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Zusammenfassung der Entscheidung Die in Schweden wohnhafte Antragstellerin ist das eheliche Kind des Antragsgegners. Ihre Mutter schloss mit dem Antragsgegner vor der schwedischen Versicherungskasse einen Unterhaltsvertrag. Darin verpflichtete sich der Antragsgegner zur Zahlung von Unterhalt. Nach dem zugrundezulegenden schwedischen Recht werden Unterhaltsbeiträge an Kinder oder ehemalige Ehegatten der Geldwertveränderung angepasst. Die Antragstellerin beantragte, den Vertrag unter Berücksichtigung der Geldwertveränderung für in Deutschland vollstreckbar zu erklären. Das Gericht kam diesem Antrag nach. Dagegen wandte sich der Antragsgegner. Er machte geltend, die Vollstreckungsklausel sei für Beträge genannt worden, die zu hoch seien. Ferner hätten sich seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse seit Abschluss des Unterhaltsvertrages dergestalt geändert, dass er nicht mehr ausreichend leistungsfähig sei.
Das OLG Düsseldorf (DE) entscheidet, dass der Unterhaltsvertrag eine öffentliche Urkunde gem. Art. 50 EuGVÜ darstelle und die Vollstreckungsklausel daher zu erteilen sei. Die Anpassung der Vollstreckungsklausel an die veränderten Geldwerte sei ebenfalls korrekt erfolgt. Die Antragstellerin habe die Beitragsanpassung vom Antragsgegner unwidersprochen vorgelegt. Der Einwand der mangelnden Leistungsfähigkeit sei ferner im Vollstreckbarkeitsverfahren nicht mehr zu berücksichtigen, da es sich bei ihm nicht um eine rechtsvernichtende oder rechtshemmende Einwendung i.S. des § 767 I ZPO handele. Nur diese seien jedoch noch im Vollstreckbarkeitsverfahren gemäß § 13 Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz (AVAG) a.F. zu berücksichtigen. Gemäß Artikel 29 EuGVÜ dürfe die ausländische Entscheidung keinesfalls der Sache nach geprüft werden Die Prüfung der Leistungsfähigkeit des Antragsgegners zur Bestimmung seiner Unterhaltsverpflichtung im Vollstreckungsverfahren liefe jedoch genau darauf hinaus.
JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission
I. Die Antragstellerin ist das eheliche Kind des Antragsgegners aus dessen Ehe mit der Kindesmutter. Diese schloss mit dem Antragsgegner vor der schwedischen Versicherungskasse den Unterhaltsvertrag vom 30.03.1995. Darin verpflichtete sich der Antragsgegner zur Zahlung von Unterhalt für die Antragstellerin in Höhe von monatlich 1.020 schwedischen Kronen (SEK) ab dem 01.04.1995 bis zum vollendeten 18. Lebensjahr der Antragstellerin.
Nach dem schwedischen Gesetz über die Änderung von Unterhaltsbeiträgen vom 16.12.1966 werden „Unterhaltsbeiträge, die ein Verpflichteter in Erfüllung seiner gesetzlichen familienrechtlichen Unterhaltspflicht zu bestimmten Zeitpunkten in schwedischer Währung an einen Ehegatten, einen vormaligen Ehegatten oder ein eigenes bzw. fremdes Kind zu zahlen hat ... der Geldwertveränderung angepasst“. Aufgrund dessen hat die Antragstellerin beantragt:
Der von der Schwedischen Versicherungskasse bestätigte Unterhaltsvertrag vom 30.03.1995, durch den der Antragsgegner verpflichtet wurde, für die Antragstellerin ab 01.04.1995 laufenden monatlichen Unterhalt in Höhe von 1.020 schwedische Kronen (skr) zu zahlen, wird unter Berücksichtigung der seither in Schweden vollzogenen Unterhaltserhöhungen sowie der vom Unterhaltsschuldner erbrachten Zahlungen mit folgender Vollstreckungsklausel versehen:
Der Antragsgegner ist verpflichtet, der Antragstellerin ab 01.06.1998 laufenden monatlichen Unterhalt in Höhe von 1.030 SEK zu zahlen.
Der Vorsitzende der 1. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal hat die beantragte Anordnung getroffen.
Hiergegen wendet sich der Antragsgegner mit seiner Beschwerde, mit der er beantragt, unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Beschlusses den Antrag der Klägerin insoweit abzuweisen, wie der Antragstellerin eine Vollstreckungsklausel erteilt worden ist, wonach der Unterhaltsvertrag vom 31.03.1995 wegen höherer Beträge für vollstreckbar erklärt wurde als die nachstehend genannten:
Für die Zeit vom 01.12.1998 bis zum 30.06.1999 mehr als 894,69 skr monatlich,
für die Zeit vom 01.07.1999 bis 31.05.2000 mehr als 890,67 skr monatlich,
für die Zeit vom 01.06.2000 bis 31.03.2001 mehr als 601,‑ skr monatlich,
für die Zeit vom 01.04.2001 bis zum 30.06.2001 mehr als 619,73 skr monatlich,
und für die Zeit ab 01.07.2001 mehr als 609,85 skr monatlich.
