand Hamburg.“ Das Landgericht Hamburg hat zu Recht ausgeführt, dass es für eine wirksam getroffene Gerichtsstandsvereinbarung gemäß Art. 17 EuGVÜ an der erforderlichen Schriftform mangelt. Dass die Parteien eine Gerichtsstandsvereinbarung mündlich geschlossen haben mit schriftlicher Bestätigung, behauptet die Klägerin selbst nicht. Das Vorbringen der Klägerin in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 18. September 1989, dass eine Gerichtsstandsvereinbarung unter Berücksichtigung internationaler Handelsbräuche dadurch zustande gekommen sei, dass die Klägerin auf der Vorderseite ihrer Rechnungen laufend auf den Gerichtsstand Hamburg hingewiesen habe, gibt dem Senat keine Veranlassung, gemäß § 156 ZPO die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen. Die Klägerin hätte diesen Vortrag spätestens im Termin vom 14. September 1989 halten müssen. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass ihr dies nicht möglich gewesen wäre.
Darüber hinaus ergibt sich auch aus dem nicht nachgelassenen Vorbringen der Klägerin in dem Schriftsatz vom 18. September 1989 keine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung gemäß Art. 17 Abs. 1 EuGVÜ. Selbst wenn es internationalem Handelsbrauch entspräche - der den Parteien darüber hinaus bekannt sein oder als ihnen bekannt angesehen werden müsste - Gerichtsstandsvereinbarungen in der Weise zu treffen, dass das Angebot hierzu durch einen entsprechenden Gerichtsstandsvermerk auf Rechnungsvordrucken abgegeben wird und dieses Angebot durch widerspruchslose Hinnahme der Rechnung angenommen wird, so könnte in dem seitlich abgedruckten Vermerk auf den Rechnungen gemäß den Anlagen K 1 bis K 5 und K 7 bis K 9 kein Angebot auf Abschluss einer Gerichtsstandsvereinbarung gesehen werden.
Der zweite Satz dieses Vermerkes „Gerichtsstand Hamburg“ stellt lediglich eine Erläuterung von § 65 b ADSp dar. Hamburg wäre nämlich bereits nach § 65 b ADSp der Gerichtsstand für alle Rechtsstreitigkeiten, die aus dem Auftragsverhältnis entstehen, da die Klägerin als Spediteur hier ihre Handelsniederlassung hat. Dies ergibt sich nicht nur daraus, dass der zweite Satz dieses Vermerkes in der englischen Fassung des zweisprachig aufgemachten Rechnungsvordruckes fehlt. Auch aus der Zahlungserinnerung vom 23. November 1987 (Anlage K 6; Bl. 38 der Akten) findet sich nur der Hinweis auf die ADSp ohne den erläuternden Hinweis auf den Gerichtsstand Hamburg. Die Klägerin geht hier anscheinend selbst davon aus, dass der zusätzliche Hinweis auf den Gerichtsstand Hamburg nur erläuternden Charakter hat. Die Beklagte durfte den angeführten Rechnungsvermerk auch deshalb in diesem Sinne verstehen, weil die Parteien nicht nur in dem Rahmenvertrag (Anlage K 11) die Modalitäten ihrer Zusammenarbeit im einzelnen festgelegt, sondern darüber hinaus auch in Ziffer 7 ausdrücklich bestimmt haben, dass Änderungen oder Ergänzungen nur schriftlich und im Einverständnis beider Parteien vorgenommen werden dürfen.
Der Berufung auf die ADSp steht jedoch - wie oben ausgeführt - § 41 c ADSp entgegen.