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unalex. Rechtsprechung Entscheidung DE-279
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unalex. Rechtsprechung

Entscheidung DE-279  



OLG Frankfurt a.M. (DE) 29.05.1978 - 20 W 994/77
Art. , , EuGVÜ – unalexAbweichende Regelungen unter dem EuGVÜ/LugÜ1988 –unalexNachweiserleichterungen –unalexBefreiung von der Vorlage der Bescheinigung

OLG Frankfurt a.M. (DE) 29.05.1978 - 20 W 994/77, unalex DE-279



Ist bei einem Versäumnisurteil die Klageschrift nicht nach den Vorschriften des Haager Übereinkommens über den Zivilprozess vom 01.03.1954 zugestellt worden, kann von der Vorlage der Zustellungsurkunde gemäß Art. 48 EuGVÜ abgesehen werden, sofern der Beklagte nachweislich rechtzeitig und ausreichend Gelegenheit gehabt hat, der Klage entgegenzutreten.

Von der Vorlage eines ordnungsgemäßen Nachweises der Urteilszustellung gemäß Art. 47 Nr. 1 EuGVÜ kann nicht befreit werden.


-  Zusammenfassung der Entscheidung 

Die Gläubigerin erwirkte gegen den Schuldner ein Versäumnisurteil eines italienischen Gerichts. Auf Antrag der Gläubigerin ordnete das zuständige deutsche Landgericht an, das italienische Urteil mit der Vollstreckungsklausel zu versehen. Zum Nachweis der Zustellung der Klageschrift verwies die Gläubigerin auf einen amtlichen Vermerk auf der vorgelegten Klageschrift. Dieser besagte, dass die Klageschrift dem Schuldner dadurch zugestellt worden sei, dass eine Kopie der Vorladung am Anschlagsbrett des italienischen Gerichts angebracht worden sei, eine weitere Kopie an den Schuldner durch Posteinschreiben abgesandt und eine dritte Kopie dem zuständigen italienischen Oberstaatsanwalt zwecks Weiterleitung an das italienische Außenministerium zugeleitet worden sei. Der Schuldner erhob Beschwerde.

Das Oberlandesgericht Frankfurt (DE) führt aus, dass eine Zustellung der Klageschrift gemäß Art. 46 Nr. 2 EuGVÜ nicht nachgewiesen sei. Die Zustellung richte sich nach dem Haager Übereinkommen über den Zivilprozess vom 1.3.1954. Einen Zustellnachweis gemäß Art. 1 Abs. 1 und Art. 5 des Haager Übereinkommens habe die Gläubigerin aber nicht vorlegen können. Eine Zustellung per Post nach Art. 6 des Haager Übereinkommens sei hier nicht möglich gewesen, da Deutschland dem ausdrücklich widersprochen habe. Jedoch sei auf den Nachweis der Zustellung der Klageschrift Art. 48 Abs. 1 EuGVÜ anzuwenden. Eine „gleichwertige Urkunde“ im Sinne dieser Vorschrift sei in einem Schreiben der Schuldnerin zu sehen, aus dem sich zweifelsfrei ergebe, dass sie das verfahrenseinleitende Schriftstück rechtzeitig erhalten habe. Damit sei das rechtliche Gehör gewahrt. Allerdings habe die Gläubigerin auch keinen Nachweis der Zustellung des Urteils gemäß Art. 47 Nr. 1 EuGVÜ erbringen können. Hiervon könne auch Art. 48 Abs. 1 EuGVÜ nicht befreien. Die Beschwerde habe daher Erfolg.

 JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission

-  Entscheidungstext 

Gründe:

Durch das Urteil vom 11.05.1976 hat die 2. Zivilkammer des Landgerichts in Turin den Antragsgegner unter anderem verurteilt, an die Antragstellerin 24.844.817 Lire nebst den gesetzlichen Zinsen vom 28.05.1973 an zu zahlen. Gleichzeitig hat es die Prozesskosten der Antragstellerin auf 1.024.505 Lire festgesetzt, wovon 149.550 Lire auf Schriftsätze etc., 384.975 Lire und 500.000 Lire auf Anwaltsgebühren entfallen. Es hat den Antragsgegner verurteilt, hiervon 517.252 Lire an die Antragstellerin zu zahlen. Mit Schriftsatz vom 11.11.1977 hat die Antragstellerin die Zulassung der Zwangsvollstreckung und die Anordnung der Erteilung der Vollstreckungsklausel nach Art. 31 des Übereinkommens der Europäischen Gemeinschaft über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidung in Zivil- und Handelssachen (EGÜbk) vom 27.09.1968 zu dem o.g. Urteilsteil beantragt. Der Vorsitzende der 19. Zivilkammer des Landgerichts in Frankfurt am Main hat mit Beschluß vom 25.11.1977 diesem Antrag entsprochen.

