Der Kläger zu 1) ist als Fotograf tätig, die Klägerin zu 2), seine Lebensgefährtin, ist als Sekretärin tätig. Beide haben ihren Wohnsitz in ....
Die Beklagte zu 1) ist ein englisches Brokerunternehmen mit Sitz in ..., die Beklagte zu 2) ist ein von der Beklagten zu 1) personenverschiedenes Tochterunternehmen, das Bankgeschäfte betreibt.
Auf Empfehlung von Freunden traten die Kläger in Kontakt mit einem Herrn ..., einem deutschen Staatsangehörigen mit Wohnsitz am ..., der eine Firma ... KG betreibt. Dieser pries gegenüber den Klägern ein „FT-SE100 Aktienindex Optionen Investment-Programm“ an, dabei handelte es sich um die regelmäßige Teilnahme an dem monatlichen Handel von Optionen auf den englischen Aktienindex FT-SE 100 am Börsenplatz .... Die Kläger, die daraufhin Interesse an der Teilnahme an diesem Programm bekundeten erhielten von Herrn ... eine Informationsschrift übermittelt (B. 14 – 30 der Akten), auf dessen Inhalt verwiesen wird, ein in deutscher Sprache abgefaßtes Merkblatt über „Verlustrisiken bei Börsentermingeschäften“ (Bl. 31 – 36 der Akten), auf dessen Inhalt ebenso Bezug genommen wird, sowie weitere Unterlagen.
Die beiden zuletzt genannten Merkblätter wurden von den Klägern unter dem 12.06. bzw. 22.06.1997 unterzeichnet. Mit zwei gleichlautenden undatierten Schreiben vom Juni 1997 sowie Mai 1997 beantragten die Kläger gegenüber der Beklagten zu 1) die Eröffnung von Kundenkonten zur Teilnahme an dem genannten Optionshandelsprogramm und fügten diesen Schreiben jeweils unterschriebene, in englischer Sprache gehaltene „Client Agreement“ bei sowie unterschriebene Exemplare eines in englischer Sprache abgefaßten „Risk Disclosure Statements“. Auch auf diese Unterlagen wird insoweit verwiesen.
In der Folgezeit wurden von der Beklagten zu 1) für die Kläger die beantragten Konten eröffnet und hierüber der monatliche Handel der genannten Indexoptionen abgewickelt.
Mit zwei Schreiben vom jeweils 30.10.1997 teilte die Beklagte zu 1) den Klägern mit, daß der Sollstand auf dem Konto des Klägers zu 1) 10.940,85 £ betrage, derjenige auf dem Konto der Klägerin zu 2) 15.726,55 £. Mittels in englischer Sprache abgefaßte Abtretungserklärung vom 19.11.1997 (Bl. 78 – 83 der Akten), auf dessen Inhalt verwiesen wird, trat die Beklagte zu 1) ihre Forderung aus den beiden genannten Sollständen an die Beklagte zu 2) ab. Diese bestand gegenüber den Klägern auf Zahlung der Sollstände und drohte mit Schreiben vom 14.01.1998 gegenüber den Klägern die Einleitung gerichtlicher Schritte an.
Unter dem 12.02.1998 erging seitens des High Court of Justice Queen's Bench Division in ... ein Prozeßeröffnungsbeschluß (write of summons) bezüglich eines Verfahrens der Beklagten zu 2) gegen die beiden Kläger auf Zahlung der Sollstände nebst Zinsen und Kosten. Dieser Prozeßeröffnungsbeschluß wurde den Klägern am 08.04.1998 jeweils zugestellt, mittlerweile ist unter dem 15.02.2000 gegen den Kläger zu 1) insoweit ein Versäumnisurteil des genannten englischen Gerichtes ergangen.
Mit ihrer Klage haben die Kläger vor dem Landgericht die beiden Beklagten verklagt, sie begehren mit ihrer Klage die Feststellungen, daß sie der Beklagten zu 1) aus den bei ihr unterhaltenen Konten nichts schulden, der Beklagten zu 2) aus den Abtretungserklärungen vom 19.11.1997 nichts schulden, sowie mit ihrer Klageerweiterung, daß die Beklagte zu 1) verpflichtet ist, den Klägern sämtliche Schäden zu ersetzen, die den Klägern im Zusammenhang mit dem Abtretungen vom 19.11.1997 entstanden sind und noch entstehen werden.
