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Zusammenfassung der Entscheidung Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit Sitz in der Schweiz. Zwischen ihr und dem deutschen Beklagten ist im Jahre 1986 ein Vertrag zustande gekommen, durch den die Klägerin berechtigt war, in eigenem Namen und auf eigene Rechnung das in Frankreich belegene Haus des Beklagten Dritten für Ferienzwecken zur Verfügung zu stellen. Am 15.8.1989 haben die Parteien einen weiteren Vertrag für die Saison 1990 abgeschlossen. Dieser enthielt eine Klausel zur Anwendung schweizerischen Rechts sowie eine Gerichtsstandsklausel, welche die internationale Zuständigkeit der schweizerischen Gerichte begründete. Im November 1989 kündigte der Beklagte mit sofortiger Wirkung den Vertrag. Daraufhin hat die Klägerin Klage auf Schadensersatz vor einem deutschen Gericht erhoben. Am 8.5.1990 übersandte der Beklagte dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin ein Schreiben, in dem er sich mit der Anwendbarkeit deutschen Rechts und dem Gerichtsstand Frankfurt/Main (DE) einverstanden erklärte.
Das Oberlandesgericht Frankfurt/Main (DE) führt aus, dass im vorliegenden Fall die deutschen Gerichte international zuständig seien. Die von den Parteien am 8.5.1990 getroffene Gerichtsstandsvereinbarung sei gemäß Art. 17 Abs. 1 EuGVÜ wirksam. Durch sie sei die am 15.8.1989 abgeschlossene Gerichtsstandsvereinbarung abgeändert worden. Allerdings seien die deutschen Gerichte auch im Falle einer fehlenden Gerichtsstandsvereinbarung nach Art. 2 EuGVÜ international zuständig. Außerdem stehe der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte eine ausschließliche Zuständigkeit nach Art. 16 Nr. 1 EuGVÜ nicht entgegen. Diese Vorschrift sei nicht anwendbar, weil die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche kein Miet- oder Pachtverhältnis beträfen. Vielmehr handele es sich bei dem vorliegenden Vertrag um einen Dienstvertrag, der die unentgeltliche Vermittlung von Mietern für das Ferienhaus des Beklagten durch die Klägerin zum Gegenstand habe.
JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Die Berufung ist zulässig und der Sache nach begründet.
Entgegen der Ansicht des Landgerichts ist die Klage zulässig, da die von den Parteien am 8. Mai 1990 getroffene Gerichtsstandsvereinbarung wirksam und somit die internationale Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland sowie die örtliche und sachliche Zuständigkeit des Landgerichts Frankfurt gegeben ist.
Die internationale Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland sowie die Wirksamkeit der am 8.5.1990 getroffenen Gerichtsstandsvereinbarung richten sich nach dem EuGVÜ. Das EuGVÜ regelt nämlich die internationale Zuständigkeit unter den EG-Staaten und ist immer dann anzuwenden, wenn der Rechtsstreit in dessen sachlichen (Art. 1) sowie zeitlichen (Art. 54) Anwendungsbereich fällt und wenigstens die beklagte Partei in einem der Vertragsstaaten ihren Wohnsitz hat (vgl. Kropholler, Europäisches Zivilprozeßrecht, 3.Aufl. 1991, vor Art. 2 RdN 5).
Alle diese Voraussetzungen sind zweifellos gegeben.
Aufgrund von Art. 17 Abs. 1 EuGVÜ war es den Parteien auch möglich, die internationale Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland sowie die örtliche und sachliche Zuständigkeit des Landgerichts Frankfurt am Main zu vereinbaren. Diese zwischen den Parteien am 8.5.1990 getroffene Vereinbarung ist auch nicht nach Art. 17 Abs. 3 EuVGÜ unwirksam, da es keine anderweitige ausschließliche internationale Zuständigkeit gibt.
