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Zusammenfassung der Entscheidung Der Antragsteller erwirkte gegen den Antragsgegner einen Arrestbeschluss vor einem Gericht in Straßburg (FR), durch den der dingliche Arrest gegen den Antragsgegner angeordnet wurde, weil der Antragsgegner trotz Einschreibens mit Empfangsbestätigung keine Zahlung aufgrund einer übernommenen Bürgschaft geleistet hatte und daher im Verzug war. Das französische Gericht ordnete ferner die vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung an. Der Beschluss wurde dem Antragsgegner im Parteibetrieb samt Belehrung über die Möglichkeit des Widerspruchs zugestellt. Der Antragsteller beantragte, den Arrestbeschluss für in der Bundesrepublik vollstreckbar zu erklären. Das LG Mönchengladbach (DE) kam diesem Antrag nach. Der Antragsgegner legte Rechtsmittel gegen die Entscheidung ein, mit der Begründung, der Antragsteller habe keinen Anspruch ihm gegenüber da er die Bürgschaftserklärung angefochten habe.
Der Bundesgerichtshof (DE) entscheidet, dass dem Arrestbeschluss die deutsche Vollstreckungsklausel zu erteilen sei. Das Argument des Antragsgegners, er habe die der Entscheidung zugrunde liegende Bürgschaftserklärung wirksam angefochten, könne gemäß Art. 26, 29 EuGVÜ nicht berücksichtigt werden, da diese Anfechtung bereits zum Zeitpunkt der französischen Entscheidung vorhanden war. Einwendungen gegen den Anspruch selbst könnten aber nur dann im Vollstreckungsverfahren geltend gemacht werden, wenn die Gründe, auf denen sie beruhten, erst nach dem Erlass der ausländischen Entscheidung entstanden seien. Dass Arrestbefehle nach dem EuGVÜ für vollstreckbar erklärt werden können, ergebe sich unmittelbar aus Art. 24, 25 EuGVÜ.
JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission
I. Der Antragsgegner hatte am 13. September 1971 für alle Verbindlichkeiten der Firma A. H. GmbH, S./Frankreich (Hauptschuldnerin) gegenüber der Antragstellerin, einer Bank, eine selbstschuldnerische Bürgschaft übernommen.
Das Landgericht Straßburg hat zugunsten der Antragstellerin am 18. Oktober 1978 ohne mündliche Verhandlung einen Arrestbeschluß erlassen, durch den dinglicher Arrest gegen den Antragsgegner bis zur Höhe von 286.327,87 FF Hauptsache und für 25.000 FF Zinsen und Kosten angeordnet und als Abwendungsbetrag die Summe von 250.000 FF festgesetzt wurde, weil der Antragsgegner trotz Einschreibens mit Empfangsbestätigung keine Zahlungen geleistet hatte und daher im Verzug war. Die vorläufige Vollstreckung des Arrestbeschlusses ohne Sicherheitsleistung wurde vom französischen Gericht angeordnet. Der Arrestbeschluß wurde dem Antragsgegner im Parteibetrieb am 24. November 1978 samt Belehrung über die Möglichkeit des Widerspruchs gegen diese Entscheidung zugestellt.
Der Vorsitzende der 6. Zivilkammer des Landgerichts Mönchengladbach hat antragsgemäß die Vollstreckungsklausel für den französischen Arrestbeschluß erteilt. Das Beschwerdegericht hat die Beschwerde des Antragsgegners hiergegen zurückgewiesen.
Mit seiner Rechtsbeschwerde beantragt der Antragsgegner die Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
II. Die Rechtsbeschwerde ist formgerecht und fristgerecht eingelegt (§ 17 AG EBÜbk vom 29. Juli 1972 – BGBl. I 1328). Sie ist statthaft; denn wenn die Entscheidung über die Zulassung des französischen Arrestbefehls zur Vollstreckung in der Bundesrepublik Deutschland durch Endurteil ergangen wäre (§ 722 ZPO), dann wäre im vorliegenden Falle die Revision hiergegen gegeben (§ 546 ZPO), obwohl die französische Entscheidung die Anordnung eines dinglichen Arrestes betrifft; denn hier ist über die Zulassung eines ausländischen Urteils zur Vollstreckung und nicht über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrestes zu entscheiden (§ 545 Abs. 2 ZPO).
Ob § 554 b ZPO auch im Rechtsbeschwerdeverfahren (§§ 17 ff. AG EGÜbk) anwendbar ist, wenn das Oberlandesgericht die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat, diese aber nach dem Wert der Beschwer statthaft ist, kann offen bleiben, weil die vorliegende Sache auf jeden Fall grundsätzliche Bedeutung hat.
III. Die Rechtsbeschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Mit der Rechtsbeschwerde wird vorgetragen, der Antragsgegner habe seine Bürgschaft gegenüber der Antragstellerin wegen arglistiger Täuschung angefochten. Dies habe das Beschwerdegericht zu Unrecht im Anerkennungsverfahren nach dem Europäischen Übereinkommen nicht berücksichtigt. Es handle sich hier um eine französische Gerichtsentscheidung, die ohne mündliche Verhandlung ergangen ist. Daher müsse der Antragsgegner alle Einwendungen vorbringen können.
2. Nach Art. 26 EGÜbk werden die in einem Vertragsstaat ergangenen gerichtlichen Entscheidungen in den anderen Vertragsstaaten grundsätzlich – vorbehaltlich der hier nicht einschlägigen und vom Antragsgegner auch nicht als verletzt gerügten Art. 27 und 28 EGÜbk – anerkannt. Sie dürfen keinesfalls auf ihre Gesetzmäßigkeit nachgeprüft werden (Art. 29 EGÜbk). Einwendungen gegen den Anspruch selbst können im Vollstreckungsverfahren nach dem Übereinkommen nur insoweit geltend gemacht werden, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Erlaß der ausländischen Entscheidung entstanden sind (§ 14 AG EGÜbk). Daß auch Arrestbefehle nach dem Europäischen Übereinkommen für vollstreckbar erklärt werden können, ergibt sich aus Art. 24, 25 EGÜbk und §§ 34, 35 AG EGÜbk.
3. a) Das Europäische Übereinkommen dient der Erleichterung der Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in den Vertragsstaaten (EuGH Urteil vom 14. Juni 1977 – Rechtssache 9 und 10/77 = NJW 1978, 483, 484).
b) Hier hat der Antragsgegner die Möglichkeit, seine Einwendung, er habe die dem Arrest zugrunde liegende Bürgschaftsforderung dadurch in Wegfall gebracht, daß er die Bürgschaft selbst wegen arglistiger Täuschung angefochten habe, im französischen Arrestverfahren nach Einlegung des Widerspruchs vorzutragen, um die Aufhebung des Arrestbefehls zu erreichen (vgl. Art. 924 des hier einschlägigen „Code Local de Procédure Civile“). Im Falle seines Erfolgs mit dieser Einwendung in Frankreich könnte er auch die Aufhebung der Zulassung des Arrestbeschlusses zur Zwangsvollstreckung in Deutschland erreichen (§ 29 AG EGÜbk). Bei dieser Sach- und Rechtslage ist es nicht gerechtfertigt, entgegen § 14 Abs. 1 AG EGÜbk im Vollstreckungsverfahren die Einwendung der Arglistanfechtung zu berücksichtigen, die auf Gründen beruht, die bereits vor dem Erlaß der Entscheidung des Landgerichts Straßburg entstanden waren. Der angefochtene Beschluß beruht demnach nicht auf einer Verletzung des Ausführungsgesetzes zum Europäischen Übereinkommen, wie die Rechtsbeschwerde meint.