Sie haben ihre Klage damit begründet, daß sie nicht termingeschäftsfähig seien, die von ihnen erhaltenen Informationsblätter genügten nicht den formellen Anforderungen des § 53 Abs. 2 Satz 1 Börsengesetz, da sie nicht von den Beklagten stammten. Aus diesen Gründen sei die Belastung ihrer Konten mit den Optionsverlusten unwirksam gewesen, weshalb Feststellungsinteresse bestehe. Die Zuständigkeit des angerufenen Landgerichts ... haben sie mit Art. 5 Nr. 1 Variante 1 des EuGVÜ begründet, da sie – die Kläger – die Forderungen der Beklagten an ihrem Wohnort in ... zu erfüllen hätten. Desweiteren ergebe sich die Zuständigkeit des Landgerichts ... auch aus Art. 13 Abs. 1, 14 EuGVÜ, ihr Verbrauchergerichtsstand sei ebenfalls in ... gelegen.
Sie haben die Auffassung vertreten, daß eine Aussetzung des Verfahrens gegen die Beklagte zu 2) gem. § 148 ZPO aufgrund der zeitlich vorangegangenen Klage der Beklagten zu 2) gegen die Kläger vor dem englischen Gericht nicht in Betracht komme. Dies ergebe sich daraus, daß das englische Gericht wegen der ausschließlichen Zuständigkeit der deutschen Gerichte gem. Art. 13, 14 EuGVÜ evident unzuständig sei und von daher ein Urteil des englischen Gerichtes gemäß Art. 28 EuGVÜ in der Bundesrepublik Deutschland nicht Anerkennung finden könne. Dies müsse das Landgericht ... bei einer Frage der Aussetzung im Wege einer sogenannten Anerkennungsprognose berücksichtigen.
Sie haben weiterhin die Auffassung vertreten, daß auch eine Aussetzung nach Art. 22 EuGVÜ nicht in Betracht komme, da die in England geführte Klage der Beklagten zu 2) gegen die Kläger und die vorliegende Klage vor dem deutschen Gericht nicht in einem Zusammenhang stünden und widersprüchliche Entscheidungen von daher nicht zu erwarten seien.
Die Beklagten sind der Klage entgegengetreten und haben Klageabweisung beantragt, soweit sich die Klage gegen die Beklagte zu 1) richtet. Diese habe sich nach der Abtretung ihrer Forderungen an die Beklagte zu 2) niemals einer Forderung gegenüber den Klägern berühmt, so daß es bereits am Feststellungsinteresse fehle. Hinsichtlich der gegen die Beklagte zu 2) gerichteten Klage haben die Beklagten eine Aussetzung des Verfahrens nach § 148 ZPO beantragt. Sie haben diesen Antrag damit begründet, daß eine Aussetzung nach Art. 21 EuGVÜ erforderlich sei, da das Verfahren vor den englischen Gerichten zeitlich vor dem vorliegenden Verfahren rechtshängig geworden sei. Im übrigen handele es sich auch im Hinblick auf Art. 22 EuGVÜ um eine Identität der Streitgegenstände. Entgegen der Auffassung der Kläger dürfe das zeitlich später angerufene Landgericht ... keine Anerkennungsprognose hinsichtlich des Urteils des englischen Gerichtes stellen. Hierzu haben sie Rechtsprechung zitiert.
Mit Beschluß vom 15.01.1999 (Bl. 163 – 164 der Akten), auf dessen Inhalt verwiesen wird hat die 1. Zivilkammer des Landgerichts ... den Rechtsstreit gegen beide Beklagte bis zum rechtskräftigen Abschluß des Rechtsstreites zwischen den Klägern und der Beklagten zu 2) vor dem High Court of Justice in ... ausgesetzt. Zur Begründung hat es angeführt, die Forderungen der vorliegenden Klage seien identisch mit denjenigen der von der Beklagten zu 2) vor den englischen Gerichten geltend gemachten Forderungen, von daher sei das Verfahren gegen die Beklagte zu 2) gemäß Art. 21 EuGVÜ auszusetzen. Soweit sich die Klage gegen die Beklagte zu 1) richte, so sei diese wegen Sachzusammenhang nach Art. 22 EuGVÜ auszusetzen, da es sich um dieselben Forderungen handele und Art. 22 EuGVÜ nicht das Erfordernis der Personenidentität aufstelle.
