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Zusammenfassung der Entscheidung Die deutsche Klägerin hat die in Deutschland wohnende Beklagte zu 1) und die Beklagte zu 2) mit Wohnsitz in Großbritannien wegen Patentverletzung klageweise in Anspruch genommen, woraufhin diese vom Landgericht und Oberlandesgericht verurteilt worden sind. Auf die Revision beider Beklagten hat der Kostenbeamte des BGH (DE) durch Kostenrechnung den Gerichtskostenvorschuss in vollem Umfang von der Beklagten zu 1) gefordert. Hiergegen wendet sich diese mit der Erinnerung. Sie ist der Ansicht, die angeforderten Gerichtskosten müssten zwischen beiden Revisionsbeklagten aufgeteilt werden.
Der BGH (DE) führt aus, dass die alleinige Inanspruchnahme der Beklagten zu 1) ermessensfehlerfrei erfolgt sei. Angesichts des Wohnsitzes der Beklagten zu 2) in Großbritannien wäre die Sicherheit der Staatskasse betroffen, da die Kostenrechnung gegen die Beklagte zu 2) nicht nach der Justizbeitreibungsordnung im Inland vollstreckt werden könne. Darüberhinaus sei auch eine Vollstreckung im Wohnsitzland der Beklagten zu 2) von vornherein ausgeschlossen, da es sich bei der Kostenrechnung um eine öffentlich-rechtliche Forderung handele, die weder durch eine gerichtliche Entscheidung eines Zivilgerichts noch durch einen förmlichen Kostenfestsetzungsbeschluss tituliert sei. Aus diesem Grunde stelle sie keine "Entscheidung" im Sinne des Art. 25 EuGVÜ dar. Da sie aus einer bloßen Aufstellung der Kostenrechnung und der Feststellung der Kostenschuldner bestehe, handele es sich auch nicht um eine öffentliche Urkunde im Sinne des Art. 50 EuGVÜ.
JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission
I. Die Beklagte zu 1 als Unternehmen und der in Großbritannien wohnhafte Beklagte zu 2 als deren zeitweiser Geschäftsführer sind von der Klägerin wegen Patentverletzung klageweise in Anspruch genommen und von Landgericht und Oberlandesgericht verurteilt worden. Auf die Revision beider Beklagten hat der Kostenbeamte des Bundesgerichtshofes durch Kostenrechnung vom 7. Dezember 1999 die vorzuschießende Gebühr von 7.090,‑ DM in vollem Umfange bei der Beklagten zu 1 angefordert. Hiergegen wendet sich die Beklagte zu 1 mit ihrer Erinnerung. Sie meint, die angeforderten Gerichtskosten müßten zwischen beiden Revisionsklägern aufgeteilt werden.
II. Die gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 GKG statthafte Erinnerung gegen den Kostenansatz vom 7. Dezember 1999 hat in der Sache keinen Erfolg.
Da die Kosten des Revisionsverfahrens bislang nicht durch gerichtliche Entscheidung verteilt sind, haften die Beklagten gemäß §§ 58 Abs. 1, 59 Abs. 1 Satz 1, 49 Abs. 1 Satz 1 GKG für den in Ansatz gebrachten Vorschuß als Gesamtschuldner. Denn sie sind gemäß § 60 ZPO Streitgenossen. Gesamtschuldnerschaft bedeutet, daß der Gläubiger, hier also die Staatskasse, nach Belieben von jedem Schuldner die ganze Leistung verlangen kann (§ 421 BGB).
Der Sache nach greift die Beklagte zu 1 mit ihrer Erinnerung § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 der aufgrund des Beschlusses des Bundesministers der Justiz und der Landesjustizverwaltungen als Verwaltungsvorschrift in Kraft gesetzten Kostenverfügung auf, wonach die Staatskasse gehalten sein kann, die angesetzten Kosten zunächst von sämtlichen Kostenschuldnern nach Kopfteilen anzufordern. Auch diese Regelung verhilft der Erinnerung jedoch nicht zum Erfolg. Dabei kann unentschieden bleiben, ob mit der Erinnerung nach § 5 GKG auch die ermessensfehlerhafte Anwendung einer Verwaltungsvorschrift (so BFH, Beschl. v. 12.12.1996 – VII E 8/96) oder nur die Verletzung eines Kostengesetzes (so Oestrich/Winter/Hellstab, Komm. z. Gerichtskostengesetz, § 58 Rn. 4 mwN) gerügt werden kann. Denn nach § 8 Abs. 3 Kostenverfügung soll im Rahmen pflichtgemäßen Ermessens die Anforderung nach Kopfteilen nur gewählt werden, soweit die Sicherheit der Staatskasse keine andere Art der Inanspruchnahme geboten erscheinen läßt. Angesichts des Wohnsitzes des Beklagten zu 2 in Großbritannien wäre diese Sicherheit jedoch im Falle einer Kostenanforderung bei dem Beklagten zu 2 betroffen. Es ist damit zu rechnen, daß eine Kostenanforderung beim Beklagten zu 2 nicht nach der Justizbeitreibungsordnung im Inland vollstreckt werden kann. Auch eine Vollstreckung im Wohnsitzland des Beklagten zu 2 kommt nicht in Betracht. Die Kostenrechnung betrifft eine öffentlich-rechtliche Forderung, die weder durch eine gerichtliche Entscheidung eines Zivilgerichts noch einen förmlichen Kostenfestsetzungsbeschluß tituliert ist. Sie ist daher keine Entscheidung im Sinne des Brüsseler Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Art. 25 EuGVÜ); weil sie in der bloßen Aufstellung der Kostenrechnung und der Feststellung der Kostenschuldner besteht (§ 4 Abs. 1 Kostenverfügung), handelt es sich bei dem Kostenansatz vom 7. Dezember 1999 auch nicht um eine öffentliche Urkunde im Sinne des Art. 50 EuGVÜ; sie wird deshalb in Großbritannien nicht anerkannt (Art. 26, 31 EuGVÜ; vgl. auch Zöller/Geimer, ZPO, 21. Aufl., Anh. I, Art. 25 GVÜ Rn. 10 mwN). Dies verbietet es, die alleinige Inanspruchnahme der in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Beklagten zu 1 als ermessensfehlerhaft zu bezeichnen.