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unalex. Rechtsprechung Entscheidung DE-255
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unalex. Rechtsprechung

Entscheidung DE-255  



OLG Düsseldorf (DE) 21.02.2001 - 3 W 429/00
Art. 27 Nr. 1 EuGVÜ – unalexInhalt des verfahrensrechtlichen ordre public –unalexAbweichende Ausgestaltung des ausländischen Zivilprozessrechts –unalexBesondere Institute des ausländischen Zivilprozessrechts –unalexKeine Rechtsmittel im Ursprungsstaat

OLG Düsseldorf (DE) 21.02.2001 - 3 W 429/00, unalex DE-255



Die Anerkennung eines italienischen, vorläufig vollstreckbaren Zahlungsbefehls ("ordinanza d'ingiunzione") widerspricht nicht bereits deshalb dem deutschen ordre public iSv Art. 27 Nr. 1 EuGVÜ, weil das italienische Recht keine Überprüfung dieses Zahlungsbefehls durch eine höhere Instanz vorsieht.


-  Zusammenfassung der Entscheidung 

Die Antragstellerin erwirkte gegen die Antragsgegnerin einen vorläufig vollstreckbaren Zahlungsbefehl („ordinanza d'ingiunzione") vor einem Gericht in Mailand (IT). Der Beschluss wurde durch das zuständige deutsche Landgericht auf Antrag der Antragstellerin in Deutschland für vollstreckbar erklärt. Hiergegen wandte sich die Antragsgegnerin. 

Das OLG Düsseldorf (DE) ist der Auffassung, dass der deutsche ordre public nicht verletzt sei. Unter materiell-rechtlicher Betrachtung könne eine vorläufige richterliche Zahlungsanordnung, wie sie der Beschluss nach Art. 186 der italienischen Zivilprozessordnung darstelle, den deutschen ordre public nicht verletzen. Auch in formeller Hinsicht sei der deutsche ordre public nicht verletzt. Zwar gewähre die italienische Zivilprozessordnung gegen die vorliegende Entscheidung keinen Rechtsbehelf mit Suspensiv- oder Devolutiveffekt, jedoch sei der Beklagte nicht gehindert, im Rahmen seiner allgemeinen Rechtsverteidigung die Aufhebung oder Abänderung des Beschlusses zu verlangen.

 JURE Zusammenfassung, abgedruckt mit freundlicher Genehmigung der Europäischen Kommission

-  Entscheidungstext 

I. Die Antragstellerin erwirkte gegen die Antragsgegnerin den Beschluss des Landgerichts Mailand vom 23.05.2000. Es handelt sich dabei um einen vorläufig vollstreckbaren Zahlungsbefehl – „ordinanza d'ingiunzione“ – gemäß Art. 186ter der italienischen Zivilprozessordnung, wonach die Antragsgegnerin einen Betrag von Lit. 786.947.096 nebst den gesetzlichen Zinsen vom 20/07/1998 bis zum Ausgleich und nebst den Gerichtskosten im Gesamtbetrag von Lit. 3.500.000 an die Antragstellerin zu zahlen hat.

Der Vorsitzende der 13. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf hat auf Antrag der Antragstellerin den Beschluss des Landgerichts Mailand für vollstreckbar erklärt. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin, mit der sie beantragt:

1. unter Abänderung des Beschlusses des Vorsitzenden Richters der 13. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 23. Oktober 2000 (AZ: 13 O 363/00) den Antrag der Antragstellerin auf Zulassung der Zwangsvollstreckung und Klauselerteilung für den Beschluss der 4. Kammer des Gerichts von Mailand/Italien vom 23. Mai 2000 – Az: .... – zurückzuweisen,

2. hilfsweise: das Verfahren gemäß Art. 38 Abs. 1 EuGVÜ auszusetzen;

3. äußerst hilfsweise: die Zwangsvollstreckung aus dem angefochtenen Beschluss von der Leistung einer Sicherheit in Höhe von DM 1 Million abhängig zu machen.