Hiergegen richten sich die Kläger mit ihrer Beschwerde insoweit als das Verfahren gegen die Beklagte zu 1) ausgesetzt wurde. Sie wiederholen und vertiefen ihren bisherigen Vortrag und vertreten unter Bezugnahme auf einen Beschluß des 22. Zivilsenates des Oberlandesgerichts ... – Außensenate ... vom 19.06.2000 die Auffassung, daß das Landgericht bei seinem angegriffenen Beschluß die Durchführung einer Anerkennungsprognose unterlassen habe. Da die Kläger gemäß Art. 13, 14 EuGVÜ ausschließlich vor einem deutschen Gericht zu verklagen seien, da sie Verbraucher seien und die Geschäfte ausschließlich privat getätigt hätten, sei eine Anerkennung des Urteils des englischen Gerichtes ausgeschlossen. Dies habe das Landgericht berücksichtigen müssen. Stehe aber demgemäß fest, daß die Entscheidung des englischen Gerichtes in der Bundesrepublik Deutschland nicht anerkannt werden könne, dann sei eine Aussetzung sinnlos und führe nur zu einer Verfahrensverzögerung.
Die Beklagten haben in ihrer Beschwerdeerwiderung die Auffassung vertreten, die Kläger könnten sich nicht auf den Verbrauchergerichtsstand der Art. 13, 14 EuGVÜ berufen, da sie keine Verbraucher im Sinne der genannten Vorschriften seien. Aus dem von den Klägern unterzeichneten Client Agreements ergebe sich, daß diese sich nicht als Gelegenheitsspekulanten hätten betätigen wollen, sondern planmäßig zur Gewinnerzielungsabsicht über Jahre hinweg. Im übrigen habe die Beklagte zu 1) in Deutschland keinerlei werbende Maßnahmen durchgeführt, keine Prospekte herausgegeben und sei auch nicht an die Kläger herangetreten. Sie habe vielmehr nur die Kontoführung erledigt und Wertpapiertransaktionen für einige Kunden des Initiators des Optionshandels durchgeführt. Die Kläger seien von sich aus an sie – die Beklagte zu 1) – herangetreten, erst danach habe man die Kontoeröffnungsunterlagen übersandt. Im übrigen komme es auf eine Anerkennungsprognose nicht an. Vielmehr sei das in England bereits ergangene Versäumnisurteil selbst dann anzuerkennen und für vollstreckbar zu erklären, wenn nach der Auffassung der Kläger ausschließlich der Verbrauchergerichtsstand einzuhalten gewesen wäre, denn gemäß Art. 28 Abs. 2 EuGVÜ seien die deutschen Gerichte insoweit an die tatsächlichen Feststellungen der englischen Gerichte zur Annahme über Zuständigkeit gebunden.
Mittels Nichtabhilfebeschluß vom 10.11.2000 (Bl. 241 – 242 der Akten), auf dessen Inhalt verwiesen wird hat das Landgericht ... der Beschwerde der Kläger nicht abgeholfen und die Akten dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Zur Begründung hat es ausgeführt, es läge ein enger Zusammenhang zwischen beiden Verfahren vor, auf einen ausschließlichen Verbrauchergerichtsstand könnten die Kläger sich nicht berufen, da sie bislang nicht substantiiert dargelegt hätten, daß dem Vertragsabschluß zwischen ihnen und der Beklagten zu 1) ein ausdrückliches Angebot oder eine Werbung der Beklagten zu 1) vorausgegangen sei.
Die gemäß § 252 ZPO statthafte und auch ansonsten zulässige Beschwerde ist begründet. Der angefochtene Beschluß vom 15.01.1999 ist insoweit aufzuheben, soweit die beiden Kläger gegenüber der Beklagten zu 1) jeweils die Feststellung begehren, daß sie – die Kläger – aus den jeweils bei der Beklagten zu 1) unterhaltenen Konten Nr. 66092 und 23195 der Beklagten zu 1) nichts schulden, sowie die Beklagte zu 1) verpflichtet sei, ihnen die Schäden im Zusammenhang mit der Abtretung zu ersetzen.
Da sich die Kläger mit ihrer Beschwerde nur insoweit gegen den angefochtenen Beschluß wenden, als damit einer Verfahrensaussetzung gegenüber der Beklagten zu 1) angeordnet wurde, hatte sich die Prüfung des Senates auf dieses Prozeßrechtsverhältnis der Kläger gegenüber der Beklagten zu 1) zu beschränken.