Gegen diesen Beschluß richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners. Er meint, ihm sei das den Rechtsstreit der Antragstellerin gegen ihn einleitende Schriftstück nicht oder doch nicht ordnungsgemäß zugestellt worden. Dementsprechend beantragt er, den angefochtenen Beschluß aufzuheben,

hilfsweise

die Entscheidung bis zu einer rechtskräftigen Gerichtsentscheidung in Italien auszusetzen,

weiterhin hilfsweise

für die Dauer des Aussetzung ihm nachzulassen, die Zwangsvollstreckung nicht nur durch Zahlung einer Sicherheitsleistung abzuwenden, sondern auch durch eine selbstschuldnerische Bankbürgschaft einer als Steuer- und Zollbürgin zugelassenen deutschen Bank oder Sparkasse.

Die Antragstellerin beantragt, die Beschwerde gegen den angefochtenen Beschluß zurückzuweisen. Sie meint, sie habe die nach Art. 46 Nr. 2 EGÜbk erforderliche Urkunde vorgelegt. Das Urteil des Turiner Gerichts sei ordnungsgemäß zugestellt und inzwischen rechtskräftig geworden.

Die Beschwerde des Antragsgegners ist zulässig (Art. 36 EGÜbk, § 12 AG EGÜbk).Sie ist rechtzeitig erhoben und hat auch Erfolg, weil der angefochtene Beschluß fehlerhaft ist. Der nach Art. 42 Abs. 2 EGÜbk in zulässiger Weise beschränkte Antrag erfüllt die gesetzlichen Voraussetzungen des Art. 46 EGÜbk. Die Antragstellerin hat eine Ausfertigung des in einer Zivil- und Handelssachen ergangenen Urteils des Turiner Gerichts vorgelegt und dessen Vollstreckbarkeit durch den auf diesem Urteil enthaltenen Vermerk nachgewiesen (Art. 46 Nr. 1 EGÜbk). Da es sich hinsichtlich des Antragsgegners um ein im Versäumnisverfahren ergangenes Urteil handelt, ist nach Art. 46 Nr. 2 EGÜbk die Urschrift oder eine beglaubigte Abschrift der Urkunde vorzulegen, aus der sich ergibt, daß das den Rechtsstreit einleitende Schriftstück dem Antragsgegner zugestellt worden ist. Eine solche Urkunde hat die Antragstellerin nicht vorgelegt.

Zwar befindet sich auf der vorgelegten Klageschrift ein amtlicher Vermerk darüber, daß die Klageschrift dem Antragsgegner dadurch zugestellt worden sei, daß eine Kopie der Vorladung am Anschlagsbrett des Turiner Gerichts angebracht worden sei, eine weitere Kopie an den Antragsgegner durch Posteinschreiben abgesandt und eine dritte Kopie dem Oberstaatsanwalt in Turin zugeleitet worden sei zwecks Weiterleitung an das italienische Außenministerium. Hierin liegt aber keine ordnungsgemäße Zustellung iSv Art. 46 Nr. 2 EGÜbk, weil sie nicht in einer im Prozeßrecht des Urteilsstaates einschließlich des dort anwendbaren zwischenstaatlichen Rechts vorgesehenen Form erfolgt ist (Bülow-Böckstiegel-Linke Art. 46 II 2 EGÜbk).

Nach Art. IV Abs. 1 des Protokolls zum EGÜbk, das ein integrierter Bestandteil des Übereinkommens ist und deshalb die gleiche rechtliche Bedeutung und Wirksamkeit wie das Übereinkommen selbst hat, wird für die Zustellung auf die mehr- oder zweiseitigen Übereinkünfte für den Rechtshilfeverkehr in Zivil- und Handelssachen, die jeweils zwischen dem Absende- und den Empfangsstaat in Kraft sind, verwiesen. Zu diesen anderweitigen Vereinbarungen gehört in erster Linie das Haager Übereinkommen über den Zivilprozeß vom 01.03.1954 /BGBL 1958 II 576; vgl. auch das deutsche Ausführungsgesetz dazu vom 18.12.1958 - BGBL 1958 I 939), dem sowohl die Bundesrepublik Deutschland als auch die übrigen Mitgliedsstaaten der Alt-EWG, also auch Italien, beigetreten sind. Danach hätte die Antragstellerin urkundlich nachweisen müssen, daß die Zustellung der Klageschrift an den Antragsgegner entsprechend den Vorschriften des Haager Überreinkommens über den Zivilprozeß erwirkt worden ist.