Die Beschwerdeführerin hatte gegen den Beschluss des Landgerichts Mailand unter dem 13.07.2000 in Italien Beschwerde eingelegt und vorgetragen, dass für die Entscheidung über das Bestehen der Klageforderung deutsches materielles Recht anzuwenden sei. Das Mailänder Gericht hat diese Beschwerde im Termin vom 23.11.2000 zurückgewiesen mit der Begründung, der Einwand bezüglich des anwendbaren Rechts sei nicht rechtzeitig vorgebracht worden. Hiergegen hat die Beschwerdeführerin unter dem 06.12.2000 nochmals Beschwerde eingelegt.

Im vorliegenden Verfahren macht die Beschwerdeführerin u.a. geltend, ihrem Hauptantrag sei im Hinblick auf Art. 27 Nr. 1 EuGVÜ stattzugeben. Die Entscheidung des Mailänder Gerichts verstoße gegen den deutschen ordre public, da die Frage des auf den Rechtsstreit anwendbaren materiellen Rechts durch das italienische Gericht von Amts wegen und in jeder Lage des Verfahrens zu prüfen und im Sinne der Beschwerdeführerin zu beantworten gewesen wäre.

Die Antragstellerin weist darauf hin, dass die Entscheidung vom 23.05.2000 in Italien uneingeschränkt vollstreckbar ist.

II. Das zulässige Rechtsmittel ist in seinem Hauptantrag und in seinem ersten Hilfsantrag unbegründet; mit dem zweiten Hilfsantrag hat die Beschwerdeführerin im wesentlichen Erfolg.

1. Das Landgericht hat den vorläufig vollstreckbaren Zahlungsbefehl des italienischen Gerichts mit Recht für vollstreckbar erklärt. Die nach Art. 46 Nr. 1 EuGVÜ und Art. 47 Nr. 1 EuGVÜ für die Zulassung der Vollstreckung erforderlichen formalen Voraussetzungen sind erfüllt. Zutreffend ist das Landgericht von der Vollstreckbarkeit des Titels ausgegangen. Gemäß Art. 31 Abs. 1 EuGVÜ iVm § 3 Abs. 1 AVAG ist Voraussetzung für die Vollstreckbarerklärung die Vollstreckbarkeit, nicht die Rechtskraft, im Ursprungsstaat. Ob eine Entscheidung im Sinne des Art. 31 Abs. 1 EuGVÜ vollstreckbar ist, entscheidet das Recht des Ursprungsstaates, d.h. hier das italienische Recht. Danach ist die „ordinanza d'ingiunzione“ in Italien – vorläufig – vollstreckbar, wie aus dem Titel selbst hervorgeht.

Gemäß Art. 34 Abs. 2 EuGVÜ kann der Antrag auf Vollstreckbarerklärung nur aus einem der in Artikeln 27 und 28 angeführten Gründe abgelehnt werden. In Betracht kommt nur ein Ablehnungsgrund aus Art. 27 Nr. 1 EuGVÜ: Verstoß gegen den deutschen ordre public. Voraussetzung für einen solchen Ablehnungsgrund ist, dass die Anerkennung des Titels nach den Wertungen der inländischen Rechtskultur schlechterdings untragbar erscheint (vgl. nur Schlosser EuGVÜ Art. 27 bis 29 Rn. 2). Das kann, materiell-rechtlich betrachtet, bezüglich einer vorläufigen richterlichen Zahlungsanordnung auf der Grundlage einer Schlüssigkeitsprüfung, wie sie der Beschluss nach Art. 186.ter der Italienischen Zivilprozessordnung darstellt, nicht bejaht werden. Art. 27 Nr. 1 EuGVÜ ist aber auch nicht hinsichtlich des formellen ordre public verletzt. Die Entscheidung kann durch den Richter wieder zurückgenommen werden, und sie wird kraftlos, wenn die die Instanz beendende Entscheidung zu einem anderen Ergebnis kommt. Zwar gewährt das italienische Zivilprozessrecht gegen die nach Art. 186.ter der italienischen ZPO ergehenden richterliche Entscheidungen keinen Rechtsbehelf mit Suspensiv- oder Devolutiveffekt; der im italienischen Verfahren Beklagte ist jedoch nicht gehindert, im weiter betriebenen Instanzverfahren jeder Zeit und bis zur Hauptsacheentscheidung im Rahmen seiner allgemeinen Rechtsverteidigung die Aufhebung oder Abänderung der gemäß Art. 186.ter ergangenen Entscheidung zu verlangen; er hat außerdem die Möglichkeit, jedenfalls bis zum Erlass der Entscheidung darauf hinzuwirken, dass der Richter den Erlass bzw. die vorläufige Vollstreckbarkeit der Entscheidung von Sicherheitsleistung durch den betreibenden Gläubiger abhängig macht. Ein Anerkennungshindernis ist im Hinblick darauf zu verneinen (vgl. OLG Stuttgart RIW 1997, 684 ff. mwN).