Bei der Prüfung der Aussetzungsproblematik gemäß dem EuGVÜ war als erster Teilaspekt die Frage der Zulässigkeit der Klage der Kläger einer Überprüfung zu unterziehen. Denn nur eine zulässige Klage kann zu einem möglichen Konflikt mit der Entscheidung des englischen Gerichtes führen, stellt sich dagegen die Klage der Kläger gegen die Beklagte zu 1) insoweit als unzulässig dar, so ist diese vom Gericht der 1. Instanz abzuweisen und die Frage einer möglichen Divergenz zwischen einer Entscheidung des deutschen Gerichtes und einer Entscheidung des englischen Gerichtes stellt sich nicht.
Diese Überprüfung führt dazu, daß die Klage der Kläger, mit der sie gegenüber der Beklagten zu 1) jeweils die Feststellung begehren, dieser aus den bei ihr unterhaltenen Konten nichts zu schulden, sich als unzulässig darstellt.
Insoweit fehlt es an einem Feststellungsinteresse der Kläger für die begehrte Feststellung. Nach der gefestigten Rechtsprechung des BGH besteht ein Feststellungsinteresse dann, wenn dem Recht oder der Rechtslage des Klägers eine gegenwärtige Gefahr der Unsicherheit dadurch droht, daß der Beklagte ein Recht des Klägers ernstlich bestreitet oder sich eines Rechtes gegen den Kläger berühmt und wenn das erstrebte Urteil in Folge seiner Rechtskraft geeignet ist, diese Unsicherheit zu beseitigen (vgl. BGH NJW 1986, 2507). Das Feststellungsinteresse muß gerade gegenüber den Beklagten bestehen und ist von Amts wegen zu prüfen (vgl. BGH NJW 1984, 2950/MDR 71, 1000).
Gemäß dem Vortrag der Beklagten und den von ihnen vorgelegten Unterlagen geht der Senat davon aus, daß die Beklagte zu 1) mittels schriftlicher Abtretungserklärung vom 19.11.1997 ihre gegen die beiden Kläger gerichteten Ansprüche aus den jeweiligen Kontenverträgen wirksam an die Beklagte zu 2) abgetreten hat. Zwar haben die Kläger zu Beginn dieses Verfahrens diese Abtretung bestritten. Nach dem die Beklagten jedoch mit Schriftsatz vom 30.09.1998 die entsprechende Abtretungsurkunde vorgelegt haben, haben die Kläger hierzu keinen weiteren Vortrag mehr gehalten. Die Wirksamkeit und Vollständigkeit der von den Beklagten vorgelegten Abtretungsurkunde haben die Kläger nicht mehr bestritten, weshalb der Senat von einer wirksamen Abtretung ausgeht. Des weiteren haben die Beklagten mehrfach im Verlauf des Verfahrens darauf hingewiesen, daß nach der erfolgten Abtretung die Beklagte zu 1) sich gegenüber den Klägern keinerlei Ansprüche mehr berühmt oder beabsichtig, irgendwelche Ansprüche insoweit gegen die Kläger geltend zu machen.
Bei dieser Sachlage fehlt es an einem Feststellungsinteresse der Kläger für die beiden bereits genannten Feststellungsanträge innerhalb ihrer Klage. Nach der erfolgten wirksamen Abtretung berühmt sich die Beklagte zu 1) nicht mehr eines Rechtes gegenüber den Klägern, weshalb ein Interesse der Kläger an der beantragten Feststellung nicht mehr erkennbar ist. Einer von der Beklagten zu 2) auch nur in Erwägung gezogene oder etwa drohende Rückabtretung der Ansprüche an die Beklagte zu 1) haben die Kläger weder vorgetragen, noch sind dafür nach dem bisherigen Akteninhalt irgendwelche Anhaltspunkte hierfür ersichtlich. Im Gegenteil ergibt sich aus dem Umstand, daß die Beklagte zu 2) vor dem High Court of Justice bereits Klage gegen beide Kläger erhoben hat, daß eine derartige Rückabtretung nicht im Raume steht. Denn damit würde die Beklagte zu 2) die Rechtsgrundlage ihrer bei dem englischen Gericht anhängigen Klage vernichten.
Von daher war der angegriffene Beschluß insoweit aufzuheben, als es die Aussetzung des Verfahrens gegenüber der Beklagten zu 1) hinsichtlich der beiden genannten Feststellungsanträge der Kläger betrifft.