Die Voraussetzungen für eine ausschließliche Zuständigkeit der französischen Gerichte liegen entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht vor. Daran ändert auch die Tatsache nichts, daß das Haus des Beklagten, welches Gegenstand des streitigen Vertrages ist, in Frankreich liegt. Die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche betreffen nämlich kein Miet- oder Pachtverhältnis (Art. 16 EuGVÜ). Bei dem Vertrag zwischen den Parteien handelt es sich vielmehr um einen Dienstvertrag, der die unentgeltliche Vermittlung von Mietern für das Ferienhaus des Beklagten in Chateauneuf-de-Grasse zum Gegenstand hat. Für eine Zwischenvermietung, einer Vermietung zur gewerblichen Weitervermietung, gibt es in dem schriftlichen Vertrag keine ausreichenden Anhaltspunkte.
Der Beklagte hat der Klägerin lediglich das ausschließliche Recht zur Vermittlung von Mietern für sein Haus in Chateauneuf-de-Grasse vertraglich übertragen. Dies ergibt sich deutlich aus dem Wortlaut des Vertrags. So heißt es bereits im einleitenden Satz zu den einzelnen vertraglichen Regelungen, daß der Beklagte die Klägerin beauftragt, das Reservierungsrecht zu folgenden Bedingungen auszuüben. Dementsprechend wird im weiteren Vertragstext immer wieder von dem Reservierungsrecht der Klägerin, das sie in eigenem Namen und auf eigene Rechnung für genau festgelegte Zeiten ausüben darf, gesprochen. Allein die Tatsache, daß nur das Recht zur Reservierung des Hauses für selbst geworbene Mieter Gegenstand des Vertrags ist, läßt erkennen, daß es sich um keinen Mietvertrag handeln kann. Denn ein Mietvertrag hat in der Regel einen bestimmten Gebrauch der Mietsache zum Gegenstand und nicht nur die Ausübung eines Rechts, um mit anderen Mietverträge schließen zu können.
Dessen waren sich die Parteien bei Abschluß des Vertrages auch bewußt. Denn in Ziff. 3 des Vertrages wird es dem Beklagten untersagt, das Reservierungsrecht anderen Vermittlern zu übertragen. Die Vertragsparteien haben also durch die Wahl der Worte selbst deutlich hervorgehoben, daß Gegenstand des zwischen ihnen geschlossenen Vertrages nur eine Vermittlungstätigkeit, nicht aber die Vermietung zur Weitervermietung war.
Mit der Rechtsstellung der Klägerin als bloßer Vermittlerin von Mietern stehen auch die übrigen Bestimmungen des Vertrags in Einklang. So haben die Vertragsparteien eine Regelung darüber getroffen, daß der Provisionsanspruch der Klägerin gegenüber Mietern selbst dann besteht, wenn diese unmittelbar mit dem Beklagten einen Anschlußvertrag schließen sollten. Außerdem hatte sich die Klägerin verpflichtet, dem Beklagten alle Einzelheiten jeder verbindlichen Buchung, den Namen der Mieter, die Anzahl der Personen, den vereinbarten Mietzins, den An- und Abreisetermin usw. mitzuteilen. Eine solche Mitteilungspflicht hat aber nur dann einen Sinn, wenn die Klägerin lediglich Vermittlerin von Mietern war. Mit einem Mietvertrag, der die Klägerin berechtigte, das Objekt gewerblich weiter zu vermieten, läßt sich eine solche Mitteilungsverpflichtung nur schwer vereinbaren. Schließlich hat der Beklagte von der Klägerin auch keinen festen Mietzins erhalten. Ihm wurde lediglich der von den Mietern tatsächlich gezahlte Mietzins weitergeleitet. Dementsprechend stand der nach Ziff. 6.2 des Vertrags von der Klägerin zu zahlende 25 %ige Vorschuß auch unter dem Vorbehalt der tatsächlichen Zahlung des Mietzinses durch die Mieter. Der Verdienst der Klägerin lag hingegen allein in der von den Mietern zu zahlenden Provision.