Nach Art. 1 dieses Übereinkommens wird die Zustellung von Schriftstücken, die für eine am Ausland befindliche Person bestimmt sind, auf einen Antrag bewirkt, der von dem Konsul des ersuchenden Staates an die von dem ersuchten Staat zu bezeichnende Behörde gerichtet wird. Nach Art. 2 wird die Zustellung durch die Behörde bewirkt, die nach den Rechtsvorschriften des ersuchten Staates zuständig ist, in Deutschland durch die Geschäftsstelle des Amtsgerichts, in dessen Bezirk sie vorzunehmen ist (§ 2 Ausführungsgesetz zum Haager Übereinkommen). Diese hat auch den Zustellungsnachweis gemäß Art. 1 Abs. 1 und Art. 5 des Haager Übereinkommens den ersuchenden ausländischen Behörden zu erteilen. Eine solche Bescheinigung liegt hier nicht vor.

Es fehlt auch an jedem Nachweis dafür, daß eine Zustellung auf diesem Wege erfolgt ist. Nach Art. 6 können zwar unabhängig von dieser Regelung Schriftstücke einer im Ausland befindlichen Person unmittelbar durch die Post übersandt werden, wenn dies in einem Abkommen zwischen den beteiligten Staaten in dieser Weise geregelt ist oder wenn beim Fehlen solcher Abkommen der Staat, in dessen Hoheitsgebiet die Zustellung zu bewirken ist, ihr nicht widerspricht. Zwischen Italien und Deutschland besteht ein solches Abkommen aber nicht.

Die Bundesrepublik Deutschland hat der Zustellung durch die Post ausdrücklich widersprochen (vlg. Bülow- Böckstiegel, Internationaler Rechtsverkehr in Zivil- und Handelssachen 2. Aufl. 4. Ergänzungslieferung, Art. 6 des Haager Übereinkommens über den Zivilprozeß Anm. 38). Das Haager Abkommen über die Zustellung gerichtlicher Schriftstücke vom 15.11.1965 ist von der Bundesrepublik Deutschland noch nicht ratifiziert worden, daher noch nicht anwendbar.

Art. 48 EGÜbk berechtigt das Gericht jedoch dann, wenn die in Art. 46 Nr. 2 angeführte Urkunde nicht vorgelegt wird, sich mit gleichwertigen Urkunden zu begnügen oder von der Vorlage der Urkunde zu befreien, wenn es eine weitere Klärung nicht für erforderlich hält (vgl. dazu auch Bülow-Böckstiegel-Linke Art. 47 III EGÜbk). Von dieser Möglichkeit hat der Vorsitzende der 19. Zivilkammer des Landgerichts in Frankfurt am Main offensichtlich Gebrauch machen wollen; sein Vorgehen ist auch gerechtfertigt. Denn der Antragsgegner hat in einem von der Antragstellerin vorgelegten Schreiben vom 10.12.1974 bestätigt, daß er spätestens am 10.12.1974 die Ladung zum Termin vom 30.12.1974 erhalten hat. Da er in diesem Schreiben auch zur Sache selbst Stellung nimmt, muß ihm damals bereits bekannt gewesen sein, welcher Anspruch gegen ihn geltend gemacht wurde. Dann aber liegt eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör vor. Er kann daher auch nicht mit seinem Vortrag gehört werden, daß sich aus seinem Schreiben nicht ergebe, daß er die Ladung des den Prozeß einleitenden Schriftstücks nicht erhalten habe, solange er nicht dartut, in welcher anderen Weise ihm die Ladung zum Termin sonst bekannt geworden ist. Damit ist auch ohne Vorlegung einer entsprechenden Urkunde hinreichend geklärt, daß der Antragsgegner rechtzeitig und ausreichend Gelegenheit gehabt hat, der Klage vor dem Turiner Gericht entgegen zu treten.

Dieser Umstand rechtfertigt es, die Antragsstellerin von der Vorlage der Urkunden nach Art. 46 Nr. 2 EGÜbk zu befreien. Auch das Bayerische ObLG (FamRZ 75.215) hat bereits die Bestimmung des § 187 ZPO im internationalen Verfahrensrecht für anwendbar erklärt, soweit es um den Nachweis der förmlichen Zustellung der Klage und der prozeßeinleitenden Verfügung geht (vgl. auch Geimer in NJW 1973.2138 ff.).

Nach Art. 47 Ziff. 1 hat die Antragstellerin darüber hinaus aber Urkunden vorzulegen, aus denen sich ergibt, daß die Entscheidung nach dem Recht des Urteilsstaates vollstreckbar ist - dies ergibt sich aus dem vorgelegten Urteil - und daß sie zugestellt worden ist.





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