Soweit es den weiteren gegen die Beklagte zu 1) gerichteten im Wege der Klageerweiterung geltend gemachten Feststellungsantrag der Kläger betrifft, mit dem diese die Feststellung begehren, daß die Beklagte zu 1) ihnen gegenüber verpflichtet sei, alle Schäden zu ersetzen, die den Klägern im Zusammenhang mit den Abtretungen vom 19.11.1997 durch die Beklagte zu 1) an die Beklagte zu 2) entstanden sind und noch entstehen, so erschließt sich aus dem diesbezüglichen Klageantrag sowie der hierzu vorgetragenen Begründung der Kläger, daß diese unter dem ersatzfähigen Schaden die Sollstände ihrer bei der Beklagten zu 1) geführten Konten sowie möglicherweise noch entstehende weitere Schäden meinen.
Diesbezüglich bestehen unter dem Gesichtspunkt des Rechtsschutzinteresses keine Bedenken des Senates hinsichtlich der Zulässigkeit dieses Feststellungsantrages, denn die Kläger tragen insoweit eine eigene Schadenersatzverpflichtung der Beklagten wegen unterlassener Aufklärung und Beratung hinsichtlich börsenterminliche Geschäfte vor. Die Frage, ob der Abtretungsempfängerin – der Beklagten zu 2) – Ansprüche gegenüber den Klägern zustehen, stellt ein Element des möglichen Schadenersatzanspruches der Kläger dar, den diese insgesamt, auch im Hinblick auf die durch das in England geführte Verfahren entstehenden Verfahrenskosten noch nicht endgültig beziffern können, weshalb der Feststellungsantrag insoweit zulässig ist.
Von daher liegen auch die Voraussetzungen für eine Anwendung des Art. 22 Abs. 1 EuGVÜ vor. Sowohl die von der Beklagten zu 2) bei einem Gericht in einem Vertragsstaat des EuGVÜ (Großbritannien) erhobene Klage als auch die von den Klägern zeitlich später in einem anderen Vertragsstaat des EuGVÜ (Bundesrepublik Deutschland) erhobene Klage stehen in einem Zusammenhang. Sie basieren beide jeweils auf einem übereinstimmenden Lebenssachverhalt, nämlich der Durchführung von Optionsgeschäften durch die Kläger gemäß einer vertraglichen Kontoführungsvereinbarung zwischen den Klägern und der Beklagten zu 1). Dies genügt zur Annahme eines Zusammenhangs im Sinne des Art. 22 Abs. 3 EuGVÜ (Kropholler, Europäisches Zivilprozeßrecht, 6. Aufl. 1998, Art. 22 EuGVÜ, Rn. 5/Zöller, ZPO-Kommentar, 21. Aufl. 1999, Art. 22 EuGVÜ, Rn. 4). Dabei ist es unbeachtlich, daß die Beklagte zu 1) gegen die Kläger vor den englischen Gerichten keine Klage erhoben hat, denn die Beklagte zu 2) stützt ihre vor den englischen Gerichten erhobene Klage auf abgetretenes Recht der Beklagten zu 1), mit der Folge, daß bei ihrer Klage das Rechtsverhältnis der Kläger zur Beklagten zu 1) zu überprüfen ist. Im übrigen statuiert Art. 22 EuGVÜ nicht die Identität der Parteien in jedem der anhängigen Verfahren und es ist insbesondere auch nicht erforderlich, daß sämtliche Parteien des einen Verfahrens in das andere Verfahren einbezogen sein müssen (vgl. Schlosser, Kommentar zum EuGVÜ, 1996, Art. 22 EuGVÜ, Rn. 3).
Nach dem bisherigen Sachstand ist weiterhin davon auszugehen, daß sich die Klage der Beklagten zu 2) gegen den Kläger zu 1) auch noch im ersten Rechtszug befindet. Zwar ist unter dem 15.02.2000 ein Versäumnisurteil des High Court of Justice zugunsten der Beklagten zu 2) gegen den Kläger zu 1) ergangen, die Parteien haben jedoch nichts darüber vorgetragen, ob gegen dieses Versäumnisurteil ein Rechtsbehelf beziehungsweise Rechtsmittel eingelegt wurde und sich das Verfahren nunmehr in der nächsten Instanz befände.