Für die hier vertretene Vertragsauslegung spricht ferner, daß der Beklagte der Klägerin aufgrund der in einer Zusatzvereinbarung getroffenen Regelung den Empfang. der Mieter, die Abrechnung der Nebenkosten sowie der Kaution mit einer Pauschale gesondert entgelten mußte.
Wäre nämlich das Haus an die Klägerin zur gewerblichen Weitervermietung vermietet gewesen, so hätten diese Leistungen dem Beklagten nicht mehr gesondert in Rechnung gestellt werden können, da sie zu den Aufgaben der Klägerin als Vermieterin gehört hätten.
Schließlich steht dieser Vertragsauslegung auch nicht entgegen, daß in dem Vertragstext die Worte „Vermietung“, „Mietsaison“, „Mieter“ und „Mietzins“ verwendet werden. Sie werden nämlich immer nur dann gebraucht, wenn die Rechtsverhältnisse zu den Feriengästen angesprochen werden bzw. ein direkter Bezug hierzu vorhanden ist. Daß es sich bei diesen Rechtsverhältnissen um Mietverträge handelt, dürfte außer Zweifel stehen, doch hat dieser Umstand keinerlei Einfluß auf die Auslegung und den Charakter des von den Parteien am 15.8.1989 geschlossenen Vertrags, in dem die Rechtsposition den Beklagten gerade nicht mit Vermieter, sondern mit dem Begriff „Leistender“ umschrieben wird.
Für die Beantwortung der Frage, ob der zwischen den Parteien am 15.8.1989 geschlossene Vertrag als Mietvertrag oder aber Dienstvertrag zu qualifizieren ist, kommt es auch nicht darauf an, inwieweit die getroffenen Regelungen dem AGBG widersprechen und deshalb unwirksam sind. Bei der Ermittlung des Vertragscharakters handelt es sich vielmehr um die Beantwortung einer unverzichtbaren Vorfrage. Denn erst aus der Art des Vertrages ergeben sich u.a. die Kriterien, an denen das AGBG die Wirksamkeit einzelner vertraglicher Bestimmungen mißt (§ 9 AGBG).
Da eine auschließliche internationale Zuständigkeit Frankreichs nicht gegeben ist, gilt die Vereinbarung der Parteien vom 8.5.1990, durch die auch Ziff. 2 des Vertrages vom 15.8.1989, in der Basel als Gerichtsstand vereinbart war, abgeändert worden ist. Damit ist das Landgericht Frankfurt am Main örtlich und sachlich zuständig, was auch im Falle einer fehlenden Gerichtsstandsvereinbarung der Gesetzeslage entsprochen hätte (Art. 2 EuGVÜ). Da das Landgericht die Klage aber wegen fehlender örtlicher Zuständigkeit als unzulässig angesehen und sich auch ausschließlich nur mit der Frage der Zulässigkeit, die der Senat anders beurteilt, auseinandergesetzt hat, liegt ein Fall der notwendigen Zurückverweisung vor (§ 538 Abs. 1 Ziff. 2 ZPO).
Dem Senat war es auch möglich, in eigener Kompetenz über die internationale Zuständigkeit der Gerichte der Bundesrepublik und damit über die Zulässigkeit der Klage zu entscheiden. Einer Vorlage an den EuGH bedurfte es nicht, da es in der für die internationale Zuständigkeit entscheidenden Frage nicht um die Auslegung europäischen Rechts sondern allein um die Auslegung des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrags ging (vgl. Kropholler, aaO, RdN 21 ff).
Außerdem bestand kein Anlaß, die Revision zuzulassen (§ 546 Abs. 1 ZPO). Bei dem entschiedenen Fall handelt es sich nämlich um keine Rechtssache von grundsätzlicher Bedeutung (§ 546 Abs. 1 Ziff. 1 ZPO). Die Probleme lagen allein im Tatsächlichen, nämlich der Auslegung und Interpretation eines Vertragstextes. Schließlich ist der Senat auch von keiner Entscheidung des BGH oder des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe abgewichen, so daß es auch an dem Zulassungsgrund des § 546 Abs. 1 Ziff. 2 ZPO fehlt.