2. Ohne Erfolg bleibt auch der erste Hilfsantrag der Beschwerdeführerin. Eine Aussetzung des Verfahrens nach Art. 38 Abs. 1 EuGVÜ scheitert zwar nicht an der Voraussetzung eines im Ursprungsstaat eingelegten „ordentlichen Rechtsbehelfs“, da dieser Begriff anerkanntermaßen weit auszulegen ist (OLG Stuttgart aaO mwN). Jedoch ist die Entscheidung über einen Antrag nach Art. 38 Abs. 1 EuGVÜ eine Ermessensentscheidung, bei der das Gericht vor allem die Erfolgsaussichten für den im Ursprungsstaat eingelegten Rechtsbehelf zu berücksichtigen hat sowie die wirtschaftlichen Risiken für beide Teile, die sich ergäben, wenn man den Fortgang der Vollstreckung zuließe und die anzuerkennende Entscheidung hinterher aufgehoben wird oder wenn man die Zwangsvollstreckung einstellt und die Entscheidung im Ursprungsstaat bestätigt wird (Schlosser aaO Art. 38 Rn. 3). Die Erfolgsaussichten der in Italien eingelegten Beschwerde können nicht positiv beurteilt werden, da die mit der Notwendigkeit der Anwendung deutschen materiellen Rechts begründete Beschwerde von dem italienischen Gericht bereits einmal zurückgewiesen worden ist. Im übrigen erscheint es vor dem Hintergrund einer Abwägung der beiderseitigen Risiken angemessener, die Vollstreckung von einer Sicherheitsleistung durch die Antragstellerin abhängig zu machen.

3. Die Anordnung der beantragten Sicherheitsleistung durch die Antragstellerin ist im Hinblick auf die abgelehnte Aussetzung veranlasst. Sie beruht auf Art. 38 Abs. 3 EuGVÜ. Maßgeblich für diese Entscheidung ist, dass der Beschluss des Landgerichts Mailand eine Regelung bezüglich Sicherheitsleistung nicht enthält und die derzeit für die Antragsgegnerin aus Art. 39 EuGVÜ folgende Vollstreckungsbeschränkung mit dem Erlass der Beschwerdeentscheidung wegfallen würde (vgl. BGH NJW 1983, 1979). Unbeschränkte Zwangsvollstreckung ist der Beschwerdeführerin im vorliegenden Fall nicht zuzumuten. Der Ausgang des italienischen Verfahrens ist weder absehbar noch vorhersehbar und die von der Antragstellerin erwirkte Entscheidung ist durch den italienischen Richter bei entsprechendem Verfahrensfortschritt jeder Zeit abänderbar.

Allerdings war dem zweiten Hilfsantrag der Beschwerdeführerin nicht in vollem Umfange zu entsprechen. Die Höhe der Sicherheit hat sich daran zu orientieren, dass der Schuldner vor Schaden aus ungerechtfertigter Vollstreckung geschützt wird. Die Klagesumme zuzüglich Zinsen und Kosten dürfte 900.000 DM nicht überschreiten, weshalb Sicherheitsleistung in dieser Höhe angeordnet worden ist.





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