Die vom Senat nach zutreffender Ansicht (Kropholler, Europäisches Zivilprozeßrecht, 6. Aufl. 1998, Art. 22 EuGVÜ, Rn. 7 und 10) im Rahmen der Ermessensausübung nach Art. 22 Abs. 1 EuGVÜ vorzunehmende Anerkennungsprognose führt im Ergebnis dazu, daß die Entscheidung des englischen High Court of Justice in dem Verfahren der Beklagten zu 2) gegen die Kläger aufgrund ersichtlich fehlender Anerkennungsfähigkeit nicht anzuerkennen ist, mit der Folge, daß die Entscheidung des High Court of Justice insoweit von dem erstinstanzlichen Gericht nicht zu beachten ist und damit keine Gefahr gegensätzlicher Entscheidungen besteht, was im Endergebnis dazu führt, daß eine Aussetzung auch hinsichtlich dieses Klageantrages der Kläger nicht in Betracht kommt. Denn, wenn feststeht, daß die Entscheidung des englischen Gerichtes in der Bundesrepublik Deutschland nicht anerkannt werden wird, so hat diese Entscheidung keinerlei Bedeutung mehr für das erstinstanzliche Gericht und eine Aussetzung des gegen die Beklagte zu 1) beim erstinstanzlichen Gericht anhängigen Verfahrens würde keinen Sinn machen.
Nach dem bisherigen Vortrag der Parteien und den vorgelegten Unterlagen steht für den Senat fest, daß sowohl die bereits gegen den Kläger zu 1) ergangene Entscheidung des englischen High Court of Justice, als auch die möglicherweise noch gegen die Klägerin zu 2) ergehende Entscheidung dieses Gerichtes in der Bundesrepublik Deutschland nicht anerkannt werden kann und damit für das erstinstanzliche Gericht ohne Bedeutung sein wird.
Eine Anerkennung der Entscheidungen des englischen High Court of Justice ist nach Art. 28 Abs. 1 EuGVÜ ausgeschlossen, da sie unter Mißachtung des Art. 14 Abs. 2 EuGVÜ ergehen. Nach dieser genannten Vorschrift kann die Klage der Beklagten zu 2) gegen die beiden Kläger nur vor demjenigen Gericht erhoben werden, in dessen Hoheitsgebiet die Kläger als Verbraucher ihren Wohnsitz haben. Dies ist das Landgericht .... Dies deshalb, da die Klage der Beklagten zu 2) gegen die Kläger eine sogenannte Verbrauchersache nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 EuGV betrifft, dessen Voraussetzungen gegeben sind.
Die genannten Regelungen über den ausschließlichen Gerichtsstand einer Verbrauchersache bezwecken eine Privilegierung des privaten Verbrauchers, der weder durch berufliche noch durch gewerbliche Aktivitäten Erfahrung mit der Behandlung von Rechtsfällen mit Auslandsberührung hat.
In dieser Eigenschaft als private Verbraucher haben die Kläger die Beklagte zu 1) mit den Börsentermingeschäften betraut. Es handelt sich dabei um einen Dienstleistungsvertrag, eine tätigkeitsbezogene Leistung, die seitens der Beklagten zu 1) für die Kläger als Verbraucher erbracht wurde (vgl. BGHZ 123, 387), die Kläger haben dabei weder gewerblich noch zu beruflichen Zwecken gehandelt. Nach der Rechtsprechung des BGHs sowie der Obergerichte unterfallen z. B. Kommissionsgeschäfte auf Abschluß ausländischer Waren- und Terminsgeschäfte, sowie Geschäfte, die auf den Börsenhandel oder sonst auf Geldanlage mit oder ohne spekulative Absicht zielen der Begriffsbestimmung des Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 EuGVÜ (vgl. BGH NJW 1994, 263/OLG Köln ZIP 1989, 838/OLG Düsseldorf NJW-RR 1989, 432).