Er macht geltend, seit dem Abschluss des Unterhaltsvertrages hätten sich seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse geändert. Er habe am 03.12.1997 wieder geheiratet, und aus dieser Ehe seien drei Kinder hervorgegangen. Seit 1998 habe er nur ein monatliches Bruttoeinkommen von ca. 4.000,‑ DM. Aus diesen Gründen sei er nicht ausreichend leistungsfähig.
Die Antragstellerin tritt dem entgegen.
II. Das Rechtsmittel ist statthaft (Art. 36 Abs. 1, 37 EUGVÜ, § 11 AVAG) und auch innerhalb der vorgeschriebenen Frist eingelegt worden, sachlich aber nicht begründet. Der Vorsitzende der 1. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal hat zu Recht durch den angefochtenen Beschluss die Zwangsvollstreckung aus dem Unterhaltsvertrag vom 30.03.1995 unter Berücksichtigung der Indexanpassung nach dem schwedischen Gesetz zugelassen.
Die Anerkennung einer in Schweden erlassenen Entscheidung richtet sich nach dem EUGVÜ, das Schweden und die Bundesrepublik Deutschland ratifiziert haben. Nach Art. 34 Abs. 2 EUGVÜ kann der Antrag, eine ausländische Entscheidung im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland anzuerkennen und für vollstreckbar zu erklären, nur aus den in Art. 27 und 28 EUGVÜ genannten Gründen abgelehnt werden. Solche Hinderungsgründe liegen hier nicht vor.
Der Unterhaltsvertrag vom 30.03.1995 gehört gem. Art. 50 EUGVÜ zu den Titeln, die für vollstreckbar erklärt werden können. Der Vertrag ist in einer öffentlichen Urkunde niedergelegt, die in Schweden aufgenommen und vollstreckbar ist (Bl. 14, 15, 22 GA). Die Vollstreckungsklausel ist auch zutreffend unter Berücksichtigung der nach schwedischem Gesetz erfolgten Anpassung auf monatlich 1.030 SEK erfolgt. Die Antragstellerin hat unwidersprochen die Indexaufstellung und die Unterhaltsrückstandsberechnung der schwedischen Übermittlungsstelle (Försäkringskassan, Bl. 28, 23 GA) vorgelegt, aus denen sich der Betrag ergibt.
Der Einwand des Antragsgegners, er sei wegen seines geringen Einkommens und seiner jetzigen familiären Situation nicht mehr ausreichend leistungsfähig, ist im Verfahren der Vollstreckbarerklärung nicht zulässig. Der Antragsgegner beruft sich zu Unrecht auf § 12 AVAG vom 19.02.01. Die Vorschrift entspricht wörtlich – bis auf die Ersetzung der Bezeichnung „Schuldner“ durch „der Verpflichtete“ – dem § 13 AVAG aF. Die dort angeführten „Einwendungen gegen den Anspruch selbst“ sind anerkanntermaßen nur solche, die die Rechtskraft des ausländischen Titels unberührt lassen, aber den rechtskräftig zuerkannten Anspruch nachträglich vernichten oder in seiner Durchsetzbarkeit hemmen, also nur die eigentlichen rechtsvernichtenden oder rechtshemmenden Einwendungen im Sinne § 767 Abs. 1 ZPO. Rechtshemmende oder rechtsvernichtende Einwendungen gegen den titulierten Unterhaltsanspruch im Sinne von § 767 Abs. 1 ZPO erhebt der Antragsgegner nicht. Mit seinem Einwand macht er der Sache nach einen Abänderungsgrund im Sinne von § 323 ZPO geltend, der – bei einem Urteil – auf einen Einbruch in die Rechtskraft des Titels zielt. Es entspricht aber allgemeiner Auffassung, dass der materielle Anspruch des ausländischen Titels nicht Gegenstand des Verfahrens auf Vollstreckbarerklärung ist und grundsätzlich keiner sachlichen Nachprüfung durch das Gericht des Vollstreckbarerklärungsverfahrens unterliegt (vgl. dazu ausführlich BGH NJW 1990, 1419, 1420; von der durch den Antragsgegner angeführten Entscheidung in NJW 1987, 1146 hat sich der Bundesgerichtshof in der späteren Entscheidung ausdrücklich distanziert). Nichts anderes besagt Art. 29 EUGVÜ: Die ausländische Entscheidung – der ausländische Titel – darf keinesfalls in der Sache selbst nachgeprüft werden.