Auch die weitere Voraussetzung nach Art. 13 Abs. 1 Ziff. 3 EuGV, nämlich einer Verbindung zum Wohnsitzstaat des Verbrauchers ist erfüllt. Dabei ist in der Rechtsprechung sowie Kommentierung anerkannt, daß aufgrund des genannten Schutzzweckes des besonderen Verbrauchergerichtsstandes das Begriffsmerkmal der Verbindung zum Wohnsitzstaat weit ausgelegt werden muß. Im vorliegenden Fall ist seitens der Beklagten zu 1) zumindestens eine Billigung der seitens der Firma ... erfolgten Werbung erfolgt. Da die Kläger von der Firma ... zum Teil Originalunterlagen der Beklagten zu 1) erhalten haben und nicht davon ausgegangen werden kann, daß seitens der Firma ... diese Unterlagen rechtswidrig und ohne Billigung seitens der Beklagten zu 1) erlangt wurden, hat damit die Beklagte zu 1) dadurch die Unterlagen werbend in den Verkehr gebracht. Insbesondere haben die Beklagten nicht vorgetragen, daß die Firma... diese Unterlagen ohne ihr Wissen oder Wollen verwendet hätte. Dies gilt insbesondere hinsichtlich der Originalunterlagen der Beklagten zu 1) „Client Agreement“ sowie „Power of Attorney“. Von daher kommt es nicht entscheidend darauf an, daß das von den Klägern vorgelegte Prospekt von einer spanischen Firma herausgegeben wurde. Auch nach dem Erhalt der Kontoeröffnungsanträge und der Kontounterlagen seitens der Kläger hat die Beklagte zu 1) zu keinem Zeitpunkt widersprochen oder darauf hingewiesen, daß sie mit den Klägern nicht kontrahieren wolle oder ihre Unterlagen nicht für die Kläger bestimmt gewesen seien. Selbst nach dem Vortrag der Beklagten hat sie den Klägern eine deutschsprachige Informationsschrift übersandt und auch dadurch die vorangegangene Werbung der Firma ... gebilligt. Die Verwendung deutschsprachiger Informationsschriften zeigt im übrigen, daß der Beklagten zu 1) an der Aufnahme von Geschäftsbeziehungen zu deutschen Kunden gelegen war, ihre Akquisitionstätigkeit gerade auch darauf angelegt war. Damit ist die Beklagte zu 1) bei der gebotenen weiten Auslegung im Wohnsitzland der Kläger werbend tätig geworden, sie hat Schritte unternommen bzw. gebilligt, um ihre Dienstleistungen hier zu verkaufen. Von daher sind die Voraussetzungen des Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 EuGV erfüllt, mit der Folge, daß von einer fehlenden Anerkennungsfähigkeit der Entscheidungen des englischen High Court of Justice auszugehen ist (vgl. hierzu OLG Frankfurt, Beschluß des 22. Zivilsenats vom 19.06.2000, Az.: 22 W 5/2000).
Soweit die Beklagte zu 1) demgegenüber unter Bezugnahme auf einen Beschluß des Oberlandesgerichts Saarbrücken vom 03.08.2000 die Auffassung vertreten hat, der High Court of Justice in ... habe mit gegenteiligen tatsächlichen Feststellungen seine Zuständigkeit angenommen im Sinne des Art. 28 Abs. 2 EuGV, so kann dem der Senat nicht folgen.
Dies schon deshalb nicht, da die genannte Entscheidung innerhalb einer anderen Verfahrensart ergangen ist, nämlich innerhalb eines Verfahrens zur Erteilung der deutschen Vollstreckungsklausel für ein Urteil des Londoner High Court of Justice. Zum anderen auch deshalb nicht, da die genannte Entscheidung in ihrer Begründung entscheidend darauf abstellt, daß im Verfahren der Vollstreckbarkeitserklärung neues Vorbringen nicht zu berücksichtigen sei. Mit diesem Argument hat das saarländische Oberlandesgericht das diesbezügliche Vorbringen des dortigen Schuldners, der sich ausdrücklich auf den Verbrauchergerichtsstand berufen hatte, zurückgewiesen. Hinzukommt, daß die insoweit vom saarländischen Oberlandesgericht im genannten Sinne entschiedene Rechtsfrage der Zulassung neuen Vorbringens im Vollstreckbarkeitserklärungsverfahren in der höchstrichterlichen Rechtsprechung bislang nicht geklärt ist. Sowohl der BGH als auch der EuGH haben diese Fragen bislang offen gelassen, weshalb der Senat die Auffassung vertritt, daß unter besonderer Berücksichtigung des Schutzzweckes des ausschließlichen Verbrauchergerichtsstandes gemäß Art. 14 Abs. 2 iVm Art. 13 Abs. 1 Nr. 3 EuGVÜ im vorliegenden Fall trotz des Vorliegens eines Versäumnisurteils gegen den Kläger zu 1) zugunsten der Beklagten zu 2) aufgrund einer Entscheidung des ... High Court of Justice nicht dazu führt, daß diese Entscheidung in der Bundesrepublik Deutschland anerkannt werden könnte.